172.023
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2008 Nr. 331 ausgegeben am 19. Dezember 2008
Gesetz
vom 22. Oktober 2008
über die Zustellung behördlicher Dokumente (Zustellgesetz; ZustG)
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand
Dieses Gesetz regelt die Zustellung der von Behörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Dokumente sowie die durch sie vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden.
Art. 2
Begriffsbestimmungen; Bezeichnungen
1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet:
a) "Empfänger": die von der Behörde in der Zustellverfügung (Art. 5) namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll;
b) "Dokument": eine Aufzeichnung, unabhängig von ihrer technischen Form, insbesondere eine behördliche schriftliche Erledigung;
c) "Zustelladresse": eine bestimmte Abgabestelle im Inland (Bst. d) oder eine elektronische Zustelladresse (Bst. e);
d) "Abgabestelle":
1. die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers;
2. im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung deren Ort;
3. ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem anhängigen oder gleichzeitig anhängig gemachten Verfahren angegebener oder in einem amtlichen Register eingetragener Ort;
4. die von einem Zustelldienst oder einer Behörde betriebene Einrichtung zur Bereithaltung der zuzustellenden Dokumente, sofern mit dem Empfänger eine entsprechende Vereinbarung besteht;
e) "elektronische Zustelladresse": eine vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem anhängigen oder gleichzeitig anhängig gemachten Verfahren angegebene elektronische Adresse;
f) "Zustelldienst": jeder Anbieter von Universaldienstleistungen nach dem Postgesetz, der mit der Vornahme von Zustellungen nach diesem Gesetz betraut wurde;
g) "Zustellnachweis": die Beurkundung eines Zustellvorgangs, insbesondere von Ort, Zeit und Form der Zustellung, durch den Zusteller.
2) Unter den in diesem Gesetz verwendeten Personenbezeichnungen sind Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts zu verstehen.
Art. 3
Durchführung der Zustellung
1) Soweit die für das Verfahren geltenden Vorschriften nicht eine andere Form der Zustellung vorsehen, hat die Zustellung durch einen Zustelldienst, durch Organe der Behörde oder, wenn dies im Interesse der Zweckmässigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist, durch Organe der Gemeinden zu erfolgen.
2) Die Zustellung durch Organe der Behörde oder der Gemeinden kann insbesondere angeordnet werden, wenn:
a) für die Abgabestelle kein Zustelldienst eingerichtet ist;
b) bei Zustellung durch einen Zustelldienst die Zustellung zu spät käme oder der Zustellnachweis nicht rechtzeitig vorläge;
c) der Empfänger oder seine Zustelladresse nicht genau bekannt ist und erst durch den Zusteller ermittelt werden soll;
d) das Dokument zu einer Zeit zugestellt werden muss, zu der Zustellungen durch einen Zustelldienst nicht vorgenommen werden;
e) das Dokument anlässlich einer anderen Amtshandlung oder an einen Verhafteten (Gefangenen) zuzustellen ist.
3) Organe der Behörde und der Gemeinden dürfen Zustellungen nur innerhalb ihres örtlichen Zuständigkeitsbereichs durchführen.
Art. 4
Stellung des Zustellers
Wer mit der Zustellung betraut ist (Zusteller), handelt hinsichtlich der Wahrung der Gesetzmässigkeit der Zustellung als Organ der Behörde, deren Dokument zugestellt werden soll.
Art. 5
Zustellverfügung
Die Zustellung ist von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.
Art. 6
Mehrmalige Zustellung
Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen aus.
Art. 7
Heilung von Zustellmängeln
Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
Art. 8
Änderung der Zustelladresse
1) Parteien, Beteiligte und deren Vertreter sowie Zustellungsbevollmächtigte, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis haben, ihre bisherige Zustelladresse ändern, haben dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
2) Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde (Art. 25) vorzunehmen, falls eine andere Zustelladresse der Behörde nicht bekannt ist oder mit einfachen Hilfsmitteln festgestellt werden kann.
3) Abs. 2 gilt sinngemäss, sofern ein Dokument einer juristischen Person, einer Personengesellschaft, einer Einzelfirma oder deren Vertreter im Sinne des Art. 16 Abs. 3 an der in einem amtlichen Register eingetragenen Zustelladresse nicht zugestellt werden kann.
Zustellungsbevollmächtigter
Art. 9
a) Erteilung der Zustellungsvollmacht
1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Parteien und Beteiligte andere natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften gegenüber der Behörde ausdrücklich zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).
2) Einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personengesellschaft, die über keine Abgabestelle im Inland verfügt, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden.
Art. 10
b) Wirkungen der Zustellungsvollmacht
1) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
2) Haben mehrere Parteien, Beteiligte oder deren Vertreter einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung des Dokuments an ihn die Zustellung an alle Parteien oder Beteiligte als bewirkt. Hat eine Partei, ein Beteiligter oder deren Vertreter mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.
3) Wird ein Anbringen von mehreren Parteien oder Beteiligten gemeinsam eingebracht und kein Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht, so gilt die an erster Stelle genannte Person als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter.
Art. 11
c) Pflichten des Zustellungsbevollmächtigten
Der von einer einzelnen Person bestellte Zustellungsbevollmächtigte hat dieser die für sie bestimmten, ihm zugestellten Dokumente jeweils ohne Aufschub zu übermitteln. Ebenso hat der gemeinsame Zustellungsbevollmächtigte, wenn nicht durch Vereinbarung etwas anderes bestimmt wird, die empfangenen Dokumente den Personen, für welche er Zustellungen übernommen hat, jeweils ohne Aufschub zu übermitteln und denselben Einsicht in die von ihm zu verwahrenden Dokumente sowie deren weitere Vervielfältigung zu gestatten.
Art. 12
d) Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten in besonderen Fällen
1) Parteien und Beteiligten, die über keine Abgabestelle im Inland verfügen, kann von der Behörde aufgetragen werden, innerhalb einer Frist von mindestens 14 Tagen für bestimmte oder für alle bei dieser Behörde anhängigen oder anhängig zu machenden Verfahren einen Zustellungsbevollmächtigten (Art. 9) namhaft zu machen. Kommt die Partei bzw. der Beteiligte diesem Auftrag nicht fristgerecht nach, so ist die Zustellung ohne Zustellversuch durch Hinterlegung bei der Behörde (Art. 25) vorzunehmen; auf diese Rechtsfolge ist im Auftrag hinzuweisen.
2) Eine Zustellung durch Hinterlegung bei der Behörde ist nicht mehr zulässig, sobald die Partei bzw. der Beteiligte:
a) einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft gemacht hat; oder
b) über eine Abgabestelle im Inland verfügt und diese der Behörde bekanntgegeben hat.
Art. 13
Besondere Fälle der Zustellung
1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls auf diplomatischem Wege, vorzunehmen.
2) Zur Vornahme von Zustellungen an Ausländer oder internationale Organisationen, denen völkerrechtliche Privilegien und Immunitäten zustehen, ist unabhängig von ihrem Aufenthaltsort oder Sitz die Vermittlung der Regierung in Anspruch zu nehmen.
3) Für Zustellungen an Personen im Ausland, die nicht zu den in Abs. 2 aufgezählten Empfängern gehören, kann die Regierung durch Verordnung die Zustellung durch einen Zustelldienst unter Benützung der im Weltpostverkehr üblichen Rückscheine nach denjenigen Staaten zulassen, in denen die Zustellung nach Abs. 1 nicht möglich oder mit Schwierigkeiten verbunden ist.
