742.0
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2011 Nr. 182 ausgegeben am 17. Mai 2011
Eisenbahngesetz (EBG)
vom 16. März 2011
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:1
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand und Zweck
1) Dieses Gesetz regelt den Bau und Betrieb von Eisenbahnen durch Eisenbahnunternehmen.
2) Es bezweckt unter Berücksichtigung des im besonderen öffentlichen Interesse liegenden Schienenpersonennahverkehrs:
a) die Gewährleistung eines sicheren Eisenbahnbetriebs und eines durchgehenden Schienenverkehrs;
b) die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs im Eisenbahnverkehr.
3) Es dient zudem der Umsetzung:
a) der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, in der Fassung der Richtlinie 2007/58/EG (EWR-Rechtssammlung: Anh. XIII - 37.01);
b) der Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Bewilligungen an Eisenbahnunternehmen, in der Fassung der Richtlinie 2004/49/EG (EWR-Rechtssammlung: Anh. XIII - 42a.01);
c) der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur, in der Fassung der Richtlinie 2007/58/EG (EWR-Rechtssammlung: Anh. XIII - 41b.01);
d) der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Bewilligungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung, in der Fassung der Richtlinie 2009/149/EG ("Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit"; EWR-Rechtssammlung: Anh. XIII - 42e.01);
e) der Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft, in der Fassung der Richtlinie 2009/131/EG (EWR-Rechtssammlung: Anh. XIII - 37d.01);
f) der Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen (EWR-Rechtssammlung: Anh. XIII - 42g.01).
Art. 2
Geltungsbereich
1) Dieses Gesetz gilt für schienengebundene Verkehrssysteme zur Beförderung von Personen oder Gütern (Eisenbahnen) mit Ausnahme der Strassenbahnen und Seilbahnen.
2) Die Regierung kann spurgeführte Verkehrssysteme, die keine Eisenbahnen sind, diesem Gesetz ganz oder teilweise unterstellen, sofern der Gesetzeszweck es rechtfertigt.
Art. 3
Begriffsbestimmungen und Bezeichnungen
1) Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
a) "Eisenbahnunternehmen": Unternehmen, die die Tätigkeit eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens und/oder eines Eisenbahnverkehrsunternehmens ausüben;
b) "Eisenbahninfrastrukturunternehmen": Unternehmen, die dem Bau und Betrieb von Eisenbahninfrastruktur dienen;
c) "Eisenbahnverkehrsunternehmen": Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Personen oder Gütern auf der Schiene erbringen und die Traktion sicherstellen, einschliesslich Unternehmen, die ausschliesslich die Traktionsleistung erbringen;
d) "Eisenbahninfrastruktur": die in Anlage 1 Teil A der Verordnung (EWG) Nr. 2598/70 der Kommission vom 18. Dezember 1970 zur Festlegung des Inhalts der verschiedenen Positionen der Verbuchungsschemata des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 1108/70 (EWR-Rechtssammlung: Anh. XIII - 2a.01) bezeichneten Anlagen;
e) "Schienenpersonennahverkehr": die allgemein zugängliche Beförderung von Personen in Zügen, die überwiegend den regionalen Verkehrsbedürfnissen dienen. Dies ist im Zweifel anzunehmen, wenn die Mehrzahl der Reisenden mit diesen Zügen keine längere Strecke als 50 Kilometer zurücklegt und diese Züge mindestens einen Verkehrshalt auf dem Gebiet des Fürstentums Liechtenstein einlegen;
f) "Anschlussbahnen": Eisenbahnen, die von ihren Eigentümern, die keine Eisenbahnunternehmen sind, ausschliesslich für den eigenen Güterverkehr errichtet oder betrieben werden.
2) Im Übrigen finden die Begriffsbestimmungen des EWR-Rechts, insbesondere der Richtlinien 91/440/EWG, 95/18/EG, 2001/14/EG, 2004/49/EG, 2007/59/EG und 2008/57/EG, ergänzend Anwendung.
3) Unter den in diesem Gesetz verwendeten Personenbezeichnungen sind Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts zu verstehen.
II. Konzessionen und Bewilligungen
A. Eisenbahninfrastrukturunternehmen
1. Konzession
Art. 4
Konzessionspflicht
1) Für den Bau und Betrieb der Eisenbahninfrastruktur ist eine Konzession erforderlich.
2) Keine Konzession ist erforderlich für Anschlussbahnen.
Art. 5
Erteilung, Verlängerung und Übertragung der Konzession
1) Der Antrag auf Erteilung einer Konzession ist schriftlich bei der Eisenbahnbehörde einzureichen. Im Antrag ist glaubhaft zu machen, dass die Eisenbahninfrastruktur den öffentlichen Interessen dient.
