216.222.1 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 2006 |
Nr. 26 |
ausgegeben am 10. Februar 2006 |
Gesetz
vom 25. November 2005
über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea, SE) (SE-Gesetz; SEG)
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Zweck
Dieses Gesetz dient der Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (EWR-Rechtssammlung: Anh. XXII - 10a.01), im Folgenden SE-Verordnung genannt.
Art. 2
Anwendbares Recht
Auf eine Europäische Gesellschaft (SE) mit Sitz in Liechtenstein finden die SE-Verordnung und ergänzend die Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung. Soweit die SE-Verordnung und die Bestimmungen dieses Gesetzes keine Regelungen enthalten, sind auf eine solche Gesellschaft die Vorschriften der 2. Abteilung, insbesondere jene des dritten und vierten Titels, 2. Abschnitt, sowie die Vorschriften der 5. Abteilung des Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR) anzuwenden.
Art. 3
Bezeichnungen
Soweit in diesem Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind unter den in diesem Gesetz verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen Personen männlichen und weiblichen Geschlechts zu verstehen.
Art. 4
Sitz
Der Sitz der Europäischen Gesellschaft (SE) befindet sich, wenn ihre Satzung es nicht anders bestimmt, an dem Ort, an dem sie ihre Hauptverwaltung hat.
Art. 5
Kapital
Das Kapital der Europäischen Gesellschaft (SE) lautet auf Franken, Euro oder US-Dollar.
II. Anmeldung, Registereintragung und Bekanntmachung
Art. 6
Anmeldung und Eintragung ins Öffentlichkeitsregister
Eine Europäische Gesellschaft (SE) mit Sitz in Liechtenstein ist beim Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt nach den für Aktiengesellschaften geltenden Bestimmungen anzumelden und ins Öffentlichkeitsregister einzutragen. Das gilt auch für Zweigniederlassungen solcher Gesellschaften.
Art. 7
Bekanntmachung
Das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt hat die nach Art. 14 der SE-Verordnung zu veröffentlichenden Angaben binnen eines Monats nach der Bekanntmachung dem Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften mitzuteilen.
A. Allgemeine Bestimmungen
Art. 8
Beteiligung von Gesellschaften mit Hauptverwaltung ausserhalb des EWR
An der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) kann sich auch eine Gesellschaft beteiligen, deren Hauptverwaltung sich ausserhalb des EWR befindet, sofern sie:
a) nach den Bestimmungen des PGR gegründet wurde;
b) ihren Sitz in Liechtenstein hat; und
c) mit der Wirtschaft eines EWRA-Vertragsstaates in tatsächlicher und dauerhafter Verbindung steht.
B. Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) durch Verschmelzung
Art. 9
Bekanntmachung
Die nach Art. 21 der SE-Verordnung zu veröffentlichenden Angaben sind dem Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt bei der Einreichung des Verschmelzungsplanes mitzuteilen und von diesem nach Art. 958 Ziff. 1 PGR in den amtlichen Publikationsorganen bekannt zu machen.
Art. 10
Rechtmässigkeitsbescheinigung
1) Das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt stellt einer inländischen Aktiengesellschaft, die sich an der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) im Wege der Verschmelzung beteiligt, eine Bescheinigung nach Art. 25 Abs. 2 der SE-Verordnung aus.
2) Diese Bescheinigung wird nur ausgestellt, wenn:
a) die Forderungen aller Gläubiger, die nach Art. 11 dieses Gesetzes einen Anspruch auf Sicherstellung ihrer Forderungen und diesen auch geltend gemacht haben, angemessen sichergestellt sind;
b) die Jahresrechnung und der Jahresbericht des letzten Geschäftsjahres, die auf einen höchstens acht Monate vor der Offenlegung des Verlegungsplans liegenden Stichtag aufgestellt worden sind, samt Prüfungsbericht beim Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt eingereicht und von diesem im Sinne von Art. 958 Ziff. 2 PGR zusammen mit der Offenlegung des Verschmelzungsplanes bekannt gemacht worden sind; die Aktionäre und Gläubiger haben das Recht, diese Unterlagen nach ihrer Offenlegung mindestens einen Monat lang am Sitz der Gesellschaft einzusehen und die unentgeltliche Aushändigung von Abschriften zu verlangen; und
c) die Generalversammlung bei der Zustimmung zu dem Verschmelzungsplan nach Art. 23 Abs. 1 der SE-Verordnung über ein nach Art. 25 Abs. 3 der SE-Verordnung gegebenenfalls anwendbares Verfahren einen Beschluss gefasst hat.
