411.0 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 1929
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Nr. 13
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ausgegeben am 18. November 1929
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Schulgesetz
vom 9. November 1929
Aufgrund der Verfassungsbestimmungen (Art. 2, 9, 15, 16, 17, 66 und 95) erteile Ich nachstehenden vom Landtag in seiner Sitzung vom 20. September 1929 gefassten Beschlüssen Meine Zustimmung:
I. Abschnitt
Art. 1
Oberste Schulbehörde ist der Landesschulrat.
Art. 2
Dem Landesschulrat steht die Leitung und Oberaufsicht des gesamten Schulwesens zu, unbeschadet der kirchlichen Rechte im religiösen Unterricht. Der gesamte Schulunterricht richtet sich nach den Grundlagen katholischer Weltanschauung.
Art. 3
Der Landesschulrat besteht aus dem Regierungschef als Vorsitzenden, vier weiteren vom Landtage gewählten Mitgliedern und zwei Ersatzmännern. Von den vier Mitgliedern wird eines aus der Landesgeistlichkeit, eines auf Vorschlag der Lehrerkonferenz aus der Lehrerschaft und zwei weitere und deren Ersatzmänner frei gewählt. Von den frei gewählten Mitgliedern und ihren Ersatzmännern soll je eines im Oberland und eines im Unterlande wohnhaft sein.
Art. 4
Für die Wählbarkeit in den Landesschulrat gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Wählbarkeit in den Landtag. (Gesetz vom 31. August 1922 Nr. 28 betreffend die Ausübung der politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten, Art. 2).
Art. 5
Die Amtsdauer des Landesschulrates läuft auf vier Jahre ab. Wiederwahl ist zulässig.
Art. 6
Nach Eröffnung der erfolgten Wahl hat sich der Gewählte innert zehn Tagen für Annahme oder Ablehnung zu erklären. Unterbleibt diese Erklärung, wird die Wahl als angenommen erachtet.
Art. 7
Ohne erhebliche Gründe darf ein Mitglied während der Amtsperiode seines Amtes vom Landtag weder enthoben werden, noch vom Amte frei zurücktreten. Über die Zulässigkeit der Enthebung oder des Austrittes entscheidet der Landesschulrat. Wenn ein Mitglied aus dem Landesschulrat ausscheidet, soll dasselbe in Gemässheit obiger Bestimmungen für den Rest der Amtsdauer förderlichst durch Ergänzungswahl ersetzt werden.
Art. 8
1) Der Landesschulrat versammelt sich in der Regel über Einberufung durch den Vorsitzenden am Sitze der Regierung.
2) Die Einberufung hat zu erfolgen, nach Bedarf oder auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern.
Art. 9
Die Beschlüsse des Landesschulrates erfolgen nach einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Zur Gültigkeit eines Beschlusses im Landesschulrat ist die Anwesenheit von mindestens drei Mitgliedern erforderlich. Über die Sitzungen wird ein Protokoll geführt, welches von den der Sitzung beiwohnenden Mitgliedern unterfertigt wird.
Art. 10
Der Landesschulrat entscheidet in Sachen des Schulwesens endgültig, vorbehalten der fallweise erforderlichen Beschlüsse des Landtages.
Art. 11
Die Ausführung der vom Landesschulrat gefassten Beschlüsse steht der Regierung zu.
Art. 12
Der Wirkungskreis des Landesschulrates erstreckt sich auf die gesamten Unterrichtsanstalten des Landes. Insbesondere gehört in seinen Wirkungskreis:
a) Die Ausarbeitung und Begutachtung aller auf das Schulwesen bezugnehmenden Gesetzentwürfe und Verordnungen und deren Vorlage an den Landtag,
b) die Überwachung der genauen Handhabung der Schulgesetze,
c) die Entscheidung über alle gegen Erledigungen geführte Rekurse oder Beschwerden in Schulangelegenheiten,
d) die Anstellung, Entlassung, Versetzung und Beurlaubung der Lehrpersonen, sowie Disziplinarverfahren gegen dieselben,
e) Dispensverfügungen, soweit sie nicht schon durch dieses Gesetz geregelt sind,
f) die Bestellung der Lehrerprüfungskommissionen,
g) die Bestellung der Schulschriftführer,
h) die Fürsorge zur Heranbildung und Fortbildung tüchtiger Lehrkräfte,
i) Sorge für Einführung passender Lehrmittel,
k) die Verfügung bzw. Beaufsichtigung über die den Schulzwecken zugewendeten freien Stiftungen, Gelder oder sonstigen Vermögenswerte nach Massgabe gesetzlicher Bestimmungen.
l) die Sorge für Erhaltung, Erweiterung und Verwaltung der Landeslehrerbibliothek in Gemässheit der Nachtragsverordnungen LGBl. Nr. 3 Jahrgang 1906,
m) Vorsorge für Neuerrichtung, Erweiterung oder Umbildung von Schulen.
Art. 13
Der Landesschulrat führt ein eigens Amtssiegel zu Handen des Vorsitzenden, welcher im Namen des Landesschulrates dessen Schriftstücke zeichnet.
Art. 14
Zur Beihilfe in der Erledigung seiner Aufgaben bestellt der Landesschulrat einen Schulkommissär, der in der Regel aus der Landesgeistlichkeit genommen wird.
Art. 15
Die Bestellung zum Amte eines Schulkommissärs und die Enthebung von demselben geschieht frei durch den Landesschulrat. Ein diesbezüglicher Beschluss erfordert zu seiner Gültigkeit die Zustimmung von wenigstens 3 Mitgliedern. Die Amtsdauer des Schulkommissärs beträgt, zufriedenstellende Dienstleistung vorausgesetzt, sechs Jahre. Für Annahme oder Ablehnung des Amtes gelten sinngemäss die Bestimmungen für die Mitglieder des Landesschulrates.
Art. 16
Trifft die Bestellung zum Amte eines Schulkommissärs ein Mitglied des Landesschulrates, so scheidet dieses als ordentliches Mitglied vom Landesschulrate aus, und es ist eine Ergänzungswahl zu treffen.
