832.10 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 2003 |
Nr. 241 |
ausgegeben am 10. Dezember 2003 |
Gesetz
vom 23. Oktober 2003
betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Krankenversicherung
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:
Abänderung bisherigen Rechts
Das Gesetz vom 24. November 1971 über die Krankenversicherung, LGBl. 1971 Nr. 50, in der geltenden Fassung, wird wie folgt abgeändert:
Titel
Gesetz über die Krankenversicherung (KVG)
1) Die Regierung anerkennt Krankenkassen, die
a) als Genossenschaft, Stiftung, Aktiengesellschaft oder Verein (Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit oder Hilfskasse) organisiert sind,
2) Der Kassenverband vertritt die Interessen der Kassen gegenüber den Leistungserbringern und gegenüber den Behörden. Er nimmt die in der Gesetzgebung und den Statuten umschriebenen Aufgaben wahr, insbesondere:
a) den Abschluss von Tarifverträgen mit Leistungserbringern der ambulanten Krankenpflege;
b) die Teilnahme an den Tarifverhandlungen der Regierung mit Heilanstalten;
c) die Führung der Statistik über die Behandlungskosten.
3) Die Regierung kann dem Kassenverband weitere Aufgaben übertragen. Sie kann mit dem Kassenverband eine Leistungsvereinbarung abschliessen und darin für die von ihm übernommenen Aufgaben im Rahmen der vom Landtag bewilligten Budgetmittel eine Entschädigung zusprechen.
Statistik
1) Das Amt für Volkswirtschaft publiziert jährlich eine Statistik über die Krankenversicherung und über das Gesundheitswesen. Diese Statistik stützt sich insbesondere auf:
a) die Jahresrechnungen und die nach dem Gesetz zu liefernden statistischen Angaben der Kassen;
b) die vom Kassenverband nach Art. 19 Abs. 2a erstellte Statistik der Behandlungskosten;
c) die statistischen Angaben, welche gestützt auf das Statistikgesetz bei den Leistungserbringern und anderen Institutionen im Gesundheitswesen erhoben werden.
2) Das Amt für Volkswirtschaft kann die Kassen und gestützt auf das Statistikgesetz die Leistungserbringer anweisen, wie Daten zu erfassen und für statistische Erhebungen bereitzuhalten und bis zu welchem Datum diese abzuliefern sind. Es berücksichtigt dabei die Anforderungen der Gesetzgebung über den Datenschutz, insbesondere ist die Anonymität des Versicherten zu wahren.
Kontrolle der Verwaltungskosten
1) Die Kassen haben die Verwaltungskosten für die Krankenversicherung auf das für eine wirtschaftliche Geschäftsführung erforderliche Mass zu beschränken.
2) Die Regierung kann Bestimmungen über eine Begrenzung der Verwaltungskosten erlassen.
1a) Die Kassen müssen Bewerber, die das 64. Altersjahr noch nicht vollendet haben, in die freiwillige Versicherung nach Art. 16 Abs. 2 aufnehmen.
1) Die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung umfassen:
b) Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die stationär oder ambulant in Heilanstalten erbracht werden, sowie bei stationärer Behandlung in Spitälern die Kosten für Verpflegung und Unterkunft nach dem Grundangebot des Spitals;
3) Das Krankengeld beträgt bei voller Arbeitsunfähigkeit mindestens 80 % des bis anhin bezogenen AHV-pflichtigen Lohnes einschliesslich regelmässiger Nebenbezüge. Bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit von mindestens 50 % wird das Krankengeld entsprechend gekürzt. Die Regierung setzt auf dem Verordnungswege den Höchstlohn für die obligatorische Versicherung fest und passt ihn jeweils der allgemeinen Lohnentwicklung an.
8) Arbeitslosenversicherte haben gegen angemessene Prämienanpassung Anspruch auf Änderung ihrer bisherigen Versicherung in eine Versicherung mit Leistungsbeginn ab dem 31. Tag unter Beibehaltung der bisherigen Taggeldhöhe und ohne Berücksichtigung des Gesundheitszustandes im Zeitpunkt der Änderung. Der Arbeitslose hat sich innert 30 Tagen bei der Krankenkasse anzumelden.
2) Die Kassen müssen den Versicherten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung eine freiwillige Versicherung anbieten, welche die nach Art. 18 Abs. 2 von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht übernommenen Vergütungen bis mindestens zur Höhe der in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung geltenden Tarife übernimmt.
