0.101 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 1982
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Nr. 60/1
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ausgegeben am 6. Oktober 1982
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Konvention
vom 4. November 1950
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Inkrafttreten für das Fürstentum Liechtenstein: 8. September 1982
In Erwägung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 verkündet wurde;
in der Erwägung, dass diese Erklärung bezweckt, die allgemeine und wirksame Anerkennung und Einhaltung der darin erklärten Rechte zu gewährleisten;
in der Erwägung, dass das Ziel des Europarates die Herbeiführung einer grösseren Einigkeit unter seinen Mitgliedern ist und dass eines der Mittel zur Erreichung dieses Zieles in der Wahrung und in der Entwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten besteht;
unter erneuter Bekräftigung ihres tiefen Glaubens an diese Grundfreiheiten, welche die Grundlage der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bilden, und deren Aufrechterhaltung wesentlich auf einem wahrhaft demokratischen politischen Regime einerseits und auf einer gemeinsamen Auffassung und Achtung der Menschenrechte andererseits beruht, von denen sie sich herleiten;
entschlossen, als Regierungen europäischer Staaten, die vom gleichen Geiste beseelt sind und ein gemeinsames Erbe an geistigen Gütern, politischen Überlieferungen, Achtung der Freiheit und Vorherrschaft des Gesetzes besitzen, die ersten Schritte auf dem Wege zu einer kollektiven Garantie gewisser in der Allgemeinen Erklärung verkündeter Rechte zu unternehmen;
vereinbaren die unterzeichneten Regierungen, die Mitglieder des Europarates sind, folgendes:
Art. 1
Die Hohen Vertragschliessenden Teile sichern allen ihrer Jurisdiktion unterstehenden Personen die in Abschnitt I dieser Konvention niedergelegten Rechte und Freiheiten zu.
Art. 2
1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Art. betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemässe Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäss festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.
Art. 3
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Art. 4
1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
3) Als "Zwangs- oder Pflichtarbeit" im Sinne dieses Art. gilt nicht:
a) jede Arbeit, die normalerweise von einer Person verlangt wird, die unter den von Art. 5 der vorliegenden Konvention vorgesehenen Bedingungen in Haft gehalten oder bedingt freigelassen worden ist;
b) jede Dienstleistung militärischen Charakters, oder im Falle der Verweigerung aus Gewissensgründen in Ländern, wo diese als berechtigt anerkannt ist, eine sonstige an Stelle der militärischen Dienstpflicht tretende Dienstleistung;
c) jede Dienstleistung im Falle von Notständen und Katastrophen, die das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
d) jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen Bürgerpflichten gehört.
Art. 5
1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a) wenn er rechtmässig nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht in Haft gehalten wird;
b) wenn er rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird wegen Nichtbefolgung eines rechtmässigen Gerichtsbeschlusses oder zur Erzwingung der Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung;
c) wenn er rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird zum Zwecke seiner Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, sofern hinreichender Verdacht dafür besteht, dass der Betreffende eine strafbare Handlung begangen hat, oder begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer strafbaren Handlung oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d) wenn es sich um die rechtmässige Haft eines Minderjährigen handelt, die zum Zwecke überwachter Erziehung angeordnet ist, oder um die rechtmässige Haft eines solchen, die zum Zwecke seiner Vorführung vor die zuständige Behörde verhängt ist;
e) wenn er sich in rechtmässiger Haft befindet, weil er eine Gefahrenquelle für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten bildet oder weil er geisteskrank, Alkoholiker, rauschgiftsüchtig oder Landstreicher ist;
f) wenn er rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen, oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.
2) Jeder Festgenommene muss in möglichst kurzer Frist und in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und über die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen unterrichtet werden.
3) Jede nach der Vorschrift des Abs. 1 Bst. c dieses Art. festgenommene oder in Haft gehaltene Person muss unverzüglich einem Richter oder einem anderen, gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten vorgeführt werden. Sie hat Anspruch auf Aburteilung innerhalb einer angemessenen Frist oder auf Haftentlassung während des Verfahrens. Die Freilassung kann von der Leistung einer Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht abhängig gemacht werden.
4) Jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen wird, hat das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht ehetunlich über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden wird und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird.
5) Jeder, der entgegen den Bestimmungen dieses Artikel von Festnahme oder Haft betroffen worden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz.
Art. 6
1) Jedermann hat Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen, oder, und zwar unter besonderen Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde, in diesem Fall jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang.
2) Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.
3) Jeder Angeklagte hat mindestens (englischer Text) insbesondere (französischer Text) die folgenden Rechte:
a) in möglichst kurzer Frist in einer für ihn verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden;
b) über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung zu verfügen;
c) sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, falls er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d) Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken;
e) die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen, wenn der Angeklagte die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder sich nicht darin ausdrücken kann.
Art. 7
1) Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine höhere Strafe als die im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte Strafe verhängt werden.
2) Durch diesen Artikel darf die Verurteilung oder Bestrafung einer Person nicht ausgeschlossen werden, die sich einer Handlung oder Unterlassung schuldig gemacht hat, welche im Zeitpunkt ihrer Begehung nach den von den zivilisierten Völkern allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen strafbar war.
Art. 8
1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Art. 9
1) Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit des einzelnen zum Wechsel der Religion oder der Weltanschauung sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben.
2) Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkung sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Massnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind.
Art. 10
1) Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artilel schliesst nicht aus, dass die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen.
2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.
Art. 11
1) Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschliessen, einschliesslich des Rechts, zum Schutze ihrer Interessen Gewerkschaften zu bilden und diesen beizutreten.
2) Die Ausübung dieser Rechte darf keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser Artikel verbietet nicht, dass die Ausübung dieser Rechte durch Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung gesetzlichen Einschränkungen unterworfen wird.
Art. 12
Mit Erreichung des heiratsfähigen Alters haben Männer und Frauen gemäss den einschlägigen nationalen Gesetzen das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.
Art. 13
Sind die in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten verletzt worden, so hat der Verletzte das Recht, eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, selbst wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.
Art. 14
Der Genuss der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten ist ohne Benachteiligung zu gewährleisten, die insbesondere im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist.
Art. 15
1) Im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht, kann jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile Massnahmen ergreifen, welche die in dieser Konvention vorgesehenen Verpflichtungen in dem Umfang, den die Lage unbedingt erfordert, und unter der Bedingung ausser Kraft setzen, dass diese Massnahmen nicht in Widerspruch zu den sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen stehen.
2) Die vorstehende Bestimmung gestattet kein Ausserkraftsetzen des Art. 2 ausser bei Todesfällen, die auf rechtmässige Kriegshandlungen zurückzuführen sind, oder der Art. 3, 4 Abs. 1 und 7.