3) Auf Verlangen der betreffenden Europäischen Gesellschaft (SE) übersendet das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt diese Bescheinigung an das zuständige Gericht, den Notar oder eine andere zuständige Behörde des Sitzstaates.
Art. 11
Gläubigerschutz
1) Den Gläubigern der an der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) durch Verschmelzung beteiligten Aktiengesellschaften ist Sicherheit zu leisten, sofern sie nicht Befriedigung verlangen können.
2) Dieses Recht steht den Gläubigern nur zu, wenn:
a) die Forderungen vor oder einen Werktag nach der Offenlegung des Verschmelzungsplanes entstanden sind;
b) sie glaubhaft machen, dass die Erfüllung ihrer Forderungen durch die Verschmelzung gefährdet wird; und
c) sie ihren Anspruch nach Grund und Höhe innerhalb von einem Monat nach dem Tag der Offenlegung des Verschmelzungsplanes schriftlich anmelden.
3) Die Gläubiger sind in der Veröffentlichung der Angaben nach Art. 21 der SE-Verordnung auf dieses Recht hinzuweisen.
Art. 12
Rechtmässigkeitskontrolle
Das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt kontrolliert nach Art. 26 Abs. 1 der SE-Verordnung die Rechtmässigkeit der Verschmelzung hinsichtlich der Durchführung der Verschmelzung und der Gründung der Europäischen Gesellschaft (SE), sofern sich der Sitz der Europäischen Gesellschaft (SE) im Inland befindet.
C. Gründung einer Holding-SE
Art. 13
Bekanntmachung des Gründungsplans
Der nach Art. 32 Abs. 3 der SE-Verordnung zu veröffentlichende Gründungsplan ist beim Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt einzureichen und von diesem im Sinne von Art. 958 Ziff. 2 PGR bekannt zu machen.
Art. 14
Bekanntmachung des Vorliegens der Gründungsvoraussetzungen
Die nach Art. 33 Abs. 3 der SE-Verordnung zu veröffentlichende Tatsache ist vom Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt schriftlich zu bestätigen und von diesem im Sinne von Art. 958 Ziff. 2 PGR bekannt zu machen.
D. Gründung einer Tochter-SE
Art. 15
Beteiligung
An der Gründung einer Tochter-SE nach Art. 2 Abs. 3 der SE-Verordnung können sich - sofern sie einen Erwerbszweck verfolgen - beteiligen:
a) Verbandspersonen des privaten und öffentlichen Rechts;
b) Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit.
E. Umwandlung einer bestehenden Aktiengesellschaft in eine Europäische Gesellschaft (SE)
Art. 16
Bekanntmachung des Umwandlungsplans
Der nach Art. 37 Abs. 5 der SE-Verordnung zu veröffentlichende Umwandlungsplan ist beim Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt einzureichen und von diesem im Sinne von Art. 958 Ziff. 2 PGR bekannt zu machen.
IV. Aufbau der Europäischen Gesellschaft (SE)
Art. 17
Anwendbares Recht, Bestellung und Ordnung im Allgemeinen
1) Wählt eine Europäische Gesellschaft (SE) nach Art. 38 Bst. b der SE-Verordnung in ihrer Satzung das dualistische System mit einem Leitungs- und einem Aufsichtsorgan und ist die Leitung mehreren natürlichen oder juristischen Personen anvertraut, bilden diese den Vorstand, dessen Befugnisse in der Satzung oder in einem besonderen Reglement näher umschrieben werden können. Anstelle der Art. 180 bis 191 und 341 bis 349 PGR gelten, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, die nachfolgenden Bestimmungen.
2) Anstelle der Bestellung durch das Aufsichtsorgan kann die Satzung bestimmen, dass die Mitglieder des Vorstands von der Generalversammlung bestellt und abberufen werden. In diesem Fall gelten die Art. 180 Abs. 2 sowie Art. 341 Abs. 3 und 5 PGR für die Mitglieder des Vorstands sinngemäss.
3) Die Mitglieder des ersten Vorstands können durch die Satzung bestellt werden.
4) Die Bestimmungen des Art. 180a PGR gelten für wenigstens ein Mitglied des Vorstands sinngemäss.
