822.10 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 1967 |
Nr. 6 |
ausgegeben am 31. Januar 1967 |
Gesetz
vom 29. Dezember 1966
über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz)
Dem nachfolgenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung.
Art. 1
Betrieblicher und persönlicher Geltungsbereich
1) Das Gesetz ist, unter Vorbehalt der Art. 2 bis 4, anwendbar auf alle öffentlichen und privaten Betriebe, wie namentlich solche der Industrie, des Handwerks, des Handels, des Bank-, Versicherungs-, Transport- und Gastgewerbes, der Krankenpflege und anderer Dienstleistungen, sowie auf Forstbetriebe.
2) Ein Betrieb im Sinne des Gesetzes liegt vor, wenn ein Arbeitgeber dauernd oder vorübergehend einen oder mehrere Arbeitnehmer beschäftigt, unabhängig davon, ob bestimmte Einrichtungen oder Anlagen vorhanden sind. Wenn die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Gesetzes nur für einzelne Teile eines Betriebes gegeben sind, ist das Gesetz nur auf diese anwendbar.
3) Auf Arbeitnehmer, welche ein im Ausland gelegener Betrieb in Liechtenstein beschäftigt, ist das Gesetz anwendbar, soweit dies nach den Umständen möglich ist.
Art. 2
Ausnahmen vom betrieblichen Geltungsbereich
1) Das Gesetz ist nicht anwendbar
a) auf die Staatsverwaltung und die Gemeindeverwaltungen unter Vorbehalt von Abs. 2;
b) auf Betriebe der landwirtschaftlichen Urproduktion mit Einschluss von Nebenbetrieben, in denen überwiegend die Erzeugnisse des Hauptbetriebes verarbeitet oder verwertet werden, sowie auf örtliche Milchsammelstellen und die damit verbundenen Milchverarbeitungsbetriebe;
c) auf Betriebe mit überwiegend gärtnerischer Pflanzenproduktion unter Vorbehalt von Abs. 3;
d) auf private Haushaltungen.
2) Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechtes, die der Staatsverwaltung gleichzustellen sind, sowie die Betriebe des Staates und der Gemeinden, auf die das Gesetz anwendbar ist, werden durch Verordnung bezeichnet.
3) Auf Betriebe mit überwiegend gärtnerischer Pflanzenproduktion, die Lehrlinge ausbilden, können einzelne Bestimmungen des Gesetzes durch Verordnung anwendbar erklärt werden, soweit dies zum Schutze der Lehrlinge erforderlich ist.
Art. 3
Ausnahmen vom persönlichen Geltungsbereich
Das Gesetz ist ferner nicht anwendbar
a) auf Personen geistlichen Standes und andere Personen, die im Dienste von Kirchen stehen, sowie auf Angehörige von Ordens- und Mutterhäusern oder anderer religiöser Gemeinschaften;
b) auf das in Liechtenstein wohnhafte Personal öffentlicher Verwaltungen ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen;
c) auf Arbeitnehmer, die eine höhere leitende Tätigkeit oder eine wissenschaftliche oder selbständige künstlerische Tätigkeit ausüben;
d) auf Assistenzärzte, Lehrer an Privatschulen sowie auf Lehrer, Fürsorger, Erzieher und Aufseher in Anstalten;
e) auf Heimarbeiter;
f) auf Handelsreisende;
g) auf ausschliesslich oder ausserhalb der Betriebsarbeitszeit mit Raumpflege beschäftigtes Personal.
Art. 4
Familienbetriebe
1) Das Gesetz ist nicht anwendbar auf Betriebe, in denen lediglich der Ehegatte des Betriebsinhabers, seine Blutsverwandten in auf- und absteigender Linie und deren Ehegatten sowie seine Stief- und Adoptivkinder tätig sind.
2) Sind im Betrieb auch andere als die in Abs. 1 erwähnten Personen tätig, so ist das Gesetz nur auf diese anwendbar.
3) Auf jugendliche Familienmitglieder im Sinne von Abs. 1 können einzelne Vorschriften des Gesetzes durch Verordnung anwendbar erklärt werden, soweit dies zum Schutze von Leben und Gesundheit der Jugendlichen oder zur Wahrung der Sittlichkeit erforderlich ist.
Art. 5
Sondervorschriften für industrielle Betriebe
1) Die besonderen Vorschriften des Gesetzes für industrielle Betriebe sind auf den einzelnen Betrieb oder auf einzelne Betriebsteile nur anwendbar aufgrund einer Unterstellungsverfügung der Regierung.
2) Als industrielle Betriebe im Sinne des Gesetzes gelten Betriebe mit fester Anlage von dauerndem Charakter für die Herstellung, Verarbeitung oder Behandlung von Gütern oder für die Erzeugung, Umwandlung oder Übertragung von Energie, sofern die Arbeitsweise oder die Arbeitsorganisation durch Maschinen oder andere technische Einrichtungen oder durch serienmässige Verrichtungen bestimmt werden und
a) für die Herstellung, Verarbeitung oder Behandlung von Gütern oder für die Erzeugung, Umwandlung oder Übertragung von Energie wenigstens sechs Arbeitnehmer beschäftigt werden oder
b) die Arbeitsweise oder die Arbeitsorganisation wesentlich durch automatisierte Verfahren bestimmt werden oder
c) Leben oder Gesundheit der Arbeitnehmer besonderen Gefahren ausgesetzt sind.
II. Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung
Art. 6
Pflichten des Arbeitgebers
1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zum Schutze von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer sowie zum Schutze der Umgebung des Betriebes vor schädlichen und lästigen Einwirkungen alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stande der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind.