2a) Personen in anderen Berufen der Gesundheitspflege im Sinne von Abs. 1, welche ambulante Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in einem Anstellungsverhältnis mit einem Betrieb der Gesundheitspflege im Sinne von Art. 52 des Sanitätsgesetzes erbringen, müssen persönlich zur Krankenversicherung zugelassen sein. In der Leistungsabrechnung muss die zugelassene Person angegeben sein.
3) Die Regierung erlässt nähere Vorschriften über die Zulassung von Heilanstalten der akuten Krankenpflege und Rehabilitation (Spitäler) sowie von Heilanstalten, die der Pflege und medizinischen Betreuung von Langzeitpatienten dienen (Pflegeheime).
Bedarfsplanung
1) Die Liechtensteinische Ärztekammer (Ärztekammer) und der Kassenverband erstellen gemeinsam eine Bedarfsplanung für die ärztliche Versorgung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Die Bedarfsplanung hat einerseits den Versicherten eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten und ihnen eine angemessene Auswahl an Grundversorgern und Spezialärzten im Inland und wenn nötig auch im Ausland zu ermöglichen. Sie soll andererseits eine Überversorgung vermeiden. Die Bedarfsplanung bestimmt auch den Bedarf an Geräten und Einrichtungen der Spitzenmedizin. Die Bedarfsplanung bedarf der Genehmigung der Regierung und hat allgemeinverbindliche Wirkung. Die Regierung holt vorgängig eine Stellungnahme der Sanitätskommission ein. Kommt keine gemeinsame Bedarfsplanung zustande, erstellt die Regierung die Bedarfsplanung.
2) Die Ärztekammer und der Kassenverband entscheiden gemeinsam über die Besetzung einer aufgrund der Bedarfsplanung freien Stelle sowie darüber, welche Leistungserbringer Geräte und Einrichtungen der Spitzenmedizin, die der Bedarfsplanung unterliegen, zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung benützen dürfen. Die Regierung legt nach Anhören der beteiligten Organisationen durch Verordnung die Kriterien fest, welche für die Reihung von mehreren Bewerbern zu beachten sind. Die Kriterien berücksichtigen insbesondere die fachliche Eignung der Bewerber sowie die zeitliche Reihenfolge der Bewerbungen. Ergibt sich aufgrund der Kriterien kein oder nur ein geringer Unterschied zwischen Bewerbern, entscheiden die beteiligten Organisationen nach einer mündlichen Anhörung der Bewerber.
3) Kommt zwischen Kassenverband und Ärztekammer keine Einigung zustande, entscheidet eine aus je zwei Vertretern des Kassenverbandes und der Ärztekammer sowie einem neutralen Vorsitzenden bestehende Schiedskommission über die Besetzung einer freien Stelle beziehungsweise über die Zulassung von Geräten und Einrichtungen der Spitzenmedizin. Können sich der Kassenverband und die Ärztekammer nicht auf den Vorsitzenden einigen, erfolgt die Bestellung auf Antrag durch das Landgericht. Im Übrigen sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über das Schiedsverfahren sinngemäss anwendbar.
4) Der Entscheid über die Besetzung einer Stelle gemäss Abs. 2 und 3 ist allen Bewerbern schriftlich zu eröffnen. Bei Streitigkeiten findet Art. 28 Anwendung.
5) Die Regierung kann durch Verordnung auch für andere Leistungserbringer eine Bedarfsplanung einführen. Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sind dabei sinngemäss zu beachten. Ist eine Berufsgruppe von Leistungserbringern nicht in einem Berufsverband organisiert, entscheidet die Regierung nach Anhören der Angehörigen der betreffenden Berufsgruppe über die Vertretung der Berufsgruppe bei den Entscheiden nach Abs. 1 bis 3.
Tarife und Preise
1) Die Leistungserbringer erstellen ihre Rechnungen für die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach Tarifen und Preisen. Diese werden in Tarifverträgen zwischen dem Kassenverband und den Verbänden der Leistungserbringer vereinbart oder in den vom Gesetz bestimmten Fällen von der Regierung vereinbart oder festgelegt. Die Leistungserbringer dürfen für Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung keine weitergehenden Vergütungen berechnen.
2) Leistungserbringer, die nicht Mitglied eines am Vertrag beteiligten Verbandes sind, haben einen angemessenen, im Vertrag festzulegenden Beitrag an die Kosten des Vertragsschlusses und der Durchführung zu leisten.