5) Werden Personen, welche gemäss der Satzung zur Ausübung ihrer Tätigkeit Aktien zu hinterlegen haben, gewählt und können gemäss der Satzung nur Aktionäre Mitglieder des Vorstands sein, so dürfen sie ihr Amt erst antreten, nachdem sie durch den Erwerb von Aktien Aktionäre geworden sind.
6) Fallen während des Geschäftsjahres einzelne von mehreren Mitgliedern des Vorstands weg oder sind sie an der Ausübung ihres Amtes verhindert, so können vorbehaltlich Art. 39 Abs. 3 Satz 2 der SE-Verordnung die verbleibenden Mitglieder bis zur nächsten Generalversammlung die Geschäfte fortführen, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt.
7) Die jeweiligen Mitglieder des Vorstands sind bei der im Öffentlichkeitsregister eingetragenen Europäischen Gesellschaft (SE) ohne Verzug und unter Beifügung des Nachweises der Bestellung, wie beispielsweise eines Protokollauszuges oder dergleichen, anzumelden, soweit nicht eine Wiederbestellung vorliegt.
8) Sofern als Mitglieder des Vorstands juristische Personen bestellt werden, haben deren vertretungsberechtigte beziehungsweise geschäftsführende Personen alsdann, sofern hierfür nicht besondere Delegierte bezeichnet sind, für sie alle Organ- beziehungsweise Vertreterhandlungen vorzunehmen.
9) Für Zweigniederlassungen kann nicht ein besonderes Leitungsorgan, wohl aber ein besonderer Bevollmächtigter als Prokurist bestellt werden.
10) Bestimmen Gesetz oder Satzung es nicht anders, so umfasst die Geschäftsführungs- auch die Vertretungsbefugnis.
Art. 18
Hinterlegung von Aktien
1) Die Mitglieder des Vorstands haben, wenn die Satzung es vorschreibt, für die Dauer ihrer Verrichtungen die durch die Satzung bestimmte Anzahl von Aktien der Europäischen Gesellschaft (SE) zu hinterlegen.
2) Mit Zustimmung des Aufsichtsorgans kann diese Hinterlegung auch durch einen Dritten erfolgen.
3) Die Satzung kann bestimmen, dass die hinterlegten Aktien in jedem Fall auf den Namen der einzelnen Mitglieder des Vorstands ausgestellt oder übertragen werden sollen.
4) Die hinterlegten Aktien sind während der Dauer der Hinterlegung unveräusserlich.
5) Sie dienen der Gesellschaft, den Aktionären und den Gläubigern als Pfand zur Sicherung für ihre Ansprüche aus der Verantwortlichkeit der Mitglieder des Vorstands.
6) Sie dürfen, solange die Entlastung nicht ausgesprochen ist, nicht zurückgezogen werden.
Art. 19
Anzahl der Mitglieder
Eine Europäische Gesellschaft (SE) mit einem gezeichneten Kapital von mindestens einer Million Franken muss einen Vorstand von mindestens zwei Mitgliedern besitzen, sofern es sich nicht lediglich um eine Gesellschaft handelt, die im Inland nur Vermögensverwaltungen besorgt, nicht aber sonstige Geschäfte im Inland betreibt.
Art. 20
Ordnung der Verhandlungen
1) Der Vorstand bezeichnet einen Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder seines Büros, soweit dies durch die Satzung oder ein durch diese zugelassenes Reglement vorgesehen ist oder vom Vorstand als notwendig erachtet wird.
2) Über die Beschlüsse des Vorstands ist ein Protokoll zu führen, das vom Vorsitzenden zu unterzeichnen ist.
Art. 21
Stellvertretung
1) Die Satzung kann vorsehen, dass abwesende Mitglieder des Vorstandes sich an einer Sitzung durch ein anderes Mitglied oder durch im Öffentlichkeitsregister eingetragene Ersatzmitglieder vertreten lassen dürfen.
2) Die bezüglichen Vollmachten müssen für eine bestimmte Sitzung erteilt sein und sind dem Protokoll beizufügen.
3) Kein Mitglied des Vorstands kann mehr als zwei weitere Mitglieder desselben vertreten.
4) Die Bestimmungen des Art. 180 Abs. 5 PGR gelten für die Mitglieder des Vorstands sinngemäss.