2) Dem Antrag auf Erteilung einer Konzession sind beizulegen:
a) eine Darstellung des Bauvorhabens;
b) ein Kostenvoranschlag;
c) eine Wirtschaftlichkeitsberechnung mit Verkehrsschätzung;
d) ein Bauentwurf;
e) ein Bau- und Betriebsprogramm; und
f) auf Verlangen der Eisenbahnbehörde ein Finanzierungsprogramm.
3) Die Konzession wird nur erteilt, soweit keine wesentlichen öffentlichen Interessen entgegenstehen.
4) Die Konzession wird für höchstens 50 Jahre unter Bedachtnahme auf das öffentliche Interesse an der Eisenbahninfrastruktur erteilt. Bei Erteilung der Konzession ist eine angemessene Betriebseröffnungsfrist festzusetzen.
5) Die Konzession kann unter der Voraussetzung nach Abs. 3 auf Antrag verlängert werden. Der Antrag auf Verlängerung muss spätestens sechs Monate vor Ablauf der Konzession bei der Eisenbahnbehörde einlangen.
6) Dem Erwerber einer Eisenbahninfrastruktur ist auf Antrag eine neue Konzession für die restliche Dauer der ursprünglichen zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession gegeben sind.
Art. 6
Entzug der Konzession
Die Eisenbahnbehörde kann die Konzession entziehen, wenn sich der Konzessionsinhaber trotz wiederholter Mahnung so verhält, dass die Voraussetzungen für eine ordnungsgemässe Betriebsführung nicht mehr gegeben sind und dadurch die Sicherheit wesentlich beeinträchtigt wird.
Art. 7
Erlöschen der Konzession
1) Die Konzession erlischt:
a) mit Zeitablauf;
b) bei Verzicht durch den Konzessionsinhaber;
c) bei Nichteinhaltung der in der Konzession festgesetzten Betriebseröffnungsfrist oder bei Betriebseinstellung;
d) mit dem Tod oder dem sonstigen Erlöschen der Rechtspersönlichkeit des Konzessionsinhabers.
2) Wird rechtzeitig (Art. 5 Abs. 5) ein Antrag auf Verlängerung der Konzession gestellt, tritt ein Zeitablauf bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag nicht ein.
Art. 8
Heimfall
1) Wenn die Konzession erlischt, geht das Eigentum an den zur Eisenbahninfrastruktur gehörigen beweglichen und unbeweglichen Vermögensbestandteilen unentgeltlich auf das Land über. Verbindlichkeiten gehen nur insoweit über, als sie aus dem Bau und Betrieb der Eisenbahn stammen (Heimfall).
2) Wird die Konzession entzogen, erfolgt der Heimfall ohne Verbindlichkeiten.
3) Die Regierung kann auf den Heimfall verzichten.
2. Eisenbahnrechtliche Baubewilligung
Art. 9
Bewilligungspflicht
1) Für den Bau und die Veränderung der Eisenbahninfrastruktur ist eine eisenbahnrechtliche Baubewilligung erforderlich.
2) Keine Baubewilligung ist erforderlich für:
a) von der Regierung mit Verordnung bestimmte Erweiterungs-, Erneuerungs- und Umbauten geringen Umfangs, die Rechte und Interessen Dritter nicht berühren;
b) unaufschiebbare bauliche Massnahmen zur Beseitigung der Folgen von Unfällen oder Störungen;
c) Erhaltungsarbeiten.
3) Der Eisenbahnbehörde sind Art und Umfang der in Abs. 2 bezeichneten Massnahmen schriftlich anzuzeigen. Soweit es sich nicht um unaufschiebbare bauliche Massnahmen nach Abs. 2 Bst. b handelt, hat die Bauanzeige mindestens sechs Wochen im Voraus zu erfolgen.
Art. 10
Erteilung der Bewilligung
1) Der Antrag auf Erteilung einer eisenbahnrechtlichen Baubewilligung ist schriftlich bei der Eisenbahnbehörde einzureichen.
2) Dem Antrag sind beizulegen:
a) ein den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) nach der Richtlinie 2008/57/EG entsprechender Bauentwurf, der insbesondere enthält:
1. die Lage der Eisenbahninfrastruktur;
2. ein Bau- und Betriebsprogramm;
3. die Darstellung der möglichen erheblichen Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Umgebung;
4. die in Abs. 3 Bst. b genannten betroffenen Grundstücke sowie die Eigentümer dieser Grundstücke und die an diesen dinglich Berechtigten einschliesslich deren allfälligen Zustimmungserklärung zum Bauvorhaben;
b) auf Verlangen der Eisenbahnbehörde weitere Unterlagen, soweit diese aus technischen oder verfahrensrechtlichen Gründen erforderlich sind.