2) Der Arbeitgeber hat insbesondere die betrieblichen Einrichtungen und den Arbeitsablauf so zu gestalten, dass Unfälle, Krankheiten und Überbeanspruchung der Arbeitnehmer nach Möglichkeit vermieden werden.
3) Für Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zur Mitwirkung heranzuziehen.
Art. 7
Pflichten der Arbeitnehmer
1) Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, den Arbeitgeber in der Durchführung der Vorschriften über Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung zu unterstützen.
2) Die Arbeitnehmer haben insbesondere Gesundheits- und Sicherheitseinrichtungen richtig anzuwenden und dürfen sie ohne Erlaubnis des Arbeitgebers weder entfernen noch ändern.
Art. 8
Plangenehmigung und Betriebsbewilligung
1) Wer einen gewerblichen Betrieb, der der gesetzlichen Unfallversicherungspflicht voraussichtlich unterstehen wird oder bereits untersteht, oder einen industriellen Betrieb errichten oder umgestalten will, hat die Genehmigung der geplanten Anlage bei der Regierung nachzusuchen.
2) Entspricht die geplante Anlage den Vorschriften, so genehmigt die Regierung die Pläne, nötigenfalls mit der Auflage, dass besondere Schutzmassnahmen getroffen werden.
3) Ein Betrieb darf endgültig seine Tätigkeit erst aufnehmen, nachdem er die Betriebsbewilligung vom Amt für Industrie und Gewerbe erhalten hat.
III. Arbeits- und Ruhezeit
Art. 9
Wöchentliche Höchstarbeitszeit
1) Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt:
a) 46 Stunden für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels;
b) 50 Stunden für alle übrigen Arbeitnehmer.
2) Die Regierung kann die in Abs. 1 Bst. a festgesetzte wöchentliche Höchstarbeitszeit vom 1. Januar 1968 an auf 45 Stunden verkürzen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die Lage auf dem Arbeitsmarkt und der Grad der Überfremdung, dies gestatten.
3) Für bestimmte Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern kann die wöchentliche Höchstarbeitszeit durch Verordnung zeitweise um höchstens vier Stunden verlängert werden, sofern sie im Jahresdurchschnitt nicht überschritten wird.
4) Eine Verlängerung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit um höchstens vier Stunden kann von der Regierung für bestimmte Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern oder für bestimmte Betriebe bewilligt werden, sofern und solange zwingende Gründe dies rechtfertigen.
5) Auf Büropersonal, technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, die im gleichen Betrieb oder Betriebsteil zusammen mit Arbeitnehmern beschäftigt werden, für die eine längere wöchentliche Höchstarbeitszeit gilt, ist diese ebenfalls anwendbar.
Art. 10
Grenzen der Tagesarbeit
1) Die Tagesarbeit darf im Sommer nicht vor 5 Uhr und im Winter nicht vor 6 Uhr beginnen und nicht länger als bis 20 Uhr dauern. Für Arbeitnehmer von industriellen Betrieben ist sie an Samstagen und an Tagen vor Feiertagen im Sinne von Art. 18 Abs. 2 spätestens um 17 Uhr zu beendigen.
2) Eine Verschiebung der Grenzen der Tagesarbeit kann, sofern ein Bedürfnis nachgewiesen wird, vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden.
3) Bei der Verschiebung der Grenzen der Tagesarbeit darf die Arbeit nicht vor 4 Uhr beginnen und nicht länger als bis 22 Uhr, bei zweischichtiger Tagesarbeit nicht länger als bis 24 Uhr dauern. Wird die wöchentliche Arbeitszeit im Einverständnis mit den Arbeitnehmern durchgehend oder für einzelne Wochen auf fünf Tage festgelegt, so darf die Grenze der Tagesarbeit bis 23 Uhr verschoben werden.
4) Werden die Grenzen der Tagesarbeit verschoben, so muss die Tagesarbeit, mit Einschluss der Arbeitsunterbrechungen, innert eines Zeitraumes von 14 Stunden liegen. Art. 17 Abs. 4 ist sinngemäss anwendbar.
Art. 11
Ausgleich ausfallender Arbeitszeit
1) Wird die Arbeit wegen Betriebsstörungen, zwischen arbeitsfreien Tagen oder unter ähnlichen Umständen für verhältnismässig kurze Zeit ausgesetzt oder werden einem Arbeitnehmer auf seinen Wunsch arbeitsfreie Tage eingeräumt, so darf der Arbeitgeber innert eines Zeitraumes von zwölf Wochen, einschliesslich der Woche mit dem Arbeitsausfall, einen entsprechenden Ausgleich in Abweichung von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit anordnen. Erweist sich diese Frist wegen ausserordentlichen Schwierigkeiten als ungenügend, so kann die Regierung allgemein und das Amt für Industrie und Gewerbe im Einzelfall deren Verlängerung bewilligen.
2) Der Ausgleich für den einzelnen Arbeitnehmer darf, mit Einschluss von Überzeitarbeit, zwei Stunden im Tag nicht überschreiten, ausser an arbeitsfreien Tagen oder Halbtagen. Bei Nachtarbeit, Schichtarbeit und ununterbrochenem Betrieb darf ausfallende Arbeitszeit nur soweit ausgeglichen werden, als dadurch die zulässige tägliche Arbeitsdauer nicht überschritten wird.
3) Ein Ausgleich ist auch zulässig, wenn Arbeit wegen Betriebsferien ausgesetzt wird, sofern es sich um Arbeitnehmer handelt, die auf kürzere Ferien Anspruch haben, als die Betriebsferien dauern.
Art. 12
Voraussetzungen und Dauer der Überzeitarbeit
1) Die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf ausnahmsweise überschritten werden:
a) wegen Dringlichkeit der Arbeit oder ausserordentlichen Arbeitsandranges;
b) für Inventaraufnahmen, Rechnungsabschlüsse und Liquidationsarbeiten;
c) zur Vermeidung oder Beseitigung von Betriebsstörungen, soweit dem Arbeitgeber nicht andere Vorkehren zugemutet werden können.