Art. 17
Zum ordentlichen Pflichtenkreis des Schulkommissärs gehört:
1. dass er wenigstens einmal während der Zeit der Winterschule sämtliche Schulen des Landes zu besuchen, deren Stand einlässlich zu prüfen und über das Prüfungsergebnis einen umfassenden Bericht bis spätestens 14 Tage vor den Frühjahrsprüfungen an den Landesschulrat einzuliefern, ferner jeder Lehrperson den Befund über den Stand ihrer Schule schriftlich zur Kenntnis zu geben hat,
2. für gleichförmige Durchführung der Schulgesetze und Verordnungen Sorge zu tragen,
3. auf Fähigkeit, sittliches Betragen und Schulführung der Lehrpersonen Bedacht zu nehmen und zur Abhilfe erkannter Mängel sofortige wirksame Vorkehrungen zu treffen, unter unverzüglicher Anzeige an den Landesschulrat,
4. Dispensen für Schultage innert der Zeitdauer von 4 Wochen zu erteilen, vorbehaltlich der nachträglichen Mitteilung an den Landesschulrat, welche Mitteilung in gesonderter Liste allmonatlich zu geben ist,
5. die vorschriftsmässig einzureichenden Stundenpläne und Schulzeitverfügungen zu prüfen und zu genehmigen,
6. Wünsche und Anträge der Ortsschulbehörden zur Kenntnis zu nehmen und an den Landesschulrat mit beigefügter Begutachtung weiterzuleiten,
7. den regelmässigen Schulprüfungen beizuwohnen,
8. die ausserordentlicherweise vom Landesschulrate übertragenen Geschäfte pünktlich und unverzüglich auszuführen.
Art. 18
Der Schulkommissär führt eigenen Amtsstempel.
Art. 19
1) Für die ordentliche Amtsverrichtungen des Schulkommissärs wird über Antrag des Landesschulrates vom Landtage eine Dienstentschädigung festgesetzt.
2) Ausserordentliche Verrichtungen begründen Anspruch auf besondere Entschädigung. Ist der Schulkommissär in seinen ordentlichen Amtsverrichtungen persönlich gehindert, ist er verpflichtet, fallweise durch einen vom Landesschulrate genehmigten Vertreter seinen Dienst besorgen zu lassen.
Art. 20
In besonderen Fällen oder auf Verlangen eines Mitgliedes steht es dem Landesschulrate zu, den Landesschulkommissär und Fachmänner seinen Sitzungen mit beratender Stimme beizuziehen.
Art. 21
Als nächste dem Landesschulrate untergeordnete Behörde einer Schulgemeinde besteht der Gemeindeschulrat. Jede politische Gemeinde des Landes bildet eine Schulgemeinde.
Art. 22
Dem Gemeindeschulrat steht die unmittelbare Aufsicht und Leitung des Gemeindeschulwesens zu, gemäss den im Gesetze gegebenen Bestimmungen.
Art. 23
Der Gemeindeschulrat besteht aus fünf Mitgliedern: Dem Gemeindepfarrer als Vorsitzenden von Amtswegen, dem Gemeindevorsteher von Amtswegen, dem Schulschriftführer von Amtswegen und zwei weiteren von der Gemeindeversammlung gewählten Mitgliedern. In Gemeinden mit mehreren Schulschriftführern für Haupt- und Nebenschulen ist der Schulschriftführer der Hauptschule stimmberechtigtes Mitglied. Die Schulschriftführer der Nebenschulen werden mit beratender Stimme den Sitzungen beigezogen.
Art. 24
Für die Wählbarkeit der zwei zu wählenden Mitglieder des Gemeindeschulrates gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Wählbarkeit in den Gemeinderat. Über Annahme und Ablehnung der Wahl finden sinngemäss die diesbezüglichen Bestimmungen über Gemeindebeamtungen Anwendung.
Art. 25
1) Die Amtsdauer fällt zusammen mit der Amtsdauer der Gemeindebehörden.
2) Scheidet ein Mitglied aus irgend einem Grunde aus, so ist eine Ersatzwahl zu treffen.
Art. 26
Der Gemeindeschulrat versammelt sich über Einladung des Vorsitzenden. Die Einladung hat zu erfolgen nach Bedarf oder auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern.
Art. 27
1) Die Beschlüsse des Gemeindeschulrates erfolgen nach einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
2) Über die Sitzung wird vom Schulschriftführer Protokoll geführt, welches von den der Sitzung beiwohnenden Mitgliedern unterfertigt wird.
Art. 28
Die ordentlichen Dienstleistungen des Gemeindeschulrates sind für den Vorsitzenden, den Gemeindevorsteher und Schulschriftführer unentgeltliche Pflichtsache. Den zwei gewählten Mitgliedern kann eine Entschädigung aus der Gemeindekasse zuerkannt werden.
Art. 29
In die ordentliche Wirksamkeit des Gemeindeschulrates gehört:
a) die Durchführung aller das Schulwesen betreffenden Gesetze und Verordnungen sowie der landesschulbehördlichen Verfügungen in der Schulgemeinde,
b) die Obsorge für Erstellung und den Unterhalt der nötigen Schulräumlichkeiten, sowie deren Reinigung, Beleuchtung und Heizung,
c) die Beschaffenheit der notwendigen Lehrmittel und zweckmässigen Schulgeräte,
d) die Vorlage der Verfügungen über die Schulzeit in der Schulgemeinde zu Handen des Schulkommissärs,
e) die Erteilung der Dispens vom Schulbesuche in der Alltagsschule bis auf acht aufeinanderfolgende Tage, sowie die Begutachtung der eingereichten Ansuchen um längere Dispens an den Schulkommissär bzw. Landesschulrat,
f) die Vorsorge für ein gesittetes Betragen der schulpflichtigen Jugend in und ausser der Schule, sowie Disziplinarverfügungen gegen schwerere Verfehlungen Schulpflichtiger,
g) die Pflicht, den Schulprüfungen beizuwohnen und jede Ortsschule wenigstens je einmal während der Sommer- und Wintermonate zu besuchen,
h) die Antragstellung an den Landesschulrat über vorzunehmende Veränderungen in der Gemeindeschule,
i) die Vertretung der Interessen bei Anstellung oder Versetzung von Lehrpersonen in der eigenen Schulgemeinde,
k) die Sorge um die gesetzliche Verwendung des vorhandenen Gemeindeschulvermögens,
l) Beilegung von Klagen, soweit solche von der Schule oder gegen dieselbe geführt werden und sich einer gütlichen Beilegung eignen.
Art. 30
1) Der Vorsitzende des Gemeindeschulrates ist zugleich Lokalinspektor und führt als solcher die unmittelbare Aufsicht über die Ortsschule, überwacht die Einhaltung der Verordnungen des Landesschulrates und Schulkommissärs und sorgt für eine geregelte Schulführung.
2) In seine Obliegenheit fällt insbesondere:
a) die Zeichnung der Gemeindeschulakten, besonders der Schulnachrichten, der Entlassungszeugnisse, der Schulversäumnisliste,
b) die Vorlage oberbehördlicher Erlässe an den Gemeindeschulrat,
c) die Erteilung von Dispensen vom Besuch der Alltagsschule bis zu 3 aufeinanderfolgenden Schultagen,
d) die Kenntnisnahme der Mitteilung über Verhinderung, Verlegung oder Ausfall im Unterricht von Seiten der Lehrpersonen,
e) fallweise notwendige Berichte an den Schulkommissär bzw. Landesschulrat,
f) die Teilnahme an den Gemeindeschulkonferenzen.