3) Die Eisenbahnbehörde hat daraufhin zu prüfen, ob:
a) der Bauentwurf den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Sie kann auf Kosten des Antragstellers Gutachten einholen;
b) die Zustimmung der Eigentümer oder dinglich Berechtigten betroffener Grundstücke vorliegt. Als betroffene Grundstücke gelten:
1. die durch das Bauvorhaben selbst in Anspruch genommenen Grundstücke;
2. Grundstücke, die in den Bauverbotsbereich zu liegen kommen;
3. Grundstücke, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen.
4) Eigentümern oder dinglich Berechtigten betroffener Grundstücke, deren Zustimmung nicht vorliegt, ist unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens 30 Tagen Gelegenheit für schriftliche Einwendungen einzuräumen. Werden durch das Bauvorhaben von den Gemeinden wahrzunehmende Interessen berührt, ist diesen Gelegenheit zu geben, zu dem Bauvorhaben binnen angemessener Frist Stellung zu nehmen.
5) In der eisenbahnrechtlichen Baubewilligung ist über alle gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen sowie über alle sonst vom Bauvorhaben berührten Interessen zu entscheiden, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Ansprüche handelt; diese sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
6) Die eisenbahnrechtliche Baubewilligung ist zu erteilen, wenn:
a) das Bauvorhaben den anerkannten Regeln der Technik entspricht;
b) vom Land oder von den Gemeinden wahrzunehmende Interessen durch das Bauvorhaben nicht verletzt werden oder im Falle des Vorliegens einer Verletzung solcher Interessen der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit grösser ist als der Nachteil, der aus der Verletzung dieser Interessen für die Öffentlichkeit durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht;
c) eingewendete subjektiv öffentliche Rechte von Eigentümern oder dinglich Berechtigten betroffener Grundstücke nicht verletzt werden oder im Falle einer Verletzung solcher Rechte dann, wenn der durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit grösser ist als der Nachteil, der der betroffenen Person durch die Ausführung und Inbetriebnahme des Bauvorhabens entsteht.
7) Die eisenbahnrechtliche Baubewilligung kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden; insbesondere kann eine angemessene Frist vorgeschrieben werden, innerhalb der der Bau auszuführen ist. Die Frist kann auf Antrag verlängert werden.
8) Zugleich mit der eisenbahnrechtlichen Baubewilligung kann ein zeitlich befristeter Probebetrieb gestattet werden, wenn:
a) keine Bedenken hinsichtlich der Sicherheit bestehen; und
b) dies aufgrund der Art der baulichen Massnahmen sachlich gerechtfertigt ist.
9) Die Regierung regelt das Nähere über die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baubewilligung, insbesondere über die dem Bauentwurf beizulegenden Unterlagen, mit Verordnung.
3. Eisenbahnrechtliche Betriebsbewilligung
Art. 11
Bewilligungspflicht
Für die Inbetriebnahme der Eisenbahninfrastruktur ist eine eisenbahnrechtliche Betriebsbewilligung erforderlich, wenn für deren Bau oder Veränderung eine eisenbahnrechtliche Baubewilligung erteilt wurde.
Art. 12
Erteilung der Bewilligung
1) Der Antrag auf Erteilung einer eisenbahnrechtlichen Betriebsbewilligung ist nach Fertigstellung des bewilligten Baus oder der bewilligten Veränderung der Eisenbahninfrastruktur schriftlich bei der Eisenbahnbehörde einzureichen.
2) Die eisenbahnrechtliche Betriebsbewilligung ist zu erteilen, wenn:
a) die Eisenbahninfrastruktur fachgerecht ausgeführt wurde; und
b) keine Bedenken bestehen, dass ein sicherer Eisenbahnbetrieb gewährleistet ist.
3) Die eisenbahnrechtliche Betriebsbewilligung kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden.
4. Sicherheitsbewilligung
Art. 13
Bewilligungspflicht
1) Für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur ist eine Sicherheitsbewilligung erforderlich.
2) Keine Sicherheitsbewilligung ist erforderlich für Anschlussbahnen.
Art. 14
Erteilung der Sicherheitsbewilligung
1) Der Antrag auf Erteilung einer Sicherheitsbewilligung für ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit Sitz im Inland ist schriftlich bei der Eisenbahnbehörde einzureichen.
2) Die Sicherheitsbewilligung ist zu erteilen, wenn der Antragsteller den Nachweis erbringt, dass er:
a) ein Sicherheitsmanagementsystem nach Massgabe der Richtlinie 2004/49/EG eingerichtet hat; und
b) alle Anforderungen an einen sicheren Eisenbahnbetrieb erfüllen kann.
3) Die Sicherheitsbewilligung wird für die Dauer von längstens fünf Jahren erteilt. Sie wird auf Antrag erneuert, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 weiterhin erfüllt sind.
4) Die Sicherheitsbewilligung ist zu entziehen, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 nicht mehr gegeben sind.
5) Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit Sitz im Ausland, die beabsichtigen, Eisenbahninfrastruktur auf dem Gebiet des Fürstentums Liechtenstein zu betreiben, haben der Eisenbahnbehörde vor Inbetriebnahme eine Sicherheitsbewilligung ihres Sitzstaates zur Kenntnisnahme vorzulegen; dies gilt im Falle einer Erneuerung der Sicherheitsbewilligung entsprechend. Der Entzug der Sicherheitsbewilligung ist unverzüglich anzuzeigen.
6) Die Regierung regelt das Nähere über die Sicherheitsbewilligung nach Massgabe der Richtlinie 2004/49/EG mit Verordnung.
B. Eisenbahnverkehrsunternehmen
1. Verkehrsbewilligung
Art. 15
Bewilligungspflicht
Für die Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Personen oder Gütern ist eine Verkehrsbewilligung erforderlich.
Art. 16
Erteilung der Verkehrsbewilligung
1) Der Antrag auf Erteilung einer Verkehrsbewilligung für ein Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Inland ist schriftlich bei der Eisenbahnbehörde einzureichen.
2) Die Verkehrsbewilligung ist zu erteilen, wenn der Antragsteller den Nachweis erbringt, dass er:
a) zuverlässig ist;
b) finanziell leistungsfähig ist;
c) fachlich geeignet ist; und
d) eine ausreichende Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat.
3) Die Verkehrsbewilligung wird für die Dauer von längstens fünf Jahren erteilt. Sie wird auf Antrag erneuert, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 weiterhin erfüllt sind.
4) Die Verkehrsbewilligung ist zu entziehen, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 nicht mehr gegeben sind.
5) Die Regierung regelt das Nähere nach Massgabe der Richtlinie 95/18/EG mit Verordnung, insbesondere über:
a) die vorzulegenden Nachweise;
b) die Voraussetzungen für die Erteilung, die Erneuerung und den Entzug der Verkehrsbewilligung.
2. Sicherheitsbescheinigung
Art. 17
Grundsatz
Für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur ist eine Sicherheitsbescheinigung erforderlich, die sich zusammensetzt aus:
a) einem Teil A über die organisatorischen Vorkehrungen des Eisenbahnverkehrsunternehmens; und
b) einem Teil B über die besonderen Anforderungen für die sichere Ausübung des Zugangsrechts auf der im Fürstentum Liechtenstein gelegenen Eisenbahninfrastruktur.
Art. 18
Erteilung der Sicherheitsbescheinigung
1) Der Antrag auf Erteilung einer Sicherheitsbescheinigung für ein Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Inland ist schriftlich bei der Eisenbahnbehörde einzureichen.
2) Die Sicherheitsbescheinigung ist zu erteilen, wenn der Antragsteller den Nachweis erbringt, dass er:
a) ein Sicherheitsmanagementsystem nach Massgabe der Richtlinie 2004/49/EG eingerichtet hat; und
b) alle Anforderungen an einen sicheren Eisenbahnbetrieb erfüllen kann.
3) Die Sicherheitsbescheinigung muss sich auf Art und Umfang der Eisenbahnverkehrsleistungen beziehen, die durch Ausübung des Zugangsrechts erbracht werden sollen. Sie hat ferner das Schienennetz zu bezeichnen, für das die Sicherheitsbescheinigung gilt.
4) Die Sicherheitsbescheinigung wird für die Dauer von längstens fünf Jahren erteilt. Sie wird auf Antrag erneuert, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 weiterhin erfüllt sind.
5) Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Ausland, die beabsichtigen, Eisenbahninfrastruktur auf dem Gebiet des Fürstentums Liechtenstein zu nutzen, benötigen vorbehaltlich Abs. 6 neben einer in ihrem Sitzstaat ausgestellten Sicherheitsbescheinigung Teil A eine Sicherheitsbescheinigung Teil B des Fürstentums Liechtenstein. Diese wird von der Eisenbahnbehörde auf Antrag für die Dauer von längstens fünf Jahren erteilt oder erneuert, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 Bst. b erfüllt sind.
6) Die Erteilung einer Sicherheitsbescheinigung Teil B für das Fürstentum Liechtenstein ist nicht erforderlich, wenn das Eisenbahnverkehrsunternehmen bereits über eine gültige Sicherheitsbescheinigung Teil B für eine unmittelbar an das Fürstentum Liechtenstein angrenzende Eisenbahnstrecke verfügt. Diese Sicherheitsbescheinigung sowie deren Erneuerung ist der Eisenbahnbehörde vor Nutzung der Eisenbahninfrastruktur zur Kenntnisnahme vorzulegen. Der Entzug einer solchen Sicherheitsbescheinigung ist der Eisenbahnbehörde unverzüglich anzuzeigen.