2) Die Überzeitarbeit darf für den einzelnen Arbeitnehmer zwei Stunden im Tag nicht überschreiten, ausser an arbeitsfreien Werktagen oder in Notfällen, und im Kalenderjahr insgesamt nicht mehr als 220 Stunden betragen.
3) Der Arbeitgeber darf bis 60 Überstunden im Kalenderjahr ohne behördliche Bewilligung anordnen. Für weitere Überstunden bedarf er einer Bewilligung des Amtes für Industrie und Gewerbe.
4) Sofern die Regierung gemäss Art. 9 Abs. 2 die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf 45 Stunden verkürzt, darf die Überzeitarbeit insgesamt 260 Stunden im Kalenderjahr betragen und der Arbeitgeber darf bis 90 Überstunden im Kalenderjahr ohne behördliche Bewilligung anordnen.
Art. 13
Lohnzuschlag für Überzeitarbeit
1) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 %, für eine zwei Stunden übersteigende Überzeitarbeit (Art. 12 Abs. 2) einen solchen von 50 %, auszurichten, dem Büropersonal sowie den technischen und anderen Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, jedoch nur für Überzeitarbeit, die 60 Stunden im Kalenderjahr übersteigt.
2) Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraumes durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten.
Art. 14
Hilfsarbeit
1) Für Hilfsarbeit darf die wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten werden.
2) Als Hilfsarbeit gelten insbesondere folgende Verrichtungen, sofern sie die ordentliche Dauer der täglichen Arbeit überschreiten oder an Sonntagen oder an anderen arbeitsfreien Tagen ausgeführt werden müssen:
a) die täglichen Verrichtungen, welche die eigentliche Arbeit vorbereiten oder beendigen;
b) das tägliche Reinigen der Arbeitsräume und das Wegschaffen der Abfälle;
c) die periodischen Hauptreinigungs- und Hauptinstandhaltungsarbeiten in den Arbeitsräumen und andere periodisch wiederkehrende Verrichtungen;
d) die unaufschiebbare Instandstellung von Arbeitsmaschinen, Apparaten, Transporteinrichtungen und Fahrzeugen;
e) die Bedienung und Instandhaltung von Anlagen, die dem Betriebe Luft, Wasser, Licht, Wärme, Kälte, Dampf und Kraft vermitteln.
3) Die Hilfsarbeit ist möglichst zu beschränken und darf für den einzelnen Arbeitnehmer im Tag, abgesehen von arbeitsfreien Tagen oder Halbtagen, nur ausnahmsweise mehr als zwei Stunden betragen. Hilfsarbeit von höchstens zwei Stunden im Tag kann während der laufenden oder folgenden Woche durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen werden. Wird dieser Ausgleich nicht vorgenommen, so ist dafür ein Lohnzuschlag von wenigstens 25 % auszurichten. Dauert die Hilfsarbeit länger als zwei Stunden im Tag, so ist die zwei Stunden überschreitende Zeit in jedem Fall durch Freizeit auszugleichen.
Art. 15
Pausen
1) Die Arbeit ist durch Pausen von folgender Mindestdauer zu unterbrechen:
a) eine Viertelstunde bei einer zusammenhängenden Arbeitsdauer von mehr als fünfeinhalb Stunden;
b) eine halbe Stunde bei einer zusammenhängenden Arbeitsdauer von mehr als sieben Stunden;
c) eine Stunde bei einer zusammenhängenden Arbeitsdauer von mehr als neun Stunden.
2) Die Pausen gelten als Arbeitszeit, wenn die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz nicht verlassen dürfen.
Art. 16
Verbot der Nachtarbeit
1) Während der Nacht ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern untersagt. Vorbehalten bleibt Art. 17.
2) Als Nacht gilt im Sommer die Zeit zwischen 20 Uhr und 5 Uhr und im Winter die Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr. Vorbehalten bleibt Art. 10 Abs. 3.
Art. 17
Ausnahmen vom Verbot der Nachtarbeit
1) Vorübergehende Nachtarbeit kann vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden, sofern ein dringendes Bedürfnis nachgewiesen wird. Der Arbeitgeber darf die Arbeitnehmer nur mit ihrem Einverständnis zu vorübergehender Nachtarbeit heranziehen und hat dafür einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 % zu bezahlen.
2) Dauernde oder regelmässig wiederkehrende Nachtarbeit kann, sofern sie aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unentbehrlich ist, vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden.
3) Bei Nachtarbeit darf die Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer innert 24 Stunden neun Stunden nicht überschreiten und muss, mit Einschluss der Pausen, innert eines Zeitraumes von zehn Stunden liegen.
4) Wird dem Arbeitnehmer eine zusammenhängende wöchentliche Ruhezeit von mindestens 36 Stunden gewährt, so darf die tägliche Ruhezeit einmal in der Woche auf acht Stunden herabgesetzt werden.
Art. 18
Verbot der Sonntagsarbeit
1) An Sonntagen ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern untersagt. Vorbehalten bleibt Art. 19.
2) Als gesetzliche Feiertage, die den Sonntagen gleichzustellen sind, gelten: Neujahr, Drei-König, Ostermontag, Auffahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen, Mariä Empfängnis, Weihnacht, St. Stephanstag.
Art. 19
Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit
1) Vorübergehende Sonntagsarbeit kann vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden, sofern ein dringendes Bedürfnis nachgewiesen wird. Der Arbeitgeber darf die Arbeitnehmer nur mit ihrem Einverständnis zu vorübergehender Sonntagsarbeit heranziehen und hat dafür einen Lohnzuschlag von 100 % zu bezahlen.
