214.11 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 2015 |
Nr. 361 |
ausgegeben am 23. Dezember 2015 |
Gesetz
vom 5. November 2015
über die Abänderung des Grundverkehrsgesetzes
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:
1
Abänderung des bisherigen Rechts
Das Grundverkehrsgesetz (GVG) vom 9. Dezember 1992, LGBl. 1993 Nr. 49, in der geltenden Fassung, wird wie folgt abgeändert:
Art. 1
Zielsetzung
1) Dieses Gesetz soll Grundstücke der Nutzung durch ihre Eigentümer erhalten oder zuführen, um eine möglichst breite, sozial erträgliche und der Grösse des Landes entsprechende Streuung des Grundeigentums zu gewährleisten.
2) Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf der Erwerb von Eigentum an inländischen Grundstücken der Genehmigung der Grundverkehrsbehörde nach Massgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes.
Art. 2 Abs. 1 sowie 2 Bst. a, b, d und e
1) Dieses Gesetz gilt für den Erwerb von Eigentum an Grundstücken im Sinne des Sachenrechts.
2) Dem Erwerb von Eigentum an Grundstücken ist gleichgestellt der Erwerb:
a) Aufgehoben
b) einer langfristigen Nutzniessung, eines langfristigen Wohnrechts oder eines langfristigen unselbständigen Baurechts an einem Grundstück;
d) von anderen Rechten, insbesondere aus Kredit- oder Treuhandverträgen, langfristigen Miet- oder Pachtverträgen, soweit sich damit nach Inhalt oder Umfang, ungeachtet der Art und Form der Verabredung, ähnliche wirtschaftliche Zwecke wie mit dem Erwerb von Eigentum oder von Rechten an Grundstücken im Sinne von Bst. b und c erreichen lassen;
e) von Anteilen am Vermögen juristischer Personen oder Gesellschaften ohne juristische Persönlichkeit, deren Vermögen ganz oder überwiegend aus Grundstücken oder Rechten an solchen im Sinne von Bst. b bis d besteht.
Art. 3
Ausnahmen vom Geltungsbereich
Dieses Gesetz gilt nicht für den Erwerb von Eigentum an Grundstücken:
a) durch das Land oder eine Gemeinde innerhalb ihres Hoheitsgebietes;
b) zum Zwecke der Bereinigung von Grenzen im Zuge einer amtlichen Vermessung.
Art. 5
Voraussetzungen
1) Die Genehmigung zum Erwerb von Eigentum an inländischen Grundstücken wird auf Antrag erteilt, wenn:
a) ein berechtigtes Interesse am beabsichtigten Erwerb von Eigentum an Grundstücken vorliegt; oder
b) eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
aa) Erwerb durch einen Ehegatten, einen eingetragenen Partner, einen Blutsverwandten in auf- oder absteigender Linie oder bis zum dritten Grad der Seitenlinie oder ein Wahl- oder Pflegekind;
bb) Erwerb im Wege eines Tausches mit einem gleichwertigen Grundstück;
cc) das zu erwerbende Grundstück stellt einen gleichwertigen Ersatz für ein an Land oder Gemeinde abgegebenes Grundstück dar;
dd) Erwerb aufgrund eines Testaments, Kodizills, Erbvertrags oder Vermächtnisvertrags; eine Verweigerung der Genehmigung darf keinen Heimfall gemäss § 760 ABGB bewirken;
ee) Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung, soweit der Zuschlag an eine volljährige Person mit Landesangehörigkeit gemäss Art. 4 Abs. 1 Bst. a bzw. an eine inländische juristische Person gemäss Art. 4 Abs. 1 Bst. b erfolgt.
2) Über das Vorliegen eines berechtigten Interesses nach Abs. 1 Bst. a hat die Grundverkehrsbehörde unter Abwägung aller Umstände zu entscheiden. Dabei ist zu Gunsten oder zu Lasten des Erwerbers eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzustellen.
3) Bei der Abwägung aller Umstände im Sinne von Abs. 2 ist auch das Interesse des Veräusserers zu berücksichtigen. Ein Interesse des Veräusserers allein gilt nicht als berechtigtes Interesse.
4) Der Erwerber hat dem Antrag an die Grundverkehrsbehörde sämtliche von der Regierung mit Verordnung bestimmten entscheidungsrelevanten Dokumente beizulegen.
