823.211.1
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2017 Nr. 364 ausgegeben am 15. Dezember 2017
Verordnung
vom 12. Dezember 2017
über die Abänderung der Entsendeverordnung
Aufgrund von Art. 4 Abs. 3, Art. 5 Abs. 2, Art. 6a Abs. 4, Art. 9 Abs. 5, Art. 11 Abs. 2 und Art. 12 des Gesetzes vom 15. März 2000 über die Entsendung von Arbeitnehmern (Entsendegesetz), LGBl. 2000 Nr. 88, in der Fassung des Gesetzes vom 5. Oktober 2017, LGBl. 2017 Nr. 339, verordnet die Regierung:
I.
Abänderung bisherigen Rechts
Die Verordnung vom 30. Mai 2000 zum Gesetz über die Entsendung von Arbeitnehmern (Entsendeverordnung), LGBl. 2000 Nr. 107, in der geltenden Fassung, wird wie folgt abgeändert:
Art. 2
Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen
Soweit sie die in Art. 4 Abs. 1 des Entsendegesetzes aufgeführten Bereiche betreffen, finden für entsandte Arbeitnehmer insbesondere folgende Bestimmungen Anwendung:
a) § 1173a des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB);
b) Gesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz);
c) Gesetz betreffend die Arbeit in Industrie und Gewerbe (Arbeiterschutzgesetz);
d) Gesetz über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (Arbeitsvermittlungsgesetz);
e) allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge und Normalarbeitsverträge nach § 1173a Art. 111a ABGB.
Art. 3 Abs. 1
1) Sind weder ein allgemeinverbindlich erklärter Gesamtarbeitsvertrag noch ein Normalarbeitsvertrag nach § 1173a Art. 111a ABGB anwendbar oder lässt sich auf deren Grundlage kein Mindestlohn berechnen, und ist kein Lohn verabredet, so ist der orts- und branchenübliche Lohn geschuldet.
Art. 6
Aufgehoben
Sachüberschrift vor Art. 7a
Meldung
Art. 7a
a) Grundsatz
1) Die Meldung einer Entsendung hat vorbehaltlich Abs. 2 und Art. 7b über das elektronische Meldesystem nach Art. 6a des Entsendegesetzes zu erfolgen.
2) Ist eine Meldung über das elektronische Meldesystem nicht möglich, ist sie schriftlich beim Ausländer- und Passamt einzureichen.
Art. 7b
b) Sammelmeldungen
1) Das Amt für Volkswirtschaft kann entsendenden Arbeitgebern aus der Schweiz oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) nach Massgabe der nachfolgenden Bestimmungen auf Antrag das Recht gewähren, für die Dauer eines Kalenderjahres anstelle der Meldung einzelner Entsendungen eine Sammelmeldung zu erstatten, wenn:
a) die Dienstleistungserbringung im Rahmen eines auf Dauer angelegten Vertrages mit einem inländischen Unternehmen oder mit einer inländischen öffentlich-rechtlichen Institution erfolgt;
b) mindestens eine der zu erbringenden Dienstleistungen für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur des Landes oder der Betriebsfähigkeit eines inländischen Unternehmens unabdingbar ist; und
c) ein volkswirtschaftliches Interesse gegeben ist.
2) Dem Antrag nach Abs. 1 sind folgende Angaben beizufügen:
a) Name und Adresse der Empfänger der Dienstleistungen nach Art. 3 Bst. a, des Betriebs nach Art. 3 Bst. b und des Einsatzbetriebs nach Art. 3 Bst. c des Entsendegesetzes;
b) Angaben über die Orte, an denen die Dienstleistungen im Verlauf des Kalenderjahres erbracht werden;
c) Angaben über die Art der im Inland zu erbringenden Dienstleistungen.
3) Der Antragsteller kann die Sammelmeldung erstatten, wenn:
a) das Amt für Volkswirtschaft ihm schriftlich mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen nach Abs. 1 und 2 erfüllt sind; und
b) die Bewilligungen nach Art. 31 des Personenfreizügigkeitsgesetzes vorliegen.
4) Der Sammelmeldung sind folgende Angaben und Unterlagen beizufügen:
a) Name und Adresse des entsendenden Arbeitgebers;
b) Name und Adresse der im Verlauf des Kalenderjahres zu entsendenden Arbeitnehmer;
c) in Bezug auf die Arbeitnehmer nach Bst. b:
1. Kopien der Arbeitsverträge oder eine andere Form der Unterrichtung nach § 1173a Art. 27 Abs. 3 ABGB in deutscher Sprache;
2. Kopien von allfälligen Vereinbarungen über Entsendezulagen und Spesenentschädigungen in deutscher Sprache;
3. Originale der Bescheinigungen der zuständigen Sozialversicherungsträger, aus denen hervorgeht, dass die zu entsendenden Arbeitnehmer sozialversichert sind; und
4. die Bewilligungen nach Art. 31 des Personenfreizügigkeitsgesetzes.