2) Dauernde oder regelmässig wiederkehrende Sonntagsarbeit kann, sofern sie aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unentbehrlich ist, vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden.
3) Für den Besuch des Gottesdienstes ist den Arbeitnehmern auf ihren Wunsch die erforderliche Zeit nach Möglichkeit freizugeben.
Art. 20
Ersatzruhe bei Sonntagsarbeit
1) Fällt Sonntagsarbeit auf den Vormittag und den Nachmittag oder dauert sie länger als fünf Stunden, so ist während der vorhergehenden oder folgenden Woche eine auf einen Arbeitstag fallende Ersatzruhe von mindestens 24 aufeinanderfolgenden Stunden zu gewähren. Innert zwei Wochen muss wenigstens einmal ein ganzer Sonntag als wöchentlicher Ruhetag freigegeben werden. Vorbehalten bleibt Art. 25.
2) Der Arbeitgeber darf die Arbeitnehmer während der Ersatzruhe vorübergehend zur Arbeit heranziehen, soweit dies notwendig ist, um dem Verderb von Gütern vorzubeugen oder um Betriebsstörungen zu vermeiden oder zu beseitigen; doch ist die Ersatzruhe spätestens in der folgenden Woche zu gewähren.
Art. 21
Wöchentlicher freier Halbtag
1) Wird die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr als fünf Tage verteilt, so ist den Arbeitnehmern jede Woche ein freier Halbtag zu gewähren mit Ausnahme der Wochen, in die ein arbeitsfreier Tag fällt.
2) Der Arbeitgeber darf im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer die wöchentlichen freien Halbtage für höchstens vier Wochen zusammenhängend gewähren; die wöchentliche Höchstarbeitszeit ist im Durchschnitt einzuhalten.
3) Art. 20 Abs. 2 ist sinngemäss anwendbar.
Art. 22
Verbot der Abgeltung der Ruhezeit
Die Ruhezeit darf nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden, ausser wenn das Arbeitsverhältnis endigt.
3. Schichtarbeit und ununterbrochener Betrieb
Art. 23
Zweischichtige Tagesarbeit
1) Zweischichtige Tagesarbeit, mit der eine Verschiebung der Grenzen der Tagesarbeit verbunden ist, kann, sofern ein Bedürfnis nachgewiesen wird, vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden.
2) In industriellen Betrieben darf die tägliche Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer neun Stunden nicht überschreiten und muss, mit Einschluss der Pausen, innert eines Zeitraumes von zehn Stunden liegen. Art. 17 Abs. 4 ist sinngemäss anwendbar.
Art. 24
Drei- und mehrschichtige Arbeit
1) Vorübergehende drei- oder mehrschichtige Arbeit kann vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden, sofern ein dringendes Bedürfnis nachgewiesen wird. Der Arbeitgeber darf die Arbeitnehmer nur mit ihrem Einverständnis zu vorübergehender Nachtarbeit heranziehen und hat dafür einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 % zu bezahlen.
2) Dauernde oder regelmässig wiederkehrende drei- oder mehrschichtige Arbeit kann, sofern sie aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unentbehrlich ist, vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden.
3) In industriellen Betrieben darf die Arbeitszeit innert 24 Stunden für den einzelnen Arbeitnehmer neun Stunden nicht überschreiten und muss, mit Einschluss der Pausen, innert eines Zeitraumes von zehn Stunden liegen. Art. 17 Abs. 4 ist sinngemäss anwendbar.
Art. 25
Ununterbrochener Betrieb
1) Ununterbrochener Betrieb kann, sofern er aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unentbehrlich ist, vom Amt für Industrie und Gewerbe bewilligt werden.
2) Durch Verordnung oder in Einzelfällen durch Verfügung der Regierung wird bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und wie weit bei ununterbrochenem Betrieb die wöchentliche Höchstarbeitszeit verlängert und die Ruhezeit verkürzt werden kann. Dabei darf in der Regel die wöchentliche Höchstarbeitszeit im Durchschnitt von 16 Wochen nicht überschritten werden.
Art. 26
Weitere Schutzbestimmungen
1) Über die Verschiebung der Grenzen der Tagesarbeit, die Überzeit-, Hilfs-, Nacht- und Sonntagsarbeit sowie über die Schichtarbeit und den ununterbrochenen Betrieb können zum Schutze der Arbeitnehmer durch Verordnung im Rahmen der wöchentlichen Höchstarbeitszeit weitere Bestimmungen aufgestellt werden.
2) Die wöchentliche Höchstarbeitszeit kann für bestimmte Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern durch Verordnung verkürzt werden, soweit dies zum Schutze der Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlich ist.
Art. 27
Sonderbestimmungen für bestimmte Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern oder bestimmte Betriebe
1) Bestimmte Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern oder bestimmte Betriebe können durch Verordnung oder in Einzelfällen durch Verfügung der Regierung ganz oder teilweise von den Vorschriften der Art. 9 bis 21, 23 bis 25, 31, 34, und 36 ausgenommen und entsprechenden Sonderbestimmungen unterstellt werden, soweit dies mit Rücksicht auf ihre besonderen Verhältnisse notwendig ist.
