173.530.13
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2007 Nr. 164 ausgegeben am 6. Juli 2007
Verordnung
vom 3. Juli 2007
über die Eignungsprüfung von Patentanwälten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum
Aufgrund von Art. 32 bis 38 und 60 des Gesetzes vom 9. Dezember 1992 über die Patentanwälte, LGBl. 1993 Nr. 431, verordnet die Regierung:
I. Ansuchen und Zulassung zur Eignungsprüfung
Art. 1
Zuständigkeit für die Zulassung
Über die Zulassung zur Eignungsprüfung für Patentanwälte aus dem Europäischen Wirtschaftsraum entscheidet auf Antrag des Bewerbers die Finanzmarktaufsicht (FMA).
Art. 2
Einzureichende Unterlagen
1) Dem Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung sind folgende Unterlagen beizulegen:
a) Lebenslauf;
b) zum Nachweis der Vertrauenswürdigkeit eine Bescheinigung über die disziplinäre Unbescholtenheit, die Bescheinigung der Konkursfreiheit und ein polizeiliches Führungszeugnis;
c) ein Nachweis über eine Berufsqualifikation, die mit der Berufsqualifikation eines liechtensteinischen Patentanwalts vergleichbar ist;2
d) der Nachweis über eine zweijährige hauptberufliche und selbständige Ausübung des Patentanwaltsberufes im Herkunftsstaat innerhalb der letzen zehn Jahre, sofern der Patentanwaltsberuf bzw. die betreffende Ausbildung in diesem Staat nicht reglementiert ist;3
e) der Nachweis der Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellten Staates;
f) die Angabe des vom Antragssteller bestimmten Wahlfaches nach Art. 8 Bst. d oder e;
g) die Quittung über die Einzahlung der Prüfungsgebühr.
2) Aufgehoben4
3) Der Nachweis nach Abs. 1 Bst. d ist durch Benennung von Aktenzeichen, Veröffentlichungsnummern oder Vorlage von Registerauszügen in vom Antragsteller vertretenen Patent-, Marken-, Muster- und Modellangelegenheiten zu führen.
4) Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen sind der FMA in deutscher Sprache oder in einer beglaubigten Übersetzung einzureichen.
Art. 3
Bezeichnungen
Unter den in dieser Verordnung verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen sind Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts zu verstehen.
II. Eignungsprüfung
Art. 4
Abnahme, Häufigkeit und Umfang
1) Für die Abnahme der Eignungsprüfung ist die Prüfungskommission für Patentanwälte zuständig.
2) Eignungsprüfungen finden in der Regel einmal im Jahr statt.
3) Die Eignungsprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Sie ist in deutscher Sprache abzulegen.
III. Schriftliche Prüfung
Art. 5
Dauer und Gegenstand
1) Die schriftliche Prüfung dauert maximal fünf Stunden und gliedert sich in zwei schriftliche Teilarbeiten.
2) Die schriftlichen Arbeiten haben Aufgaben aus der beruflichen Praxis eines Patentanwalts zum Gegenstand.
Art. 6
Hilfsmittel
Dem Prüfungskandidaten stehen die einschlägigen Gesetze zur Verfügung, andere Hilfsmittel jedoch nur über entsprechende Zulassung durch die Prüfungskommission.
Art. 7
Ort und Zeit, Aufsicht
1) Die Prüfungskommission legt Ort und Zeit der schriftlichen Prüfung fest.
2) Die schriftliche Prüfung ist unter Aufsicht von mindestens einem Mitglied der Prüfungskommission abzulegen.
Art. 8
Prüfungsinhalt
1) Inhalt der schriftlichen Prüfung, die sich ausschliesslich auf die in Liechtenstein anwendbare Gesetzgebung und Rechtsprechung auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes bezieht, bilden die nachstehenden Rechtsgebiete und Erlasse in der jeweils gültigen Fassung, soweit sie sich auf Fragen des geistigen Eigentums, insbesondere auf Schutzrechte, beziehen:
a) Patentrecht:
1. Patentschutzvertrag zwischen Liechtenstein und der Schweiz samt der gestützt darauf geltenden Rechtsvorschriften über die Erfindungspatente;
2. Ausführungsvereinbarung und -gesetzgebung zum Patentschutzvertrag;
b) Markenrecht:
1. Gesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz);