3) Für bestimmte Leistungen oder Behandlungen, insbesondere für technisch-apparative Leistungen sowie für Laborleistungen im Praxislabor des Arztes, legen die Tarifpartner (Art. 3 Abs. 2) vertraglich Kostensätze fest, die namentlich dem Zeitaufwand für die Leistungen sowie einer angemessenen Investition, Amortisation und Auslastung bei technisch-apparativen Einrichtungen Rechnung tragen.
4) Die Regierung kann nach Anhören des Kassenverbandes und der betroffenen Leistungserbringer eine bestimmte Tarifart und eine bestimmte Tarifstruktur vorschreiben. Sie kann sich an Tarifverhandlungen vertreten lassen.
5) Die Tarifverträge bedürfen der Genehmigung der Regierung. Diese prüft, ob die abgeschlossenen Vereinbarungen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, den Anforderungen an die Qualitätssicherung sowie den übrigen Bestimmungen des Gesetzes entsprechen.
6) Kommt zwischen dem Kassenverband und den Verbänden von Leistungserbringern kein Tarifvertrag zustande, rufen diese ein paritätisch zusammengesetztes Schiedsgericht unter einem neutralen Vorsitzenden an. Können sich die Verbände nicht auf den Vorsitzenden einigen, erfolgt die Bestellung auf Antrag durch das Landgericht. Nehmen die Verbände den Einigungsvorschlag des Schiedsgerichts nicht an, so legt die Regierung den Tarif für die Vergütung der Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sowie weitere Bedingungen und Auflagen für die Abrechnung mit den Kassen fest. Sie kann ihre Regelung befristen.
7) Die Regierung schliesst nach Anhören der Ärztekammer die Tarifverträge mit den Heilanstalten ab, welche für die Versorgung der Versicherten nötig sind. Sie zieht den Kassenverband zu den Tarifverhandlungen bei. Sie kann den Abschluss von Verträgen mit Pflegeheimen dem Kassenverband übertragen. Heilanstalten, die mit der Regierung oder mit dem Kassenverband einen Tarifvertrag abgeschlossen haben, gelten als zugelassene Leistungserbringer.
8) Die Regierung erlässt mit Verordnung Bestimmungen über die Vergütung von Arzneimitteln, von Medizinprodukten und von Analysen. Sie bezeichnet die Analysen, welche in den Praxislabors von Ärzten durchgeführt werden dürfen und unter diesen jene Analysen, für die der Tarif im Tarifvertrag mit dem Kassenverband festgesetzt werden kann.
Verträge mit Leistungserbringern
1) Für die obligatorische Krankenpflegeversicherung sind nur jene Leistungserbringer zugelassen, welche sich in einem schriftlichen Vertrag mit dem Kassenverband verpflichten, den vom betreffenden Berufsverband abgeschlossenen Tarifvertrag und allfällige Tarifregelungen der Regierung zu beachten. Die Verträge sind zeitlich zu befristen.
2) Alle gestützt auf die Bedarfsplanungen nach Art. 16b zugelassenen Leistungserbringer müssen innert drei Monaten ab Zustellung des Zulassungsentscheides dem geltenden Tarifvertrag und den Tarifregelungen beitreten. Nach unbenütztem Ablauf dieser Frist verlieren sie ihre Zulassung. Alle in Liechtenstein zugelassenen Leistungserbringer von Berufsgruppen, die nicht einer Bedarfsplanung nach Art. 16b unterstehen, können den für die betreffende Berufsgruppe bestehenden Tarifverträgen und Tarifregelungen beitreten.
3) Für bereits zugelassene Leistungserbringer, die das 64. Altersjahr vollendet haben, entfällt der Anspruch auf den Abschluss oder die Verlängerung eines Vertrages mit dem Kassenverband. Der Kassenverband kann den Vertrag nach vorgängiger Zustimmung durch den entsprechenden Berufsverband der Leistungserbringer frühestens auf das Ende des Monats, in welchem die Altersgrenze erreicht wird, unter Beachtung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen.
4) Sieht eine Bedarfsplanung den Einbezug von Leistungserbringern im Ausland vor oder ist bei anderen nach Art. 16a zugelassenen Berufen eine ausreichende Versorgung im Inland nicht gewährleistet, schliesst der Kassenverband im Einvernehmen mit dem betreffenden liechtensteinischen Berufsverband mit Leistungserbringern im Ausland einen Tarifvertrag ab. Kann sich der Kassenverband mit dem betreffenden Verband der Leistungserbringer nicht einigen, entscheidet die Regierung, ob und mit welchen Leistungserbringern im Ausland ein Tarifvertrag abzuschliessen ist. Die Leistungserbringer im Ausland haben keinen Anspruch auf den Abschluss eines Vertrages.
