152.20
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2019Nr. 370ausgegeben am 23. Dezember 2019
Gesetz
vom 8. November 2019
über die Abänderung des Ausländergesetzes
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:1
I.
Abänderung bisherigen Rechts
Das Gesetz vom 17. September 2008 über die Ausländer (Ausländergesetz; AuG), LGBl. 2008 Nr. 311, in der geltenden Fassung, wird wie folgt abgeändert:
Art. 3a
Verweis auf Rechtsvorschriften des in Liechtenstein anwendbaren Schengen- oder Dublin-Besitzstands
Wird in diesem Gesetz auf Rechtsvorschriften des in Liechtenstein anwendbaren Schengen- oder Dublin-Besitzstands verwiesen, ergibt sich die jeweils geltende Fassung dieser Rechtsvorschriften aus der Kundmachung der Staatsverträge zur Weiterentwicklung des Schengen- oder Dublin-Besitzstands im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt nach Art. 3 des Kundmachungsgesetzes.
Art. 7 Abs. 1 Bst. a und abis
1) Ausländer, die nach Liechtenstein einreisen wollen:
a) müssen über einen gültigen Reisepass verfügen;
abis) müssen, sofern erforderlich, über ein Visum oder eine Reisegenehmigung nach der Verordnung (EU) 2018/12402 (ETIAS-Reisegenehmigung) verfügen;
Sachüberschrift vor Art. 71g
Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem
Art. 71g
a) Daten des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems
1) Das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) enthält nach der Verordnung (EU) 2018/1240 die folgenden Daten von Drittstaatsangehörigen, die von der Visumpflicht befreit und für einen Aufenthalt von 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen in den Schengen-Raum einreisen wollen:
a) die personenbezogenen Daten;
b) die bewilligten oder abgelehnten Gesuche um eine ETIAS-Reise-genehmigung.
2) Das ETIAS enthält zudem eine Überwachungsliste mit Daten der folgenden Personen:
a) Personen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie eine terroristische oder andere schwere Straftat begangen oder sich an einer solchen beteiligt haben; oder
b) Personen, bei denen konkrete Hinweise oder triftige Gründe für die Annahme vorliegen, dass sie eine terroristische oder andere schwere Straftat begehen werden.
Art. 71h
b) Gesuch um eine ETIAS-Reisegenehmigung sowie Prüfung durch das ETIAS und die ETIAS-Zentralstelle
Die Einreichung des Gesuchs um eine ETIAS-Reisegenehmigung, die automatisierte Prüfung durch das ETIAS, die manuelle Prüfung durch die ETIAS-Zentralstelle sowie die Übermittlung an die nationale ETIAS-Stelle erfolgen nach der Verordnung (EU) 2018/1240.
Art. 71i
c) Nationale ETIAS-Stelle
1) Das Ausländer- und Passamt ist die nationale ETIAS-Stelle Liechtensteins im Sinne von Art. 8 der Verordnung (EU) 2018/1240. Es prüft die Gesuche um ETIAS-Reisegenehmigungen, die in die Zuständigkeit Liechtensteins fallen, stellt die Koordination mit den anderen nationalen ETIAS-Stellen und Europol bezüglich der Konsultation nach den Art. 28 und 29 der Verordnung (EU) 2018/1240 sicher und widerruft oder annulliert nach Art. 40 und 41 der Verordnung (EU) 2018/1240 bereits erteilte ETIAS-Reisegenehmigungen.
2) Liegen keine konkreten Hinweise oder triftigen Gründe vor, dass mit der Anwesenheit des Gesuchstellers im Schengen-Raum ein Risiko illegaler Migration oder ein Risiko für die Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit verbunden ist, so erteilt das Ausländer- und Passamt die ETIAS-Reisegenehmigung.
3) Das Ausländer- und Passamt kann in Ausnahmefällen aus humanitären Gründen, aus Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen eine ETIAS-Reisegenehmigung mit räumlich beschränkter Gültigkeit für Liechtenstein erteilen.
4) ETIAS-Reisegenehmigungen sind für drei Jahre oder bis zum Ablauf der Gültigkeit des Reisedokuments gültig. Sie begründen keinen Anspruch auf Einreise.
Art. 71k
d) Verfügung über die Verweigerung, die Annullierung oder den Widerruf einer ETIAS-Reisegenehmigung
Wird eine ETIAS-Reisegenehmigung verweigert, annulliert oder widerrufen, so erlässt das Ausländer- und Passamt eine Verfügung mit einem Standardformular.