5) Fällt die Tätigkeit der entsandten Arbeitnehmer in den Geltungsbereich eines allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrages, hat der entsendende Arbeitgeber nach der letzten Entsendung oder am Ende eines jeden Quartals der Zentralen Paritätischen Kommission mitzuteilen:
a) Name und Adresse der entsandten Arbeitnehmer;
b) die Tage und Orte, an denen die entsandten Arbeitnehmer ihre Tätigkeit ausgeübt haben.
6) Dem Amt für Volkswirtschaft sind nachträgliche Änderungen der gemeldeten Angaben und eingereichten Unterlagen nach Abs. 2 und 4 unverzüglich mitzuteilen.
Art. 7c
Kontrollen
Verlangen die Kontrollorgane von entsendenden Arbeitgebern bzw. inländischen Auftraggebern die Herausgabe von Dokumenten und Unterlagen nach Art. 6b des Entsendegesetzes, so hat diese unentgeltlich innert 14 Tagen zu erfolgen. Eine Vorlage von Kopien ist im Einvernehmen mit den Kontrollorganen zulässig.
Art. 7d
Übertragung von Aufgaben an durch GAV eingesetzte paritätische Kontrollorgane
Soweit ein allgemeinverbindlich erklärter Gesamtarbeitsvertrag die Zentrale Paritätische Kommission mit der Durchsetzung des Gesamtarbeitsvertrages betraut, hat diese im sachlichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrags die Aufgaben nach Art. 6c des Entsendegesetzes wahrzunehmen.
Art. 7e
Veröffentlichung von Sanktionen im Amtsblatt
1) Das Amt für Volkswirtschaft veröffentlicht im Amtsblatt alle rechtskräftig verhängten Sanktionen nach Art. 7 und 9 des Entsendegesetzes. Die Veröffentlichung enthält:
a) Informationen zu Art und Charakter des Verstosses und der Sanktion; und
b) den Namen bzw. die Firma der natürlichen oder juristischen Person, gegen die die Sanktion verhängt wurde.
2) Die nach Abs. 1 veröffentlichten Daten müssen für drei Jahre ab Rechtskraft der Sanktion beziehungsweise über die Dauer einer Administrativmassnahme nach Art. 7 Abs. 2 oder 3 des Entsendegesetzes hinaus im Amtsblatt abrufbar sein.
Art. 7f
Bussenkatalog
Der Bussenkatalog für Verletzungen nach Art. 9 Abs. 2 und 3 des Entsendegesetzes ist im Anhang enthalten.
Anhang
Es wird folgender Anhang eingefügt:
Anhang
(Art. 7f)
Bussenkatalog
A. Verletzung der Meldepflicht (Art. 9 Abs. 2 Bst. a des Entsendegesetzes)
1. Geringfügig verspätete Meldung (Meldung erfolgt binnen Tagesfrist nach Aufnahme der Tätigkeit bei Entsendungen aus dem EWR bzw. am 7. Tag vor Aufnahme der Tätigkeit bei Entsendungen aus einem Drittstaat):
a) bei erstmaliger Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Verwarnung;
b) bei zweiter Verletzung innerhalb von 12 Monaten: 200 Franken;
c) bei jeder weiteren Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Verdoppelung bis höchstens 20 000 Franken.
2. Stark verspätete Meldung (Meldung erfolgt 2 bis 5 Tage nach Aufnahme der Tätigkeit bei Entsendungen aus dem EWR bzw. am 6. bis 3. Tag vor Aufnahme der Tätigkeit bei Entsendungen aus einem Drittstaat):
a) bei erstmaliger Verletzung innerhalb von 12 Monaten: 200 Franken;
b) bei zweiter Verletzung innerhalb von 12 Monaten: 300 Franken;
c) bei jeder weiteren Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Verdoppelung bis höchstens 20 000 Franken.
3. Nicht erfolgte Meldung:
a) bei erstmaliger Verletzung innerhalb von 12 Monaten: 300 Franken;
b) bei zweiter Verletzung innerhalb von 12 Monaten: 500 Franken;
c) bei jeder weiteren Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Verdoppelung bis höchstens 20 000 Franken.
4. Eine Meldung, die erst nach durchgeführter Kontrolle, aber noch in der Frist nach Ziff. 2 erfolgt, gilt als stark verspätete Meldung im Sinne von Ziff. 2.
