172.018.11 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 2020 |
Nr. 459 |
ausgegeben am 18. Dezember 2020 |
Verordnung
vom 15. Dezember 2020
über den elektronischen Geschäftsverkehr mit Behörden (E-Government-Verordnung;
E-GovV)
Aufgrund von Art. 29 des Gesetzes vom 21. September 2011 über den elektronischen Geschäftsverkehr mit Behörden (E-Government-Gesetz; E-GovG), LGBl. 2011 Nr. 575, in der Fassung des Gesetzes vom 30. September 2020, LGBl. 2020 Nr. 359, verordnet die Regierung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand
Diese Verordnung regelt in Durchführung des E-Government-Gesetzes das Nähere über den elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Behörden sowie zwischen Behörden und Personen, insbesondere:
a) die Form der elektronischen Kommunikation;
b) die Ausnahmen von der Pflicht zur elektronischen Kommunikation;
c) die elektronisch beglaubigten Kopien;
d) das Verfahren zur Ausstellung einer elektronischen Identität (eID);
e) die Verwendung der eID in Datenanwendungen von privaten Dateninhabern;
f) die Anerkennung elektronischer Identifizierungsmittel der Schweiz oder anderer Drittstaaten;
g) den Betrieb des eID-Systems;
h) die Vertretung im elektronischen Geschäftsverkehr.
Art. 2
Bezeichnungen
Unter den in dieser Verordnung verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen sind Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts zu verstehen.
II. Elektronische Kommunikation
Art. 3
Form der elektronischen Kommunikation
Im Rahmen des elektronischen Geschäftsverkehrs kann jede Form der elektronischen Kommunikation genutzt werden. Sie kann insbesondere erfolgen über:
a) den elektronischen Zustelldienst der Landesverwaltung;
b) technische Schnittstellen zwischen Datenanwendungen;
c) elektronische Formulare.
Art. 4
Ausnahmen von der Pflicht zur elektronischen Kommunikation
1) Die Ausnahmen von der Pflicht zur elektronischen Kommunikation nach Art. 5 Abs. 3 des Gesetzes sind in Anhang 1 aufgeführt.
2) Behörden können bei der Regierung die Aufnahme von Verfahren in den Anhang 1 schriftlich anregen. Die Anregung hat folgende Angaben zu enthalten:
a) die genaue Bezeichnung des Verfahrens, das von der Pflicht zur elektronischen Kommunikation ausgenommen werden soll;
b) die technischen oder organisatorischen Hindernisse, die einer elektronischen Kommunikation entgegenstehen;
c) die Massnahmen, die zur Beseitigung der Hindernisse nach Bst. b ergriffen werden; und
d) den Zeitraum, für den die Ausnahme voraussichtlich erforderlich sein wird.
Art. 5
Elektronisch beglaubigte Kopien
1) Elektronisch beglaubigte Kopien nach Art. 8 des Gesetzes werden durch die Regierungskanzlei angefertigt.
2) Die Anforderungen an das zu beglaubigende Dokument, die Eigenschaften der elektronisch beglaubigten Kopie sowie das Verfahren zur elektronischen Beglaubigung von Kopien werden auf der Internetseite der Regierungskanzlei veröffentlicht.
3) Für die Erstellung einer elektronisch beglaubigten Kopie werden von der Regierungskanzlei Gebühren in der Höhe von 1 bis 50 Franken erhoben. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Seitenumfang der zu beglaubigenden Kopie.
III. Elektronische Identifikation
Art. 6
a) Grundsatz
1) Die Ausstellung einer eID setzt voraus, dass der Antragsteller über eine persönliche Identifikationsnummer (PEID) nach dem Gesetz über das Zentrale Personenregister verfügt.
2) Antragsteller, die über keine PEID verfügen, werden im Zuge des Verfahrens zur Ausstellung einer eID im Zentralen Personenregister (ZPR) eingetragen.
Art. 7
b) Feststellung der Identität des Antragstellers
1) Für die Ausstellung einer eID bedarf es der Feststellung der Identität des Antragstellers; die Feststellung erfolgt durch:
a) das Ausländer- und Passamt bei persönlicher Anwesenheit unter Vorlage eines gültigen Reisepasses oder Personalausweises; oder
b) einen vom Ausländer- und Passamt beauftragten Dritten im Rahmen eines dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Identifizierungsverfahrens, insbesondere eines Videoidentifizierungsverfahrens.
2) Der beauftragte Dritte hat dem Ausländer- und Passamt unmittelbar nach Feststellung der Identität folgende Angaben zu übermitteln und zu bestätigen:
a) Name und Vorname;
b) Geburtsdatum;
c) Geschlecht;
d) Staatsangehörigkeit;
e) Adresse.
3) Die Kosten für die Feststellung der Identität durch einen beauftragten Dritten trägt der Antragsteller. Sie werden direkt durch den beauftragten Dritten in Rechnung gestellt.