3) Jeder Hohe Vertragschliessende Teil, der dieses Recht der Ausserkraftsetzung ausübt, hat den Generalsekretär des Europarats eingehend über die getroffenen Massnahmen und deren Gründe zu unterrichten. Er muss den Generalsekretär des Europarats auch über den Zeitpunkt in Kenntnis setzen, in dem diese Massnahmen ausser Kraft getreten sind und die Vorschriften der Konvention wieder volle Anwendung finden.
Art. 16
Keine der Bestimmungen der Art. 10, 11 und 14 darf so ausgelegt werden, dass sie den Hohen Vertragschliessenden Parteien verbietet, die politische Tätigkeit von Ausländern Beschränkungen zu unterwerfen.
Art. 17
Keine Bestimmung dieser Konvention darf dahin ausgelegt werden, dass sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person das Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf die Abschaffung der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende Beschränkungen dieser Rechte und Freiheiten, als in der Konvention vorgesehen, hinzielt.
Art. 18
Die nach der vorliegenden Konvention gestatteten Einschränkungen dieser Rechte und Freiheiten dürfen nicht für andere Zwecke als die vorgesehenen angewendet werden.
Art. 19
Um die Einhaltung der Verpflichtungen, welche die Hohen Vertragschliessenden Teile in dieser Konvention übernommen haben, sicherzustellen, werden errichtet:
a) eine Europäische Kommission für Menschenrechte, im folgenden "Kommission" genannt;
b) ein Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, im folgenden "Gerichtshof" genannt.
Art. 20
Die Zahl der Mitglieder der Kommission entspricht derjenigen der Hohen Vertragschliessenden Teile. Der Kommission darf jeweils nur ein Angehöriger jedes einzelnen Staates angehören.
Art. 21
1) Die Mitglieder der Kommission werden vom Ministerkomitee mit absoluter Stimmenmehrheit nach einem vom Büro der Beratenden Versammlung aufgestellten Namensverzeichnis gewählt; jede Gruppe von Vertretern der Hohen Vertragschliessenden Teile in der Beratenden Versammlung schlägt drei Kandidaten vor, von denen mindestens zwei die Staatsangehörigkeit des betreffenden Landes besitzen müssen.
2) Dasselbe Verfahren ist, soweit anwendbar, einzuschlagen, um die Kommission im Falle späteren Beitritts anderer Staaten zu ergänzen und um sonst freigewordene Sitze neu zu besetzen.
Art. 22
1) Die Mitglieder der Kommission werden für die Dauer von sechs Jahren gewählt. Sie können wiedergewählt werden. Jedoch läuft das Amt von sieben der bei der ersten Wahl gewählten Mitglieder nach Ablauf von drei Jahren ab.
2) Die Mitglieder, deren Amt nach Ablauf der ersten Amtsperiode von drei Jahren endet, werden vom Generalsekretär des Europarates unmittelbar nach der ersten Wahl durch das Los bestimmt.
3) Um soweit wie möglich sicherzustellen, dass die Hälfte der Kommission alle drei Jahre neu gewählt wird, kann das Ministerkomitee vor jeder späteren Wahl beschliessen, dass die Amtsdauer eines oder mehrerer der zu wählenden Mitglieder nicht sechs Jahre betragen soll, wobei diese Amtsdauer jedoch weder länger als neun noch kürzer als drei Jahre sein darf.
4) Sind mehrere Ämter zu besetzen und wendet das Ministerkomitee den Abs. 3 an, so wird die Zuteilung der Amtsdauer vom Generalsekretär des Europarates unmittelbar nach der Wahl durch das Los bestimmt.
5) Das Amt eines Mitglieds der Kommission, das an Stelle eines anderen Mitglieds, dessen Amt noch nicht abgelaufen war, gewählt worden ist, dauert bis zum Ende der Amtszeit seines Vorgängers.
6) Die Mitglieder der Kommission bleiben bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger im Amt. Danach bleiben sie in den Fällen tätig, mit denen sie bereits befasst waren.
Art. 23
Die Mitglieder der Kommission gehören der Kommission nur als Einzelpersonen an.
Art. 24
Jeder Vertragschliessende Teil kann durch Vermittlung des Generalsekretärs des Europarats die Kommission mit jeder angeblichen Verletzung der Bestimmungen der vorliegenden Konvention durch einen anderen Hohen Vertragschliessenden Teil befassen.
Art. 25
1) Die Kommission kann durch ein an den Generalsekretär des Europarats gerichtetes Gesuch jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen Organisation oder Personenvereinigung angegangen werden, die sich durch eine Verletzung der in dieser Konvention anerkannten Rechte durch einen der Hohen Vertragschliessenden Teile beschwert fühlt, vorausgesetzt, dass der betreffende Hohe Vertragschliessende Teil eine Erklärung abgegeben hat, wonach er die Zuständigkeit der Kommission zur Entgegennahme solcher Gesuche anerkannt hat. Die Hohen Vertragschliessenden Teile, die eine solche Erklärung abgegeben haben, verpflichten sich, die wirksame Ausübung dieses Rechts in keiner Weise zu behindern.
2) Diese Erklärungen können auch für einen bestimmten Zeitabschnitt abgegeben werden.
3) Sie sind dem Generalsekretär des Europarats zu übermitteln, der den Hohen Vertragschliessenden Teilen Abschriften davon zuleitet und für die Veröffentlichung der Erklärungen sorgt.
4) Die Kommission wird die ihr durch diesen Artikel übertragenen Befugnisse nur ausüben, wenn mindestens sechs Hohe Vertragschliessende Teile durch die in den vorstehenden Absätzen vorgesehenen Erklärungen gebunden sind.
Art. 26
Die Kommission kann sich mit einer Angelegenheit erst nach Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtszuges in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts und innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dem Ergehen der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung befassen.
Art. 27
1) Die Kommission befasst sich nicht mit einem gemäss Art. 25 eingereichten Gesuch, wenn es
a) anonym ist;
b) mit einem schon vorher von der Kommission geprüften Gesuch übereinstimmt oder einer anderen internationalen Untersuchungs- oder Ausgleichsinstanz unterbreitet worden ist, und wenn es keine neuen Tatsachen enthält.
2) Die Kommission erklärt jedes gemäss Art. 25 unterbreitete Gesuch als unzulässig, wenn sie es für unvereinbar mit den Bestimmungen dieser Konvention, für offensichtlich unbegründet oder für einen Missbrauch des Beschwerderechts hält.
3) Die Kommission weist jedes Gesuch zurück, das sie gemäss Art. 26 für unzulässig hält.