4) Wenn die Bestätigung über die erfolgte Zustellung binnen einer angemessenen Zeit nicht einlangt, kann auf Antrag oder von Amts wegen die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung (Art. 28) oder eine Kuratorbestellung erfolgen. Gleiches gilt auch, wenn eine Zustellung im Ausland vergeblich versucht wurde oder das Ersuchen um Zustellung wegen offenkundiger Verweigerung der Rechtshilfe durch die ausländische Behörde keinen Erfolg verspricht.
Art. 14
Zustellung ausländischer Dokumente im Inland
1) Zustellungen von Dokumenten ausländischer Behörden im Inland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder der internationalen Übung, mangels solcher nach diesem Gesetz vorzunehmen. Einem Ersuchen um Einhaltung einer bestimmten davon abweichenden Vorgangsweise kann jedoch entsprochen werden, wenn eine solche Zustellung mit den Grundwertungen der liechtensteinischen Rechtsordnung vereinbar ist.
2) Die Zustellung eines ausländischen, fremdsprachigen Dokuments, dem keine beglaubigte deutschsprachige Übersetzung angeschlossen ist, ist nur zulässig, wenn der Empfänger zu dessen Annahme bereit ist; dies ist anzunehmen, wenn er nicht binnen 14 Tagen gegenüber der Behörde, die das Dokument zugestellt hat, erklärt, dass er zur Annahme nicht bereit ist; diese Frist beginnt mit der Zustellung zu laufen und kann nicht verlängert werden. Der Empfänger ist über dieses Recht zu belehren.
3) Ist die Erklärung nach Abs. 2 verspätet oder unzulässig, so ist sie zurückzuweisen; sonst hat die Behörde zu beurkunden, dass die Zustellung des fremdsprachigen Dokuments mangels Annahmebereitschaft des Empfängers als nicht bewirkt anzusehen ist.
Art. 15
Zeit der Zustellung
1) An Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen darf eine Zustellung, sofern sie nicht durch einen Zustelldienst vollzogen wird, nur aufgrund der Anordnung einer Behörde erfolgen. Die Zustellung muss wegen der Gefahr des Ablaufs einer Frist oder des Verlusts eines Rechts oder aus einem ähnlich wichtigen Grund dringlich sein. Die Anordnung ist auf dem zuzustellenden Dokument ersichtlich zu machen.
2) Die Anordnung nach Abs. 1 erfolgt auf Antrag oder von Amts wegen und kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden.
3) Die vorstehenden Bestimmungen haben auch Anwendung zu finden, wenn eine Zustellung zur Nachtzeit bewirkt werden soll.
II. Physische Zustellung1
Art. 16
Zustellung an den Empfänger
1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Ist aber aufgrund der Anordnung einer Behörde an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen, so tritt diese an die Stelle des Empfängers.
2) Bei Zustellungen durch Organe eines Zustelldienstes oder einer Gemeinde darf auch an eine gegenüber dem betreffenden Zustelldienst oder der Gemeinde zur Empfangnahme solcher Dokumente bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf dem Dokument ausgeschlossen ist.
3) Ist der Empfänger keine natürliche Person, so ist das Dokument dem Repräsentanten im Sinne des Art. 239 PGR oder einem anderen zur Empfangnahme befugten Vertreter, insbesondere dem Geschäftsführer oder einem Prokuristen, zuzustellen.
4) Ist der Empfänger ein berufsmässiger Parteienvertreter, so darf das Dokument an jeden Kanzleibediensteten zugestellt werden; durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Kanzleibedienstete nicht oder nur an bestimmte Kanzleibedienstete zugestellt werden, wenn der Parteienvertreter dies schriftlich bei dem betreffenden Zustelldienst verlangt hat. Die Behörde hat Kanzleibedienstete des Parteienvertreters wegen ihres Interesses an der Sache oder aufgrund einer zuvor der Behörde schriftlich abgegebenen Erklärung des Parteienvertreters durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Zustellung auszuschliessen; an sie darf nicht zugestellt werden.
Art. 17
Zustellung an Empfänger in einer Anstalt