Art. 31
In die Obliegenheit des Gemeindevorstehers als Mitglied des Gemeindeschulrates fällt insbesondere:
a) die allfällige notwendige Vorlage der Gemeindeschulratsbeschlüsse an den Gemeinderat,
b) die Beschaffung der zum Schulbetriebe erforderlichen Mittel, Veranlassung zweckmässiger Vorkehrungen, soweit diese von der Gemeinde zu leisten sind.
Art. 32
In die Obliegenheit des Schulschriftführers fällt die Besorgung der für die betreffende Gemeindeschule sich ergebenden Korrespondenz und Kanzleigeschäfte und deren Vorlage an den Lokalschulinspektor, insbesondere:
a) Anzeige über Beginn und Schluss der Sommer- und Winterschule,
b) Vorlage der Stunden- und Unterrichtspläne an den Gemeindeschulrat,
c) Anzeige über das Auftreten von ansteckenden und epidemischen Krankheiten unter den Schulkindern, Lehrpersonen und deren Hausgenossen an den Landesphysikus,
d) Anzeige über auffällige, eine höhere Verfügung erheischende Vorkommnisse unter der Schuljugend,
e) Mitteilung über Verhinderung, Verlegung oder Ausfall im Unterricht von Seite der Lehrpersonen bei gleichzeitiger Angabe des Grundes an den Gemeindeschulrat zu Handen des Lokalschulinspektors,
f) Verwahrung des Gemeindeschulsiegels, sowie Instandhaltung der vorgeschriebenen Amtsbücher und Amtsschriften, namentlich der Protokolle über die Gemeindeschulratssitzungen, über die Schulkonferenzen, des Gedenkbuches, des Inventarbuches und Aktenregisters.
Bei Wechsel in der Person des Schriftführers sind die unter f) aufgeführten Siegel, Bücher und Verzeichnisse mittels Protokolls dem Amtsnachfolger zu übergeben.
g) Obsorge, dass alle Schulerfordernisse (Schulgeräte, Lehrmittel, Formularien usw.) zeitgerecht und klaglos beigestellt und verteilt werden,
h) Einberufung der ordentlichen Schulkonferenzen.
Art. 33
Wenn ein Gemeindeschulrat seine Pflichten derart vernachlässigt, oder die Ausführung oberbehördlicher Bestimmungen derart behindert, dass ihm die Versorgung der Geschäfte ohne Gefährdung des Schulzweckes nicht weiter überlassen werden kann, steht dem Landesschulrat das Recht zu, denselben seiner Rechte und Pflichten als Behörde zu entheben und die Leitung der Ortsschule selbst in die Hand zu nehmen.
Art. 34
Betrifft der Verhandlungsgegenstand der Sitzung des Landesschulrates oder des Gemeindeschulrates ein Mitglied dieser Körperschaft, so scheidet das betreffende Mitglied und dessen Stimme bei der bezüglichen Sitzung aus.
II. Abschnitt
Art. 35
Der Unterricht umfasst im Lande folgende Unterrichtsanstalten:
1. Kindergarten
2. Volksschule
3. Höhere Unterrichtsanstalten,
4. Freie Unterrichtskurse,
5. Privatunterricht
Art. 36
Zweck des Kindergartens ist die zuverlässige Aufsicht über die anvertrauten Kinder, dem Alter entsprechende erzieherische Beeinflussung, Weckung der kindlichen Fähigkeiten und des Sinnes für gesellschaftliches Leben und Ordnung.
Art. 37
Der Kindergarten umfasst Kinder im vorschulpflichtigen Alter, soweit sie für den Zweck einer solchen Anstalt geeignet erscheinen.
Art. 38
Der Besuch des Kindergartens ist frei und unentgeltlich für alle in der Schulgemeinde wohnhaften Kinder bis zum Eintritt in die Volksschule.
Art. 39
1) Der Landesschulrat führt die Oberaufsicht über die bestehenden und zu errichtenden Kindergärten. Er wird die Errichtung, Erhaltung und Ausgestaltung derartiger Anstalten tunlichst fördern und unterstützen.
2) Die unmittelbare Leitung und Aufsicht über den Kindergarten in der Schulgemeinde ist dem Gemeindeschulrat übertragen.
Art. 40
Der Unterhalt des Kindergartens ist Pflicht der Gemeinde. Der Gemeindeschulrat bestimmt vorbehaltlich des Einvernehmens mit dem Landesschulrate über Errichtung, Erhaltung und Ausgestaltung des Kindergartens, über Anstellung und Entlöhnung der Kindergärtnerin und trifft Verfügungen zu zweckmässiger Führung des Kindergartens in der Schulgemeinde.
Art. 41
1) Über Nichtaufnahme oder Ausschluss der Kinder vom Kindergarten entscheidet endgültig der Gemeindeschulrat im Einvernehmen mit der Kindergärtnerin.
2) Ausgeschlossen vom Kindergarten sind Kinder, die einer ausserordentlichen Pflege bedürfen, sei es infolge Krankheit oder besondere dauernde leibliche oder geistige Gebrechen.
Art. 42
Zweck der Volksschule ist eine möglichst umfassende Erziehung und Bildung des Kindes in religiös-sittlichen und allgemeinen Befähigungen und Kenntnissen zur Tüchtigkeit für seine späteren Lebensaufgaben.
Art. 43
Die Volksschule umfasst:
a) die Alltagsschule,
b) die Fortbildungsschule,
c) die Christenlehre.
Art. 44
1) Für die Volksschule besteht allgemeine Schulpflicht.
2) Zum Besuche der Volksschule sind alle im Lande wohnhaften Kinder verpflichtet, soferne sie dem Schulzwecke nicht auf andere gesetzliche Art und Weise genügen. Durch Gesetz von der Schulpflicht entbunden sind Kinder, die durch fachlich erwiesene Krankheit oder besondere dauernde leibliche oder geistige Gebrechen behindert sind, diese Verpflichtung zu erfüllen.
Art. 45
Der Schulbesuch ist pflichtig in der Schulgemeinde des Wohnsitzes. Allfällige begründete Ausnahmen können durch den Landesschulrat zugestanden werden, im Einverständnis der betreffenden Gemeindeschulbehörde unbeschadet der Bestimmungen des Art. 77.
Art. 46
Der Unterricht in der Volksschule ist für die Schüler unentgeltlich. Er wird aus Landes- und Gemeindemitteln unterhalten.
Art. 47
Der Unterricht in der Volksschule wird durch besonderen gesetzlichen Lehrplan einheitlich geregelt.