Art. 28
Falls die Kommission das Gesuch annimmt,
a) hat sie zum Zweck der Tatsachenfeststellung mit den Vertretern der Parteien eine kontradiktorische Prüfung und, falls erforderlich, eine Untersuchung der Angelegenheit vorzunehmen; die betreffenden Staaten haben, nachdem ein Meinungsaustausch mit der Kommission stattgefunden hat, alle Erleichterungen, die zur wirksamen Durchführung der Untersuchung erforderlich sind, zu gewähren;
b) hat sie sich zur Verfügung der beteiligten Parteien zu halten, damit eine gütliche Regelung der Angelegenheit auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention niedergelegt sind, erreicht werden kann.
Art. 29
Die Kommission kann jedoch ein ihr gemäss Art. 25 unterbreitetes Gesuch durch einstimmigen Beschluss auch nach der Annahme zurückweisen, wenn sie bei der Prüfung des Gesuches feststellt, dass einer der in Art. 27 bezeichneten Gründe für seine Unzulässigkeit vorliegt.
In diesem Fall wird die Entscheidung den Parteien mitgeteilt.
Art. 30
Gelingt es der Kommission, gemäss Art. 28 eine gütliche Regelung zu erzielen, so hat sie einen Bericht anzufertigen, der den beteiligten Staaten, dem Ministerkomitee und dem Generalsekretär des Europarats zur Veröffentlichung zu übersenden ist. Der Bericht hat sich auf eine kurze Angabe des Sachverhalts und der erzielten Lösung zu beschränken.
Art. 31
1) Wird eine solche Lösung nicht herbeigeführt, so hat die Kommission einen Bericht über den Sachverhalt anzufertigen und zu der Frage Stellung zu nehmen, ob sich aus den festgestellten Tatsachen ergibt, dass der betreffende Staat seine Verpflichtungen aus der Konvention verletzt hat. In diesem Bericht können die Ansichten sämtlicher Mitglieder der Kommission über diesen Punkt aufgenommen werden.
2) Der Bericht ist dem Ministerkomitee vorzulegen; er ist auch den beteiligten Staaten vorzulegen, die nicht das Recht haben, ihn zu veröffentlichen.
3) Bei der Vorlage des Berichts an das Ministerkomitee hat die Kommission das Recht, von sich aus die ihr geeignet erscheinenden Vorschläge zu unterbreiten.
Art. 32
1) Wird die Frage nicht innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten, vom Datum der Vorlage des Berichts an das Ministerkomitee an gerechnet, gemäss Art. 48 dieser Konvention, dem Gerichtshof vorgelegt, so entscheidet das Ministerkomitee mit Zweidrittelmehrheit der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder, ob die Konvention verletzt worden ist.
2) Wird eine Verletzung der Konvention bejaht, so hat das Ministerkomitee einen Zeitraum festzusetzen, innerhalb dessen der betreffende Hohe Vertragschliessende Teil die in der Entscheidung des Ministerkomitees vorgesehenen Massnahmen durchzuführen hat.
3) Trifft der betreffende Hohe Vertragschliessende Teil innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraumes keine befriedigenden Massnahmen, so beschliesst das Ministerkomitee mit der in vorstehendem Abs. 1 vorgeschriebenen Mehrheit, auf welche Weise seine ursprüngliche Entscheidung durchgesetzt werden soll, und veröffentlicht den Bericht.
4) Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, jede Entscheidung des Ministerkomitees, die in Anwendung der vorstehenden Absätze ergeht, für sich als bindend anzuerkennen.
Art. 33
Die Sitzungen der Kommission finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Art. 34
Vorbehaltlich der Bestimmungen des Art. 29 trifft die Kommission ihre Entscheidungen mit Stimmenmehrheit der anwesenden und an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder.
Art. 35
Die Kommission tritt zusammen, wenn die Umstände es erfordern. Die Sitzungen werden vom Generalsekretär des Europarats einberufen.
Art. 36
Die Kommission setzt ihre Geschäftsordnung selbst fest.
Art. 37
Die Sekretariatsgeschäfte der Kommission werden vom Generalsekretär des Europarats wahrgenommen.
Art. 38
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte besteht aus ebensoviel Richtern, wie der Europarat Mitglieder zählt. Dem Gerichtshof darf jeweils nur ein Angehöriger jedes einzelnen Staats angehören.
Art. 39
1) Die Mitglieder des Gerichtshofes werden von der Beratenden Versammlung mit Stimmenmehrheit aus einer Liste von Personen gewählt, die von den Mitgliedern des Europarats vorgeschlagen werden; jedes Mitglied hat drei Kandidaten vorzuschlagen, von denen mindestens zwei eigene Staatsangehörige sein müssen.
2) Dasselbe Verfahren ist, soweit anwendbar, einzuschlagen, um den Gerichtshof im Falle der Zulassung neuer Mitglieder zum Europarat zu ergänzen und um freigewordene Sitze zu besetzen.
3) Die Kandidaten müssen das höchste sittliche Ansehen geniessen und müssen entweder die Befähigung für die Ausübung hoher richterlicher Ämter besitzen oder Rechtsgelehrte von anerkanntem Ruf sein.
Art. 40
1) Die Mitglieder des Gerichtshofes werden für einen Zeitraum von neun Jahren gewählt. Ihre Wiederwahl ist zulässig. Jedoch läuft die Amtszeit von vier bei der ersten Wahl gewählten Mitgliedern nach drei Jahren, die Amtszeit von weiteren vier Mitgliedern nach sechs Jahren ab.
2) Die Mitglieder, deren Amtszeit nach drei bzw. sechs Jahren ablaufen soll, werden unmittelbar nach der ersten Wahl vom Generalsekretär durch das Los bestimmt.
3) Um soweit wie möglich sicherzustellen, dass ein Drittel der Mitglieder des Gerichtshofes alle drei Jahre neu gewählt wird, kann die Beratende Versammlung vor jeder späteren Wahl beschliessen, dass die Amtsdauer eines oder mehrerer der zu wählenden Mitglieder nicht neun Jahre betragen soll, wobei diese Amtsdauer jedoch weder länger als zwölf noch kürzer als sechs Jahre sein darf.
4) Sind mehrere Ämter zu besetzen und wendet die Beratende Versammlung den Abs. 3 an, wird die Zuteilung der Amtsdauer vom Generalsekretär des Europarats unmittelbar nach der Wahl durch das Los bestimmt.
5) Ein Mitglied des Gerichtshofes, das zum Ersatz eines anderen Mitgliedes gewählt wird, dessen Amtszeit noch nicht abgelaufen war, bleibt bis zum Ablauf des Amts seines Vorgängers im Amt.
6) Die Mitglieder des Gerichtshofes bleiben bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger im Amt. Danach bleiben sie in den Fällen tätig, mit denen sie bereits befasst waren.