5) Der Kassenverband publiziert die Liste jener Leistungserbringer, mit welchen er einen Vertrag abgeschlossen hat (zugelassene Leistungserbringer).
Verträge für Leistungen der freiwilligen Versicherungen
Die Kassen können mit Leistungserbringern Verträge über die Abrechnung von Leistungen im Rahmen der freiwilligen Versicherungen abschliessen. Solche Verträge gelten nicht als Tarifverträge im Sinne von Art. 16c und 16d und begründen keinen Anspruch auf Zulassung zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung.
Versorgungsnetze
1) Der Kassenverband kann mit zugelassenen Leistungserbringern, die sich zu einem Versorgungsnetz zusammenschliessen, einen Versorgungsvertrag abschliessen, in welchem die Leistungserbringer eine Mitverantwortung für die Kosten der im Versorgungsnetz selber und der bei anderen Leistungserbringern veranlassten Leistungen übernehmen.
2) Im Versorgungsnetz verpflichten sich Ärzte in Form eines schriftlichen Vertrages, die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in gegenseitiger Abstimmung und Koordination mit anderen Leistungserbringern zu erbringen. Ein Versorgungsnetz kann neben Ärzten auch andere zugelassene Leistungserbringer umfassen.
3) Der Beitritt zu einem Versorgungsnetz steht allen Versicherten offen. Mit dem Beitritt verpflichten sich die Versicherten, die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Rahmen des Versorgungsnetzes zu beanspruchen und mit Ausnahme von Notfällen Leistungserbringer ausserhalb des Versorgungsnetzes nur gestützt auf die Zuweisung durch einen Arzt des Versorgungsnetzes aufzusuchen. Die Kassen regeln in ihren Statuten und Reglementen die Versicherungsbedingungen im Einzelnen. Die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung müssen vollständig gewährleistet sein.
4) Der Versorgungsvertrag zwischen dem Versorgungsnetz und dem Kassenverband bedarf der Genehmigung der Regierung. Diese hört vorgängig die Ärztekammer an.
Wahl der Leistungserbringer
a) Grundsatz
1) In der obligatorischen Krankenpflegeversicherung steht den Versicherten die Wahl unter den für die Behandlung ihrer Krankheit geeigneten zugelassenen Leistungserbringern frei.
2) Wählt ein Versicherter für eine ambulante Behandlung einen geeigneten aber nicht zugelassenen Leistungserbringer, entrichtet die Kasse dem Versicherten für obligatorisch versicherte Leistungen eine Vergütung, welche der Hälfte des Tarifes oder des Preises nach der am Ort der Behandlung anwendbaren Regelung der obligatorischen Krankenversicherung, höchstens aber der Hälfte der nach Art. 16c geltenden Tarife und Preise entspricht. Der Versicherte schuldet dem Arzt den vollen Rechnungsbetrag. Die Kasse kann eine Vergütung ablehnen, wenn die Angaben in der Rechnung mit dem massgebenden Tarif nicht vergleichbar sind.
3) Wählt ein Versicherter für eine stationäre Behandlung, die auch in einem Vertragsspital angeboten wird, ein Spital, mit welchem kein Tarifvertrag besteht, vergütet die Kasse als obligatorisch versicherte Leistung die auf ihre Rechnung entfallenden Kosten nach dem Tarifvertrag mit einem für die Behandlung geeigneten Spital. Die im Tarifvertrag vorgesehenen Beiträge des Staates werden nicht ausgerichtet. Diese sind vom Versicherten oder seiner Zusatzversicherung zu tragen.
4) Die Regierung erlässt mit Verordnung Bestimmungen über die Vergütung von Leistungen, die aus medizinischen Gründen durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer, mit welchem kein Tarifvertrag besteht, erbracht werden müssen. Medizinische Gründe liegen bei einem Notfall vor oder wenn die erforderlichen Leistungen von zugelassenen Leistungserbringern nicht erbracht werden können.
b) Arztwechsel während eines Krankheitsfalles
1) Der Versicherte darf für den gleichen Krankheitsfall nur auf Zuweisung des von ihm zuerst gewählten Arztes einen anderen Arzt aufsuchen. Der zuerst gewählte Arzt weist den Versicherten an einen anderen Arzt weiter, wenn dies nach seiner Beurteilung medizinisch indiziert ist. Der Versicherte teilt dem Arzt den Abbruch der Behandlung mit, wenn er die Behandlung bei einem anderen Arzt fortsetzen will. Die Mitteilung muss vor der Wahl eines neuen Arztes erfolgen.