Art. 48
Wenn Knaben und Mädchen gesondert unterrichtet werden, sollen in der Regel Knaben von Lehrern, Mädchen von Lehrerinnen den Unterhalt erhalten.
Art. 49
Als Unterrichtssprache gilt die deutsche Schriftsprache.
Art. 50
Als öffentlicher religiöser Schulunterricht gilt der Unterricht nach der Lehre und den Satzungen der römisch-katholischen Kirche. Nichtkatholische Kinder werden von der Pflicht zum Besuche des öffentlichen Religionsunterrichtes entbunden.
Art. 51
1) Zur öffentlichen Kenntnisgabe über den Stand der Volksschule erfolgen jährlich die öffentlichen Schulprüfungen.
2) Die Prüfung in Religionsunterricht untersteht der kirchlichen Anordnung.
Art. 52
1) In die Alltagsschule einzutreten sind Kinder verpflichtet, die bis 1. Januar vor Schulbeginn ihr 6. Altersjahr erfüllt haben.
2) Wird über begründetes Ansuchen vom Landesschulrate die Aufschiebung des Schuleintrittes um ein Jahr für ein Kind gestattet, so hat dasselbe, soferne nicht die in Art. 43 Abs. 2 angeführten Gründe zutreffen, der vollen gesetzlichen Schulzeit für die Volksschule zu entsprechen.
3) Eine diesbezügliche Verfügung des Landesschulrates ist in den Schulnachrichten des betreffenden Kindes zu vermerken und stets ersichtlich zu halten.
Art. 53
1) Die Alltagsschule umfasst acht aufeinanderfolgende Schuljahre.
2) Jedes Schuljahr beginnt mit der Eröffnung der Sommerschule und schliesst mit Abschluss der Winterschule.
Art. 54
1) Die Schulzeit für die Alltagsschule wird bestimmt nach Schulhalbtagen. Jeder Schulhalbtag umfasst in der Regel 3 Unterrichtsstunden.
2) Jedes Schuljahr umfasst 330 Schulhalbtage für die 4 ersten Schuljahre. Hievon entfallen für die ersten 4 Schuljahre 130 Schulhalbtage auf die Sommerschulzeit und 200 auf die Winterschulzeit, für die 4 letzten Schuljahre 100 Schulhalbtage auf die Sommerschulzeit und 200 Schulhalbtage auf die Winterschulzeit.
3) Als Schulhalbtag gilt in der Regel nur der wirklich gehaltene Unterricht.
Art. 55
Durch Verordnung des Landesschulrates kann für die vier ersten Schuljahre die Zahl der Unterrichtsstunden für den Schulhalbtag herabgesetzt, für die Sommerschulzeit der vier letzten Schuljahre die Stundenzeit der Unterrichtsstunde bis um ein Vierteil verkürzt werden.
Art. 56
Die Winterschulzeit beginnt allgemein mit Anfang November. Die Festlegung der Sommerschule ist vorbehaltlich der Genehmigung durch den Landesschulrat dem Gemeindeschulrat überlassen.
Art. 57
Der Unterricht an der Alltagsschule hat zu entfallen an Sonn- und Feiertagen, an den letzten 3 Tagen der Karwoche und während der Zeit allgemeiner öffentlicher Prozessionen, an Tagen allgemeiner öffentlicher Volksveranstaltungen und der Namens- und Geburtstagsfeier des Landesfürsten, als Weihnachtserholungstage vom Vortage vor Weihnachten nachmittags bis zum Tage nach Neujahr und in jeder Woche an einem Schulhalbtage als Erholungstag, falls aus anderen Gründen nicht schon ein Schulhalbtag entfällt und in der ganzen Zeit nach Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Unterrichtshalbtage.
Art. 58
Über die Einbringung des ebenfalls aus besonderen Gründen (Krankheit, Epidemien, Seuchen, Unglücksfällen usw.) entfallenen Schulunterrichtes entscheidet der Landesschulrat.
Art. 59
Als unerlässliche Gegenstände für den Schulunterricht in der Alltagsschule haben zu gelten:
1. Religion und Sittenlehre,
2. Sprache und Schrift,
3. Rechnen und Berechnen,
4. Naturkunde, Geschichte und Geographie, mit besonderer Berücksichtigung der Heimatkunde,
5. Zeichnen, Gesang und Turnen,
6. Handarbeit.
Art. 60
1) Über Verhalten und Fortgang der Kinder im Unterricht sind die Eltern oder deren Stellvertreter zeitweilig von der Schule zu benachrichtigen.
2) Nach Abschluss der Alltagsschule erhält jedes austretende Schulkind ein besonderes Entlassungszeugnis.
Art. 61
Zweck der Fortbildungsschule ist die Festlegung und Erweiterung der Erziehung und des Unterrichtes an der Alltagsschule und die unmittelbare Vorbereitung für die Bedürfnisse und Kenntnisse des reiferen Lebens.
Art. 62
Zur unerlässlichen Stofferweiterung in der Fortbildungsschule, falls dies in der Alltagsschule nicht zur Behandlung kommen konnte, gehören:
Staatsbürgerlicher Unterricht,
Grundkenntnisse einer einfachen allgemeinen Geschäftsführung (Geschäftsbriefe, Buchhaltung)
Berechnen von Fläche und Körper mit besonderer Berücksichtigung beruflicher Anwendung,
Haushaltungskunde.
Art. 63
Die Fortbildungsschule umfasst zwei aufeinanderfolgende Schuljahre für die der Alltagsschule entlassene Jugend.
Art. 64
Die Unterrichtszeit wird festgelegt auf die Samstagnachmittage von Beginn bis Abschluss der Winterschulzeit, als je ein Schulhalbtag.
Art. 65
Über den Unterricht an der Fortbildungsschule bestimmt ein gesonderter gesetzlicher Lehrplan.
Art. 66
Zum Besuche der Fortbildungsschule sind verpflichtet, Schulkinder, die im unmittelbar vorangehenden Schuljahrschluss aus der Alltagsschule entlassen worden sind und nicht durch gesetzliche Bestimmungen dieser Pflicht enthoben werden.
Art. 67
1) Schüler, die eine höhere Unterrichtsanstalt des Landes besucht haben oder aus dem Auslande zugewanderte Schüler, die eine diesen Anstalten entsprechende Ausbildung nachzuweisen vermögen, sind vom Besuche der Fortbildungsschule befreit; in zweifelhaften Fällen entscheidet der Landesschulrat.
2) Vom Ausland zugewanderte Schüler, die diesen Ausweis nicht zu erbringen vermögen, sind verpflichtet, die Fortbildungsschule zu besuchen, soferne sie nicht beim Beginne des Fortbildungsschuljahres das 16. Altersjahr erfüllt haben.
3) Über die Zuteilung zum ersten oder zweiten Jahrgang entscheidet die Lehrperson.