2. Verordnung über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzverordnung);
3. Verordnung über die Einhebung von Gebühren nach dem Markenschutzgesetz;
c) Muster- und Modellrecht:
1. Gesetz über den Schutz von Design (Designgesetz);
2. Verordnung über den Schutz von Design (Designverordnung);
3. Verordnung über die Einhebung von Gebühren nach dem Designgesetz;
d) Wettbewerbsrecht/unlauterer Wettbewerb:
1. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb;
2. Preisbekanntgabeverordnung;
e) Urheberrecht:
1. Gesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz);
2. Verordnung über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsverordnung);
3. Gesetz über den Schutz von Topographien von Halbleitererzeugnissen (Topographiengesetz);
4. Verordnung über den Schutz von Topographien von Halbleitererzeugnissen (Topographienverordnung).
2) Die Rechtsgebiete und Erlasse nach Abs. 1 Bst. d und e sind Wahlfächer. Eines der beiden Wahlfächer ist vom Kandidaten für die schriftliche Prüfung zu bestimmen. Das andere Wahlfach ist Gegenstand der mündlichen Prüfung.
IV. Mündliche Prüfung
Art. 9
Ablauf
1) Die mündliche Prüfung findet frühestens einen Monat und spätestens zwei Monate nach Ablegung der schriftlichen Prüfung statt. Sie ist vor der gesamten Prüfungskommission abzulegen.
2) Der Prüfungskandidat wird zur mündlichen Prüfung nur zugelassen, wenn beide schriftlichen Arbeiten den Anforderungen genügen; andernfalls gilt die Prüfung als nicht bestanden.
3) Es können mehrere Prüfungskandidaten gleichzeitig mündlich geprüft werden. Die Prüfungsdauer beträgt pro Kandidaten maximal eineinhalb Stunden.
4) Die nähere Ausgestaltung des Prüfungsmodus, insbesondere hinsichtlich der Zusammensetzung der Kandidatengruppen, obliegt dem Ermessen der Prüfungskommission.
Art. 10
Prüfungsinhalt
Inhalt der mündlichen Prüfung sind:
a) das Berufsrecht der Patentanwälte;
b) die Grundlagen des Zivilrechts und des Zivilprozessrechts, soweit diese für die Tätigkeiten des Patentanwalts von Bedeutung sind; und
c) das Wahlfach nach Art. 8 Bst. d oder e, in welchem der Antragsteller keine Arbeit geschrieben hat.
V. Befreiung von Prüfungen
Art. 11
Voraussetzungen
1) Die Prüfungskommission befreit nach Anhörung des Vorstandes des Patentanwaltsverbandes im Einzelfall auf Antrag von der Ablegung der Prüfung in einzelnen Prüfungsgebieten (Art. 8), wenn der Kandidat durch ein Prüfungszeugnis oder sonstige beweiskräftige Dokumente nachweist, dass er in seiner bisherigen Ausbildung oder im Rahmen seiner bisherigen Berufserfahrung in einem oder mehreren Prüfungsgebieten die für die Ausübung des Patentanwaltsberufes im Fürstentum Liechtenstein erforderlichen Kenntnisse erworben hat.
2) Eine Berufserfahrung im Sinne von Abs. 1 liegt vor, wenn sie nach ihrer Art und Dauer geeignet ist, dem Kandidaten ausreichende Kenntnisse im liechtensteinischen Recht bezogen auf das betreffende Prüfungsgebiet zu verschaffen.
VI. Festlegung des Prüfungsergebnisses
Art. 12
Begutachtung der schriftlichen Prüfung
Die schriftlichen Arbeiten sind unverzüglich vom Vorsitzenden dem sachbearbeitenden Kommissionsmitglied zur Begutachtung und Antragstellung zu übermitteln. Der Vorsitzende setzt die anderen Kommissionsmitglieder vor Abnahme der mündlichen Prüfung über die Begutachtung in Kenntnis und hat die schriftlichen Arbeiten unter den anderen Kommissionsmitgliedern zirkulieren zu lassen. Bei der Begutachtung ist insbesondere auf die richtige Auffassung und Beurteilungsgabe des Kandidaten zu achten.
Art. 13
Entscheidung über das Prüfungsergebnis
1) Die Prüfungskommission entscheidet mit einfacher Mehrheit über das Prüfungsergebnis im Anschluss an die mündliche Prüfung aufgrund des Gesamteindrucks der in der schriftlichen und mündlichen Prüfung erbrachten Leistungen. Die Prüfung ist bestanden, wenn sowohl die schriftliche als auch die mündliche Prüfung als bestanden bewertet werden.