2) Wählt der Versicherte ohne Zuweisung des von ihm zuerst gewählten Arztes oder ohne Mitteilung des Abbruches der Behandlung an den bisher gewählten Arzt für den gleichen Krankheitsfall einen anderen Arzt oder lässt er sich in einem Spital ohne diese Zuweisung ambulant behandeln, entrichtet die Kasse dem Versicherten nur die Hälfte der Vergütung, welche dem Arzt oder dem Spital bei einer Behandlung nach Abs. 1 geschuldet wäre.
3) Der Kassenverband und die Ärztekammer vereinbaren im Tarifvertrag, wie die Einhaltung von Abs. 1 überprüft wird, und umschreiben, unter welchen Voraussetzungen ein neuer Krankheitsfall anzunehmen ist.
Art. 19 Abs. 2a, 3a und 4
2a) Die Kassen melden dem Kassenverband nach dessen Vorgaben für jedes Kalenderjahr die an die einzelnen Leistungserbringer erbrachten Kostenvergütungen in der obligatorischen und den freiwilligen Versicherungen für Krankenpflege. Der Kassenverband fasst diese Angaben zu einer Statistik der Behandlungskosten zusammen. Er achtet dabei auf eine möglichst hohe Vergleichbarkeit mit entsprechenden Statistiken im Ausland. Der Kassenverband fasst zusätzlich die Angaben der Kassen für jeden Leistungserbringer zusammen. Er überprüft gestützt darauf, ob die Leistungserbringer den Grundsatz von Abs. 1 beachtet haben oder ob die Voraussetzungen für eine Rückforderung nach Abs. 2 erfüllt sind. Der Kassenverband stellt das Gesamtergebnis und die Zusammenfassung für jeden Leistungserbringer der Regierung zur Festlegung und Überprüfung der Kostenziele im Sinne von Art. 19b zur Verfügung.
3a) Die Regierung kann von den Ärzten eine vollständige Auskunft über die Preise beim Einkauf von Medikamenten und über direkt und indirekt erhaltene Vergünstigungen verlangen. Sie kann nach Anhören des Kassenverbandes und der Ärztekammer Bestimmungen über die Weitergabe von betriebswirtschaftlich nicht gerechtfertigten Vergünstigungen und Rabatten, welche Ärzten bei der Lieferung von Medikamenten gewährt werden, festlegen.
4) Die Tarifverträge sehen Massnahmen zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Leistungen vor. Für Streitigkeiten über die Rückforderung von zu Unrecht bezahlten Vergütungen im Sinne von Abs. 2 vereinbaren die Tarifpartner ein aussergerichtliches Schiedsverfahren, welches vor Anrufung des Schiedsgerichts nach Art. 28 durchgeführt werden muss.
Festlegung von Kostenzielen
1) Die Regierung legt nach Anhören der Kosten- und Qualitätskommission (Abs. 4) für die obligatorische Krankenpflegeversicherung Kostenziele fest. Sie weist den Kassenverband und die Verbände der Leistungserbringer an, wie diese Kostenziele unter Beachtung der Massnahmen zur Sicherung der Qualität umzusetzen und zu überprüfen sind.
2) Werden die Kostenziele überschritten oder die Massnahmen zur Qualitätssicherung nicht beachtet, müssen Kassen und Leistungserbringer dies begründen. Gestützt darauf entscheidet die Regierung, ob der Vergütungssatz des geltenden Tarifes für die betreffende Kategorie oder Fachrichtung von Leistungserbringern künftig zu kürzen ist.
3) Ergibt die Überprüfung der Kostenziele und der Massnahmen zur Qualitätssicherung, dass nur einzelne Leistungserbringer diese nicht eingehalten haben oder dass vor allem einzelne Leistungserbringer die Kostenziele im Vergleich zu anderen Leistungserbringern der gleichen Kategorie oder der gleichen Fachrichtung in erheblichem Masse überschritten haben, weist die Regierung den Kassenverband an, bei den betreffenden Leistungserbringern die zu Unrecht bezahlten Vergütungen gestützt auf Art. 19 Abs. 2 zurückzufordern.