7) Die Sicherheitsbescheinigung ist zu entziehen, wenn:
a) die Voraussetzungen nach Abs. 2 nicht mehr gegeben sind; oder
b) sie nicht innerhalb eines Jahres nach ihrer Erteilung in der vorgesehenen Weise genutzt wird.
8) Die Regierung regelt das Nähere über die Sicherheitsbescheinigung nach Massgabe der Richtlinie 2004/49/EG mit Verordnung.
C. Zulassung von Schienenfahrzeugen
Art. 19
Grundsatz
1) Für die Inbetriebnahme von Schienenfahrzeugen ist eine Zulassung erforderlich. Diese wird erteilt, wenn die Fahrzeuge den anerkannten Regeln der Technik entsprechen und alle Anforderungen an einen sicheren Eisenbahnbetrieb erfüllen.
2) Die Eisenbahnbehörde kann die Zulassung jederzeit prüfen und die erforderlichen Massnahmen anordnen.
3) Die Regierung regelt das Nähere über die Zulassung von Schienenfahrzeugen nach Massgabe der Richtlinien 2004/49/EG und 2008/57/EG mit Verordnung, insbesondere die Voraussetzungen und das Verfahren für die Zulassung von Schienenfahrzeugen.
III. Zugang zur Eisenbahninfrastruktur
Art. 20
Zugangsrecht
1) Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben Zugangsberechtigten nach Abs. 2 auf der Grundlage privatrechtlicher Vereinbarungen unter diskriminierungsfreien und transparenten Bedingungen durch die Zuweisung von Fahrplantrassen Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu gewähren.
2) Zugangsberechtigte sind Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz in einem EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz, die über eine Verkehrsbewilligung sowie eine Sicherheitsbescheinigung Teil A und B verfügen.
Art. 21
Umfang des Zugangsrechts
1) Das Zugangsrecht beinhaltet:
a) die Benützung des Schienennetzes einschliesslich der Weichen und Abzweigungen;
b) die Zugsteuerung samt Signalisierung und Übermittlung der Informationen über die Zugbewegung; sowie
c) die Benützung der für die Abwicklung der Zugfahrt erforderlichen Kommunikationssysteme.
2) Soweit keine vertretbaren Alternativen unter Marktbedingungen vorhanden sind, haben Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eisenbahnverkehrsunternehmen, letztere nach Massgabe verfügbarer Kapazitäten und der Zumutbarkeit, Zugangsberechtigten ferner diskriminierungsfrei die Mitbenützung folgender Einrichtungen, sofern vorhanden, als Serviceleistungen zu gestatten:
a) Versorgungseinrichtungen für Fahrstrom und Einrichtungen für die Kraftstoffaufnahme;
b) Personenbahnhöfe einschliesslich zugehöriger Gebäude und Einrichtungen;
c) Güterterminals, Verschubbahnhöfe, Zugbildungseinrichtungen und Abstellgleise; sowie
d) Wartungseinrichtungen und sonstige technische Einrichtungen.
3) Bietet das Eisenbahninfrastrukturunternehmen nachfolgende Zusatzleistungen an, so hat es diese diskriminierungsfrei sämtlichen Zugangsberechtigten zur Ausübung ihres Zugangsrechts zur Verfügung zu stellen:
a) Bereitstellung von Traktionsstrom und Brennstoffen;
b) Vorheizen von Personenzügen;
c) Durchführung von Verschubbetrieb sowie allen weiteren Leistungen, die in den in Abs. 2 genannten Einrichtungen erbracht werden; sowie
d) Abschluss kundenspezifischer Verträge über die Überwachung von Gefahrguttransporten und die Unterstützung beim Betrieb ungewöhnlicher Züge.
4) Die für die Ausübung des Zugangsrechts benötigten Leistungen nach Abs. 1 bis 3 sind Zugangsberechtigten zu gleichen Bedingungen transparent, angemessen, wirtschaftlich realistisch und ausreichend entbündelt anzubieten, sodass Zugangsberechtigte nicht für Leistungen zu zahlen haben, die sie nicht benötigen. Sie sind vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen auch dann anzubieten, wenn es diese zwar nicht selbst, jedoch mittelbar im Vertragsweg mit Dritten zur Verfügung stellen kann.
5) Für Anschlussbahnen besteht das Zugangsrecht nur soweit, als diese den Zugang zu Güterterminals, die mehr als einen Endnutzer bedienen können, herstellen.
Art. 22
Schienennetz-Nutzungsbedingungen
Das Eisenbahninfrastrukturunternehmen hat Schienennetz-Nutzungsbedingungen, die Informationen zum Fahrweg, zu den Zugangsbedingungen, den Entgelten sowie zum Verfahren und Zeitplan für die Zuweisung von Fahrplantrassen enthalten, kostenlos im Internet zu veröffentlichen. Die Schienennetz-Nutzungsbedingungen haben ferner die wesentlichen administrativen, technischen und finanziellen Bedingungen für die Erbringung von Service- und Zusatzleistungen (Art. 21 Abs. 2 und 3) zu enthalten.