Art. 6 Abs. 1 Einleitungssatz und Bst. i sowie Abs. 2
1) Ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Bst. a ist insbesondere vorhanden, wenn:
i) das zu erwerbende Grundstück einer Stiftung, einer Anstalt ohne Mitglieder oder einem stiftungsähnlichen Treuunternehmen mit Persönlichkeit dazu dient, einem Begünstigten ein berechtigtes Interesse nach Bst. a, c, d, e oder h zu decken und folgende Voraussetzungen in den entsprechenden konstituierenden Dokumenten nachweisbar gegeben sind:
aa) die Zweckbestimmung sieht ausdrücklich den Erwerb und das Halten von Grundstücken im Inland vor;
bb) die Begünstigtenregelung ordnet das zu erwerbende Grundstück eindeutig einem bestimmten Begünstigten zu;
cc) der Begünstigte stimmt mit separater Erklärung seiner Begünstigung ausdrücklich zu und lässt sich das Grundstück grundverkehrsrechtlich zuordnen;
dd) die Abänderungsbestimmung sieht vor, dass insbesondere die Abänderung der Zweckbestimmung, der Begünstigtenregelung und der Bestimmungen über die Auflösung und Liquidation der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde sowie jede Abänderung der Begünstigtenregelung der separaten grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfen (Art. 24a Abs. 2);
ee) die Stiftung oder Anstalt ohne Mitglieder oder das stiftungsähnliche Treuunternehmen mit Persönlichkeit ist ausdrücklich der Aufsicht der Grundverkehrsbehörde (Art. 24a Abs. 1) unterstellt.
2) Aufgehoben
Art. 7 Sachüberschrift sowie Abs. 2, 3 und 5
Genehmigung unter Bedingungen und Auflagen
2) Wird der Erwerb von Eigentum an Grundstücken unter Bedingungen oder Auflagen genehmigt, sind diese in der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde vollumfänglich und genau zu umschreiben, so dass ihre Erfüllung oder Einhaltung jederzeit überprüft werden kann.
3) Wird der Erwerb von Eigentum an Grundstücken unter einer Bedingung genehmigt, darf er im Grundbuch erst eingetragen oder sonst vollzogen werden, wenn der Grundverkehrsbehörde der Nachweis über die Erfüllung der Bedingungen erbracht worden ist.
5) Aufgehoben
Überschrift vor Art. 9
IV. Grundverkehrsbehörde
Art. 9
Zuständigkeit und Aufgaben
1) Grundverkehrsbehörde ist das Amt für Justiz.
2) Die Grundverkehrsbehörde ist für sämtliche grundverkehrsrechtlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Eigentum an Grundstücken im Inland zuständig.
3) Ihre Aufgaben umfassen insbesondere:
a) die Entscheidung über die Nichtanwendbarkeit des Gesetzes in den Fällen nach Art. 2 Abs. 2 Bst. d und e;
b) die Erteilung einer Genehmigung nach Art. 5;
c) den Widerruf einer Genehmigung nach Art. 19.
Überschrift vor Art. 11
Aufgehoben
Art. 11 bis 14
Aufgehoben
Art. 15
Vorlagepflicht
Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte sind binnen vier Monaten nach ihrem Abschluss bei sonstiger Nichtigkeit der Grundverkehrsbehörde vorzulegen.
Art. 16
Entscheidung und amtlicher Vermerk
1) Sämtliche grundverkehrsrechtlichen Entscheidungen der Grundverkehrsbehörde ergehen mit Verfügung.
2) Bei antragsgemässer Genehmigung wird auf dem eingereichten Vertrag ein amtlicher Vermerk angebracht.
Art. 17
Zustellung der Entscheidung
1) Die Grundverkehrsbehörde stellt die Entscheidung nach Art. 16 jeder Vertragspartei schriftlich zu.
2) Der in Behandlung gezogene Vertrag ist im Falle einer nicht antragsgemässen Erledigung dem Antragsteller zurückzustellen.
Art. 18
Rechtsmittel
1) Gegen Entscheidungen der Grundverkehrsbehörde kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde an die Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten erhoben werden.
2) Gegen Entscheidungen der Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Art. 19
Widerruf
Erteilt die Grundverkehrsbehörde eine Genehmigung unter Auflage, hat sie die Genehmigung von Amts wegen oder auf Antrag zu widerrufen, wenn der Erwerber die Auflage nicht einhält.
Art. 21 Abs. 1 und 3
1) Sämtliche genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte dürfen erst im Grundbuch eingetragen werden, wenn auf der rechtsgeschäftlichen Urkunde der Genehmigungsvermerk (Art. 16 Abs. 2) angebracht ist.
3) Aufgehoben
Art. 23
Auskunfts- und Editionspflicht
Wer von Amts wegen, berufsmässig, vertraglich, als Organ einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne juristische Persönlichkeit oder tatsächlich an der Vorbereitung, der Finanzierung, am Abschluss oder an der Beurkundung von Geschäften im Sinne von Art. 2 mitwirkt, ist, soweit er nicht einem Berufsgeheimnis unterliegt, verpflichtet, der Grundverkehrsbehörde auf deren Verlangen über alle Tatsachen, die für die Genehmigungspflicht oder für die Genehmigung von Bedeutung sein können, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft zu erteilen und nötigenfalls Einsicht in die Bücher, Korrespondenzen oder Belege zu gewähren und diese vorzulegen.