Art. 22
Übertragung der Geschäftsführung und Vertretung an besondere Organe
1) Die Satzung kann bestimmen, dass die Geschäftsführung und die Vertretung von der Generalversammlung oder dem Vorstand an eine oder mehrere Personen, Mitglieder des Vorstands (Delegierte) oder Dritte, die nicht Aktionäre der Europäischen Gesellschaft (SE) zu sein brauchen, übertragen werden, welche sodann ebenfalls den Vorschriften über die Verantwortlichkeit unterstehen.
2) Sind sie mit der gesamten Geschäftsführung betraut, so bilden sie die Direktion.
3) Die auf diese Art und Weise mit der Geschäftsführung und Vertretung betrauten natürlichen oder juristischen Personen sind Organe der Gesellschaft.
Art. 23
Rechte und Pflichten
1) Der Vorstand ist verpflichtet:
a) die Geschäfte der Generalversammlung vorzubereiten und deren Beschlüsse auszuführen; und
b) die für einen geordneten Geschäftsbetrieb erforderlichen Reglemente aufzustellen und der Geschäftsführung die zu diesem Zwecke notwendigen Weisungen zu erteilen.
2) Er ist dafür verantwortlich, dass die Protokolle der Generalversammlung und der Geschäftsleitung sowie die notwendigen Geschäftsbücher regelgerecht geführt und der Geschäftsbericht und der konsolidierte Geschäftsbericht nach Massgabe der gesetzlichen Vorschriften aufgestellt, geprüft und, soweit erforderlich, veröffentlicht werden.
Art. 24
Geschäftsführung
Die Bestimmungen der Art. 181 bis 183 PGR über die Geschäftsführung gelten für die Mitglieder des Vorstands sinngemäss.
Art. 25
Vertretung
Die Bestimmungen der Art. 184 bis 185 und 187 bis 189 PGR über die Vertretung gelten für die Mitglieder des Vorstands sinngemäss.
Art. 26
Beistand
Die Bestimmungen der Art. 190 bis 191 PGR über die Bestellung eines Beistands gelten sinngemäss.
Art. 27
Anwendbares Recht, Bestellung und Ordnung im Allgemeinen
1) Wählt eine Europäische Gesellschaft (SE) nach Art. 38 Bst. b der SE-Verordnung in ihrer Satzung das dualistische System mit einem Leitungs- und einem Aufsichtsorgan und ist die Überwachung mehreren natürlichen oder juristischen Personen anvertraut, bilden diese den Aufsichtsrat, dessen Befugnisse in der Satzung oder in einem besonderen Reglement näher umschrieben werden können. Anstelle der Art. 180 bis 191 sowie der Art. 341 bis 349 PGR gelten, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, die nachfolgenden Bestimmungen.
2) Die Bestimmungen der Art. 180 Abs. 2 und Art. 341 Abs. 3 und 5 PGR gelten für die Mitglieder des Aufsichtsrates sinngemäss.
3) Werden Personen, welche gemäss der Satzung zur Ausübung ihrer Tätigkeit Aktien zu hinterlegen haben, gewählt und können gemäss der Satzung nur Aktionäre Mitglieder des Aufsichtsrates sein, so dürfen sie ihr Amt erst antreten, nachdem sie durch den Erwerb von Aktien Aktionäre geworden sind.
4) Eine Vereinbarung oder gesetzliche Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer bleiben unberührt.
5) Fallen während des Geschäftsjahres einzelne von mehreren Mitgliedern des Aufsichtsrates weg oder sind sie an der Ausübung ihres Amtes verhindert, so können die verbleibenden Mitglieder bis zur nächsten Generalversammlung die Überwachung des Leitungsorgans fortführen, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt.
6) Die jeweiligen Mitglieder des Aufsichtsrates sind bei der im Öffentlichkeitsregister eingetragenen Europäischen Gesellschaft (SE) ohne Verzug und unter Beifügung des Nachweises der Bestellung, wie beispielsweise eines Protokollauszuges oder dergleichen anzumelden, soweit nicht eine Wiederbestellung vorliegt.
7) Sofern als Mitglieder des Aufsichtsrates juristische Personen bestellt werden, haben deren vertretungsberechtigte beziehungsweise geschäftsführende Personen alsdann, sofern hierfür nicht besondere Delegierte bezeichnet sind, für sie alle Organ- beziehungsweise Vertreterhandlungen vorzunehmen.
8) Für Zweigniederlassungen kann nicht ein besonderes Aufsichtsorgan bestellt werden.