2) Solche Sonderbestimmungen können insbesondere aufgestellt werden
a) für Betriebe der Erziehung, des Unterrichts, der Fürsorge, der Krankenpflege, der ärztlichen Behandlung sowie für Apotheken;
b) für Betriebe der Beherbergung, der Bewirtung und der Unterhaltung sowie für Betriebe, die der Versorgung des Gastgewerbes bei besonderen Anlässen dienen;
c) für Betriebe, die den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs oder der landwirtschaftlichen Bevölkerung dienen;
d) für Betriebe, die der Versorgung mit leicht verderblichen Gütern dienen;
e) für Betriebe, die der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, sowie für Gartenbaubetriebe, die nicht unter Art. 2 Abs. 1 Bst. c fallen;
f) für Forstbetriebe;
g) für Betriebe, die der Versorgung mit Elektrizität, Gas oder Wasser dienen;
h) für Betriebe, die der Versorgung von Fahrzeugen mit Betriebsstoffen oder ihrer Instandhaltung und Instandstellung dienen;
i) für Redaktionen von Zeitungen und Zeitschriften;
k) für Arbeitnehmer auf Bauplätzen und in Steinbrüchen, für welche wegen besonderer Verhältnisse eine besondere Ordnung der Arbeitszeit erforderlich ist;
l) für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit in erheblichem Masse blosse Präsenzzeit ist oder deren Tätigkeit in erheblichem Masse Reisen oder eine häufige Verlegung des Arbeitsplatzes erfordert.
Art. 28
Geringfügige Abweichungen
Die zuständige Behörde ist ermächtigt, in ihren Arbeitszeitbewilligungen ausnahmsweise geringfügige Abweichungen von den Vorschriften des Gesetzes oder einer Verordnung vorzusehen, soweit der Befolgung dieser Vorschriften ausserordentliche Schwierigkeiten entgegenstehen und das Einverständnis der Mehrheit der beteiligten Arbeitnehmer oder deren Vertretung im Betriebe vorliegt.
IV. Sonderschutz der jugendlichen und weiblichen Arbeitnehmer
1. Jugendliche Arbeitnehmer
Art. 29
Allgemeine Vorschriften
1) Als Jugendliche gelten Arbeitnehmer beider Geschlechter bis zum vollendeten 19. Altersjahr und Lehrlinge bis zum vollendeten 20. Altersjahr.
2) Der Arbeitgeber bat auf die Gesundheit der Jugendlichen gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er hat namentlich darauf zu achten, dass die Jugendlichen nicht überanstrengt werden und vor schlechten Einflüssen im Betriebe bewahrt bleiben.
3) Die Verwendung Jugendlicher für bestimmte Arbeiten kann zum Schutz von Leben und Gesundheit oder zur Wahrung der Sittlichkeit durch Verordnung oder in Einzelfällen durch Verfügung der Regierung untersagt oder von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden.
4) Bei der Einstellung eines Jugendlichen hat der Arbeitgeber einen Altersausweis zu verlangen. Durch Verordnung oder in Einzelfällen durch Verfügung der Regierung kann bestimmt werden, dass ausserdem ein ärztliches Zeugnis beizubringen ist.
Art. 30
Mindestalter
1) Vor dem vollendeten 15. Altersjahr dürfen Jugendliche nicht beschäftigt werden. Vorbehalten bleibt der Abs. 2.
2) Durch Verordnung wird bestimmt, für welche Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern sowie unter welchen Voraussetzungen Jugendliche im Alter von mehr als 13 Jahren zu Botengängen und leichten Arbeiten herangezogen werden dürfen. Für schulentlassene Jugendliche im Alter von mehr als 14 Jahren können unter besonderen Voraussetzungen durch Verordnung Ausnahmen bewilligt werden.
Art. 31
Arbeits- und Ruhezeit
1) Die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen darf diejenige der andern im Betriebe beschäftigten Arbeitnehmer und, falls keine anderen Arbeitnehmer vorhanden sind, die ortsübliche Arbeitszeit nicht überschreiten und nicht mehr als zehn Stunden betragen. Auf die Arbeitszeit sind allfällige Überzeit- und Hilfsarbeit sowie obligatorischer Unterricht, soweit er in die Arbeitszeit fällt, anzurechnen.
2) Die Tagesarbeit der Jugendlichen muss, mit Einschluss der Pausen, innert eines Zeitraumes von zwölf Stunden liegen. Die Grenzen der Tagesarbeit dürfen nur für Jugendliche im Alter von mehr als 16 Jahren und nur von 6.00 Uhr bis 5.00 Uhr und von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr verschoben werden. Geringfügige Ausnahmen bei der Festsetzung der Grenzen der Tagesarbeit für Jugendliche können in besonderen Fällen gestattet werden, wenn Rücksicht auf die Verkehrsbedingungen dies rechtfertigt oder wenn Eltern und Kinder bzw. Erwachsene und Jugendliche derselben Familie nach dem gleichen Stundenplan arbeiten.
3) Jugendliche dürfen bis zum vollendeten 16. Altersjahr zu Überzeit- und Hilfsarbeit nicht verwendet werden.
4) Der Arbeitgeber darf Jugendliche während der Nacht und an Sonntagen nicht beschäftigen. Ausnahmen können, insbesondere im Interesse der beruflichen Ausbildung, durch Verordnung oder in Einzelfällen durch Verfügung der Regierung vorgesehen werden.
Art. 32
Besondere Fürsorgepflichten des Arbeitgebers
1) Erkrankt der Jugendliche, erleidet er einen Unfall oder erweist er sich als gesundheitlich oder sittlich gefährdet, so ist der Inhaber der elterlichen Gewalt oder der Vormund zu benachrichtigen. Bis zum Eintreffen ihrer Weisungen hat der Arbeitgeber die gebotenen Massnahmen zu treffen.
2) Lebt der Jugendliche in der Hausgemeinschaft des Arbeitgebers, so hat dieser für eine ausreichende und dem Alter entsprechende Verpflegung sowie für gesundheitlich und sittlich einwandfreie Unterkunft zu sorgen.
2. Weibliche Arbeitnehmer
Art. 33
Allgemeine Vorschriften
1) Der Arbeitgeber hat auf die Gesundheit der weiblichen Arbeitnehmer gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen.