Art. 23
Zuweisung von Fahrplantrassen
1) Das Eisenbahninfrastrukturunternehmen hat die Fahrplantrassen auf Antrag nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und einer effizienten Nutzung der Eisenbahninfrastruktur zuzuweisen.
2) Antragsberechtigt sind:
a) Zugangsberechtigte nach Art. 20;
b) öffentliche Stellen, die mit der Vergabe von öffentlichen Personenverkehrsdiensten im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Strasse (EWR-Rechtssammlung: Anh. XIII - 4a.01) betraut sind.
3) Die Zuweisung einer Fahrplantrasse ist längstens für die Dauer einer Fahrplanperiode begrenzt. Eine zugewiesene Fahrplantrasse darf nicht an Dritte übertragen werden. Die Nutzung einer Fahrplantrasse durch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, das die Geschäfte eines Antragstellers nach Abs. 2 Bst. b wahrnimmt, gilt nicht als Übertragung.
4) Kann das Eisenbahninfrastrukturunternehmen aufgrund fehlender Kapazitäten nicht allen Anträgen auf Zuweisung von Fahrplantrassen stattgeben, so sind Leistungen des vertakteten Schienenpersonennahverkehrs vor jenen des grenzüberschreitenden Schienenpersonenfern- und Schienengüterverkehrs vorrangig zu berücksichtigen.
5) Die Regierung regelt das Nähere über die Zuweisung der Fahrplantrassen einschliesslich des einzuhaltenden Zeitplans und Verfahrens nach Massgabe der Richtlinie 2001/14/EG mit Verordnung.
Art. 24
Rahmenverträge
1) Rahmenverträge über die Zuweisung von Fahrwegkapazität können für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen werden.
2) Rahmenverträge mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren bedürfen bezüglich der Laufzeit einer Bewilligung der Regulierungsbehörde. Die Bewilligung ist zu erteilen bei einer Laufzeit:
a) bis zu zehn Jahren: bei Nachweis vertraglicher Bindungen, besonderer Investitionen oder sonstiger vergleichbarer Risiken;
b) von mehr als zehn Jahren: bei Nachweis umfangreicher und langfristiger Investitionen sowie sonstiger vergleichbarer Risiken, die dem Rahmenvertrag zu Grunde liegen.
Art. 25
Entgelte
1) Eisenbahnverkehrsunternehmen haben für die Ausübung ihrer Zugangsrechte ein Benützungsentgelt zu entrichten.
2) Die Höhe des Entgelts für die Benützung des Schienennetzes und der übrigen Leistungen nach Art. 21 Abs. 1 ist vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen diskriminierungsfrei für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen in gleicher Art festzusetzen und in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen zu veröffentlichen. Sie hat sich an jenen Kosten zu orientieren, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen. Hierbei kann aufgrund sachgerechter Kriterien zwischen Schienenpersonennahverkehr, Schienenpersonenfernverkehr und Schienengüterverkehr sowie innerhalb dieser Marktsegmente differenziert werden.
3) Die Entgelte für Service- und Zusatzleistungen (Art. 21 Abs. 2 und 3) sind nach den Grundsätzen angemessenen Kostenersatzes und branchenüblichen Entgelts zu bestimmen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass sie die Wettbewerbsmöglichkeiten der Zugangsberechtigten nicht missbräuchlich beeinträchtigen. Sie dürfen insbesondere einzelnen Zugangsberechtigten keine Vorteile gegenüber anderen Zugangsberechtigten einräumen, soweit hierfür nicht eine sachliche Rechtfertigung vorliegt.
4) Die Regierung kann das Nähere über die Ermittlung und Erhebung von Entgelten insbesondere nach Massgabe der Richtlinie 2001/14/EG mit Verordnung festlegen.
Art. 26
Anrufung der Regulierungsbehörde
1) Ist ein Antragsberechtigter nach Art. 23 Abs. 2 der Auffassung, ungerecht behandelt, diskriminiert oder auf andere Weise in seinen Rechten verletzt worden zu sein, so kann er die Regulierungsbehörde befassen, und zwar insbesondere mit Entscheidungen des Eisenbahninfrastrukturunternehmens oder gegebenenfalls des Eisenbahnverkehrsunternehmens betreffend:
a) die Schienennetz-Nutzungsbedingungen und die darin enthaltenen Kriterien;
b) die Zuweisung von Fahrplantrassen;
c) die Struktur, Höhe und Modalitäten der Entgelte.
2) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bleibt unberührt.
