0.111
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2016 Nr. 511 ausgegeben am 23. Dezember 2016
Abkommen
zur Abänderung des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes und zur Annahme des Protokolls 8 über die Aufgaben und Befugnisse der EFTA-Überwachungsbehörde im Bereich der Finanzaufsicht1
Abgeschlossen in Brüssel am 6. Oktober 2016
Zustimmung des Landtags: 12. Mai 20162
Inkrafttreten: 25. November 2016
Die Republik Island,
das Fürstentum Liechtenstein,
das Königreich Norwegen,
unter der Berücksichtigung des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes, im Folgenden "Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommen" genannt, insbesondere Art. 49 davon,
nach Konsultation der EFTA-Überwachungsbehörde,
unter der Berücksichtigung der Beschlüsse Nr. 198/2016 bis 206/2016 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 30. September 2016 zur Änderung von Anhang IX (Finanzdienstleistungen) des EWR-Abkommens,
unter der Berücksichtigung der Aufgaben, die der EFTA-Überwachungsbehörde im Bereich der Finanzdienstleistungen gemäss Anhang IX (Finanzdienstleistungen) des EWR-Abkommens übertragen wurden, insbesondere im Hinblick auf Entscheidungen, die an Marktteilnehmer in den EWR/EFTA-Staaten gerichtet sind und die damit verbundenen Verfahrensvorschriften,
infolgedessen Verfahren festgelegt werden sollten, die von der EFTA-Überwachungsbehörde bei der Wahrnehmung der Aufgaben, welche ihr von den in Anhang IX (Finanzdienstleistungen) des EWR-Abkommens übernommenen Rechtsakten übertragen wurden, eingehalten werden müssen,
infolgedessen eine Änderung des Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommens geboten ist,
infolgedessen dem Abkommen ein neuer Art. 25a und ein neues Protokoll 8 über die Aufgaben und Befugnisse der EFTA-Überwachungsbehörde im Bereich der Finanzaufsicht hinzugefügt werden sollten,
sind wie folgt übereingekommen:
Art. 1
Der folgende neue Artikel soll nach Art. 25 des Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommens eingefügt werden:
"Art. 25a
Im Einklang mit den in Anhang IX des EWR-Abkommens enthaltenen Rechtsakten, die innerhalb der EU einer Europäischen Überwachungsbehörde Befugnisse übertragen, die in Bezug auf die EFTA-Staaten und in Übereinstimmung mit den Anpassungen in diesem Anhang von der EFTA-Überwachungsbehörde auszuüben sind, sowie gemäss den Bestimmungen die in Protokoll 8 des vorliegenden Abkommens enthalten sind, wird die EFTA-Überwachungsbehörde die einschlägigen Vorschriften des EWR-Abkommens durchsetzen und dafür Sorge tragen, dass diese Bestimmungen angewendet werden."
Art. 2
Die Worte "Protokolle 1 bis 4 sowie 6 und 7" in Art. 49 des Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommens werden durch die Worte "Protokolle 1 bis 4 sowie 6 bis 8" ersetzt.
Art. 3
Das neue Protokoll 8 zum Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommen über die Aufgaben und Befugnisse der EFTA-Überwachungsbehörde im Bereich der Finanzaufsicht wird dem EWR-Abkommen nach dem Protokoll 7 beigefügt. Der Text des neuen Protokolls 8 liegt diesem Abkommen bei.
Art. 4
1) Dieses Abkommen ist in einer Urschrift in englischer Sprache verbindlich abgefasst und wird von den EFTA-Staaten gemäss ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften genehmigt.
Vor Ablauf einer Frist von sechs Monaten ab dessen Inkrafttreten wird dieses Abkommen in Deutsch, Isländisch und Norwegisch verfasst und authentifiziert.
2) Dieses Abkommen wird bei der Regierung von Norwegen hinterlegt; welche die anderen EFTA-Staaten hiervon in Kenntnis setzt.
3) Dieses Abkommen tritt am Tag der Hinterlegung aller Annahmeurkunden der EFTA-Staaten in Kraft.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten unterzeichneten Bevollmächtigten ihre Unterschriften unter dieses Abkommen gesetzt.
Geschehen zu Brüssel am 6. Oktober 2016.
(Es folgen die Unterschriften)
Anhang
zum Abkommen zur Abänderung des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes und zur Annahme des Protokolls 8 über die Aufgaben und Befugnisse der EFTA-Überwachungsbehörde im Bereich der Finanzaufsicht
Protokoll 8
über die Aufgaben und Befugnisse der EFTA-Überwachungsbehörde im Bereich der Finanzaufsicht
Art. 1
Geltungsbereich
In diesem Protokoll werden die Aufgaben und Befugnisse der EFTA-Überwachungsbehörde im Bereich der Finanzdienstleistungen festgelegt, in welchen die EFTA-Überwachungsbehörde in Übereinstimmung mit Art. 25a dieses Abkommens und gemäss der ihr durch die Rechtsakte in Anhang IX des EWR-Abkommens übertragenen speziellen Aufsichtsbefugnissen tätig wird.