2) Die Verwendung weiblicher Arbeitnehmer für bestimmte Arbeiten kann zum Schutze von Leben und Gesundheit oder zur Wahrung der Sittlichkeit durch Verordnung untersagt oder von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden.
Art. 34
Arbeits- und Ruhezeit
1) Die Tagesarbeit der weiblichen Arbeitnehmer muss, mit Einschluss der Arbeitsunterbrechungen, innert eines Zeitraumes von zwölf Stunden liegen. Die Grenzen der Tagesarbeit dürfen nur von 6 Uhr bis 5 Uhr und von 20 Uhr bis 22 Uhr verschoben werden.
2) Wird die wöchentliche Arbeitszeit im Einverständnis mit den Arbeitnehmern durchgehend oder für einzelne Wochen auf fünf Tage festgelegt, so darf die Grenze der Tagesarbeit bis 23 Uhr verschoben werden, und bei schichtähnlichem Gruppenbetrieb darf die Tagesarbeit, mit Einschluss der Arbeitsunterbrechungen, innert eines Zeitraumes von 13 Stunden liegen.
3) Nacht- oder Sonntagsarbeit von weiblichen Arbeitnehmern darf nur unter besonderen, durch Verordnung zu bestimmenden Voraussetzungen bewilligt werden.
Art. 35
Schutz der Schwangeren und Mütter
1) Schwangere dürfen nur mit ihrem Einverständnis und keinesfalls über die ordentliche Dauer der täglichen Arbeit hinaus beschäftigt werden. Sie dürfen auf blosse Anzeige hin von der Arbeit wegbleiben oder diese verlassen.
2) Der Zivilstandsbeamte, dem die Geburt angezeigt wird, hat der Wöchnerin zuhanden des Arbeitgebers das Datum der Niederkunft unentgeltlich zu bescheinigen.
3) Wöchnerinnen dürfen während acht Wochen nach ihrer Niederkunft nicht beschäftigt werden; doch darf der Arbeitgeber auf ihr Verlangen diesen Zeitraum bis auf sechs Wochen verkürzen, sofern der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit durch ärztliches Zeugnis ausgewiesen ist.
4) Stillende Mütter dürfen auch nach Ablauf von acht Wochen seit ihrer Niederkunft nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden. Zum Stillen ist ihnen die erforderliche Zeit freizugeben.
Art. 36
Weibliche Arbeitnehmer, die einen Haushalt besorgen
1) Bei der Festsetzung der Arbeits- und Ruhezeit ist auf weibliche Arbeitnehmer, die einen Haushalt mit Familienangehörigen besorgen, Rücksicht zu nehmen. Auf ihr Verlangen ist ihnen eine Mittagspause von wenigstens anderthalb Stunden zu gewähren.
2) Weibliche Arbeitnehmer, die einen Haushalt mit Familienangehörigen besorgen, dürfen nur mit ihrem Einverständnis zu Überzeitarbeit und in industriellen Betrieben nicht zu Hilfsarbeit herangezogen werden.
Art. 37
Aufstellung
1) Für industrielle Betriebe ist eine Betriebsordnung aufzustellen.
2) Durch Verordnung kann die Aufstellung einer Betriebsordnung auch für nicht industrielle Betriebe vorgeschrieben werden, soweit die Art des Betriebes oder die Zahl der Arbeitnehmer dies rechtfertigen.
3) Andere nichtindustrielle Betriebe können nach Massgabe der Vorschriften dieses Abschnittes freiwillig eine Betriebsordnung aufstellen.
4) Die Betriebsordnung wird zwischen dem Arbeitgeber und einer von den Arbeitnehmern frei gewählten Vertretung schriftlich vereinbart oder vom Arbeitgeber nach Anhören der Arbeitnehmer erlassen.
Art. 38
Inhalt
1) In der Betriebsordnung sind das Verhalten der Arbeitnehmer im Betriebe, die Gesundheitsvorsorge und die Unfallverhütung, die Lohnperiode, die Zeit und der Ort der Lohnzahlung, die Auszahlungsweise sowie die Kündigungstermine zu regeln.
2) Die Betriebsordnung darf dem zwingenden Recht und den für den Arbeitgeber verbindlichen Gesamtarbeitsverträgen nicht widersprechen.
Art. 39
Genehmigung; Wirkungen
1) Die Betriebsordnung bedarf der Genehmigung des Amtes für Industrie und Gewerbe. Es erteilt die Genehmigung, wenn die Betriebsordnung dem zwingenden Rechte nicht widerspricht.
2) Nach der Bekanntgabe im Betrieb ist die Betriebsordnung für den Arbeitgeber und für die Arbeitnehmer verbindlich.
VI. Durchführung des Gesetzes
1. Durchführungsbestimmungen und Überwachung
Art. 40
Verordnungen
1) Die Regierung hat die erforderlichen Verordnungen zu erlassen
a) in den vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen;
b) zur näheren Umschreibung einzelner Vorschriften des Gesetzes.
2) Die Regierung ist ermächtigt, Verordnungen und Ausführungsbestimmungen zum Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel vom 13. März 1964 mit Verordnung in Liechtenstein ganz oder teilweise in Kraft zu setzen.
3) Vor Erlass von Verordnungen gemäss Abs. 1 und 2 sind die anerkannten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen anzuhören.
Art. 41
Überwachung
1) Mit der Überwachung der Einhaltung dieses Gesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen sowie der sich darauf stützenden Verfügungen wird das Amt für Industrie und Gewerbe betraut.
2) Die Regierung kann für einzelne technische Zweige des Aufsichtsdienstes besondere Fachinspektorate oder Sachverständige beiziehen.