Art. 28
Hinterlegung von Aktien
1) Die Mitglieder des Aufsichtsrates haben, wenn die Satzung es vorschreibt, für die Dauer ihrer Verrichtungen die durch die Satzung bestimmte Anzahl von Aktien der Europäischen Gesellschaft (SE) zu hinterlegen.
2) Die Satzung kann bestimmen, dass diese Hinterlegung auch durch einen Dritten erfolgen kann.
3) Die Satzung kann bestimmen, dass die hinterlegten Aktien in jedem Fall auf den Namen der einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrates ausgestellt oder übertragen werden sollen.
4) Die hinterlegten Aktien sind während der Dauer der Hinterlegung unveräusserlich.
5) Sie dienen der Gesellschaft, den Aktionären und den Gläubigern als Pfand zur Sicherung für ihre Ansprüche aus der Verantwortlichkeit der Mitglieder des Aufsichtsrates.
6) Sie dürfen, solange die Entlastung nicht ausgesprochen ist, nicht zurückgezogen werden.
Art. 29
Ordnung der Verhandlungen
1) Der Aufsichtsrat bezeichnet neben einem Vorsitzenden auch die übrigen Mitglieder seines Büros, soweit dies durch die Satzung oder ein durch diese zugelassenes Reglement vorgesehen ist oder vom Aufsichtsrat als notwendig erachtet wird.
2) Über die Beschlüsse des Aufsichtsrats ist ein Protokoll zu führen, das vom Vorsitzenden zu unterzeichnen ist.
Art. 30
Stellvertretung
1) Die Satzung kann vorsehen, dass abwesende Mitglieder des Aufsichtsrates sich an einer Sitzung durch ein anderes Mitglied oder durch im Öffentlichkeitsregister eingetragene Ersatzmitglieder vertreten lassen dürfen.
2) Die bezüglichen Vollmachten müssen für eine bestimmte Sitzung erteilt sein und sind dem Protokoll beizufügen.
3) Kein Mitglied des Aufsichtsrates kann mehr als zwei weitere Mitglieder vertreten.
4) Die Bestimmungen des Art. 180 Abs. 5 PGR gelten für die Mitglieder des Aufsichtsrates sinngemäss.
Art. 31
Ausschüsse
Der Aufsichtsrat kann aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bestellen, die verpflichtet sind:
a) die Führung der Geschäfte durch das Leitungsorgan speziell zu beaufsichtigen;
b) dem Aufsichtsrat über alle wichtigen Fragen, insbesondere auch über die Aufstellung und Prüfung des Geschäftsberichtes und des konsolidierten Geschäftsberichtes, Bericht zu erstatten; und
c) die Ausführung der Beschlüsse des Leitungsorgans zu überwachen.
Art. 32
Rechte und Pflichten
Der Aufsichtsrat ist verpflichtet:
a) die mit der Geschäftsführung und Vertretung Betrauten mit Bezug auf ihre richtige, den Gesetzesvorschriften, der Satzung und den Reglementen entsprechende Durchführung zu überwachen;
b) sich zu diesem Zweck über den Geschäftsgang und die Geschäftsleitung regelmässig zu unterrichten.
Art. 33
Informationsverlangen einzelner Mitglieder
Jedes Mitglied des Aufsichtsrats kann vom Leitungsorgan jegliche Information nach Art. 41 Abs. 3 Satz 1 der SE-Verordnung verlangen, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt.
Art. 34
Vertretung gegenüber dem Leitungsorgan
1) Der Aufsichtsrat vertritt die Europäische Gesellschaft (SE) gegenüber den Mitgliedern des Leitungsorgans gerichtlich und aussergerichtlich, sofern die Satzung diese Zuständigkeit nicht der Generalversammlung zuweist.
2) Das gilt von Gesetzes wegen insbesondere auch beim Abschluss von Rechtsgeschäften der Europäischen Gesellschaft (SE), an denen ein Mitglied des Leitungsorgans interessiert ist, wie beispielsweise beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit sich selbst, ausser im Falle der Dringlichkeit.
3) Vorbehaltlich abweichender Bestimmungen der Satzung hat der Aufsichtsrat auch die Verantwortlichkeitsklage gegen Mitglieder des Leitungsorgans geltend zu machen.
4) Die Bestimmungen des Art. 189 PGR gelten für die Mitglieder des Aufsichtsrates sinngemäss.