Art. 41
Der Gerichtshof wählt seinen Präsidenten und seinen Vizepräsidenten für einen Zeitraum von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig.
Art. 42
Die Mitglieder des Gerichtshofs erhalten für jeden Arbeitstag eine Entschädigung, deren Höhe vom Ministerkomitee festgesetzt wird.
Art. 43
Die Prüfung jedes dem Gericht vorgelegten Falles erfolgt durch eine Kammer, die aus sieben Richtern besteht. Der Richter, der Staatsangehöriger einer beteiligten Partei ist, - oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, eine von diesem Staat benannte Person, die in der Eigenschaft eines Richters an den Sitzungen teilnimmt - ist von Amts wegen Mitglied der Kammer; die Namen der anderen Richter werden vom Präsidenten vor Beginn des Verfahrens durch das Los bestimmt.
Art. 44
Das Recht, vor dem Gerichtshof aufzutreten, haben nur die Hohen Vertragschliessenden Teile und die Kommission.
Art. 45
Die Zuständigkeit des Gerichtshofes umfasst alle die Auslegung und Anwendung dieser Konvention betreffenden Fälle, die ihm nach Art. 48 von den Hohen Vertragschliessenden Teilen oder der Kommission unterbreitet werden.
Art. 46
1) Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile kann jederzeit die Erklärung abgeben, dass er die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes ohne weiteres und ohne besonderes Abkommen für alle Angelegenheiten, die sich auf die Auslegung und die Anwendung dieser Konvention beziehen, als obligatorisch anerkennt.
2) Die oben bezeichneten Erklärungen können bedingungslos oder unter der Bedingung der Gegenseitigkeit seitens mehrerer oder bestimmter anderer Vertragschliessender Teile, oder unter Beschränkung auf einen bestimmten Zeitraum abgegeben werden.
3) Diese Erklärungen sind beim Generalsekretär des Europarats zu hinterlegen; dieser übermittelt den Hohen Vertragschliessenden Teilen Abschriften davon.
Art. 47
Der Gerichtshof darf sich mit einem Fall nur befassen, nachdem die Kommission festgestellt hat, dass die Versuche zur Erzielung einer gütlichen Regelung fehlgeschlagen sind, und nur innerhalb der in Art. 32 vorgesehenen Dreimonatsfrist.
Art. 48
Das Recht, ein Verfahren bei dem Gerichtshof anhängig zu machen, haben nur die nachstehend angeführten Stellen, und zwar entweder unter der Voraussetzung, dass der in Frage kommende Hohe Vertragschliessende Teil, wenn nur einer beteiligt ist, oder die Hohen Vertragschliessenden Teile, wenn mehrere beteiligt sind, der obligatorischen Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes unterworfen sind, oder aber, falls dies nicht zutrifft, unter der Voraussetzung, dass der in Frage kommende Hohe Vertragschliessende Teil oder die Hohen Vertragschliessenden Teile zustimmen:
a) die Kommission;
b) der Hohe Vertragschliessende Teil, dessen Staatsangehöriger der Verletzte ist;
c) der Hohe Vertragschliessende Teil, der die Kommission mit dem Fall befasst hat;
d) der Hohe Vertragschliessende Teil, gegen den sich die Beschwerde richtet.
Art. 49
Wird die Zuständigkeit des Gerichtshofes bestritten, so entscheidet dieser hierüber selbst.
Art. 50
Erklärt die Entscheidung des Gerichtshofes, dass eine Entscheidung oder Massnahme einer gerichtlichen oder sonstigen Behörde eines der Hohen Vertragschliessenden Teile ganz oder teilweise mit den Verpflichtungen aus dieser Konvention in Widerspruch steht, und gestatten die innerstaatlichen Gesetze des erwähnten Hohen Vertragschliessenden Teils nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Entscheidung oder Massnahme, so hat die Entscheidung des Gerichtshofs der verletzten Partei gegebenenfalls eine gerechte Entschädigung zuzubilligen.
Art. 51
1) Das Urteil des Gerichtshofs ist zu begründen.
2) Bringt das Urteil im ganzen oder in einzelnen Teilen nicht die übereinstimmende Ansicht der Richter zum Ausdruck, so hat jeder Richter das Recht, eine Darlegung seiner eigenen Ansicht beizufügen.
Art. 52
Das Urteil des Gerichtshofs ist endgültig.
Art. 53
Die Hohen Vertragschliessenden Teile übernehmen die Verpflichtung, in allen Fällen, an denen sie beteiligt sind, sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs zu richten.
Art. 54
Das Urteil des Gerichtshofs ist dem Ministerkomitee zuzuleiten; dieses überwacht seine Durchführung.
Art. 55
Der Gerichtshof gibt sich seine Geschäftsordnung und bestimmt die Verfahrensvorschriften.
Art. 56
1) Die erste Wahl der Mitglieder des Gerichtshofes findet statt, sobald insgesamt acht Erklärungen der Hohen Vertragschliessenden Teile gemäss Art. 46 abgegeben worden sind.
2) Vor dieser Wahl kann kein Verfahren vor dem Gerichtshof anhängig gemacht werden.
Art. 57
Nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch den Generalsekretär des Europarats hat jeder Hohe Vertragschliessende Teil die erforderlichen Erklärungen abzugeben, in welcher Weise sein internes Recht die wirksame Anwendung aller Bestimmungen dieser Konvention gewährleistet.
Art. 58
Die Kosten der Kommission und des Gerichtshofs werden vom Europarat getragen.
Art. 59
Die Mitglieder der Kommission und des Gerichtshofs geniessen bei der Ausübung ihres Amtes die in Art. 40 der Satzung des Europarats und den aufgrund dieses Artikel abgeschlossenen Abkommen vorgesehenen Privilegien und Immunitäten.
Art. 60
Keine Bestimmung dieser Konvention darf als Beschränkung oder Minderung eines der Menschenrechte und Grundfreiheiten ausgelegt werden, die in den Gesetzen eines Hohen Vertragschliessenden Teils oder einer anderen Vereinbarung, an der er beteiligt ist, festgelegt sind.
Art. 61
Keine Bestimmung dieser Konvention beschränkt die durch die Satzung des Europarats dem Ministerkomitee übertragenen Vollmachten.
Art. 62
Die Hohen Vertragschliessenden Teile kommen überein, dass sie, es sei denn aufgrund besonderer Vereinbarungen, keinen Gebrauch von zwischen ihnen geltenden Verträgen, Übereinkommen oder Erklärungen machen werden, um von sich aus einen Streit um die Auslegung oder Anwendung dieser Konvention einem anderen Verfahren zu unterwerfen, als in der Konvention vorgesehen ist.