Art. 24
Vorsorgliche Verfügungen
Die Grundverkehrsbehörde kann die nötigen vorsorglichen Verfügungen anordnen, um bis zur Entscheidung über die Genehmigung einen rechtlichen oder tatsächlichen Zustand unverändert zu erhalten.
Art. 24a
Aufsicht der Grundverkehrsbehörde
1) Die Grundverkehrsbehörde übt über Stiftungen, Anstalten ohne Mitglieder sowie über stiftungsähnliche Treuunternehmen mit Persönlichkeit im Hinblick auf den Erwerb oder das Halten von Eigentum an im Inland gelegenen Grundstücken die Aufsicht über die Einhaltung dieses Gesetzes aus.
2) Soweit die Zweckbestimmung oder Begünstigtenregelung in den Dokumenten von Stiftungen, Anstalten ohne Mitglieder oder stiftungsähnlichen Treuunternehmen mit Persönlichkeit, die Grundstücke erworben haben, abgeändert oder eine solche Verbandsperson aufgelöst oder liquidiert wird, ist vor der formalen Abänderung oder vor der Veräusserung des Grundstücks die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde einzuholen.
Art. 25 Abs. 1 Einleitungssatz sowie Bst. c und e
1) Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte bleiben unwirksam, solange die Genehmigung nicht vorliegt; sie werden nichtig mit:
c) Aufgehoben
e) der Abänderung der konstituierenden Dokumente von Stiftungen, Anstalten ohne Mitglieder oder stiftungsähnlichen Treuunternehmen mit Persönlichkeit und einer letztendlichen Handänderung des Grundstücks unter Nichtbeachtung der Zustimmungspflicht der Grundverkehrsbehörde im Sinne von Art. 24a Abs. 2.
Art. 26
Nichtigerklärung
Ist die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen worden, so hat die Grundverkehrsbehörde die Entscheidung von Amts wegen für nichtig zu erklären.
Art. 27 Abs. 1 und 2
1) Das Verfahren auf Wiederherstellung des ursprünglichen Rechtszustandes ist, wenn jemand ein Recht, dessen Erwerb der Genehmigung bedarf, aus einem mangels Genehmigung oder infolge Widerrufs nichtigen Rechtsgeschäft erworben hat, binnen Jahresfrist seit der Entdeckung, spätestens aber bis zur Verjährung der Strafverfolgung, von Amts wegen einzuleiten.
2) Aufgehoben
Art. 28 Abs. 1
1) Vom Landgericht wird wegen Vergehens mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bestraft, wer vorsätzlich:
a) den Vollzug eines genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts veranlasst, ohne die rechtskräftige Genehmigung für den Erwerb des entsprechenden Rechts erhalten zu haben; oder
b) die Zustimmungspflicht der Grundverkehrsbehörde nach Art. 24a Abs. 2 missachtet.
Art. 35
Durchführungsverordnungen
Die Regierung erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Verordnungen, insbesondere über die Gebühren im Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde.
1) Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängige Grundverkehrsverfahren findet das neue Recht Anwendung.
2) Bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende Stiftungen, Anstalten ohne Mitglieder oder stiftungsähnliche Treuunternehmen mit Persönlichkeit, welche über Eigentum an Grundstücken im Inland verfügen, sind von Gesetzes wegen der Aufsicht der Grundverkehrsbehörde im Sinne von Art. 24a Abs. 1 unterstellt. Sie haben der Grundverkehrsbehörde binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes den Eigentumsstand an Grundstücken im Sinne von Art. 2 und die entsprechenden Begünstigtenregelungen mitzuteilen.
3) Wer der Mitteilungspflicht nach Abs. 2 vorsätzlich nicht nachkommt, wird von der Grundverkehrsbehörde im Verwaltungsverfahren mit einer Ordnungsbusse bis zu 5 000 Franken bestraft. Handelt der Täter fahrlässig, so beträgt die Ordnungsbusse bis zu 1 000 Franken.
4) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes endet die Mandatsdauer der Landesgrundverkehrskommission. Zu diesem Zeitpunkt hängige Verfahren werden binnen 10 Tagen an die Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten übergeben.
Dieses Gesetz tritt unter Vorbehalt des ungenutzten Ablaufs der Referendumsfrist am 1. März 2016 in Kraft, andernfalls am Tag nach der Kundmachung.
In Stellvertretung des Landesfürsten:
gez. Alois
Erbprinz
gez. Adrian Hasler
Fürstlicher Regierungschef
1
Bericht und Antrag der Regierung Nr.
59/2015 und
100/2015