IV. Schulungseinrichtungen
Art. 27
Zugang
1) Betreiber von Schulungseinrichtungen zur Schulung von Eisenbahnbediensteten sind verpflichtet, dem Fahr- und Begleitpersonal der Eisenbahnverkehrsunternehmen die erforderlichen Streckenkenntnisse und die erforderlichen Kenntnisse der Betriebsvorschriften und Betriebsverfahren, einschliesslich der Signalgebung, der Zugsteuerung und Zugsicherung, sowie der für die betreffenden Strecken geltenden Notfallverfahren durch Schulungen zu vermitteln.
2) Wer Schulungen im Sinne des Abs. 1 durchführt, ist verpflichtet:
a) Eisenbahnverkehrsunternehmen, die eine Sicherheitsbescheinigung beantragen wollen, diskriminierungsfreien Zugang zu seinen Schulungsmöglichkeiten zu gewähren und Bescheinigungen über die Schulungen auszustellen, soweit derartige Schulungen für die Erfüllung von Anforderungen zur Erlangung der Sicherheitsbescheinigung vorgeschrieben sind;
b) Eisenbahninfrastrukturunternehmen diskriminierungsfreien Zugang zu seinen Schulungseinrichtungen zu gewähren;
c) Triebfahrzeugführern diskriminierungsfreien Zugang zu seinen Schulungseinrichtungen zu gewähren, sofern in diesen eine Ausbildung durchgeführt wird, die für die Erteilung der Fahrerlaubnis oder die Ausstellung der Bescheinigung erforderlich ist.
3) Das für die Schulung zu entrichtende Entgelt ist nach den Grundsätzen eines angemessenen Kostenersatzes und branchenüblichen Entgelts festzulegen.
4) Eisenbahnverkehrsunternehmen sind verpflichtet, ihren gegenwärtigen und früheren Mitarbeitern auf Verlangen die dort erworbenen Qualifikationen, Erfahrungen sowie Teilnahme an Schulungen zu bescheinigen.
V. Triebfahrzeugführer
Art. 28
Grundsatz
Die Regierung regelt die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, insbesondere die Erteilung, die Aussetzung und den Entzug der Fahrerlaubnis sowie die Ausstellung von Bescheinigungen, nach Massgabe der Richtlinie 2007/59/EG mit Verordnung.
VI. Interoperabilität
Art. 29
Grundsatz
Die Regierung regelt nach Massgabe der Richtlinie 2008/57/EG mit Verordnung die Bedingungen zur Sicherstellung der Interoperabilität des liechtensteinischen Eisenbahnsystems.
VII. Eisenbahnsicherheit
Art. 30
Sicherheitsmanagementsystem
1) Eisenbahnunternehmen haben ein Sicherheitsmanagementsystem einzurichten, das sicherstellt:
a) die Einhaltung der nationalen Sicherheitsvorschriften und der in den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) festgelegten Sicherheitsanforderungen;
b) die Erreichung der von der Europäischen Kommission erlassenen gemeinsamen Sicherheitsziele; und
c) die Anwendung der einschlägigen Teile der gemeinsamen Sicherheitsmethoden.
2) Das Sicherheitsmanagementsystem hat die Kontrolle aller mit der Tätigkeit als Eisenbahnunternehmen verbundenen Risiken zu gewährleisten. Dies schliesst auch die Risiken aus Instandhaltungsarbeiten, der Materialbeschaffung sowie der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen an Dritte ein.
3) Das Sicherheitsmanagementsystem der Eisenbahninfrastrukturunternehmen hat die Folgen aus der Tätigkeit verschiedener Eisenbahnverkehrsunternehmen auf dem Schienennetz zu berücksichtigen. Es hat zudem das Notfallverfahren mit jenen der Eisenbahnverkehrsunternehmen zu koordinieren.