Untersteht der Empfänger einer Anstaltsordnung und dürfen ihm aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Dokumente nur durch den Leiter der Anstalt oder durch eine von diesem bestimmte Person oder durch den Untersuchungsrichter ausgehändigt werden, so ist das Dokument dem Leiter der Anstalt oder der von ihm bestimmten Person vom Zusteller zur Vornahme der Zustellung zu übergeben.
Art. 18
Ersatzzustellung
1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist ein Ersatzempfänger vorhanden, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung).
2) Ersatzempfänger kann jede handlungsfähige Person (Art. 10 ff. PGR) sein, die mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist.
3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim betreffenden Zustelldienst verlangt hat.
4) Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder aufgrund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschliessen; an sie darf nicht zugestellt werden.
5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des Art. 16 Abs. 3 gegenüber der Behörde glaubhaft macht, dass er nicht binnen drei Werktagen vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem auf den Wegfall des Hindernisses folgenden Tag wirksam.
6) Gegenüber berufsmässigen Parteienvertretern, juristischen Personen, Personengesellschaften und Einzelfirmen wird die Zustellung unabhängig vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des Art. 16 Abs. 3 wirksam.
Art. 19
Hinterlegung
1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden, so ist es im Falle der Zustellung durch einen Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber bei der zuständigen Gemeindeverwaltung oder bei der zustellenden Behörde zu hinterlegen.
2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung einzulegen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens 14 Tage zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des Art. 16 Abs. 3 gegenüber der Behörde glaubhaft macht, dass er nicht binnen drei Werktagen vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem auf den Wegfall des Hindernisses folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die in Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entwendet wurde.
5) Aufgehoben2
Art. 20
Nachsendung
1) Das Dokument ist an eine andere Abgabestelle im Inland nachzusenden, wenn es:
a) durch Organe eines Zustelldienstes zugestellt werden soll und nach den für die Beförderung von solchen Dokumenten geltenden Vorschriften die Nachsendung vorgesehen ist;
b) durch Organe der Behörde oder der Gemeinde zugestellt werden soll und die andere Abgabestelle der Behörde oder der Gemeinde bekannt ist oder mit einfachen Hilfsmitteln festgestellt werden kann.
2) Dokumente, deren Nachsendung durch einen auf ihnen angebrachten Vermerk ausgeschlossen ist, sind nicht nachzusenden.
Art. 21
Zurückstellung an die Behörde
1) Dokumente, die weder zugestellt werden können noch nachzusenden sind oder die zwar durch Hinterlegung zugestellt, aber nicht abgeholt worden sind, sind der Behörde zurückzustellen.
2) Auf dem Dokument ist der Grund der Zurückstellung zu vermerken.
3) Im Falle der Hinterlegung ist auch eine Kopie der Verständigung nach Art. 19 Abs. 2 zu übermitteln. Art. 24 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäss.
Art. 22
Verweigerung der Annahme
1) Verweigert der Empfänger oder ein im gemeinsamen Haushalt mit dem Empfänger lebender Ersatzempfänger die Annahme ohne Vorliegen eines gesetzlichen Grundes, so ist das Dokument in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung einzulegen oder, wenn dies nicht möglich ist, nach Art. 19 ohne die dort vorgesehene schriftliche Verständigung zu hinterlegen.
2) Das Dokument gilt damit als zugestellt.
3) Wird dem Zusteller der Zugang zur Abgabestelle verwehrt, verleugnet der Empfänger seine Anwesenheit, oder lässt er sich verleugnen, so gilt dies als Verweigerung der Annahme.
Art. 23
Zustellung zu eigenen Handen
1) Dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Dokumente dürfen nur an den Empfänger oder einen zur Übernahme solcher Dokumente ermächtigten Vertreter oder in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens beziehen, zu Handen eines Prokuristen (Kollektiv-Prokuristen) des Empfängers zugestellt werden.
2) Erfolgt die Zustellung im Ausland durch Behörden des Zustellstaates, so genügt die Einhaltung jener Vorschriften, die das Recht dieses Staates für die Zustellung entsprechender Dokumente vorsieht. Dies gilt nicht, wenn die Anwendung dieser Vorschriften mit den Grundwertungen der liechtensteinischen Rechtsordnung unvereinbar wäre.
Art. 24
Zustellnachweis
1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.
2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist der Behörde unverzüglich zu übermitteln.
3) An die Stelle der Übermittlung des Zustellnachweises kann die elektronische Übermittlung einer Kopie treten, wenn die Behörde dies nicht durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellnachweis ausgeschlossen hat. Das Original des Zustellnachweises ist mindestens drei Monate nach Übermittlung aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen unverzüglich zu übermitteln.
4) Liegen die technischen Voraussetzungen dafür vor, so kann die Beurkundung der Zustellung auch elektronisch erfolgen. In diesem Fall hat der Übernehmer auf einer technischen Vorrichtung zu unterschreiben. Die die Beurkundung der Zustellung betreffenden Daten sind der Behörde unverzüglich zu übermitteln.
Art. 25
Hinterlegung ohne Zustellversuch
1) Hat die Behörde aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift angeordnet, dass ein Dokument ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen ist, so ist es im Falle der Zustellung durch einen Zustelldienst bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes, in allen anderen Fällen aber bei der zuständigen Gemeindeverwaltung oder bei der zustellenden Behörde sofort zur Abholung bereitzuhalten.
2) Die Hinterlegung ist von der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes oder von der Gemeindeverwaltung auf dem Zustellnachweis, von der zustellenden Behörde auch auf andere Weise zu beurkunden.
3) Die Behörde hat den Empfänger durch eine Verständigung von der Hinterlegung zu unterrichten und aufzufordern, innerhalb einer Frist von 14 Tagen eine andere Zustelladresse bekannt zu geben oder einen Zustellungsbevollmächtigten (Art. 9) namhaft zu machen. Diese Verständigung kann auch durch öffentliche Bekanntmachung (Art. 28) erfolgen.
4) Das hinterlegte Dokument ist mindestens 14 Tage zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.
Art. 26
Unmittelbare Ausfolgung
1) Dem Empfänger können ausgefolgt werden:
a) versandbereite Dokumente unmittelbar bei der Behörde;
2) Die Ausfolgung ist von der Behörde bzw. von der Dienststelle zu beurkunden; Art. 24 Abs. 2 bis 4 gilt sinngemäss.
Art. 27
Zustellung am Ort des Antreffens
1) Dem Empfänger kann an jedem Ort zugestellt werden, an dem er angetroffen wird, wenn er:
a) zur Annahme bereit ist; oder
b) über keine Abgabestelle im Inland verfügt.
2) Die Zustellung ist zu beurkunden; Art. 24 Abs. 2 bis 4 gilt sinngemäss.
Art. 283
Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung
1) Zustellungen an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist, oder an eine Mehrheit von Personen, die der Behörde nicht bekannt sind, können, wenn es sich nicht um ein Strafverfahren handelt, kein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und nicht nach Art. 8 vorzugehen ist, durch Veröffentlichung im Amtsblatt, dass ein zuzustellendes Dokument zur Ausfolgung bereit liegt, vorgenommen werden.
2) Findet sich der Empfänger zur Empfangnahme des Dokuments (Art. 26) nicht ein, so gilt, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die Zustellung als bewirkt, wenn seit der Veröffentlichung im Amtsblatt 14 Tage verstrichen sind. Auf diese Rechtsfolge ist in der Veröffentlichung hinzuweisen.
Art. 29
Zustellung ohne Zustellnachweis4