4) Die Regierung bestellt eine Kosten- und Qualitätskommission. Die Kommission berät die Regierung bei den Entscheiden über die Festlegung und die Überprüfung der Kostenziele. Das Nähere regelt die Regierung durch Verordnung.
Ausschluss von Leistungserbringern
Der Kassenverband kann beim Schiedsgericht nach Art. 28 unter Angabe der Gründe den Ausschluss eines Leistungserbringers aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung beantragen, wenn:
a) Massnahmen zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit oder der Qualität trotz schriftlicher Mahnung nicht eingehalten werden;
b) vertragliche oder gesetzliche Verpflichtungen in schwerwiegender Weise verletzt werden.
Versichertenkarte
1) Die Kassen geben jedem Versicherten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für die Dauer des Versicherungsverhältnisses eine elektronisch lesbare und mit einer Identifikationsnummer versehene Versichertenkarte ab. Die Kassen und die zugelassenen Leistungserbringer müssen die nötige Einrichtung beschaffen, um diese Karte benützen zu können.
2) Die Regierung bestimmt mit Verordnung diejenigen Daten, welche mit der Versichertenkarte elektronisch abgerufen werden können und legt deren Zugriffsberechtigung fest. Die Versichertenkarte kann auch besonders schützenswerte Personendaten, insbesondere Gesundheitsdaten und Persönlichkeitsprofile, umfassen, sofern der Versicherte dazu seine Zustimmung erteilt hat.
3) Die Daten der Versichertenkarte sind nach allgemein anerkannten Normen zu schützen und zu sichern. Die Regierung trifft die erforderlichen Anordnungen.
Gesundheitsförderung
Die Regierung kann die Kassen für die Durchführung von Aufgaben der Gesundheitsförderung und der Gesundheitsvorsorge im Sinne des Sanitätsgesetzes beiziehen. Sie kann die Kassen insbesondere verpflichten, sich an der Durchführung und der Finanzierung von Massnahmen der Gesundheitsförderung und der Gesundheitsvorsorge zu beteiligen.
2a) Für Versicherte mit Wohnsitz im Ausland können die Beiträge der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und der freiwilligen Versicherungen für Krankenpflege so bemessen werden, dass unter Berücksichtigung der übrigen Einnahmequellen die jährlichen Aufwendungen für die Versicherungsleistungen und die Verwaltungskosten dieser Versicherten gedeckt und die nötigen Vermögensreserven gebildet werden können.
3) Für Versicherte bis zum vollendeten 16. Altersjahr (Kinder) werden für die obligatorische Krankenpflegeversicherung keine Beiträge erhoben. Für Versicherte, die sich verpflichten, die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Rahmen eines Versorgungsnetzes im Sinne von Art. 16f zu beanspruchen, können die Kassen die Beiträge reduzieren. Die Reduktion richtet sich grundsätzlich nach der erzielten Kosteneinsparung im Vergleich zu den Kosten für die nicht im Rahmen eines Versorgungsnetzes betreuten Versicherten.
6) Für Versicherte nach dem vollendeten 16. Altersjahr bis zum vollendeten 20. Altersjahr dürfen die Beiträge höchstens die Hälfte derjenigen der erwachsenen Versicherten betragen.
2) Die in Abs. 1 erwähnten Beträge für den festen Jahresbetrag und den jährlichen Höchstbetrag werden für Versicherte nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters auf die Hälfte reduziert.
3) Versicherte, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben, entrichten keine Kostenbeteiligung.
1) Der Staat beteiligt sich an den Kosten der Krankenversicherung und des Gesundheitswesens insbesondere durch Beiträge an:
b) einkommensschwache Versicherte;
1) Der Staat übernimmt 90 % der im Landesdurchschnitt errechneten Kosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung der Kinder.
2) Für die übrigen Versicherten leistet der Staat einen Beitrag. Dieser wird vom Landtag auf Antrag der Regierung unter Berücksichtigung der Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und der Finanzlage des Landes pro Bemessungsjahr jeweils bis spätestens im Juni des Vorjahres festgelegt. Gestützt darauf übernimmt der Staat bei jährlichen Krankenpflegekosten eines Versicherten, die über einem vom Amt für Volkswirtschaft festzulegenden Grenzbetrag liegen, 80 % der darüber liegenden Kosten. Das Amt für Volkswirtschaft legt den Grenzbetrag so fest, dass der vom Landtag festgelegte jährliche Gesamtbetrag ausgeschöpft wird. Die Regierung kann zu diesem Zweck auch den Prozentsatz der Kostenübernahme erhöhen oder senken. Sie kann für bestimmte Behandlungen den Prozentsatz erhöhen.