Art. 63
1) Jeder Staat kann im Zeitpunkt der Ratifizierung oder in der Folge zu jedem anderen Zeitpunkt durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Mitteilung erklären, dass diese Konvention auf alle oder einzelne Gebiete Anwendung findet, für deren internationale Beziehungen er verantwortlich ist.
2) Die Konvention findet auf das oder die in der Erklärung bezeichneten Gebiete vom dreissigsten Tage an Anwendung, gerechnet vom Eingang der Erklärung beim Generalsekretär des Europarates.
3) In den genannten Gebieten werden die Bestimmungen dieser Konvention unter Berücksichtigung der örtlichen Notwendigkeiten angewendet.
4) Jeder Staat, der eine Erklärung gemäss Abs. 1 dieses Artikels abgegeben hat, kann zu jedem späteren Zeitpunkt für ein oder mehrere der in einer solchen Erklärung bezeichneten Gebiete erklären, dass er die Zuständigkeit der Kommission für die Behandlung der Gesuche von natürlichen Personen, nichtstaatlichen Organisationen oder Personengruppen gemäss Art. 25 dieser Konvention annimmt.
Art. 64
1) Jeder Staat kann bei Unterzeichnung dieser Konvention oder bei Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde bezüglich bestimmter Vorschriften der Konvention einen Vorbehalt machen, soweit ein zu dieser Zeit in seinem Gebiet geltendes Gesetz nicht mit der betreffenden Vorschrift übereinstimmt. Vorbehalte allgemeiner Art sind nach diesem Artikel nicht zulässig.
2) Jeder nach diesem Artikel gemachte Vorbehalt muss mit einer kurzen Inhaltsangabe des betreffenden Gesetzes verbunden sein.
Art. 65
1) Ein Hoher Vertragschliessender Teil kann diese Konvention nicht vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Tage, an dem die Konvention für ihn wirksam wird, und nur nach einer sechs Monate vorher an den Generalsekretär des Europarats gerichteten Mitteilung kündigen; der Generalsekretär hat den anderen Hohen Vertragschliessenden Teilen von der Kündigung Kenntnis zu geben.
2) Eine derartige Kündigung bewirkt nicht, dass der betreffende Hohe Vertragschliessende Teil in bezug auf irgendeine Handlung, welche eine Verletzung dieser Verpflichtungen darstellen könnte, und von dem Hohen Vertragschliessenden Teil vor dem Datum seines rechtswirksamen Ausscheidens vorgenommen wurde, von seinen Verpflichtungen nach dieser Konvention befreit wird.
3) Unter dem gleichen Vorbehalt scheidet ein Vertragschliessender Teil aus dieser Konvention aus, der aus dem Europarat ausscheidet.
4) Entsprechend den Bestimmungen der vorstehenden Absätze kann die Konvention auch für ein Gebiet gekündigt werden, auf das sie nach Art. 63 ausgedehnt worden ist.
Art. 66
1) Diese Konvention steht den Mitgliedern des Europarats zur Unterzeichnung offen; sie bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sind beim Generalsekretär des Europarats zu hinterlegen.
2) Diese Konvention tritt nach der Hinterlegung von zehn Ratifikationsurkunden in Kraft.
3) Für jeden Unterzeichnerstaat, dessen Ratifikation später erfolgt, tritt die Konvention am Tage der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.
4) Der Generalsekretär des Europarats hat allen Mitgliedern des Europarats das Inkrafttreten der Konvention, die Namen der Hohen Vertragschliessenden Teile, die sie ratifiziert haben, sowie die Hinterlegung jeder später eingehenden Ratifikationsurkunde mitzuteilen.
Geschehen zu Rom, am 4. November 1950, in englischer und französischer Sprache, wobei die beiden Texte in gleicher Weise authentisch sind, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär wird allen Signatarstaaten beglaubigte Abschriften übermitteln.
(Es folgen die Unterschriften)
Vorbehalte gemäss Art. 64 und andere Erklärungen
Deutschland, Bundesrepublik
Gemäss Art. 64 der Konvention macht die Bundesrepublik Deutschland den Vorbehalt, dass sie die Bestimmung des Art. 7 Abs. 2 der Konvention nur in den Grenzen des Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland anwenden wird. Die letztgenannte Vorschrift lautet wie folgt:
"Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde."
Frankreich
Aus Anlass der Hinterlegung dieser Ratifikationsurkunde erklärt die Regierung der Republik:
Art. 5 und 6:
Im Einklang mit Art. 64 der Konvention erklärt die Regierung der Republik einen Vorbehalt hinsichtlich der Art. 5 und 6 dieser Konvention in dem Sinne, dass diese Artikel kein Hindernis für die Einhaltung der Bestimmungen von Art. 27 des Gesetzes Nr. 72-662 vom 13. Juli 1972 über die allgemeine Rechtsstellung der Militärpersonen hinsichtlich der Disziplinarordnung in den Armeen sowie der Bestimmungen von Art. 375 des Militärstrafgesetzbuches sein können.
Art. 10:
Die Regierung der Republik erklärt, dass sie die Bestimmungen von Art. 10 als vereinbart mit dem in Frankreich durch das Gesetz Nr. 72-553 vom 10. Juli 1972 über die Rechts und Organisationsform der "Radiodiffusion - Télévision français" (Französischer Rundfunk und Fernsehen) eingeführten System auslegt.
Art. 15 (Abs. 1):
Im Einklang mit Art. 64 der Konvention erklärt die Regierung der Republik einen Vorbehalt hinsichtlich Art. 15 Abs. 1 in dem Sinne, dass einerseits die in Art. 16 der Verfassung zu ihrer Durchführung, in Art. 1 des Gesetzes vom 3. April 1878 und im Gesetz vom 9. August 1849 für die Erklärung des Belagerungszustandes, in Art. 1 des Gesetzes Nr. 55-385 vom 3. April 1955 für die Erklärung des Notstandes aufgezählten Umstände, die die Anwendung der Bestimmungen dieser Gesetzestexte ermöglichen, als mit dem Gegenstand von Art. 15 der Konvention übereinstimmend zu verstehen sind, und dass andererseits für die Auslegung und die Einhaltung von Art. 16 der Verfassung der Republik die Worte "in dem Umfang, den die Lage unbedingt erfordert" nicht die Befugnis des Präsidenten der Republik einschränken, "die durch die Umstände geforderten Massnahmen" zu ergreifen.
Die Regierung der Republik erklärt ausserdem, dass die vorliegende Konvention auf die Gesamtheit des Gebietes der Republik Anwendung findet unter Bedachtnahme hinsichtlich der Überseegebiete auf die lokalen Notwendigkeiten, auf die der Art. 63 Bezug nimmt.