Dieses Protokoll stellt, unbeschadet der Befugnisse, die der EFTA-Überwachungsbehörde, insbesondere durch Art. 31 dieses Abkommens übertragen wurden, die Einhaltung des EWR-Abkommens und dieses Abkommens sicher.
Art. 2
Zusammenarbeit und Beteiligung
Die EFTA-Überwachungsbehörde konsultiert und arbeitet bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäss Art. 1 mit der zuständigen Europäischen Überwachungsbehörde und den anderen zuständigen EU-Institutionen zusammen.
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäss Art. 1 durch die EFTA-Überwachungsbehörde, verfügt die zuständige Europäische Überwachungsbehörde mit Ausnahme des Stimmrechts über das Recht zur Beteiligung an der Arbeit der EFTA-Überwachungsbehörde und ihrer Vorbereitungsgremien.
Die EFTA-Überwachungsbehörde erteilt den Vertretern der zuständigen Europäischen Überwachungsbehörde, die an den Prüfungen vor Ort entsprechend den einschlägigen Rechtsakten, welche in Anhang IX des EWR-Abkommens übernommen wurden, teilnehmen, eine Genehmigung.
Die EFTA-Überwachungsbehörde kann mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) Verwaltungsvereinbarungen schliessen, um Einzelheiten hinsichtlich der Zusammenarbeit und Beteiligung festzulegen.
Art. 3
Entscheidungen
Die Entscheidungen der EFTA-Überwachungsbehörde, die im Anwendungsbereich dieses Protokolls erlassen werden, werden vom Kollegium auf Grundlage eines von der zuständigen Europäischen Überwachungsbehörde erlassenen Entwurfs verabschiedet. Die EFTA-Überwachungsbehörde trifft nach Erhalt solcher Entwürfe ohne unnötigen Aufschub eine Entscheidung. Die EFTA-Überwachungsbehörde kann von der zuständigen Europäischen Überwachungsbehörde die Ausarbeitung eines Entwurfs verlangen.
Die EFTA-Überwachungsbehörde übt ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus. Ein Vertreter der zuständigen Europäischen Überwachungsbehörde ist berechtigt, bei Sitzungen des Kollegiums, bei denen Entscheidungen im Anwendungsbereich dieses Protokolls erlassen werden, ohne Stimmrecht Einsitz zu nehmen.
Die EFTA-Überwachungsbehörde kann spezifische Verfahrensvorschriften für Entscheidungen, die im Anwendungsbereich dieses Protokolls erlassen werden, verabschieden, einschliesslich Bestimmungen, die eine Teilnahme der zuständigen Europäischen Überwachungsbehörde vorsehen.
Art. 4
Transparenz
Bevor Entscheidungen im Anwendungsbereich dieses Protokolls erlassen werden, fordert die EFTA-Überwachungsbehörde die zuständigen Behörden der EFTA-Staaten auf, ihr Fachwissen, innerhalb einer von der EFTA-Überwachungsbehörde gesetzten Frist, bereitzustellen.
Die EFTA-Überwachungsbehörde trägt bei der Setzung der Frist, der Dringlichkeit, Komplexität und den möglichen Folgen der Angelegenheit in vollem Umfang Rechnung.
Wenn eine oder mehrere zuständige Behörden Fachwissen bereitstellen, unterrichtet die EFTA-Überwachungsbehörde, zur Sicherstellung der Transparenz, die anderen Behörden ordnungsgemäss davon.
Art. 5
Rechtliches Gehör
Bevor Entscheidungen im Anwendungsbereich dieses Protokolls erlassen werden, teilt die EFTA-Überwachungsbehörde, unter Berücksichtigung der Bestimmungen der einschlägigen Rechtsakte, auf die in Art. 1 verwiesen wird, allen genannten Adressaten ihre diesbezügliche Absicht mit und setzt eine Frist, innerhalb welcher die Adressaten zu der Angelegenheit Stellung nehmen können, und die der Dringlichkeit, Komplexität und den möglichen Folgen der Angelegenheit und dem Umfang, in welchem das Recht auf rechtliches Gehör in einem früheren Verfahrensstadium ausgeübt wurde, in vollem Umfang Rechnung trägt.
Art. 6
Gerichtliche Kontrolle
Die EFTA-Staaten sowie jede natürliche oder juristische Person können vor dem EFTA-Gerichtshof eine Klage nach Art. 36 des Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommens gegen eine Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde erheben.
Trifft die EFTA-Überwachungsbehörde trotz der Verpflichtung, tätig zu werden, keine Entscheidung, so kann beim EFTA-Gerichtshof eine Untätigkeitsklage nach Art. 37 des Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommens erhoben werden.
Wo die Rechtsakte, auf die in Art. 1 dieses Protokolls verwiesen wird, vorsehen, dass Geldbussen und/oder Zwangsgelder durch Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde festgesetzt werden können, hat der EFTA-Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung. Der EFTA-Gerichthof kann die festgesetzte Geldbusse oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen.

1   Übersetzung des englischen Originaltextes.

2   Bericht und Antrag der Regierung Nr. 39/2016