0.101.01
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 1995 Nr. 208 ausgegeben am 21. November 1995
Zusatzprotokoll
zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Abgeschlossen in Paris am 20. März 1952
Zustimmung des Landtags: 14. September 1995
Inkrafttreten für das Fürstentum Liechtenstein: 14. November 1995
Entschlossen, Massnahmen zur kollektiven Sicherung gewisser Rechte und Freiheiten ausser denjenigen zu treffen, die bereits im Abschnitt I der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (nachstehend als "Konvention" bezeichnet) berücksichtigt sind,
vereinbaren die unterzeichneten Regierungen, die Mitglieder des Europarates sind, folgendes:
Art. 1
1) Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.
2) Die vorstehenden Bestimmungen beeinträchtigen jedoch in keiner Weise das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern, sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.
Art. 2
Das Recht auf Bildung darf niemandem verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.
Art. 3
Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen unter Bedingungen abzuhalten, die die freie Äusserung der Meinung des Volkes bei der Wahl der gesetzgebenden Organe gewährleisten.
Art. 4
1) Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile kann im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Ratifikation oder in der Folge zu jedem anderen Zeitpunkt an den Generalsekretär des Europarates eine Erklärung darüber richten, in welchem Umfang er sich zur Anwendung der Bestimmungen dieses Protokolls auf die in dieser Erklärung angegebenen Gebiete, für deren internationale Beziehungen er verantwortlich ist, verpflichtet.
2) Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile, der eine Erklärung gemäss dem vorstehenden Absatz abgegeben hat, kann von Zeit zu Zeit eine weitere Erklärung abgeben, die den Inhalt einer früheren Erklärung ändert oder die Anwendung der Bestimmungen dieses Protokolls auf irgend einem Gebiet beendet.
3) Eine im Einklang mit diesem Artikel abgegebene Erklärung gilt als eine gemäss Art. 63 Abs. 1 der Konvention abgegebene Erklärung.
Art. 5
Die Hohen Vertragschliessenden Teile betrachten die Bestimmungen der Art. 1, 2, 3 und 4 dieses Protokolls als Zusatzartikel zur Konvention; alle Vorschriften der Konvention sind dementsprechend anzuwenden.
Art. 6
1) Dieses Protokoll steht den Mitgliedern des Europarates, die die Konvention unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung offen; es wird gleichzeitig mit der Konvention oder zu einem späteren Zeitpunkt ratifiziert. Es tritt nach der Hinterlegung von zehn Ratifikationsurkunden in Kraft. Für jeden Unterzeichnerstaat, dessen Ratifikation später erfolgt, tritt das Protokoll am Tage der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.
2) Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarates hinterlegt, der allen Mitgliedern die Namen der Staaten, die das Protokoll ratifiziert haben, mitteilt.
Geschehen zu Paris am 20. März 1952 in englischer und französischer Sprache, wobei die beiden Texte in gleicher Weise authentisch sind, in einer einzigen Ausfertigung, die in den Archiven des Europarates hinterlegt wird. Der Generalsekretär wird allen Signatarstaaten beglaubigte Abschriften übermitteln.
(Es folgen die Unterschriften)