Die Regierung der Republik weist schliesslich darauf hin, dass sie nicht dem Protokoll Nr. 2 vom 6. Mai 1963 beigetreten ist, das dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die Zuständigkeit zur Erstattung von Gutachten überträgt, und dass sie folglich, soweit die Art. 1 bis 4 dieses Protokolls als Bestandteil der Konvention angesehen werden, deren Bestimmungen nicht annimmt.
Irland
... die Regierung Irlands bekräftigt und ratifiziert hiemit die genannte Konvention und verpflichtet sich, alle ihre Bestimmungen durchzuführen und zu erfüllen, jedoch mit dem Vorbehalt, dass sie den Art. 6 Abs. 3 Bst. c der Konvention nicht dahingehend auslegt, dass die Gewährung eines kostenlosen Rechtsbeistandes in einem weiteren als dem derzeit in Irland vorgesehenen Ausmass erforderlich ist.
Liechtenstein
1. Gemäss Art. 64 der Konvention setzt das Fürstentum Liechtenstein den Vorbehalt, dass der Rechtfertigungsgrund der Notwehr, der in Art. 2 Abs. 2 Bst. a der Menschenrechtskonvention gewährleistet wird, auf die in Liechtenstein auch notwehrfähigen Güter Freiheit und Vermögen Anwendung findet, nach Massgabe von Grundsätzen, die derzeit in Paragraph 2 Bst. g des liechtensteinischen Strafgesetzes über Verbrechen, Vergehen und Übertretungen vom 27. Mai 1852 zum Ausdruck kommen.
2. Gemäss Art. 64 der Konvention setzt das Fürstentum Liechtenstein den Vorbehalt, dass die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 der Konvention bezüglich der Öffentlichkeit des Verfahrens und der Urteilsverkündung nur in jenen Grenzen gelten sollen, die von Grundsätzen abgeleitet werden, die derzeit in folgenden liechtensteinischen Gesetzen zum Ausdruck kommen:
Gesetz vom 10. Dezember 1912 über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, LGBl. 1912 Nr. 9/I;
Gesetz vom 10. Dezember 1912 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen, LGBl. 1912 Nr. 9/II;
Gesetz vom 31. Dezember 1913 betreffend die Einführung einer Strafprozessordnung, LGBl. 1914 Nr. 3;
Gesetz vom 21. April 1922 betreffend das Rechtsfürsorgeverfahren, LGBl. 1922 Nr. 19;
Gesetz vom 21. April 1922 über die allgemeine Landesverwaltungspflege, LGBl. 1922 Nr. 24;
Gesetz vom 5. November 1925 über den Staatsgerichtshof, LGBl. 1925 Nr. 8;
Gesetz vom 30. Januar 1961 über die Landes- und Gemeindesteuern, LGBl. 1961 Nr. 7;
Gesetz vom 13. November 1974 über den Grundstückserwerb, LGBl. 1975 Nr. 5.
Die gesetzlichen Bestimmungen des Jugendstrafverfahrens:
im Strafgesetz über Verbrechen, Vergehen und Übertretungen vom 27. Mai 1852, Amtliches Sammelwerk der Liechtensteinischen Rechtsvorschriften bis 1863;
im Gerichtsorganisationsgesetz vom 7. April 1922, LGBl. 1922 Nr. 16;
im Gesetz vom 1. Juni 1922 betreffend Abänderung des Strafrechtes, der Strafprozessordnung und ihrer Nachtrags- und Nebengesetze, LGBl. 1922 Nr. 21;
im Gesetz vom 23. Dezember 1958 über den Schutz und die Wohlfahrt der Jugend, LGBl. 1959 Nr. 8.
3. Gemäss Art. 64 der Konvention setzt das Fürstentum Liechtenstein den Vorbehalt, dass das durch Art. 8 der Menschenrechtskonvention garantierte Recht auf Achtung des Privatlebens in bezug auf die Homosexualität nach Grundsätzen bestimmt wird, die derzeit in den Paragraphen 129 und 130 des liechtensteinischen Strafgesetzes über Verbrechen, Vergehen und Übertretungen vom 27. Mai 1852 zum Ausdruck kommen.
4. Gemäss Art. 64 der Konvention setzt das Fürstentum Liechtenstein den Vorbehalt, dass das in Art. 8 der Menschenrechtskonvention garantierte Recht auf Achtung des Familienlebens in bezug auf die Stellung des unehelichen Kindes nach Massgabe von Grundsätzen geregelt wird, die derzeit in den Gesetzesbestimmungen des Dritten Hauptstücks des Ersten Teiles und im Dreizehnten Hauptstück des Zweiten Teiles des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches vom 1. Juni 1811 und in bezug auf die Stellung der Frau im Ehe- und Familienrecht nach Massgabe von Grundsätzen, die derzeit in den Gesetzesbestimmungen im Fünften Abschnitt des Zweiten Teils im Ehegesetz vom 13. Dezember 1973 (LGBl. 1974 Nr. 20) und im Vierten Hauptstück des Ersten Teiles des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zum Ausdruck kommen.
5. Gemäss Art. 64 der Konvention setzt das Fürstentum Liechtenstein den Vorbehalt, dass das in Art. 8 der Menschenrechtskonvention garantierte Recht auf Achtung des Familienlebens für Ausländer nach Grundsätzen geregelt wird, die derzeit in der Verordnung vom 9. September 1980 (LGBl. 1980 Nr. 66) zum Ausdruck kommen.
Erklärung zu Art. 25:
Das Fürstentum Liechtenstein anerkennt für die Dauer von 3 Jahren von dem Tag der Übergabe dieser Erklärung an gemäss Art. 25 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten die Zuständigkeit der Europäischen Kommission für Menschenrechte zur Behandlung von an den Generalsekretär des Europarates gerichteten Gesuchen jeder natürlichen Person, nichtstaatlichen Organisation oder Personenvereinigung, welche behauptet, sich durch eine nach der Übergabe dieser Erklärung eingetretene Verletzung der in der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten anerkannten Rechte beschwert zu fühlen.
Erklärung zu Art. 46:
Das Fürstentum Liechtenstein anerkennt für die Dauer von 3 Jahren von dem Tag der Übergabe dieser Erklärung an gemäss Art. 46 der Konvention die Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ohne weiteres und ohne besonderes Abkommen gegenüber jedem anderen Vertragsstaat der Konvention, der die gleiche Verpflichtung eingeht, für alle Angelegenheiten, die sich auf die Auslegung und die Anwendung der Konvention beziehen, als obligatorisch.