Art. 35
Zustelladresse
Die Bestimmungen der Art. 239 bis 241 PGR finden auf die Europäische Gesellschaft (SE) lediglich im Hinblick auf das Erfordernis einer inländischen Zustelladresse Anwendung. Einer Genehmigung des Grundbuch- oder Öffentlichkeitsregisteramtes bedarf es jedoch nicht.
Art. 36
Verwaltungsrat
1) Wählt eine Europäische Gesellschaft (SE) nach Art. 38 Bst. b der SE-Verordnung in ihrer Satzung das monistische System mit einem Verwaltungsorgan und ist die Verwaltung mehreren natürlichen oder juristischen Personen anvertraut, bilden diese den Verwaltungsrat, dessen Befugnisse in der Satzung oder in einem besonderen Reglement näher umschrieben werden können.
2) Eine Vereinbarung oder gesetzliche Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer bleiben unberührt.
Art. 37
Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsrates
1) Eine Europäische Gesellschaft (SE) mit einem gezeichneten Kapital von mindestens einer Million Franken muss einen Verwaltungsrat von mindestens drei Mitgliedern besitzen, sofern es sich nicht lediglich um eine Gesellschaft handelt, die im Inland nur Vermögensverwaltungen besorgt, nicht aber sonstige Geschäfte im Inland betreibt.
2) Eine Vereinbarung oder gesetzliche Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer bleiben unberührt.
Art. 38
Übertragung der Geschäftsführung und Vertretung
1) Die Satzung kann bestimmen, dass die Geschäftsführung und die Vertretung von der Generalversammlung oder dem Verwaltungsrat an eine oder mehrere Personen, Mitglieder des Verwaltungsrates (Delegierte) oder Dritte, die nicht Aktionäre der Gesellschaft zu sein brauchen, übertragen werden, welche dann ebenfalls den Vorschriften über die Verantwortlichkeit unterstehen.
2) Sind sie mit der gesamten Geschäftsführung betraut, so bilden sie die Direktion.
Art. 39
Zustelladresse
Die Bestimmungen der Art. 239 bis 241 PGR finden auf die Europäische Gesellschaft (SE) lediglich im Hinblick auf das Erfordernis einer inländischen Zustelladresse Anwendung. Einer Genehmigung des Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramtes bedarf es jedoch nicht.
Art. 40
Einberufung in besonderen Fällen
Das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt ist für die Einberufung der Generalversammlung nach Art. 55 Abs. 3 der SE-Verordnung im Wege des Rechtsfürsorgeverfahrens nach Art. 168 Abs. 2 PGR zuständig.
Art. 41
Änderung der Satzung
Die Satzung kann bestimmen, dass für einen Beschluss der Generalversammlung über die Änderung der Satzung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreicht, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist.
V. Grenzüberschreitende Sitzverlegung
Art. 42
Anwendbares Recht
Die Bestimmungen des Art. 234 PGR über die Sitzverlegung einer inländischen Verbandsperson ins Ausland finden auf eine Europäische Gesellschaft (SE) keine Anwendung.
Art. 43
Rechtmässigkeitsbescheinigung
1) Das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt stellt einer Europäischen Gesellschaft (SE), die ihren Sitz nach den Bestimmungen der SE-Verordnung ins Ausland verlegt, eine Bescheinigung nach Art. 8 Abs. 8 der SE-Verordnung aus.
2) Diese Bescheinigung wird einer Europäischen Gesellschaft (SE) nur ausgestellt, wenn:
a) die Forderungen aller Gläubiger, die nach Art. 44 dieses Gesetzes einen Anspruch auf Sicherstellung ihrer Forderungen und diesen auch geltend gemacht haben, angemessen sichergestellt sind;
b) die Jahresrechnung und der Jahresbericht des letzten Geschäftsjahres, die auf einen höchstens acht Monate vor der Offenlegung des Verlegungsplans liegenden Stichtag aufgestellt worden sind, samt Prüfungsbericht beim Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt eingereicht und von diesem im Sinne von Art. 958 Ziff. 2 PGR zusammen mit der Offenlegung des Verlegungsplanes bekannt gemacht worden sind; die Aktionäre und Gläubiger haben das Recht, diese Unterlagen nach Art. 8 Abs. 4 der SE-Verordnung einzusehen und die unentgeltliche Aushändigung von Abschriften zu verlangen; und
c) die Bestätigung der Steuerverwaltung vorgelegt wird, dass sämtliche in Liechtenstein fällige Steuern bezahlt sind.