Art. 24b Sachüberschrift, Abs. 1, 2 Einleitungssatz und 3a
c) Beiträge an einkommensschwache Versicherte
1) Der Staat entrichtet Beiträge zur Prämienverbilligung an einkommensschwache Versicherte. Der Anspruch auf Beiträge richtet sich nach dem steuerpflichtigen Erwerb des Versicherten bzw. der Ehegatten. Für Versicherte bis zum vollendeten 25. Altersjahr, die Unterhaltsansprüche gegenüber ihren Eltern haben, richtet sich der Anspruch nach dem steuerpflichtigen Erwerb der Eltern.
2) Die Beiträge zur Prämienverbilligung richten sich nach der im Landesdurchschnitt errechneten Prämie der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Sie betragen:
3a) Leistungen der sozialen Einrichtungen für die obligatorische Krankenversicherungsprämie sind anzurechnen.
Bearbeiten von Personendaten
Die mit der Durchführung sowie der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung dieses Gesetzes betrauten Organe sind befugt, die Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Daten und Persönlichkeitsprofile, zu bearbeiten oder bearbeiten zu lassen, die sie benötigen, um die nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben zu erfüllen, namentlich um:
a) für die Einhaltung der Versicherungspflicht zu sorgen;
b) die Beiträge der Versicherten zu berechnen und zu erheben;
c) Leistungsansprüche zu beurteilen sowie Leistungen zu berechnen, zu gewähren und mit Leistungen anderer Sozialversicherungen zu koordinieren;
d) den Anspruch auf Beiträge des Staates zu beurteilen, zu berechnen und zu gewähren;
e) ein Rückgriffsrecht gegenüber einem haftpflichtigen Dritten geltend zu machen;
f) für die Durchführung und die Einhaltung der Wirtschaftlichkeit der Behandlung und der Massnahmen zur Qualitätssicherung zu sorgen sowie die Kostenziele festzulegen und zu überprüfen;
g) die Aufsicht über die Durchführung dieses Gesetzes auszuüben;
h) Statistiken zu führen.
Datenbekanntgabe
Sofern kein überwiegendes Privatinteresse entgegensteht, dürfen Organe, die mit der Durchführung sowie der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung dieses Gesetzes betraut sind, Daten bekannt geben:
a) anderen mit der Durchführung dieses Gesetzes sowie der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung dieses Gesetzes betrauten Organe, wenn die Daten für die Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich sind;
b) anderen Organen, wenn die Daten für die Erfüllung einer ihnen durch Gesetz übertragenen Aufgabe erforderlich sind.
1) Streitigkeiten zwischen Kassen oder Kassenverband und Ärzten, Apothekern, Personen in anderen Berufen der Gesundheitspflege oder Heilanstalten sowie Streitigkeiten zwischen Kassen und dem Kassenverband und zwischen Ärzten und der Ärztekammer bzw. dem Kassenverband über die Zulassung zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung werden durch ein Schiedsgericht im Sinne der Zivilprozessordnung entschieden. Jede Streitpartei bestellt einen Schiedsrichter, und die Gewählten ernennen einen neutralen Obmann. Kann über die Person des Obmanns keine Einigkeit erzielt werden, so wird er durch das Obergericht bestellt.
Abänderung von Bezeichnungen
In Art. 3 Abs. 1, Art. 3a Abs. 2, Art. 4a Abs. 1 und 2 Bst. a und c, Art. 5, 6 Abs. 1 und Art. 19a Abs. 1 wird die Bezeichnung "Verband" durch die Bezeichnung "Kassenverband", in der jeweilig grammatikalisch richtigen Form, ersetzt.
§ 1
Bedarfsplanung; bestehende Zulassungen zur Krankenversicherung
1) Ärzte, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits dem Tarifvertrag mit dem Kassenverband beigetreten sind und für die Krankenversicherung tätig waren, bleiben unabhängig von der Bedarfsplanung nach Art. 16b für die Krankenversicherung zugelassen. Der Kassenverband schliesst mit diesen Ärzten bis zum 30. Juni 2004 die Verträge im Sinne von Art. 16d des Gesetzes ab.