Art. 8
c) Verbindung im eID-System
Sobald die Identität des Antragstellers festgestellt ist, stellt das Ausländer- und Passamt unverzüglich eine Verbindung im eID-System her.
Art. 9
Verwendung der eID in Datenanwendungen von privaten Dateninhabern
1) Private Dateninhaber dürfen die eID zur eindeutigen elektronischen Identifikation von natürlichen Personen in Datenanwendungen verwenden, wenn:
a) der Inhaber der eID in die Nutzung eingewilligt hat;
b) es sich beim privaten Dateninhaber um ein Unternehmen handelt, welches entweder seinen Sitz in Liechtenstein hat oder nach Art. 12 Abs. 3 des Gesetzes über Token und VT-Dienstleister in Liechtenstein registriert ist; und
c) der private Dateninhaber die vom Amt für Informatik in einem Reglement festgelegten technischen Voraussetzungen einhält.
2) Die Verwendung der eID ist vorbehaltlich Abs. 3 auf die Übermittlung folgender Attribute beschränkt:
a) Name und Vorname;
b) Geburtsdatum;
c) Identifikator.
3) Das Amt für Informatik kann die Übermittlung weiterer Attribute nach Massgabe der technischen Möglichkeiten genehmigen, wenn nachgewiesen wird:
a) die Einhaltung der Grundsätze der Datenschutzgesetzgebung;
b) das Vorliegen eines überwiegenden privaten oder öffentlichen Interesses; und
c) die Erfüllung der von der Regierung in einem Reglement festgelegten weiteren Kriterien.
Art. 10
Anerkennung elektronischer Identifizierungsmittel der Schweiz oder anderer Drittstaaten
1) Die anerkannten elektronischen Identifizierungsmittel der Schweiz oder anderer Drittstaaten sind in Anhang 2 aufgeführt.
2) Behörden können bei der Regierung die Aufnahme von elektronischen Identifizierungsmitteln nach Abs. 1 für einzelne Datenanwendungen in den Anhang 2 anregen. Die Anregung ist der Regierung schriftlich und begründet zu übermitteln.
Art. 11
Information über die Sperrung und Wiederaktivierung der eID
Die Information des eID-Inhabers über die Sperrung und Wiederaktivierung seiner eID erfolgt über das eID-System.
Art. 12
Betrieb des eID-Systems
1) Das eID-System hat zur Umsetzung der Zwecke nach Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes insbesondere folgende technische Anforderungen zu umfassen:
a) eine mobile, digitale Anwendung der Landesverwaltung zur eindeutigen elektronischen Identifikation einer natürlichen Person (eID-App);
b) eine technische Anwendung, welche die gegenseitige Nutzung von notifizierten elektronischen Identifizierungssystemen unter den EWR-Mitgliedstaaten ermöglicht (eIDAS-Knoten);
c) eine Software der Landesverwaltung oder eines Vertrauensdiensteanbieters sowie die Schnittstellen zur eID-App und zum eIDAS-Knoten (technische eID-Anwendung).
2) Zur Umsetzung der Zwecke nach Art. 19 Abs. 1 des Gesetzes können elektronische Transaktionen zwischen dem eID-System und Datenanwendungen von Behörden oder privaten Dateninhabern durchgeführt werden.
3) Das Amt für Informatik kann das Nähere über den Betrieb des eID-Systems, insbesondere die technischen Anforderungen, in einem Reglement festlegen.
Art. 13
Vertretung im elektronischen Geschäftsverkehr
1) Zum Nachweis der Vertretungsbefugnis im elektronischen Geschäftsverkehr kann die eindeutige Kennung des Vertreters und des Vertretenen in Datenanwendungen von Behörden oder privaten Dateninhabern verarbeitet werden.
2) Eine eindeutige Kennung nach Abs. 1 ist insbesondere die PEID einer natürlichen Person bzw. eines Unternehmens oder ein davon abgeleiteter Identifikator.
Art. 14
Aufhebung bisherigen Rechts
Die Verordnung vom 20. Dezember 2011 über den elektronischen Geschäftsverkehr mit Behörden (E-Government-Verordnung; E-GovV), LGBl. 2011 Nr. 600, in der geltenden Fassung, wird aufgehoben.
Art. 15
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.
Fürstliche Regierung:
gez. Adrian Hasler
Fürstlicher Regierungschef
Anhang 1
(Art. 4)
Ausnahmen von der Pflicht zur elektronischen Kommunikation
Betroffene Behörde/n
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Betroffenes Verfahren
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Dauer der Ausnahme
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Anhang 2
(Art. 10)
Anerkannte elektronische Identifizierungsmittel der Schweiz oder anderer Drittstaaten
Herkunftsstaat
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Bezeichnung des Identifizierungsmittels
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Vorgesehene Datenanwendung
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Definition des Identifikators
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