5. Als nicht erfolgte Meldung im Sinne von Ziff. 3 gilt auch:
a) eine nicht vollständige Meldung nach Art. 9 Abs. 2 Bst. a des Entsendegesetzes;
b) eine Meldung, die später als eine stark verspätete Meldung im Sinne von Ziff. 2 erfolgt.
B. Verletzung der Pflicht zur Bereithaltung, Zugänglichmachung und Zustellung von Unterlagen (Art. 9 Abs. 2 Bst. b des Entsendegesetzes)
1. Ein fehlendes Dokument:
a) bei erstmaliger Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Mahnung mit Fristsetzung zur nachträglichen Einreichung;
b) bei Verletzung nach Fristablauf oder zweiter Verletzung innerhalb von 12 Monaten: 200 Franken;
c) bei jeder weiteren Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Verdoppelung bis höchstens 20 000 Franken.
2. Zwei oder drei fehlende Dokumente:
a) bei erstmaliger Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Mahnung mit Fristsetzung zur nachträglichen Einreichung;
b) bei Verletzung nach Fristablauf oder zweiter Verletzung innerhalb von 12 Monaten: 300 Franken;
c) bei jeder weiteren Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Verdoppelung bis höchstens 20 000 Franken.
3. Mehr als drei fehlende Dokumente:
a) bei erstmaliger Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Mahnung mit Fristsetzung zur nachträglichen Einreichung;
b) bei Verletzung nach Fristablauf oder zweiter Verletzung innerhalb von 12 Monaten: 400 Franken;
c) bei jeder weiteren Verletzung innerhalb von 12 Monaten: Verdoppelung bis höchstens 20 000 Franken.
C. Verletzung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sowie der Entsendesperre (Art. 9 Abs. 3 Bst. a des Entsendegesetzes)
1. Geringfügiger Verstoss gegen die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen nach Art. 4 des Entsendegesetzes:
a) bei erstmaligem Verstoss: 500 Franken;
b) bei weiteren Verstössen: jeweils Verdoppelung bis höchstens 50 000 Franken.
2. Mittlerer Verstoss gegen die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen nach Art. 4 des Entsendegesetzes und Verstösse gegen die Entsendesperre nach Art. 7 Abs. 2 des Entsendegesetzes:
a) bei erstmaligem Verstoss: 800 Franken;
b) bei weiteren Verstössen: jeweils Verdoppelung bis höchstens 50 000 Franken.
3. Schwerer Verstoss gegen die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen nach Art. 4 des Entsendegesetzes:
a) bei erstmaligem Verstoss: 1 000 Franken;
b) bei weiteren Verstössen: jeweils Verdoppelung bis höchstens 50 000 Franken.
4. Vorenthaltung von geldwerten Leistungen durch den Arbeitgeber:
a) neben den Bussen nach Ziff. 1 Bst. a, Ziff. 2 Bst. a oder Ziff. 3 Bst. a: 150 % der vorenthaltenen Summe, bis zu einer Gesamtsumme von höchstens 50 000 Franken;
b) neben den Bussen nach Ziff. 1 Bst. b, Ziff. 2 Bst. b oder Ziff. 3 Bst. b: 150 % der vorenthaltenen Summe, jeweils verdoppelt bis zu einer Gesamtsumme von höchstens 50 000 Franken;
c) der nach Bst. a oder b zu berechnende Bussenanteil wird um die Hälfte herabgesetzt, wenn ein Arbeitgeber binnen 14 Tagen nach einer Aufforderung des Amtes für Volkswirtschaft zur Herausgabe einer von ihm vorenthaltenen geldwerten Leistung nachweist, dass er dieser Aufforderung Folge geleistet hat.
D. Verletzung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sowie der Entsendesperre durch einen anderen beauftragten Unternehmer oder Nachunternehmer (Art. 9 Abs. 3 Bst. b des Entsendegesetzes)
1. Bei Verletzungen der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sowie der Entsendesperre durch einen anderen beauftragten Unternehmer oder Nachunternehmer nach Art. 9 Abs. 3 Bst. b des Entsendegesetzes reduzieren sich die Bussen jeweils um die Hälfte der nach Abschnitt C festgelegten Bussen; die Busse beträgt aber mindestens 500 Franken.
2. Ein Auftraggeber im Sinne von Art. 9 Abs. 3 Bst. b des Entsendegesetzes handelt nicht vorsätzlich oder fahrlässig, wenn er nachweist, dass er bei jeder Weitervergabe der Arbeiten die nach den Umständen gebotene Sorgfalt in Bezug auf die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen angewendet hat. Die Sorgfaltspflicht ist namentlich erfüllt, wenn sich der Auftraggeber von den Subunternehmern die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen anhand von Dokumenten und Belegen glaubhaft darlegen lässt.
II.
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.

Fürstliche Regierung:

gez. Adrian Hasler

Fürstlicher Regierungschef