1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung eingelegt oder, wenn dies nicht möglich ist, nach Art. 19 ohne die dort vorgesehene schriftliche Verständigung hinterlegt wird.
2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des Art. 16 Abs. 3 gegenüber der Behörde glaubhaft macht, dass er nicht binnen drei Werktagen vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem auf den Wegfall des Hindernisses folgenden Tag wirksam.
3) Gegenüber berufsmässigen Parteienvertretern, juristischen Personen, Personengesellschaften und Einzelfirmen wird die Zustellung unabhängig vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des Art. 16 Abs. 3 wirksam.
IIa. Elektronische Zustellung5
Art. 306
Anwendungsbereich
Soweit die für das Verfahren geltenden Vorschriften nichts anderes bestimmen, ist eine elektronische Zustellung nach den Bestimmungen dieses Kapitels vorzunehmen.
Art. 30a7
Hinterlegung der qualifizierten elektronischen Zustelladresse
1) Jede Person kann bei den zuständigen Behörden die Eintragung einer elektronischen Zustelladresse im Zentralen Personenregister (ZPR) und eines zugehörigen Passwortes im elektronischen Identitätsregister (eID-Register) für eine Zustellung durch elektronische Abholung beantragen (qualifizierte elektronische Zustelladresse).
2) Ein Antrag nach Abs. 1 kann unter Verwendung eines elektronischen Identitätsausweises (eIDA) eingereicht werden.
3) Die Regierung regelt das Nähere, insbesondere die zuständigen Behörden nach Abs. 1, mit Verordnung.
Art. 30b8
Zustellung mit Zustellnachweis durch elektronische Abholung
1) Bei der Zustellung mit Zustellnachweis durch elektronische Abholung stellt die Behörde das zuzustellende Dokument elektronisch zur Abholung bereit.
2) Liegt das Dokument zur Abholung bereit, hat die Behörde unverzüglich eine elektronische Verständigung an die qualifizierte elektronische Zustelladresse zu versenden. Die elektronische Verständigung hat insbesondere folgende Angaben zu enthalten:
a) das Datum der Versendung;
b) die Internetadresse, unter der das zuzustellende Dokument zur Abholung bereit liegt;
c) den Hinweis, dass das Dokument unter Eingabe des im eID-Register hinterlegten Passwortes oder unter Verwendung des eIDA abzuholen ist;
d) das Ende der Abholfrist; und
e) einen Hinweis auf den Zeitpunkt, mit dem die Zustellung wirksam wird.
3) Die Zustellung gilt mit der Abholung des Dokuments als bewirkt. Wird das Dokument nicht innerhalb von 48 Stunden ab Versendung der Verständigung abgeholt, hat eine zweite elektronische Verständigung zu erfolgen. Wird das Dokument nicht innerhalb von weiteren 24 Stunden abgeholt, gilt die Zustellung als bewirkt.
4) Die Behörde hat sicherzustellen, dass zur Abholung bereitgehaltene Dokumente nur von Personen abgeholt werden können, die zur Abholung berechtigt sind und ihre Identität und die Authentizität der Kommunikation mit dem zur qualifizierten elektronischen Zustelladresse hinterlegten Passwort oder mit dem eIDA nachgewiesen haben. Zur Abholung berechtigt sind der Empfänger und, soweit dies von der Behörde nicht ausgeschlossen worden ist, eine zur Empfangnahme bevollmächtigte Person. Die Behörde hat alle Daten über die Verständigungen nach Abs. 2 und 3 und die Abholung des Dokuments zu protokollieren; die Gesamtheit dieser Daten bildet den Zustellnachweis.
Art. 30c9
Zustellung ohne Zustellnachweis durch elektronische Abholung
1) Eine Zustellung ohne Zustellnachweis durch elektronische Abholung kann an eine elektronische Zustelladresse oder eine qualifizierte elektronische Zustelladresse erfolgen. Die Bestimmungen des Art. 30b gelten sinngemäss.
2) Die nach Art. 30b Abs. 4 letzter Satz protokollierten Daten gelten nicht als Zustellnachweis.
Art. 30d10
Zustellung ohne Zustellnachweis an einer elektronischen Zustelladresse
1) Zustellungen ohne Zustellnachweis können auch an einer elektronischen Zustelladresse erfolgen.