Malta
1. Interpretative Erklärung: Die Regierung von Malta erklärt, Art. 6 Abs. 2 der Konvention dahingehend auszulegen, dass er nicht ausschliesst, dass ein bestimmtes Gesetz einem nach diesem Gesetz Angeklagten die Last des Beweises einzelner Tatsachen auferlegt.
2. Die Regierung von Malta erklärt unter Bezugnahme auf Art. 64 der Konvention und in dem Wunsch, Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendung des Art. 10 der Konvention zu vermeiden, dass nach der Verfassung von Malta öffentlichen Bediensteten in bezug auf ihre freie Meinungsäusserung diejenigen Einschränkungen auferlegt werden können, die in einer demokratischen Gesellschaft billigerweise gerechtfertigt sind. Die Dienstordnung für öffentliche Bedienstete in Malta verbietet ihnen die aktive Beteiligung an politischen Diskussionen oder sonstiger politischer Tätigkeit während der Dienstzeit oder in den Diensträumen.
3. Die Regierung von Malta erklärt unter Bezugnahme auf Art. 64 der Konvention, dass der nach Art. 2 Abs. 2 Bst. a zulässige Grundsatz der rechtmässigen Verteidigung in Malta auch auf die Verteidigung von Eigentum Anwendung findet, soweit dies nach Art. 238 Bst. a und b des maltesischen Strafgesetzbuches erforderlich ist, der zusammen mit Art. 237 wie folgt lautet:
"237. Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn eine Tötung oder Körperverletzung durch Gesetz oder von einer gesetzmässigen Behörde angeordnet oder gestattet ist oder durch den tatsächlichen Notstand in der rechtmässigen Selbstverteidigung oder in der rechtmässigen Verteidigung einer anderen Person erzwungen wird.
238. Der tatsächliche Notstand der rechtmässigen Verteidigung umfasst folgende Fälle:
a) Tötung oder Körperverletzung, die bei der Abwehr des Übersteigens oder gewaltsamen Öffnens von Umfriedungen, Mauern oder Eingangstüren von Häusern oder bewohnten Räumen oder von mit denselben unmittelbar oder mittelbar in Verbindung stehenden Nebengebäuden zur Nachtzeit begangen wird;
b) Tötung oder Körperverletzung, die bei der Verteidigung gegen eine Person begangen wird, die Diebstahl oder Raub unter Gewaltanwendung begeht oder zu begehen versucht;
c) Tötung oder Körperverletzung, die durch den tatsächlichen Notstand der Verteidigung der eigenen Unberührtheit oder der Unberührtheit einer anderen Person erzwungen wird."
Norwegen
Da Art. 2 der norwegischen Verfassung vom 17. Mai 1814 eine Bestimmung enthält, wonach die Jesuiten nicht geduldet werden, wird ein entsprechender Vorbehalt hinsichtlich der Anwendung des Art. 9 der Konvention gemacht.
Österreich
... erklärt der Bundespräsident diese Konvention unter dem Vorbehalt, dass
1. die Bestimmungen des Art. 5 der Konvention mit der Massgabe angewendet werden, dass die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl. Nr. 172/1950, vorgesehenen Massnahmen des Freiheitsentzuges unter der in der österreichischen Bundesverfassung vorgesehenen nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof unberührt bleiben;
2. die Bestimmungen des Art. 6 der Konvention mit der Massgabe angewendet werden, dass die in Art. 90 des Bundesverfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 festgelegten Grundsätze über die Öffentlichkeit im gerichtlichen Verfahren in keiner Weise beeinträchtigt werden ...,
für ratifiziert.
Portugal
Im Einklang mit Art. 64 der Konvention erklärt die Regierung der Republik Portugal folgende Vorbehalte:
I. Art. 5 der Konvention wird nur nach Massgabe der Art. 27 und 28 der Militärdisziplinarvorschriften angewendet, die Festnahmen für Militärpersonen vorsehen.
Art. 27 und 28 der Militärdisziplinarvorschriften lauten jeweils:
Art. 27:
"1) Festnahmen bestehen in der Einschliessung des Täters in hierzu bestimmten Räumlichkeiten, an einem geeigneten Ort, einer Kaserne oder Militäranstalt, an Bord eines Schiffes in einem geeigneten Raum und in Ermangelung solcher an einem von der zuständigen Behörde bestimmten Ort.
2) Während der Strafdauer können die Militärpersonen zwischen Tagwache und Sonnenuntergang den ihnen obliegenden Diensten nachkommen."
Art. 28:
"Strenger Arrest besteht in der Einschliessung des Täters in den hierzu bestimmten Räumlichkeiten."
II. Art. 7 der Konvention wird nur nach Massgabe von Art. 309 der Verfassung der Republik Portugal angewendet, der die Anklage und Verurteilung von Beamten und Bediensteten der Staatspolizei vorsieht (PIDE-DGS).
Art. 309 der Verfassung lautet:
Art. 309:
"1) Das Gesetz Nr. 8/75 vom 25. Juli 1975 bleibt in der Fassung des Gesetzes Nr. 16/75 vom 23. Dezember 1975 und des Gesetzes Nr. 18/75 vom 28. Dezember 1975 in Kraft.
2) Die strafrechtliche Beurteilung der in den Art. 2 (2), 3, 4 (b) und 5 des im obigen Abs. angeführten Gesetzes bezeichneten Handlungen kann durch ein Gesetz im einzelnen festgelegt werden.
3) Die in Art. 7 des genannten Gesetzes vorgesehenen ausserordentlichen mildernden Umstände können durch ein Gesetz im einzelnen festgelegt werden."
(Das Gesetz Nr. 8/75 legt die Strafen fest, die bei den Beamten, Funktionären und Mitarbeitern der ehemaligen Sicherheitsgeneraldirektion [früher Internationale Polizei und Staatspolizei] anzuwenden sind, die nach dem 25. April 1974 aufgelöst wurde, und bestimmt, dass in solchen Fällen ein Militärgericht zuständig ist.)
III. Art. 10 der Konvention wird nur nach Massgabe von Art. 38 (6) der Verfassung der Republik Portugal angewendet, der festlegt, dass Fernsehunternehmen nicht privates Eigentum sein können.
Art. 38 (6) der Verfassung lautet:
Art. 38:
"6) Fernsehunternehmen können nicht Privateigentum sein."
IV. Art. 11 der Konvention wird nur nach Massgabe von Art. 60 der Verfassung der Republik Portugal angewendet, der die Aussperrung verbietet.
Art. 60 der Verfassung lautet:
Art. 60:
"Die Aussperrung ist verboten."
V. Art. 4 (3) (b) der Konvention wird nur nach Massgabe von Art. 276 der Verfassung der Republik Portugal angewendet, der die Einführung der Zivildienstpflicht vorsieht.