Art. 68
Wer bis 1. Januar im laufenden Schuljahr das 16. Altersjahr erfüllt hat, wird unbeschadet der Bestimmung des Art. 52 Abs. 2 beim Abschluss des Schuljahres der Schulpflicht enthoben.
Art. 69
Als Ersatz für den Besuch der Fortbildungsschule kann für die Zeitdauer des besuchten Kurses der Besuch freier Unterrichtskurse gestattet werden.
Art. 70
Dispens vom Besuche der Fortbildungsschule erteilt ausschliesslich der Schulkommissär bzw. der Landesschulrat.
Art. 71
1) Über den Stand der Fortbildungsschule finden jährlich in Verbindung mit den Prüfungen an der Alltagsschule, öffentliche Prüfungen statt.
2) Beim Abgang aus dem 2. Schuljahr der Fortbildungsschule werden besondere Abgangszeugnisse aus der Fortbildungsschule ausgestellt.
Art. 72
Der Besuch der Christenlehre fällt unter die Bestimmungen der Schulpflicht.
Art. 73
Der Lehrplan für die Christenlehre untersteht der kirchlichen Anordnung.
Art. 74
1) Zum Besuche der Christenlehre sind sämtliche katholische Knaben und Mädchen verpflichtet, soferne sie nicht anderweitig gesetzlich bestimmten religiös-sittlichen Unterricht geniessen.
2) Die Verpflichtung zum Besuche der Christenlehre besteht vom Austritt aus der Alltagsschule oder einer anderen Unterrichtsanstalt bis zum Abschlusse des laufenden Schuljahres, in welchem die christenlehrpflichtigen Jugendlichen ihr 17. Altersjahr erfüllt haben, unbeschadet Art. 52 Abs. 2.
Art. 75
Die christenlehrpflichtigen unterstehen den Bestimmungen der schulbehördlichen disziplinären Verordnung für Schulpflichtige (Schulordnung).
Art. 76
Dispens vom Besuche der Christenlehre erteilt der Ortspfarrer.
Art. 77
1) Die Pflicht zum Besuche der Christenlehre besteht für den Ort des Wohnsitzes.
2) Allfällige begründete Ausnahmen können bewilligt werden durch gegenseitiges Einverständnis der zwei zuständigen Pfarrämter.
Art. 78
Es besteht Pflicht, Wechsel im Wohnsitz bei den Pfarrämtern zur Anzeige zu bringen (An- bzw. Abmeldung).
3. Höhere Unterrichtsanstalten
Art. 79
Unter die höheren Unterrichtsanstalten fallen alle im Lande bestehenden oder zu errichtenden öffentlichen Unterrichtsanstalten, die über Zweck und Grenzen der Volksschule hinaus eine höhere allgemeine oder berufliche Bildung zu vermitteln haben.
Art. 80
Die höheren Unterrichtsanstalten unterstehen unmittelbar der Aufsicht und Leitung des Landesschulrates.
Art. 81
Der Unterricht an diesen Anstalten wird durch besondere vom Landesschulrat genehmigte Lehrpläne geregelt.
Art. 82
1) Der Besuch der höheren Unterrichtsanstalten ist frei.
2) Besondere Verordnungen über Eintritt und Entlassung oder Ausschluss an höheren Unterrichtsanstalten bestimmt der Landesschulrat nach Anhörung des Lehrkörpers.
Art. 83
1) Der Unterhalt der höheren Unterrichtsanstalten erfolgt, soweit nicht besondere Unterhaltsmittel bestehen, aus Landesmitteln. Über Verwendung und Verwaltung allfälliger besonderer Mittel verfügt der Landesschulrat.
2) Ein allfälliger Beitrag von Seiten der Schüler als Schulgeld kann vom Landesschulrat bestimmt werden.
Art. 84
Verfügungen über die Lehrkräfte an höheren Unterrichtsanstalten trifft einzig der Landesschulrat.
Art. 85
1) Die Kenntnisnahme über Stand und Fortgang des Unterrichtes an höheren Unterrichtsanstalten besorgt sich der Landesschulrat durch die jährlichen Einsichtsberichte des Schulkommissärs und die jährlich abzuhaltenden öffentlichen Prüfungen.
2) Über Verhalten und Fortgang einzelner Schüler erfolgen Zeugnisse zu Handen der Eltern oder deren Stellvertreter.
4. Freie Unterrichtskurse
Art. 86
Unter freie Unterrichtskurse fallen besondere, nach Umständen errichtete, nicht beständige öffentliche Unterrichtseinrichtungen, die über Zweck und Grenzen der Volksschule hinaus eine weitere berufliche oder hauswirtschaftliche Ausbildung zu vermitteln haben.
Art. 87
Die freien Unterrichtskurse unterstehen der unmittelbaren Aufsicht und Leitung des Landesschulrates.
Art. 88
Der Besuch der freien Unterrichtskurse ist frei. Zum Besuche der freien Unterrichtskurse ist jeder im Lande Wohnhafte berechtigt, nach Abschluss der Verpflichtungen zum Besuche der Fortbildungsschule, unbeschadet der Bestimmungen des Art. 69, soferne er den fallweise zu erlassenden Bedingungen entspricht.
Art. 89
Lehrmeister sind verpflichtet, ihnen unterstehende Lehrlinge zum Besuche der ihr Fach betreffenden Kurse zu verhalten, soferne diese nicht eine derartige Ausbildung schon genossen haben oder anderwärts geniessen oder durch besondere Umstände vom Besuche ferngehalten werden.
Art. 90
Der Unterricht der freien Unterrichtskurse erfolgt, soweit nicht besondere Unterhaltsmittel beistehen, aus Landesmitteln. Ein Beitrag als Kursgeld von Seiten der Kursteilnehmer kann vom Landesschulrat bestimmt und zum Vorhinein eingehoben werden. Für die Lehrmittel hat, soferne nicht anders bestimmt wird, jeder Kursteilnehmer selbst aufzukommen.
Art. 91
Die Errichtung der freien Unterrichtskurse ist öffentlich bekanntzugeben im Einvernehmen mit den Vertretern der betreffenden Berufsklassen oder allfälliger Kommissionen und hat stattzufinden, sobald die entsprechende Anzahl von Teilnehmern deren Notwendigkeit begründet.
Art. 92
Für die Abhaltung eines freien Unterrichtskurses können die Teilnehmer mehrerer Schulgemeinden zusammengezogen werden.
Art. 93
Zur Kenntnisnahme über Stand und Fortgang der freien Unterrichtskurse ordnet der Landesschulrat, wenn dies zweckdienlich erscheint, besondere fachliche Inspektionen an. Der Kursleiter ist verpflichtet, beim Abschluss jedes Unterrichtskurses oder auf Verlangen des Landesschulrates einen umfassenden Kursbericht zu Handen des Landesschulrates auszufertigen mit dem Vormerk über Besuch, Erfolg und mit allfälligen Vorschlägen.