2) Über den Hergang der schriftlichen und mündlichen Prüfung ist eine Niederschrift aufzunehmen, in der die Besetzung der Prüfungskommission, die Bewertung der schriftlichen Arbeiten als bestanden bzw. nicht bestanden, die Einzelergebnisse der mündlichen Prüfung und die Entscheidung der Prüfungskommission über das Ergebnis der Prüfung festgestellt werden.
3) Im Anschluss an die mündliche Prüfung gibt die Prüfungskommission dem Kandidaten die Entscheidung über das Ergebnis der Eignungsprüfung mündlich bekannt.
Art. 14
Bestätigung
Ist die Eignungsprüfung bestanden, stellt die Prüfungskommission eine Bestätigung aus.
VII. Nichtbestandene Prüfung
Art. 15
Nichterscheinen oder Rücktritt
1) Wenn der Prüfungskandidat ohne triftige Gründe nicht zur Prüfung erscheint oder vor oder während der Prüfung zurücktritt, so gilt diese als nicht bestanden.
2) Als Rücktritt gilt nicht, wenn sich der Prüfungskandidat der Prüfung oder Teilen davon aus triftigen Gründen nicht unterzogen hat. Der Grund muss dem Vorsitzenden der Prüfungskommission unverzüglich mitgeteilt werden. Dieser entscheidet, ob ein Grund als triftig anzusehen ist. Von einem Prüfungskandidaten, der sich krankheitshalber entschuldigt, kann die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verlangt werden.
3) Im Fall von Abs. 2 ist der Prüfungskandidat zu einem späteren Prüfungstermin zur Ablegung der noch nicht abgelegten Teilprüfung neu zu laden.
Art. 16
Ausschluss von der Prüfung
1) Versucht ein Prüfungskandidat, das Ergebnis der schriftlichen Prüfung durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen, so kann die Prüfungskommission die schriftliche Prüfung als nicht bestanden bewerten und den Prüfungskandidaten von der weiteren Prüfung ausschliessen. Dies gilt sinngemäss auch für die mündliche Prüfung.
2) Der Prüfungskandidat kann auch bei sonstigen erheblichen Verstössen gegen diese Verordnung von der Prüfung ausgeschlossen werden.
3) Im Fall des Ausschlusses gilt die Prüfung als nicht bestanden.
4) Wird nachträglich festgestellt, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 oder 2 vorlagen, so kann die Prüfungskommission die ergangene Prüfungsentscheidung widerrufen und aussprechen, dass die Prüfung nicht bestanden ist. Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn seit der Beendigung der Prüfung mehr als drei Jahre vergangen sind.
Art. 17
Wiederholung der Prüfung
1) Hat der Prüfungskandidat die Prüfung nicht bestanden, so kann er sie zweimal wiederholen. Es ist jeweils die gesamte Prüfung zu wiederholen.
2) Die Wiederholung der Prüfung kann frühestens ein Jahr nach dem Termin der nicht bestandenen Prüfung erfolgen. Wird auch die zweite Prüfung nicht bestanden, so kann die zweite und letzte Wiederholung frühestens nach Ablauf von drei Jahren nach der ersten Prüfung stattfinden.
3) Für die Wiederholung der Prüfung ist eine neue Zulassung erforderlich.
VIII. Ausstand und Entschädigungen
Art. 18
Ausstand
Über den Ausstand einzelner Kommissionsmitglieder sowie das Ausschluss- und Ablehnungsverfahren sind die Bestimmungen des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege (LVG) sinngemäss anzuwenden, wobei über jede Ablehnung eines Mitgliedes der Prüfungskommission der Vorsitzende allein, und wenn es den Vorsitzenden betrifft, die Prüfungskommission entscheidet.
Art. 19
Entschädigungen
Die Regierung setzt die Entschädigung der Kommissionsmitglieder fest.
IX. Schlussbestimmung
Art. 20
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage der Kundmachung in Kraft.

Fürstliche Regierung:

gez. Otmar Hasler

Fürstlicher Regierungschef

1   LR 173.530

2   Art. 2 Abs. 1 Bst. c abgeändert durch LGBl. 2008 Nr. 198.

3   Art. 2 Abs. 1 Bst. d abgeändert durch LGBl. 2008 Nr. 198.

4   Art. 2 Abs. 2 aufgehoben durch LGBl. 2008 Nr. 198.