910.011
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2009 Nr. 198 ausgegeben am 10. Juli 2009
Verordnung
vom 7. Juli 2009
über die Förderung der Infrastrukturen von Alpen (Alpinfrastruktur-Förderungs-Verordnung; AIFV)
Aufgrund von Art. 29 Abs. 2 und 3, Art. 30 Abs. 4, Art. 67 Abs. 2 und Art. 68 Abs. 5 des Landwirtschaftsgesetzes (LWG) vom 11. Dezember 2008, LGBl. 2009 Nr. 421, verordnet die Regierung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand
1) Diese Verordnung regelt die staatliche Förderung der Infrastruktur von Alpen unter Berücksichtigung der Interessen des Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes, insbesondere:
a) die Förderungsvoraussetzungen sowie die Bemessungsgrundlagen und Höhe der Förderungsleistungen;
b) das Verfahren für die Ausrichtung der Förderungsleistungen an die Eigentümer der Alpen.
2) Förderungen der Alpwirtschaft nach anderen Rechtsvorschriften bleiben vorbehalten.
Art. 2
Bezeichnungen
Die in dieser Verordnung verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen gelten für Personen des weiblichen und männlichen Geschlechts.
II. Förderungen
A. Förderungsarten und -berechtigte
Art. 3
Förderungsarten
1) Förderungsleistungen werden gewährt für:
a) die Erstellung, Sanierung oder Erweiterung von Bauten und Anlagen;
b) die Erstellung und Sanierung von Wegen, Drainagen und Wasserversorgungen;
c) Weideverbesserungen.
2) Die Förderungsleistungen nach Abs. 1 Bst. a und b werden in Form einer Beteiligung an den Investitionskosten, die Förderungsleistungen nach Abs. 1 Bst. c in Form von Beiträgen gewährt.
Art. 4
Förderungsberechtigte
Förderungsleistungen nach dieser Verordnung können an Eigentümer von Alpen nach dem Anhang ausgerichtet werden.
B. Förderungsvoraussetzungen und Bewirtschaftungsrichtlinien
Art. 5
Grundsatz
Die Gewährung von Förderungsleistungen setzt eine sachgerechte, umweltschonende und nachhaltige Bewirtschaftung der Alpe nach Massgabe der Art. 6 bis 12 voraus. Enthält der für die Alpe bewilligte Bewirtschaftungsplan weitergehende Anforderungen und Vorgaben, so sind diese massgebend.
Art. 6
Haltung der Sömmerungstiere
1) Die Sömmerungstiere müssen vorbehaltlich Abs. 2 in eingezäunter Weide gehalten und täglich kontrolliert werden. Die Einzäunung hat in dem Umfang zu erfolgen, als es für eine sachgerechte und umweltschonende Bewirtschaftung notwendig ist und den Anforderungen des Bewirtschaftungsplanes entspricht.
2) Abs. 1 findet keine Anwendung auf die von der Landesalpenkommission bewilligten Wanderherden.
Art. 7
Schutz der Weiden, der nicht zu beweidenden Flächen und der Naturschutzflächen
1) Die Weiden sind vor Verbuschung oder Vergandung zu schützen.
2) Nicht zu beweidende Flächen sind vor Tritt und Verbiss durch Weidetiere zu schützen.
3) Naturschutzflächen müssen vorschriftsgemäss bewirtschaftet werden.
Art. 8
Düngung der Weideflächen
1) Die Düngung der Weideflächen muss auf eine ausgewogene und artenreiche Zusammensetzung der Pflanzenbestände und auf eine massvolle und abgestufte Nutzung der Weideflächen ausgerichtet sein.
2) Die Düngung hat grundsätzlich mit alpeigenem Dünger zu erfolgen. Die Zufuhr von alpfremden Düngern bedarf der Bewilligung der Landesalpenkommission.
3) Die Ausbringung von alpeigenem und alpfremdem Dünger ist unter Angabe des Zeitpunkts, der Art, der Menge und der Herkunft in einem Journal festzuhalten.
4) Stickstoffhaltige Mineraldünger und Klärschlamm dürfen nicht ausgebracht werden.
Art. 9
Problempflanzen und Pflanzenschutzmittel
1) Problempflanzen wie Blacken, Ackerkratzdisteln, weisser Germer, Jakobs- und Alpenkreuzkraut sind zu bekämpfen; insbesondere ist deren Ausbreitung zu verhindern.