Art. 94
Fortbildungsschulpflichtige, welche zwecks Teilnahme an einem freien Unterrichtskurse vom Besuch der Fortbildungsschule gemäss Art. 69 befreit werden, sind verpflichtet, ein vom Kursleiter ausgestelltes Zeugnis über den regelmässigen Kursbesuch dem Landesschulrate beizubringen.
Art. 95
Der Kursleiter hat das Recht, einen Kursteilnehmer, der durch sein Verhalten den allgemeinen Fortgang im Unterricht gefährdet, sofort von der Teilnahme am Unterricht auszuschliessen mit Einbusse des erlegten Kursgeldes. Dem Ausgeschlossenen steht binnen 10 Tagen das Berufungsrecht an den Landesschulrat offen.
Art. 96
Der Privatunterricht als Einzelunterricht oder gemeinschaftlicher Unterricht in privaten Unterrichtsanstalten ist zulässig unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen.
Art. 97
Privatunterricht darf nur erteilt werden von Lehrkräften, die vom Landesschulrat geprüft oder genehmigt sind.
Art. 98
1) Privatunterricht als Einzelunterricht bedarf der Bewilligung des Landesschulrates und untersteht der Pflicht des jährlichen Nachweises über den Fortgang im Unterricht, der wenigstens dem Fortgange des Unterrichtes an der Volksschule entsprechen muss.
2) Allenfalls diesbezüglich nötige Verfügungen ergehen zu Lasten der Eltern (oder deren Stellvertreter) der Unterrichtnehmenden.
Art. 99
Kinder, die solchen Privatunterricht geniessen, unterstehen den öffentlichen Disziplinarverordnungen der Schulbehörden.
Art. 100
Der Privatunterricht als gemeinsamer Unterricht in privaten Unterrichtsanstalten untersteht der unmittelbaren Aufsicht des Landesschulrates.
Art. 101
Private Unterrichtsanstalten sind verpflichtet:
1. Einrichtung, Lehrplan und Lehrmittel dem Landesschulrate zur Genehmigung vorzulegen,
2. über den Fortgang im Unterricht sich durch Prüfungen oder ähnlichen Vorkehrungen periodisch auszuweisen,
3. ein religiös-sittliches und geordnetes Verhalten der Zöglinge zu gewährleisten,
4. genaue Verzeichnisse über Lehrkräfte und Zöglinge zu führen und zur Einsicht des Landesschulrates bereitzustellen,
5. jederzeit vom Landesschulrate verordnete Einsichtnahme in die Schulführung zu gestatten,
6. den bei Errichtung der Anstalt festgelegten Bestimmungen über Zweck, Einrichtung und Umfang der Anstalt nachzukommen,
7. den gesundheitsamtlichen Verordnungen in vollem Umfange zu entsprechen.
Art. 102
Bei Missachtung der schulbehördlichen Anordnungen oder bei Feststellungen wichtiger nicht sofort zu beseitigender Übelstände hat der Landesschulrat das Recht, den Privatunterricht für den einzelnen Fall einzuschränken oder einzustellen.
III. Abschnitt
Art. 103
Alle Lehrpersonen an öffentlichen Unterrichtsanstalten des Landes werden vom Landesschulrate angestellt, unbeschadet der Bestellung durch die kirchlichen Organe zur Besorgung des religiösen Unterrichtes.
Art. 104
Die Anstellung darf nur erfolgen von Personen, die sich über eine sittlich unbescholtene und bürgerlich ehrenhafte und eine den Anforderungen des Gesetzes und des Landesschulrates entsprechende Befähigung ausweisen. Für die Anstellung an der Volksschule und an höheren Unterrichtsanstalten ist das Reifezeugnis eines vom Landesschulrat gebilligten besonderen Bildungsganges erforderlich.
Art. 105
1) Die Anstellung kann vom Landesschulrat zur freien Bewerbung ausgeschrieben werden.
2) Lehrstellen an der Volksschule, die dauernd mit einem Lehrer zu besetzen sind, werden zur freien Bewerbung ausgeschrieben.
Art. 106
Die Anstellung einer Lehrperson ist entweder provisorisch oder definitiv.
Art. 107
1) Provisorisch angestellt erscheint jede Lehrperson einer öffentlichen Unterrichtsanstalt des Landes für die Dauer der zwei ersten Jahre nach Dienstantritt bei der Volksschule bzw. für die Dauer des ersten Jahres bei höheren Unterrichtsanstalten.
2) Bei vorliegenden Gründen kann durch den Landesschulrat die Dauer der provisorischen Anstellung erstreckt werden.
3) Über die Anerkennung der im Auslande zugebrachten Dienstzeit verfügt der Landesschulrat von Fall zu Fall. Bei der provisorischen Anstellung erfolgt das Dienstgelöbnis an den Vorsitzenden des Landesschulrates durch Handschlag.
4) Die provisorisch angestellte Lehrperson kann bei sich ergebenden Gründen zur Unzufriedenheit über Verhalten und Amtsführung oder zur Änderung der bestehenden Schulverhältnisse jederzeit vom Dienste entlassen werden.
Art. 108
1) Die definitive Anstellung erfolgt bei Lehrpersonen der Volksschule nach Ablauf der provisorischen Dienstzeit und mit Erfolg abgelegten Lehrbefähigungsprüfung oder bei Lehrpersonen an höheren Unterrichtsanstalten nach Ablauf der provisorischen Dienstzeit mit Anerkennung befriedigender Dienstleistung.
2) Definitiv angestellte Lehrpersonen haben Anspruch auf dauernde Verwendung im Schuldienste und können nicht ohne vorheriges Disziplinarverfahren vom Dienste entlassen werden.
3) Bei der definitiven Anstellung erfolgt der Diensteid an den Vorsitzenden des Landesschulrates.
Art. 109
Die Lehrbefähigungsprüfung erfolgt durch eine vom Landesschulrat fallweise bestellte Prüfungskommission nach den Bestimmungen einer vom Landesschulrate zu erlassenden Verordnung. Der Landesschulrat kann Lehrpersonen auch nach abgelegter Lehrbefähigungsprüfung neuerdings einer entsprechenden Prüfung unterziehen.
Art. 110
1) Die dauernde Besetzung einer Lehrstelle an der Volksschule einer Schulgemeinde geschieht im Einvernehmen mit dem betreffenden Gemeindeschulrate. Dem Gemeindeschulrate sind nach erfolgter Ausschreibung die in Betracht fallenden Bewerber vom Landesschulrate zur Kenntnis zu geben und dessen schriftliche Erklärungen binnen 10 Tagen einzuverlangen.