Art. 71l
e) Erfassung und Abfrage der Daten im ETIAS
1) Folgende Behörden können Daten im ETIAS erfassen und verarbeiten:
a) das Ausländer- und Passamt: im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben als nationale ETIAS-Stelle;
b) die Landespolizei: zum Eintrag von personenbezogenen Daten in die ETIAS-Überwachungsliste.
2) Das Ausländer- und Passamt kann Daten im ETIAS zur Prüfung der Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in Liechtenstein abfragen.
3) Die Landespolizei kann zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten bei der zentralen Zugangsstelle nach Art. 71n Bst. c Daten des ETIAS beantragen.
Art. 71m
f) Übermittlung von ETIAS-Daten
1) Die im ETIAS gespeicherten personenbezogenen Daten dürfen nicht an Drittstaaten, internationale Organisationen, private Stellen oder natürliche Personen übermittelt werden.
2) In den folgenden Fällen dürfen jedoch Daten an einen Staat übermittelt werden, der nicht an den Schengen-Besitzstand gebunden ist:
a) durch das Ausländer- und Passamt, wenn dies für die Rückführung eines Drittstaatsangehörigen im Einzelfall notwendig ist im Sinne von Art. 65 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2018/1240;
b) durch die Landespolizei in dringenden Ausnahmefällen, in denen eine unmittelbar bevorstehende Gefahr in Zusammenhang mit einer terroristischen Straftat oder eine unmittelbar drohende Lebensgefahr im Zusammenhang mit einer schweren Straftat besteht im Sinne von Art. 65 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2018/1240.
Art. 71n
g) Ausführungsbestimmungen zum ETIAS
Die Regierung regelt mit Verordnung:
a) für welche Einheiten der Behörden nach Art. 71l die dort genannten Befugnisse gelten;
b) die Daten im ETIAS, welche die Landespolizei nach Art. 71l Abs. 3 abfragen kann, und das Verfahren für deren Erhalt;
c) welche Einheit der Landespolizei die Funktion der zentralen Zugangsstelle im Sinne von Art. 50 der Verordnung (EU) 2018/1240 übernimmt;
d) den Katalog der Daten im ETIAS und die Zugangsberechtigungen der Behörden nach Art. 71l Abs. 1 und 2;
e) die Speicherung und Löschung der Daten;
f) die Modalitäten in Bezug auf die Datensicherheit;
g) die Verantwortung für die Datenverarbeitung;
h) den Katalog der Straftaten nach Art. 71l Abs. 3;
i) die Modalitäten für die Aufnahme in die und die Löschung von der ETIAS-Überwachungsliste sowie das Auskunftsrecht;
k) das Konsultationsverfahren zwischen den nationalen ETIAS-Stellen;
l) die weiteren notwendigen Modalitäten und Verfahren zur Umsetzung der Verordnung (EU) 2018/1240.
Art. 74a Abs. 2 Bst. a Ziff. 4
2) Folgende Behörden können die Daten des C-VIS online abfragen:
a) das Ausländer- und Passamt:
4. im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben als nationale ETIAS-Stelle;
Art. 75 Abs. 2 Bst. bbis
2) Das Zentrale Personenregister dient dem Ausländer- und Passamt namentlich zu folgenden Zwecken:
bbis) Ausstellung und Kontrolle von ETIAS-Reisegenehmigungen;
II.
Übergangsbestimmung
Die Pflicht, im Besitz einer ETIAS-Reisegenehmigung nach Art. 7 Abs. 1 Bst. abis zu sein, gilt erst sechs Monate nach dem Zeitpunkt, an dem die EU-Kommission nach Massgabe von Art. 88 der Verordnung (EU) 2018/1240 die Aufnahme des Betriebs des ETIAS beschliesst. Die Regierung kann diese Frist verlängern.
III.
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt unter Vorbehalt des ungenutzten Ablaufs der Referendumsfrist am 1. März 2020 in Kraft, andernfalls am Tag nach der Kundmachung.

In Stellvertretung des Landesfürsten:

gez. Alois

Erbprinz

gez. Adrian Hasler

Fürstlicher Regierungschef

1   Bericht und Antrag sowie Stellungnahme der Regierung Nr. 82/2019 und 120/2019

2   Verordnung (EU) 2018/1240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2018 über die Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS) und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1077/2011, (EU) Nr. 515/2014, (EU) 2016/399, (EU) 2016/624 und (EU) 2017/2226 (ABl. L 236 vom 19.9.2018, S. 1).