952.01
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2009 Nr. 255 ausgegeben am 2. Oktober 2009
Verordnung
vom 29. September 2009
über die Abänderung der Bankenverordnung
Aufgrund von Art. 26a und 67 des Gesetzes vom 21. Oktober 1992 über die Banken und Wertpapierfirmen (Bankengesetz; BankG), LGBl. 1992 Nr. 108, in der Fassung des Gesetzes vom 27. Mai 2009, LGBl. 2009 Nr. 184, verordnet die Regierung:
I.
Abänderung bisherigen Rechts
Die Verordnung vom 22. Februar 1994 über die Banken und Wertpapierfirmen (Bankenverordnung; BankV), LGBl. 1994 Nr. 22, in der geltenden Fassung, wird wie folgt abgeändert:
Art. 27a
Grundsatz
Der Erwerb, die Erhöhung oder die Veräusserung von qualifizierten Beteiligungen an einer Bank oder Wertpapierfirma richtet sich nach den Bestimmungen des Anhangs 8.
Anhang 8
Es wird folgender Anhang hinzugefügt:
Anhang 8
Erwerb, Erhöhung und Veräusserung von
qualifizierten Beteiligungen gemäss Art. 26a BankG und Art. 27a
I. Beurteilungsverfahren
1. Im Allgemeinen
Bei der Prüfung, ob eine qualifizierte Beteiligung vorliegt, berücksichtigt die FMA diejenigen Stimmrechte oder Kapitalanteile nicht, die von Banken oder Wertpapierfirmen infolge der Erbringung von Dienstleistungen nach Anhang 2 Abschnitt A Abs. 1 Ziff. 6 BankG gehalten werden, sofern:
a) diese Rechte nicht ausgeübt oder anderweitig benutzt werden, um in die Geschäftsführung einzugreifen; und
b) sie diese Rechte oder Anteile innert Jahresfrist nach Erwerb veräussern.
2. Verfahren
1) Jede natürliche oder juristische Person oder gemeinsam handelnde natürliche oder juristische Personen (nachfolgend: interessierter Erwerber), die beabsichtigt oder beabsichtigen, eine qualifizierte Beteiligung an einer Bank oder Wertpapierfirma direkt oder indirekt zu erwerben, zu erhöhen oder zu veräussern, mit der Folge, dass ihr Anteil an den Stimmrechten oder am Kapital 20 %, 33 % oder 50 % erreicht, über- oder unterschreitet, oder dass die Bank oder Wertpapierfirma ihr Tochterunternehmen wird oder aufhört, es zu sein, hat der FMA Meldung zu erstatten.
2) Die Meldung nach Abs. 1 hat schriftlich unter Angabe des Umfangs der beabsichtigten Beteiligung oder Beteiligungsreduktion sowie der Informationen nach Ziff. II Abs. 1 zu erfolgen.
3) Die FMA bestätigt dem interessierten Erwerber innerhalb von maximal zwei Arbeitstagen schriftlich den Eingang der Meldung und der nach Ziff. II Abs. 1 erforderlichen Unterlagen. Sie teilt dem interessierten Erwerber gleichzeitig den Ablauf des Beurteilungszeitraums nach Abs. 4 mit.
4) Die FMA hat innert 60 Arbeitstagen ab dem Datum der Eingangsbestätigung die Beurteilung des Erwerbs oder der Erhöhung der Beteiligung vorzunehmen (Beurteilungszeitraum).
5) Die FMA kann bis spätestens am 50. Arbeitstag des Beurteilungszeitraums weitere Informationen anfordern, die für den Abschluss der Beurteilung notwendig sind. Diese Anforderung ergeht schriftlich unter Angabe der zusätzlich benötigten Informationen. Der Beurteilungszeitraum wird für die Dauer vom Zeitpunkt der Anforderung von Informationen durch die FMA bis zum Eingang der entsprechenden Antwort des interessierten Erwerbers unterbrochen. Diese Unterbrechung darf 20 Arbeitstage nicht überschreiten. Es liegt im Ermessen der FMA, weitere Ergänzungen oder Klarstellungen zu den Informationen anzufordern; dies führt jedoch nicht zu einer Unterbrechung des Beurteilungszeitraums.
6) Die FMA kann die Unterbrechung des Beurteilungszeitraums auf 30 Arbeitstage ausdehnen, wenn der interessierte Erwerber:
a) in einem Drittstaat ansässig ist oder von einer zuständigen Behörde eines Drittstaats beaufsichtigt wird; oder
b) eine natürliche oder juristische Person ist, die weder nach dem Bankengesetz, dem Gesetz über Investmentunternehmen, dem Vermögensverwaltungsgesetz noch dem Versicherungsaufsichtsgesetz der Aufsicht durch die FMA unterliegt.