2) Das Dokument gilt mit dem Zeitpunkt des Einlangens beim Empfänger als zugestellt. Bestehen Zweifel darüber, ob bzw. wann das Dokument beim Empfänger eingelangt ist, hat die Behörde Tatsache und Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen.
III. Schlussbestimmungen
Art. 31
Durchführungsverordnungen
Die Regierung erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Verordnungen, insbesondere über:
c) die Ausstattung der zuzustellenden Dokumente;
d) die bei der Zustellung zu verwendenden Formulare;
e) die für die elektronische Übermittlung einer Kopie des Zustellnachweises sowie für die Speicherung und Übermittlung der die Beurkundung der Zustellung betreffenden Daten erforderlichen technischen Voraussetzungen;
f) die Einrichtung und den Betrieb der elektronischen Zustellung.11
Art. 32
Änderung von Bezeichnungen; Aufhebung bisherigen Rechts
1) Es sind, in der jeweils grammatikalisch richtigen Form, zu ersetzen:
a) in Art. 13 Abs. 2 des Heimatschriftengesetzes die Wortfolge "per Post" durch die die Wortfolge "durch einen Zustelldienst";
b) in Art. 11 Abs. 2 des Gemeindegesetzes die Wortfolge "durch öffentlichen Anschlag" durch die Wortfolge "durch Veröffentlichung auf der Webseite der Behörde";
c) in Art. 15 des Ehegesetzes die Wortfolge "am Wohnsitz beider Brautleute" durch die Wortfolge "durch Veröffentlichung auf der Webseite der Behörde";
d) in Art. 48quater Abs. 1 des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung die Wortfolge "an der Gerichtstafel" durch die Wortfolge "durch Veröffentlichung auf der Webseite des Gerichts";
e) in Art. 15 Abs. 1 des Finalitätsgesetzes die Wortfolge "das Anschlagen des Ediktes an der Gerichtstafel" durch die Wortfolge "die Veröffentlichung des Ediktes auf der Webseite des Gerichts";
f) in Art. 18 Abs. 1 des Rechtsanwaltsgesetzes, Art. 20 des Gesetzes über den Tarif für Rechtsanwälte und Rechtsagenten, Art. 52 Abs. 1 des Rechtshilfegesetzes die Bezeichnung "Schriftstück" durch die Bezeichnung "Dokument";
g) in Art. 15 Abs. 2 des Rechtsanwaltsgesetzes, Art. 11 Abs. 2 des Treuhändergesetzes, Art. 16 Abs. 2 des Patentanwaltsgesetzes sowie Art. 10 Abs. 2 des Gesetzes über die Wirtschaftsprüfer und Revisionsgesellschaften die Wortfolge "Schriftstücken, Bild-, Ton- oder Datenträgern" durch die Wortfolge "Schriftstücken, Bild-, Ton- oder Datenträgern (Dokumenten)";
h) in Art. 7 Abs. 4, Art. 12 Abs. 2, Art. 32 Abs. 2 und Art. 63 des Gesetzes über Bodenverbesserungen die Wortfolge "durch Boten gegen Empfangsbescheinigung oder mit eingeschriebenem Brief" bzw. "durch Boten oder eingeschriebenen Brief gegen Empfangsbescheinigung" durch die Wortfolge "nach Massgabe des Zustellgesetzes mit Zustellnachweis";
i) in Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Förderung der Kartoffelsaatzucht die Wortfolge "mittels eingeschriebenen Briefes oder durch den Ortsweibel persönlich gegen Empfangsbescheinigung" durch die Wortfolge "nach Massgabe des Zustellgesetzes mit Zustellnachweis".
2) Art. 26 des Gewerbegesetzes und Art. 22 des Strassentransportgesetzes werden aufgehoben.
Art. 33
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt unter Vorbehalt des ungenutzten Ablaufs der Referendumsfrist am 1. Januar 2009 in Kraft, andernfalls am Tage der Kundmachung.

In Stellvertretung des Landesfürsten:

gez. Alois

Erbprinz

gez. Otmar Hasler

Fürstlicher Regierungschef

1   Überschrift vor Art. 16 abgeändert durch LGBl. 2011 Nr. 576.

2   Art. 19 Abs. 5 aufgehoben durch LGBl. 2013 Nr. 288.

3   Art. 28 abgeändert durch LGBl. 2015 Nr. 268.

4   Art. 29 Sachüberschrift abgeändert durch LGBl. 2011 Nr. 576.

5   Überschrift vor Art. 30 eingefügt durch LGBl. 2011 Nr. 576.

6   Art. 30 abgeändert durch LGBl. 2011 Nr. 576.

7   Art. 30a eingefügt durch LGBl. 2011 Nr. 576.

8   Art. 30b eingefügt durch LGBl. 2011 Nr. 576.

9   Art. 30c eingefügt durch LGBl. 2011 Nr. 576.

10   Art. 30d eingefügt durch LGBl. 2011 Nr. 576.

11   Art. 31 Bst. f eingefügt durch LGBl. 2011 Nr. 576.