3) Personen, die mit dem Vollzug oder der Aufsicht betraut sind oder dabei mitwirken, sind verpflichtet, über die Tatsachen, die ihnen bei ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, das Amtsgeheimnis zu wahren.
2. Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Art. 42
Auskunftpflicht
1) Der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer sind verpflichtet, den Vollzugs- und Aufsichtsorganen die erforderlichen Auskünfte für den Vollzug des Gesetzes und der Verordnungen zu erteilen.
2) Der Arbeitgeber hat den Vollzugs- und Aufsichtsorganen den Zutritt zum Betriebe, die Vornahme von Feststellungen und die Entnahme von Proben zu gestatten.
Art. 43
Verzeichnisse und andere Unterlagen
Der Arbeitgeber hat Verzeichnisse oder andere Unterlagen, aus denen die für den Vollzug des Gesetzes und der Verordnungen erforderlichen Angaben ersichtlich sind, den Vollzugs- und Aufsichtsorganen zur Verfügung zu halten.
Art. 44
Bekanntgabe des Stundenplanes
1) In industriellen Betrieben hat der Arbeitgeber den Stundenplan und die erteilten Arbeitszeitbewilligungen durch Anschlag bekanntzugeben. Der Stundenplan ist dem Amt für Industrie und Gewerbe mitzuteilen.
2) Für nichtindustrielle Betriebe kann die Bekanntgabe des Stundenplanes und der erteilten Arbeitszeitbewilligungen durch Verordnung oder in Einzelfällen durch Verfügung der Regierung vorgeschrieben werden, soweit die Art des Betriebes oder die Zahl der Arbeitnehmer dies rechtfertigt.
Art. 45
Anhörung der Arbeitnehmer
In den Fällen der Art. 11, 12 Abs. 3 und 20, Abs. 2 hat der Arbeitgeber, bevor er Abweichungen von der ordentlichen Arbeitszeit anordnet, die er von sich aus treffen darf, den beteiligten Arbeitnehmern oder gegebenenfalls deren Vertretung im Betriebe Gelegenheit zur Meinungsäusserung zu geben und diese nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Diese Vorschrift gilt auch für die zeitliche Ansetzung der Pausen gemäss Art. 15 Abs. 1.
Art. 46
Bewilligungsgesuche
1) Der Arbeitgeber hat Gesuche für die im Gesetze vorgesehenen Bewilligungen rechtzeitig einzureichen und zu begründen sowie die erforderlichen Unterlagen beizufügen.
2) Kann in dringlichen Fällen das Gesuch für eine Arbeitszeitbewilligung nicht rechtzeitig gestellt werden, so hat der Arbeitgeber dies so rasch als möglich nachzuholen und die Verspätung zu begründen. In nicht voraussehbaren Fällen von geringfügiger Tragweite kann auf die nachträgliche Einreichung eines Gesuches verzichtet werden.
3. Verwaltungsverfügungen und Verwaltungsmassnahmen
Art. 47
Verwaltungsverfügungen
Die aufgrund dieses Gesetzes oder einer dazu ergangenen Verordnung getroffenen Verfügungen haben den Bestimmungen des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege zu entsprechen.
Art. 48
Vorkehren bei Nichtbefolgung von Vorschriften oder Verfügungen
1) Werden Vorschriften des Gesetzes oder einer Verordnung oder wird eine Verfügung nicht befolgt, so macht die zuständige VolIzugsbehörde den Fehlbaren darauf aufmerksam und verlangt die Einhaltung der nicht befolgten Vorschriften oder Verfügung.
2) Wird durch einen Verstoss im Sinne von Abs. 1 zugleich ein Gesamtarbeitsvertrag verletzt, so kann die zuständige Vollzugsbehörde in geeigneter Weise auf die Massnahmen der Vertragsparteien zur Durchsetzung des Gesamtarbeitsvertrages Rücksicht nehmen.
Art. 49
Massnahmen des Verwaltungszwanges
1) Ist eine Mahnung im Sinne von Art. 48 Abs. 1 fruchtlos geblieben, so ergreift die zuständige Vollzugsbehörde die zur Herbeiführung des rechtmässigen Zustandes erforderlichen Massnahmen des Verwaltungszwanges im Sinne des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege.
2) Wird Leben oder Gesundheit von Arbeitnehmern oder die Umgebung des Betriebes durch die Missachtung einer Verfügung erheblich gefährdet, so kann die Regierung nach vorheriger schriftlicher Androhung die Benützung von Räumen oder Einrichtungen verhindern und in besonders schweren Fällen den Betrieb für eine bestimmte Zeit schliessen.
Art. 50
Entzug und Sperre von Arbeitszeitbewilligungen
1) Wird eine Arbeitszeitbewilligung nicht eingehalten, so kann das Amt für Industrie und Gewerbe, unabhängig vom Verfahren gemäss Art. 48 und 49 die Bewilligung nach vorheriger schriftlicher Androhung aufheben und, wenn die Verhältnisse dies rechtfertigen, die Erteilung neuer Bewilligungen für eine bestimmte Zeit sperren.
2) Missbraucht ein Arbeitgeber die Befugnis zur Anordnung von Überzeitarbeit ohne Bewilligung, so kann ihm das Amt für Industrie und Gewerbe diese Befugnis für eine bestimmte Zeit entziehen.
Art. 51
Anzeigen
Die zuständige Vollzugsbehörde ist verpflichtet, Anzeigen wegen Nichtbefolgung des Gesetzes, einer Verordnung oder einer Verfügung zu prüfen und, falls sie begründet sind, gemäss Art. 48 und 49 zu verfahren.
Art. 52
Beschwerderecht
1) Gegen Verfügungen des Amtes für Industrie und Gewerbe steht den Beteiligten binnen 14 Tagen ab Zustellung der Verfügung der Rekurs an die Regierung offen. Diese entscheidet endgültig.