2) Der Einsatz von Herbiziden ist nur zur Einzelstockbehandlung zulässig und bedarf der Bewilligung der Landesalpenkommission. Vor der Ausbringung von Herbiziden hat der Alpeigentümer von der Landesalpenkommission einen Sanierungsplan genehmigen zu lassen.
Art. 10
Zufuhr von Futter
1) Für gemolkene Kühe, Milchziegen und Milchschafe ist zusätzlich die Zufuhr von 100 kg Dürrfutter und 100 kg Kraftfutter pro Stoss und Sömmerungsperiode zulässig.
2) Zur Überbrückung witterungsbedingter Ausnahmesituationen darf Futter zugeführt werden.
3) Schweinen darf Kraftfutter nur als Ergänzung der alpeigenen Milchnebenprodukte verfüttert werden.
4) Jede Futterzufuhr ist unter Angabe des Zeitpunkts, der Art, der Menge und der Herkunft in einem Journal festzuhalten.
Art. 11
Unterhalt von Gebäuden, Anlagen und Wegen
Der Eigentümer der Alpe hat dafür Sorge zu tragen, dass Gebäude, Anlagen und Wege in einem ordnungsgemässen Zustand gehalten und entsprechend unterhalten werden.
Art. 12
Massnahmen bei ökologischen Schäden
Werden ökologische Schäden festgestellt, hat die Landesalpenkommission die notwendigen Auflagen für die Haltung der Tiere, die Weideführung, die Düngung und die Zufuhr von Futter anzuordnen und entsprechende Aufzeichnungen vorzuschreiben.
C. Höhe der Förderung
Art. 13
Höhe der Förderungsleistungen
1) Die Förderung beträgt für:
a) die Erstellung oder Erweiterung von Bauten und Anlagen: 40 % der förderungsberechtigten Kosten;
b) die Erstellung von Wegen, Drainagen und Wasserversorgungen: 40 % der förderungsberechtigten Kosten;
c) Sanierungen und Zusatzanschaffungen in Zusammenhang mit bestehenden Objekten nach Bst. a und b: 30 % der förderungsberechtigten Kosten.
2) Für Weideverbesserungen können Beiträge von höchstens 30 % der förderungsberechtigten Kosten gewährt werden.
D. Verfahren
Art. 14
Einreichung und Prüfung von Gesuchen
1) Gesuche um Förderungsleistungen sind vom Eigentümer der Alpe bis spätestens zum 31. August des Vorjahres desjenigen Kalenderjahres, in dem die geförderte Massnahme ausgeführt werden soll, schriftlich bei der Landesalpenkommission einzureichen.
2) Unvorhergesehene Massnahmen, die sich als dringend und unbedingt notwendig erweisen, können im Rahmen der verfügbaren budgetierten Mittel auch im Laufe des Jahres bewilligt werden.
3) Das Gesuch nach Abs. 1 hat folgende Angaben und Unterlagen zu enthalten:
a) eine detaillierte Projektbeschreibung und die erforderlichen Planunterlagen;
b) einen detaillierten Kostenvoranschlag;
c) allenfalls erforderliche behördliche Bewilligungen;
d) die Zustimmung aller Eigentümer der Alpe.
4) Die Landesalpenkommission kann weitere Angaben und Unterlagen verlangen, sofern dies für die Überprüfung und Erledigung des Gesuches erforderlich ist.
5) Die Landesalpenkommission prüft die Gesuche und kann, sofern dies aufgrund des Sachverhaltes erforderlich erscheint, vor der Zusicherung von Förderungsleistungen nach Art. 15 den Gesuchsteller anhören oder Fachexperten beiziehen.
Art. 15
Zusicherung von Förderungen
1) Liegen sämtliche Förderungsvoraussetzungen vor, so sichert die Landesalpenkommission die Ausrichtung der Förderungsleistungen im Rahmen der vom Landtag bewilligten Mittel zu.
2) Der Anspruch auf Ausrichtung von Förderungsleistungen erlischt, wenn mit den Massnahmen begonnen wird, bevor eine rechtskräftige Zusicherung der Förderungsleistung vorliegt.
Art. 16
Ausrichtung von Förderungen
1) Förderungsleistungen werden vorbehaltlich Abs. 2 erst nach Abschluss der entsprechenden Massnahmen und nach Vorlage einer Schlussabrechnung ausgerichtet.
2) Das Landwirtschaftsamt kann Abschlagszahlungen entsprechend dem Baufortschritt bis maximal 80 % der zugesicherten Förderung ausrichten.
E. Zweckentfremdungsverbot und Verweigerung von Förderungen