Art. 276 der Verfassung lautet:
Art. 276:
"1) Die Verteidigung des Vaterlandes ist die grundlegende Pflicht jedes Portugiesen.
2) Es besteht allgemeine Wehrpflicht unter den gesetzlich vorgesehenen Bedingungen und für die gesetzlich vorgesehene Dauer.
3) Die für den Wehrdienst mit der Waffe für untauglich erklärten Personen und die Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen haben entsprechend ihrem Fall einen Präsenzdienst ohne Waffe oder einen Zivildienst abzuleisten.
4) Ein Zivildienst kann anstelle vom oder ergänzend zum Wehrdienst eingerichtet werden und für die vom Wehrdienst befreiten Bürger zur Pflicht gemacht werden.
5) Wer sich der Erfüllung seiner Wehrdienstpflicht oder Zivildienstpflicht entzieht, kann keine Anstellung im Staat oder in einer öffentlichen Körperschaft behalten oder erhalten.
6) Niemand darf in seiner Stellung, seinen sozialen Vergünstigungen oder seinem Beruf durch die Ableistung des obligatorischen Wehrdienstes oder Zivildienstes Nachteile erleiden."
VI. Art. 11 der Konvention wird nur nach Massgabe von Art. 46 (4) der Verfassung der Republik Portugal angewendet, der Organisationen verbietet, die sich zur faschistischen Ideologie bekennen.
Art. 46 (4) der Verfassung lautet:
Art. 46:
"4) Bewaffnete oder militärische, militarisierte oder paramilitärische Vereine, die weder dem Staat noch den Streitkräften unterstehen, sowie Organisationen, die sich zur faschistischen Ideologie bekennen, sind verboten."
Schweiz
Der Schweizerische Bundesrat (...) erklärt, dass die vorstehende Konvention mit den folgenden Vorbehalten und Erklärungen ratifiziert wird:
Vorbehalt in bezug auf Art. 5:
Die Anwendung der Bestimmungen des Art. 5 der Konvention erfolgt unter Vorbehalt einerseits der kantonalen Gesetze, welche die Versorgung gewisser Kategorien von Personen durch Entscheid einer Verwaltungsbehörde gestatten, und andererseits unter Vorbehalt des kantonalen Verfahrensrechts über die Unterbringung von Kindern und Mündeln in einer Anstalt nach den Bestimmungen des Bundesrechts über die elterliche Gewalt und die Vormundschaft (Art. 284, 386, 406 und 421 Ziff. 13 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches).
Vorbehalte in bezug auf Art. 6:
Der in Abs. 1 von Art. 6 der Konvention verankerte Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlungen findet keine Anwendung auf Verfahren, die sich auf eine Streitigkeit über zivilrechtliche Rechte und Pflichten oder auf die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage beziehen und die nach kantonalen Gesetzen vor einer Verwaltungsbehörde stattfinden.
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Urteilsverkündung findet Anwendung, unter Vorbehalt der Bestimmungen der kantonalen Gesetze über den Zivil- und Strafprozess, die vorsehen, dass das Urteil nicht an einer öffentlichen Verhandlung eröffnet, sondern den Parteien schriftlich mitgeteilt wird.
Interpretative Erklärung zu Art. 6 Abs. 1:
Für den Schweizerischen Bundesrat bezweckt die in Abs. 1 von Art. 6 der Konvention enthaltene Garantie eines gerechten Prozesses, sei es in bezug auf Streitigkeiten über zivilrechtliche Rechte und Pflichten, sei es in bezug auf die Stichhaltigkeit der gegen eine Person erhobenen strafrechtlichen Anklage, nur, dass eine letztinstanzliche richterliche Prüfung der Akte oder Entscheidungen der öffentlichen Gewalt über solche Rechte und Pflichten oder über die Stichhaltigkeit einer solchen Anklage stattfindet.
Interpretative Erklärung zu Art. 6 Abs. 3 c und e:
Der Schweizerische Bundesrat erklärt, die in Art. 6 Abs. 3 c und e der Konvention enthaltene Garantie der Unentgeltlichkeit des Beistandes eines amtlichen Verteidigers und eines Dolmetschers in dem Sinne auszulegen, dass sie die begünstigte Person nicht endgültig von der Zahlung der entsprechenden Kosten befreit.
Spanien
Gemäss Art. 64 der Konvention erklärt Spanien Vorbehalte in bezug auf die Anwendung folgender Bestimmungen:
1. Art. 5 und 6, soweit sie mit den disziplinarrechtlichen Vorschriften über die bewaffneten Streitkräfte, enthalten im Titel XV des 2. Buches und im Titel XXIV des 3. Buches des Militärstrafgesetzes, unvereinbar sind;
(Kurze Inhaltsangabe der genannten Vorschriften:
Das Militärstrafgesetz sieht vor, dass geringfügige Vergehen nach Ermittlung des Sachverhalts vom Dienstvorgesetzten bestraft werden können. Die Bestrafung schwerer Vergehen bleibt einer Untersuchung richterlichen Charakters vorbehalten, in deren Verlauf der Beschuldigte gehört werden muss. Die Strafen und die Zuständigkeit, sie zu verhängen, sind durch Gesetz festgelegt. In jedem Fall hat derjenige, über den eine Strafe verhängt wurde, ein Rechtsmittel an seinen unmittelbaren Vorgesetzten und sodann an das Staatsoberhaupt.)
2. Art. 11, soweit er mit den Art. 28 und 127 der spanischen Verfassung unvereinbar ist.
(Kurze Inhaltsangabe der genannten Vorschriften:
Art. 28 der Verfassung anerkennt das Recht auf gewerkschaftlichen Zusammenschluss, sieht aber vor, dass die Gesetzgebung im Fall der bewaffneten Streitkräfte oder anderer militärischer Ordnung unterworfener Korps die Ausübung dieses Rechts einschränken oder einer Ausnahme unterwerfen kann und dass sie im Fall der Beamten die Art seiner Ausübung regeln wird.
Art. 127 Abs. 1 sieht vor, dass Richter, obrigkeitliche Beamte und Staatsanwälte weder politischen Parteien noch Gewerkschaften angehören dürfen, und bestimmt, dass die Gesetzgebung das System sowie die Art und Weise ihrer beruflichen Vertretung zu regeln hat.)
Spanien erklärt, dass es interpretiert:
1. die Bestimmung des dritten Satzes des Art. 10 Abs. 1 als vereinbar mit dem gegenwärtigen System der Organisation von Rundfunk und Fernsehen in Spanien;
2. die Bestimmungen der Art. 15 und 17 in dem Sinn, dass sie die Anwendung von Massnahmen erlauben, wie sie in den Art. 55 und 116 der spanischen Verfassung vorgesehen sind.