3) Auf Verlangen der betreffenden Europäischen Gesellschaft (SE) übersendet das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt diese Bescheinigung an das zuständige Gericht, den Notar oder eine andere zuständige Behörde des neuen Sitzstaates.
Art. 44
Gläubigerschutz
1) Eine Europäische Gesellschaft (SE), die ihren Sitz nach den Bestimmungen der SE-Verordnung ins Ausland verlegt, hat die Forderungen ihrer Gläubiger sicherzustellen, sofern diese nicht Befriedigung verlangen können.
2) Dieses Recht steht den Gläubigern nur zu, wenn:
a) die Forderungen vor oder einen Werktag nach der Offenlegung des Verlegungsplanes entstanden sind;
b) sie glaubhaft machen, dass die Erfüllung ihrer Forderungen durch die Sitzverlegung ins Ausland gefährdet wird; und
c) sie ihren Anspruch nach Grund und Höhe innerhalb von zwei Monaten nach dem Tag der Offenlegung des Verlegungsplanes schriftlich anmelden.
3) Die Gläubiger sind im Verlegungsplan nach Art. 8 Abs. 2 der SE-Verordnung auf dieses Recht hinzuweisen.
VI. Auflösung und Liquidation
Art. 45
Auseinanderfallen von Sitz und Hauptverwaltung
1) Erfüllt eine Europäische Gesellschaft (SE) nicht mehr die Voraussetzungen nach Art. 7 der SE-Verordnung, so gilt dies als wesentlicher Mangel ihrer Satzung im Sinne des Art. 125 Abs. 1 PGR. Das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt fordert die Europäische Gesellschaft (SE) auf, innerhalb einer bestimmten, mindestens drei Monate betragenden Frist den vorschriftswidrigen Zustand zu beenden, indem sie:
a) ihre Hauptverwaltung wieder im Sitzstaat errichtet; oder
b) ihren Sitz nach dem Verfahren des Art. 8 der SE-Verordnung verlegt.
2) Wird der vorschriftswidrige Zustand nicht innerhalb der nach Abs. 1 bestimmten Frist beseitigt, so hat das Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt von Amts wegen den wesentlichen Mangel der Satzung der Europäischen Gesellschaft (SE) festzustellen und die Auflösung und Liquidation der Europäischen Gesellschaft (SE) ohne Entschädigung im Wege des Rechtsfürsorgeverfahrens nach Art. 127, Art. 971 Abs. 1 Ziff. 6 sowie Art. 130 bis 146 PGR zu verfügen.
3) Gegen derartige Verfügungen des Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramtes können Rechtsmittel nach Art. 980 PGR eingelegt werden.
VII. Umwandlung einer bestehenden Europäischen Gesellschaft (SE) in eine Aktiengesellschaft
Art. 46
Bekanntmachung des Umwandlungsplans
Der nach Art. 66 Abs. 4 der SE-Verordnung zu veröffentlichende Umwandlungsplan ist beim Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt einzureichen und von diesem im Sinne von Art. 958 Ziff. 2 PGR bekannt zu machen.
VIII. Gerichtsstand, Ordnungswidrigkeiten und Übertretungen
Art. 47
Gerichtszuständigkeit
Für Angelegenheiten, die nach der SE-Verordnung oder diesem Gesetz dem Gericht zugewiesen sind, ist das Landgericht zuständig.
Art. 48
Ordnungswidrigkeiten und Übertretungen
1) Die auf inländische Verbandspersonen anwendbaren Strafbestimmungen gelten für eine Europäische Gesellschaft (SE) mit Sitz in Liechtenstein sinngemäss.
2) Die auf Zweigniederlassungen ausländischer juristischer Personen anwendbaren Strafbestimmungen gelten für Zweigniederlassungen einer Europäischen Gesellschaft (SE) mit Sitz im Ausland sinngemäss.
3) Wer als Organ oder Abwickler einer Europäischen Gesellschaft (SE) gegen Art. 11 der SE-Verordnung verstösst, wird vom Landgericht wegen Übertretung mit Busse bis zu 5 000 Franken bestraft.
Art. 49
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage der Kundmachung in Kraft.
In Stellvertretung des Landesfürsten:
gez. Alois
Erbprinz
gez. Otmar Hasler
Fürstlicher Regierungschef