Art. 17
Zweckentfremdungsverbot
1) Förderungsleistungen und geförderte Massnahmen dürfen ihrem bestimmungsmässigen Zweck nicht entfremdet werden.
2) In begründeten Härtefällen, insbesondere bei Tod, Krankheit oder Invalidität kann die Landesalpenkommission Ausnahmen vom Zweckentfremdungsverbot bewilligen.
3) Förderungsleistungen sind bei einem Verstoss gegen das Zweckentfremdungsverbot ganz oder teilweise zurückzuerstatten.
Art. 18
Verweigerung von Förderungen
Bei Vernachlässigung der Alpe, insbesondere der Weidepflege, sind Förderungsleistungen nach dieser Verordnung zu verweigern.
III. Organisation
Art. 19
Vollzug
1) Der Vollzug dieser Verordnung obliegt vorbehaltlich Abs. 2 der Landesalpenkommission. Ihr obliegen insbesondere:
a) die Entgegennahme, Prüfung und Erledigung der Gesuche um Förderleistungen;
b) die Erteilung von Bewilligungen der Zufuhr von alpfremden Dünger und Herbiziden;
c) die Genehmigung von Bewirtschaftungs- und Sanierungsplänen;
d) die Bewilligung von Wanderherden;
e) die Erteilung von Auflagen bei ökologischen Schäden;
f) die Ausübung der Aufsicht und die Durchführung von Kontrollen;
g) die Erteilung einer Ausnahmebewilligung vom Zweckentfremdungsverbot;
h) die Kürzung oder Rückforderung von Förderungsleistungen;
i) die Berichterstattung an die Regierung.
2) Das Landwirtschaftsamt besorgt die Sachbearbeitung für die Landesalpenkommission und veranlasst die Auszahlung der bewilligten Förderungsleistungen an die Eigentümer der Alpen.
Art. 20
Landesalpenkommission
1) Die Regierung setzt für eine Amtsdauer von vier Jahren eine Landesalpenkommission ein.
2) Die Landesalpenkommission setzt sich aus einem Vertreter des Landwirtschaftsamtes als Vorsitzenden, einem Vertreter der Bäuerlichen Organisationen und drei Vertretern der Alpwirtschaft zusammen. Ein Vertreter des Amtes für Wald, Natur und Landschaft, Abteilung Berggebietssanierung/Naturgefahren nimmt mit beratender Stimme an Sitzungen und Begehungen teil.
3) Der Vorsitzende beruft die Sitzungen und Begehungen ein. Mindestens im Frühjahr und Herbst eines jeden Jahres hat je eine Sitzung stattzufinden. Weitere Sitzungen und Begehungen sind nach Bedarf einzuberufen.
4) Die Landesalpenkommission gibt sich eine Geschäftsordnung. Der Vorsitzende vertritt die Landesalpenkommission nach aussen.
IV. Rechtsmittel
Art. 21
Beschwerde
1) Gegen Entscheidungen der Landesalpenkommission kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde an die Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten erhoben werden.
2) Gegen Entscheidungen der Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
3) Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof kann sich nur gegen rechtswidriges Vorgehen und Erledigen oder gegen aktenwidrige oder unrichtige Sachverhaltsdarstellungen richten.
V. Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 22
Übergangsbestimmung
Auf die bei Inkrafttreten dieser Verordnung hängigen Gesuche um Ausrichtung von Subventionen findet das bisherige Recht Anwendung.
Art. 23
Aufhebung bisherigen Rechts
Die Art. 12, 13 und 15 der Verordnung vom 17. Dezember 2002 zum Gesetz über die Förderung der Alpwirtschaft (Alpwirtschaftsverordnung; AlpWV), LGBl. 2003 Nr. 15, werden aufgehoben.
Art. 24
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage der Kundmachung in Kraft.

Fürstliche Regierung:

gez. Dr. Klaus Tschütscher

Fürstlicher Regierungschef
Anhang2
Alpen nach Art. 4
(Stand: 1. Februar 2012)
Alpen im Inland:
Gaflei
Lida einschliesslich Balzner und Mälsner Allmeind
Liechtensteinische Eigenalpen im Ausland:
Dürrwald
Elsenalpe
Fahren-Ziersch
Lappach
Rauz
Tiefensee

1   LR 910.0

2   Anhang abgeändert durch LGBl. 2012 Nr. 20.