7) Erhebt die FMA gegen den Erwerb oder die Erhöhung Einspruch, teilt sie dies dem interessierten Erwerber innert zwei Tagen nach Abschluss der Beurteilung, jedenfalls jedoch innerhalb des Beurteilungszeitraums, unter Angabe der Gründe schriftlich mit. Erfolgt kein Einspruch innerhalb des Beurteilungszeitraums, gilt der Erwerb oder die Erhöhung als genehmigt.
8) Werden der FMA zwei oder mehrere Erwerbs-, Erhöhungs- oder Veräusserungsabsichten bezüglich qualifizierter Beteiligungen an derselben Bank oder Wertpapierfirma mitgeteilt, so hat die FMA diese Absichten der Mitteilenden jedenfalls in nichtdiskriminierender Weise zu behandeln.
3. Internationale Zusammenarbeit
1) Die FMA arbeitet bei der Beurteilung des Erwerbs oder der Erhöhung einer Beteiligung im Sinne von Art. 26a Abs. 2 des Bankengesetzes mit den anderen zuständigen Behörden der EWR-Mitgliedstaaten zusammen.
2) Die Zusammenarbeit umfasst insbesondere den Austausch sämtlicher für die Beurteilung des Erwerbs oder der Erhöhung einer Beteiligung relevanten Informationen.
II. Beurteilung
1) Die FMA prüft im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung der Bank oder Wertpapierfirma, an welcher der Erwerb oder die Erhöhung beabsichtigt wird, und unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Einflusses des interessierten Erwerbers auf die Bank oder Wertpapierfirma die Eignung des interessierten Erwerbers und die Solidität des beabsichtigten Erwerbs oder der beabsichtigten Erhöhung auf folgende Kriterien:
a) die Zuverlässigkeit des interessierten Erwerbers;
b) die Zuverlässigkeit und Erfahrung jeder Person, die infolge des Erwerbs oder der Erhöhung die Bank oder Wertpapierfirma leiten wird;
c) die finanzielle Solidität des interessierten Erwerbers, insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen und geplanten Geschäfte der Bank oder Wertpapierfirma, an der die Beteiligung erworben werden soll;
d) die Tatsache, ob:
1. die Bank oder Wertpapierfirma in der Lage ist und bleiben wird, den für sie relevanten Aufsichtsanforderungen zu genügen; und
2. die Gruppe, zu der die Bank oder Wertpapierfirma aufgrund des Erwerbs oder der Erhöhung gehören wird, derart strukturiert ist, dass eine wirksame Aufsicht, eine vernünftige Aufteilung der Zuständigkeit sowie ein wirksamer Austausch von Informationen zwischen der FMA und den sonst zuständigen Behörden möglich ist oder wird;
e) die Tatsache, ob ein hinreichender Verdacht besteht, dass im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung stattfindet oder stattgefunden hat oder ob diese Straftaten versucht wurden oder ob der beabsichtigte Erwerb das Risiko eines solchen Verhaltens erhöhen könnte.
2) Die FMA kann Einspruch gegen den Erwerb oder die Erhöhung erheben, wenn es auf der Grundlage der Kriterien nach Abs. 1 vernünftige Gründe gibt oder die vorzulegenden Informationen oder Unterlagen unvollständig sind.
II.
Umsetzung von EWR-Rechtsvorschriften
Diese Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 2007/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Änderung der Richtlinie 92/49/EWG des Rates sowie der Richtlinien 2002/83/EG, 2004/39/EG, 2005/68/EG und 2006/48/EG in Bezug auf Verfahrensregeln und Bewertungskriterien für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor (EWR-Rechtssammlung: Anh. IX - 14.03).
III.
Übergangsbestimmung
Auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung hängige Aufsichtsverfahren findet das neue Recht Anwendung.
IV.
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage der Kundmachung in Kraft.

Fürstliche Regierung:

gez. Dr. Klaus Tschütscher

Fürstlicher Regierungschef