2) Gegen Verfügungen der Regierung, die sie in erster Instanz erlässt, steht den Beteiligten binnen 14 Tagen ab Zustellung der Verfügung die Beschwerde an die Verwaltungsbeschwerde-Instanz offen.
3) Rekurs- und beschwerdeberechtigt sind ausser den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern auch die anerkannten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen.
Art. 53
Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitgebers
1) Der Arbeitgeber ist strafbar, wenn er Vorschriften des Gesetzes oder einer Verordnung
a) über Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt;
b) über die Arbeits- und Ruhezeit vorsätzlich zuwiderhandelt;
c) über den Sonderschutz der jugendlichen oder weiblichen Arbeitnehmer vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt.
2) Macht sich im Betrieb einer Einzelfirma eine vom Arbeitgeber mit der Leitung des Betriebes betraute Person einer Widerhandlung schuldig, so ist diese Person strafbar. Der Arbeitgeber ist nur strafbar, wenn er von der Widerhandlung Kenntnis hat und es unterlässt, sie zu verhindern oder für Abhilfe zu sorgen.
3) Wird eine Widerhandlung im Betrieb einer juristischen Person oder einer Handelsgesellschaft begangen, so sind diejenigen Personen strafbar, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen. Die juristische Person oder die Gesellschaft haftet solidarisch für Geldstrafen und Kosten, sofern sie nicht nachweist, dass sie alle erforderliche Sorgfalt angewendet hat, um die Einhaltung der Vorschriften durch die genannten Personen zu bewirken.
Art. 54
Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers
1) Der Arbeitnehmer ist strafbar, wenn er Vorschriften des Gesetzes oder einer Verordnung über Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung vorsätzlich zuwiderhandelt.
2) Werden dadurch Leben oder Gesundheit anderer Personen erheblich gefährdet, so ist auch die fahrlässige Widerhandlung strafbar.
Art. 55
Strafen
1) Wer sich gemäss Art. 53 und 54 des Gesetzes strafbar macht, wird vom Landgericht wegen Übertretung mit Geldstrafe bis 20 000 Franken bestraft.
2) Bei vorsätzlicher Widerhandlung kann in schweren Fällen auf Arrest bis zu sechs Monaten erkannt werden. Der Fall gilt insbesondere als schwer, wenn der Täter Vorschriften des Gesetzes oder einer Verordnung
a) über Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung zuwiderhandelt, und dadurch Leben oder Gesundheit von Arbeitnehmern oder anderer Personen erheblich gefährdet;
b) über den Sonderschutz der jugendlichen oder weiblichen Arbeitnehmer zuwiderhandelt.
3) Wurde aufgrund eines Gesamtarbeitsvertrages eine angemessene Konventionalstrafe ausgesprochen, so kann der Richter die Geldstrafe ermässigen oder von einer solchen absehen.
Art. 56
Vorbehalt des Strafgesetzes
Die Bestimmungen des Strafgesetzes bleiben vorbehalten.
Art. 57
Vorbehalt von Vorschriften
Vorbehalten bleiben insbesondere
a) die Gesetzgebung über die berufliche Ausbildung, über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten sowie über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer;
b) Polizeivorschriften wie namentlich solche über die Bau-, Feuer-, Gesundheits- und Wasserpolizei sowie über die Sonntagsruhe und über die Öffnungszeiten von Betrieben, die dem Detailverkauf, der Bewirtung oder der Unterhaltung dienen.
VII. Schluss- und Übergangsbestimmungen
Art. 58
Aufhebung bestehender Vorschriften
1) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wird das Gesetz betreffend die Arbeit in Industrie und Gewerbe (Arbeiterschutzgesetz) vom 29. November 1945 unter Vorbehalt von Abs. 2 aufgehoben.
2) Die folgenden Vorschriften des Gesetzes betreffend die Arbeit in Industrie und Gewerbe (Arbeiterschutzgesetz) vom 29. November 1945 bleiben bis zum Erlass neuer Vorschriften anwendbar: Art. 1; Art. 13 bis 58; Art. 71; Art. 75 Abs. 1 und 3; Art. 94; Art. 96 bis 99; Art. 100 bis 106; Art. 109 bis 115 und Art. 117 bis 120.
Art. 59
In Kraft bleibende Verordnungen
Die bisher aufgrund des II. Abschnittes und der Art. 75, 85 und 121 des Gesetzes betreffend die Arbeit in Industrie und Gewerbe (Arbeiterschutzgesetz) vom 29. November 1945 erlassenen Verordnungen bleiben als Bestimmungen im Rahmen von Art. 40 des vorliegenden Gesetzes weiterhin in Kraft. Sie können mit Verordnung jederzeit aufgehoben oder abgeändert werden.
Art. 60
In Kraft bleibende Verfügungen
1) Die gestützt auf die bisherige Gesetzgebung getroffenen Verfügungen bleiben unter Vorbehalt von Abs. 2 in Kraft, bis entsprechende Verfügungen aufgrund dieses Gesetzes getroffen werden.
2) Arbeitszeitbewilligungen, die gestützt auf die bisherige Gesetzgebung ohne zeitliche Befristung erteilt wurden, bleiben noch bis zum 30. September 1967 in Kraft. Zeitlich befristete Arbeitszeitbewilligungen, die vor dem 30. September 1967 ablaufen, können auf Gesuch hin bis zu diesem Zeitpunkt nach den bisherigen Vorschriften verlängert werden.
Art. 61
Inkrafttreten
Dieses Gesetz wird als nicht dringlich erklärt und tritt am 1. Februar 1967 in Kraft.
gez. Franz Josef
gez. Dr. Gerard Batliner
Fürstlicher Regierungschef