2) Ein gültiger in diesem Termine erfolgter Beschluss des Gemeindeschulrates zählt in diesem Falle für die Beschlussfassung des Landesschulrates bei Anstellung der betreffenden Lehrpersonen als eine rechtsgültig zugezogene Stimme des Landesschulrates. Bei Stimmengleichheit entscheidet die gezogene Stimme des betreffenden Gemeindeschulrates.
Art. 111
Bei Versetzung einer definitiv angestellten Lehrperson in eine andere Schulgemeinde durch den Landesschulrat hat die betreffende Lehrperson Anspruch auf Entschädigung der Übersiedlungskosten unbeschadet der Bestimmung des Art. 132.
Art. 112
1) Über jede angestellte Lehrperson wird durch den Landesschulrat ein Personalstandsausweis geführt, in den alle für das Dienstverhältnis erforderlichen Personaldaten einzutragen sind.
2) Jede Lehrperson hat die Pflicht, alle diesbezüglichen Anzeigen zwecks Eintragung zu erstatten und hat das Recht, in ihren Personalstandsausweis jederzeit Einsicht zu nehmen.
B. Dienstpflicht der Lehrpersonen
Art. 113
Jede angestellte Lehrperson ist verpflichtet:
1. Den Unterricht zu erteilen gemäss den Bestimmungen des Gesetzes und den Anordnungen der Schulbehörden,
2. Aufsicht zu führen über die Jugend im Allgemeinen und über die ihr anvertraute Jugend im Besonderen.
Diese Aufsicht erstreckt sich besonders auch auf den Schulgottesdienst.
3. Durch Wort und würdevolles Beispiel die Erziehung und Charakterbildung der Jugend in und ausser der Schule zu fördern.
4. Den schulbehördlichen, dienstlichen Anordnungen, soweit sie nicht den bestehenden Gesetzen offenkundig widersprechen, pünktlichen Gehorsam zu leisten.
Art. 114
1) Jede Lehrperson ist verpflichtet, soferne nicht auf besondere Gründe hin der Landesschulrat eine Ausnahme bewilligt, ihren Wohnsitz im Schulorte zu wählen.
2) Eine Abwesenheit von mehr als einer Woche ist auch während der schulfreien Zeit dem Gemeindeschulrate zur Kenntnis zu bringen.
Art. 115
1) Alle an einer öffentlichen Unterrichtsanstalt provisorisch oder definitiv angestellten Lehrpersonen haben sich jeder Nebenbeschäftigung zu enthalten, welche dem Anstand oder der äusseren Ehre des Lehrerstandes widerspricht oder ihre Zeit auf Kosten der genauen Erfüllung ihres Berufes in Anspruch nimmt oder die Voraussetzung einer Befangenheit in Ausübung des Lehramtes begründet. Über die Zulässigkeit der Übernahme einer Nebenbeschäftigung entscheidet der Landesschulrat.
2) Über Aufforderung des Landesschulrates hat der Betreffende bei einer ihm bestimmten Frist entweder der Nebenbeschäftigung oder dem Lehramte zu entsagen. Diese Bestimmung findet auch sinngemässe Anwendung, wenn die Lehrperson überhaupt durch irgend einen nicht persönlich geführten Betrieb in seinem Haushalte an seiner Pflichterfüllung behindert wird.
Art. 116
Die Übernahme öffentlicher Ämter ist der Lehrperson gestattet unter Vorbehalt, dass durch die öffentliche Betätigung die Erfüllung der Amtspflicht in keiner Weise behindert wird; der Entscheid liegt beim Landesschulrat.
Art. 117
Ausfall, Verlegung und Behinderung im Unterricht, soweit diese durch die Umstände der Lehrperson bedingt sind, sind von der Lehrperson durch den Schulschriftführer dem Gemeindeschulrat zur Kenntnis zu geben.
Art. 118
Jede Lehrperson ist verpflichtet, über Einladung an den Schulkonferenzen und Lehrerbildungsveranstaltungen teilzunehmen.
C. Dienstentschädigung der Lehrpersonen
Art. 119
Die Dienstbezüge für Lehrpersonen an den Volksschulen und höheren Unterrichtsanstalten des Landes werden durch ein besonderes Gesetz geregelt.
Art. 120
Dienstentschädigungen für Leitung der freien Unterrichtskurse und ähnlicher Lehrveranstaltungen werden fallweise durch Vereinbarung geregelt.
D. Disziplinargewalt der Lehrpersonen
Art. 121
Zur Aufrechterhaltung der Schulzucht und Ordnung unter der Schuljugend und zur Weckung des nötigen Fleisses steht der Lehrperson das Recht zu, angemessene zweckdienliche Schulstrafen anzuwenden.
Art. 122
Zu den anwendbaren Schulstrafen gehören alle jene Strafmittel, die ohne körperliche Schädigung oder gröbliche Misshandlung, ohne sittlichen Anstoss und Gefährdung, ohne Verstoss gegen die öffentliche Ehre und Achtung des Kindes verhängt werden können.
Art. 123
In klaghaften Fällen entscheidet unbeschadet des Rechtes auf gerichtliche Klage der Landesschulrat.
Art. 124
Durch die Schule strafbar sind alle durch die Schulgesetze und schulbehördlichen Verordnungen bestimmten strafbaren Handlungen.
Art. 125
Geldbussen als Schulstrafen zu verhängen ist ausschliessliches Recht des Landesschulrates. Die Einbringung der Geldstrafen geschieht im Verwaltungswege und die erbrachten Geldbeträge fliessen dem Landesschulfonde zu.
Art. 126
Die Bestrafung unentschuldigter Schulversäumnisse ist dem Landesschulrate vorbehalten.
E. Disziplinarverfahren gegen Lehrpersonen
Art. 127
Pflichtwidriges Verhalten einer Lehrperson in der Schule und ein das Ansehen des Lehrerstandes oder die Wirksamkeit als Erzieher und Lehrer schädigendes Verhalten derselben ausserhalb der Schule wird vom Landesschulrate mit einer Disziplinarstrafe geahndet, welche unabhängig von einer strafgerichtlichen Verfolgung eintritt.
Art. 128
Disziplinarstrafen sind:
1. Verweis und Mahnung,
2. Verpflichtung zur Ablegung einer Dienstprüfung,
3. eventuelle Verkürzung der Dienstbezüge,
4. Entziehung des Amtes als Schulschriftführer,
5. Versetzung in einen anderen Dienstort,
6. Suspension vom Lehramte,
7. Entlassung vom Schuldienste.
Art. 129
Disziplinarstrafen sind in den Personalstandsausweis einzutragen.
Art. 130
1) Verweis und Mahnung werden stets schriftlich erteilt.