2) Die gestützt auf Art. 18a Abs. 6 des bisherigen Rechts aufgestellte Bedarfsplanung für das Hausarztsystem gilt längstens bis zum 30. Juni 2004 mit einem Geltungsbereich für die gesamte Krankenversicherung weiter.
3) Bis zum 31. Dezember 2004 steht den Versicherten das Wahlrecht unter den für die Behandlung geeigneten Leistungserbringern im Ausland auch dann frei, wenn mit diesem Leistungserbringer kein Vertrag im Sinne von Art. 16d Abs. 4 abgeschlossen worden ist. Die Vergütung der Kasse an den Versicherten entspricht während dieser Übergangsfrist dem Tarif oder Preis nach der am Ort der Behandlung anwendbaren Regelung der obligatorischen Krankenversicherung.
§ 2
Staatsbeiträge für Jugendliche und Erwachsene im Jahr 2004
Für das Jahr 2004 setzen sich die Beiträge des Staates an die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Art. 24a Abs. 2 aus folgenden Beträgen zusammen:
a) dem nach Art. 24a Abs. 2 des bisherigen Rechts zu errechnenden Betrag für das Jahr 2004, zuzüglich
b) einem Betrag von 5.3 Millionen Franken.
§ 3
Statistik der Behandlungskosten und Kostenziele
1) Der Kassenverband erstellt die Statistik der Behandlungskosten und die Zusammenfassung der Kosten für jeden Leistungserbringer nach Art. 19 Abs. 2a erstmals für das Jahr 2003. Diese muss bis zum 31. Mai 2004 vorliegen.
2) Die Regierung definiert erstmals für das Jahr 2005 Kostenziele nach Art. 19b Abs. 1. Sie kann frühestens gestützt auf die Kostenziele für das Jahr 2007 die Sanktionen nach Art. 19b Abs. 2 und 3 ergreifen.
§ 4
Versichertenkarte
Die Regierung organisiert in Zusammenarbeit mit dem Kassenverband und den Leistungserbringern die Einführung der Versichertenkarte nach Art. 20b.
§ 5
Freiwillige Versicherung
1) Versicherte, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung versichert sind, müssen von den Kassen ohne Versicherungsvorbehalte in die freiwillige Versicherung nach Art. 16 Abs. 2 aufgenommen werden, wenn sie ihren Antrag um Aufnahme vor dem 31. Dezember 2004 stellen. Erwachsene Versicherte müssen unter den gleichen Voraussetzungen in die unterste Eintrittsaltersgruppe für Erwachsene aufgenommen werden.
2) Die Regierung legt für die freiwillige Versicherung nach Art. 16 Abs. 2 in den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes je eine Maximalprämie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene fest. Die Maximalprämien können für jedes Jahr neu festgelegt werden. Reichen diese Prämien bei einer Kasse nicht aus, um die in Art. 16 Abs. 2 vorgesehenen Mindestleistungen der freiwilligen Versicherung einschliesslich der vom Amt für Volkswirtschaft im Minimum verlangten Rückstellungen für unerledigte Versicherungsfälle und Reserven zu decken, gleicht der Staat der Kasse das Defizit aus. Das Amt für Volkswirtschaft erlässt Weisungen über die Rechnungslegung.
§ 6
Wahl des bisherigen Arztes im Ausland
Wählt ein in Liechtenstein Versicherter zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes für eine ambulante Behandlung einen geeigneten aber nicht zugelassenen Arzt im Ausland, der ihn bereits in den drei Jahren vor Inkrafttreten dieses Gesetzes regelmässig behandelt hat, übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung in Abweichung von Art. 18 Abs. 2 für die durch diesen Arzt bis zum 31. Dezember 2008 durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen den vollen Tarif oder Preis nach der am Ort der Behandlung anwendbaren Regelung der obligatorischen Krankenversicherung. Der Versicherte schuldet dem Arzt die Vergütung der Leistung, wenn die Kasse mit dem Arzt nichts anderes vereinbart hat. Er hat gegenüber der Kasse einen Anspruch auf Rückerstattung. Die Kasse kann eine Vergütung ablehnen, wenn die Angaben in der Rechnung mit dem massgebenden Tarif nicht vergleichbar sind.
1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich Abs. 2 am 1. Januar 2004 in Kraft.
2) Art. 20b tritt in Kraft, sobald die technischen und organisatorischen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Regierung bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens mit Verordnung.
gez. Hans-Adam
gez. Otmar Hasler
Fürstlicher Regierungschef