2) Nach dreijähriger tadelloser Amtsführung kann der Vermerk des Personalstandsausweises über Verweis und Mahnung gelöscht werden.
Art. 131
Die strafmässige Verpflichtung zur Ablegung einer Prüfung wird nur über Lehrpersonen verhängt, die in ihrer Unterrichtsleistung nicht entsprechen.
Art. 132
Bei strafmässiger Versetzung an einen andern Dienstort verliert die betreffende Lehrperson den Anspruch auf Entschädigung der Übersiedlungskosten.
Art. 133
Bei Suspension vom Lehramte entscheidet der Landesschulrat, ob und inwieweit dem Betroffenen seine Dienstbezüge entzogen werden.
Art. 134
1) Die Entlassung aus dem Schuldienste hat den Verlust aller mit diesem Dienste verbundenen Rechte zur Folge.
2) Die Entlassung aus dem Schuldienste wird strafmässig verhängt:
a) bei besonders schweren mit den Interessen der Schule absolut unvereinbaren Dienstvergehen,
b) in der Regel erst nach bereits erfolgter wenigstens einmaliger Vorbestrafung,
c) erst nach erbrachtem Beweis für die Tatsächlichkeit des Vergehens.
3) Ohne weiteres aus dem Schuldienst zu entlassen sind Lehrpersonen, die im gerichtlichen Strafverfahren wegen Vergehens gegen die öffentliche Sittlichkeit, Religion und öffentliche Ordnung verurteilt und mit Kerker gebüsst worden sind.
Art. 135
Der Landesschulrat ist bei Verhängung der Disziplinarstrafen nicht an eine stufenweise Aufeinanderfolge derselben gebunden.
Art. 136
Bevor eine Lehrperson einer strengeren Disziplinarbehandlung unterzogen wird, ist der Tatbestand des Strafgrundes aktenmässig festzustellen und dem Beschuldigten die Möglichkeit zur Rechtfertigung zu gewähren.
Art. 137
Eine Disziplinarverfügung über eine Lehrperson ist dem betreffenden Gemeindeschulrate vom Landesschulrate zur Kenntnis zu bringen.
Art. 138
Handelt es sich um ein Vergehen eines Religionslehrers, so ist dasselbe unverzüglich den kirchlichen Oberbehörden bekannt zu geben und ihrer Behandlung zu überantworten.
Art. 139
Zur Förderung der theoretischen und praktischen Fortbildung der Lehrpersonen und im Interesse geregelter Zusammenarbeit im Unterricht finden regelmässige Schulkonferenzen statt.
Art. 140
Die Schulkonferenzen sind Gemeindeschulkonferenzen oder allgemeine Schulkonferenzen.
Art. 141
1) Die Gemeindeschulkonferenz erfolgt regelmässig über Einladung des Schulschriftführers unter Vorsitz des Lokalschulinspektors zur Besprechung der sich ergebenden Schulvorkommnisse vor Ausgabe der Schulnachrichten oder sie wird ausserordentlicherweise einberufen durch den Lokalschulinspektor nach besonderem Bedürfnis oder auf begründeten Wunsch einer Lehrperson.
2) An der Gemeindeschulkonferenz nehmen teil der Lokalschulinspektor und sämtliche Lehrpersonen und Katecheten der Schule.
3) Über die Verhandlung der Gemeindeschulkonferenz wird vom Schulschriftführer Protokoll geführt und von den bei der Konferenz Anwesenden unterzeichnet.
Art. 142
An höheren Unterrichtsanstalten mit mehreren Lehrpersonen finden eigene das Schulwesen der Anstalt betreffende Schulkonferenzen statt, unter Beizug sämtlicher an der Anstalt tätigen Lehrpersonen und unter Vorsitz des Leiters einer solchen Anstalt.
Art. 143
1) Die allgemeine Schulkonferenz erfolgt über Einladung des Landesschulrates unter dem Vorsitze des Schulkommissärs und bezweckt die allgemeine Besprechung und Förderung des Schulwesens. Sie findet regelmässig zweimal im Jahr statt als Frühlings- und Herbstkonferenz.
2) Die Einladung mit der Pflicht zur Teilnahme erfolgt je nach dem Verhandlungsgegenstand entweder an sämtliche Lehrpersonen der öffentlichen Unterrichtsanstalten des Landes oder aber gesondert an Lehrer und Lehrerinnen bzw. Lehrer an höheren Lehranstalten.
3) Ist eine Lehrperson an der Teilnahme bei der Konferenz verhindert, hat sie die Pflicht, ihre Abwesenheit unter Angabe der Begründung an den Schulkommissär bekannt zu geben.
4) Über die allgemeine Schulkonferenz wird zu Handen des Landesschulrates Protokoll geführt und vom Schriftführer und Vorsitzenden unterfertigt. Die Teilnahme an der allgemeinen Schulkonferenz berechtigt zu einer vom Landesschulrate zu bestimmenden Entschädigung.
IV. Abschnitt
Art. 144
1) Die Aufsicht über den Gesundheitszustand der Schuljugend sowie über die Zuträglichkeit der Schuleinrichtungen übt der Landesschulrat aus durch regelmässig zu erfolgende Einsichtnahme des Landesphysikus in dessen diesbezügliche Berichte oder durch fallweise ausserordentliche Untersuche.
2) In Fällen ansteckender Krankheiten oder in zweifelhaften Fällen ist die Schule sofort zu benachrichtigen und durch die Schule dem Landesschulrat unverzüglich Kenntnis zu geben zwecks Anordnung besonderer Vorkehrungen.
3) Kranke, die die Gefahr zur Ansteckung in sich tragen, sind unbedingt vom Schulbesuch fernzuhalten und der Eintritt in die Schule erst nach Beibringung eines ärztlichen Zeugnisses über völlige Beseitigung der Gefahr wieder zu gestatten.
Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 145
Sämtliche Gesetze und Verordnungen, welche den Bestimmungen dieses Gesetzes widersprechen, werden aufgehoben.
Art. 146
Als nach dem Gesetze in Kraft stehend gelten sämtliche bei Inkrafttreten dieses Gesetzes zu Recht bestehenden Dienstverhältnisse der Lehrpersonen sowie die besonderen Verträge bezüglich der Anstellung von Lehrschwestern. Sämtliche Schulbehörden bleiben bis zum Ablaufe ihrer gesetzlichen Amtsdauer in ihrer derzeitigen Zusammensetzung im Amt und finden die diesbezüglichen Bestimmungen dieses Gesetzes erst bei Neubestellung Anwendung.
Art. 147
1) Das Gesetz wird als nicht dringlich erklärt.
2) Mit der Durchführung des Gesetzes wird die Fürstliche Regierung betraut.
Vaduz, am 9. November 1929
gez. Franz
gez. Dr. Hoop
Fürstlicher Regierungschef