Art. 31
Bestandteile des Sicherheitsmanagementsystems
1) Das Sicherheitsmanagementsystem hat folgende wesentliche Bestandteile zu enthalten:
a) eine Sicherheitsordnung, die von der Unternehmensleitung genehmigt und dem gesamten Personal mitgeteilt wird;
b) die Unternehmensorganisation betreffende qualitative und quantitative Ziele zur Erhaltung und Verbesserung der Sicherheit sowie die zur Erreichung dieser Ziele erstellten Pläne und Verfahren;
c) Verfahren zur Einhaltung bestehender, neuer und geänderter technischer oder betrieblicher Normen oder anderer Vorgaben, die in Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI), in nationalen Sicherheitsvorschriften oder in behördlichen Entscheidungen festgelegt sind, sowie Verfahren, mit denen sichergestellt wird, dass diese Normen und andere Vorgaben während der gesamten Lebensdauer des Materials und während der gesamten Betriebsdauer erfüllt werden;
d) Verfahren und Methoden für die Risikobewertungen und die Anwendung von Massnahmen zur Risikokontrolle für den Fall, dass sich aus geänderten Betriebsbedingungen oder neuem Material Risiken für die Infrastruktur oder den Betrieb ergeben;
e) Schulungsprogramme für das Personal und Verfahren, die sicherstellen, dass die Qualifikation des Personals aufrecht erhalten wird und die Tätigkeiten dieser Qualifikation entsprechend ausgeführt werden;
f) Vorkehrungen für einen ausreichenden Informationsfluss innerhalb der Unternehmensorganisation und gegebenenfalls zwischen Unternehmensorganisationen, die dieselbe Infrastruktur nutzen;
g) Verfahren und Formate für die Dokumentation von Sicherheitsinformationen und Bestimmung von Kontrollverfahren zur Sicherung der Konfiguration von entscheidenden Sicherheitsinformationen;
h) Verfahren, die sicherstellen, dass Unfälle, Störungen, Beinaheunfälle und sonstige gefährliche Ereignisse gemeldet, untersucht und ausgewertet werden und die notwendigen Vorbeugungsmassnahmen ergriffen werden;
i) Bereitstellung von Einsatz-, Alarm- und Informationsplänen in Absprache mit den zuständigen Behörden;
k) Bestimmungen über regelmässige interne Nachprüfungen des Sicherheitsmanagementsystems.
2) Alle wesentlichen Bestandteile des Sicherheitsmanagementsystems müssen dokumentiert werden. Die Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Unternehmensorganisation ist zu beschreiben. Es ist weiters zu beschreiben, wie die Geschäftsleitung die Kontrolle in den verschiedenen Unternehmensbereichen sicherstellt, das Personal und seine Vertreter auf allen Ebenen einbezogen und die fortlaufende Verbesserung des Sicherheitsmanagementsystems gewährleistet wird.
Art. 32
Sicherheitsbericht
Eisenbahnunternehmen haben der Eisenbahnbehörde längstens bis zum 30. Juni eines jeden Jahres einen Sicherheitsbericht für das vorangegangene Kalenderjahr vorzulegen, der Folgendes enthält:
a) Angaben darüber, wie die unternehmensbezogenen Sicherheitsziele erreicht werden, sowie die Ergebnisse der Sicherheitspläne;
b) die Sicherheitsindikatoren, soweit sie für das jeweilige Eisenbahnunternehmen von Belang sind;
c) die Ergebnisse interner Sicherheitsprüfungen; und
d) Angaben über Mängel und Störungen, die die Sicherheit des Eisenbahnbetriebs beeinträchtigen.
VIII. Rechte und Pflichten der Eisenbahnunternehmen
Art. 33
Betriebs- und Erhaltungspflicht
1) Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur in einem den Erfordernissen des Eisenbahnbetriebs und der Sicherheit entsprechenden Zustand zu betreiben und zu erhalten.
2) Bei Verstössen gegen die Betriebs- und Erhaltungspflicht ist die Eisenbahnbehörde befugt, Betriebsbeschränkungen oder die Betriebseinstellung anzuordnen.
Art. 34
Dienst- und Beförderungsvorschriften
1) Eisenbahnunternehmen haben Dienst- und Beförderungsvorschriften zu erstellen. Die Dienstvorschriften haben den von der Europäischen Kommission erlassenen gemeinsamen Sicherheitsmethoden sowie den gemeinsamen Sicherheitszielen zu entsprechen.
2) Eisenbahnunternehmen sind verpflichtet, der Eisenbahnbehörde jederzeit Einsicht in ihre Dienst- und Beförderungsvorschriften zu gewähren.
3) Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes.
Art. 35
Meldepflicht bei Unfällen und Störungen
1) Eisenbahnunternehmen sind verpflichtet, Unfälle und Störungen, die beim Betrieb einer Eisenbahn auftreten, unverzüglich der Unfalluntersuchungsstelle zu melden.
2) Als Unfall gilt jedes Ereignis, bei dem Schienenfahrzeuge entgleisen oder miteinander kollidieren, bei dem Menschen getötet oder schwer verletzt werden oder bei dem die Eisenbahninfrastruktur, Fahrzeuge oder die Umwelt beträchtlichen Schaden nehmen und die Eisenbahnsicherheit betroffen ist.
3) Als Störung gilt ein Ereignis, das unter leicht veränderten Umständen zu einem Unfall hätte führen können.
Art. 36
Getrennte Rechnungslegung
1) Eisenbahnunternehmen, die sowohl Eisenbahninfrastruktur betreiben als auch Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen, haben für die beiden Bereiche getrennte Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Bilanzen aufzustellen.
2) Eisenbahnverkehrsunternehmen haben Zuwendungen für gemeinwirtschaftliche Personenverkehrsleistungen auszuweisen und dürfen diese nicht auf andere Verkehrsleistungen übertragen.
Art. 37
Meldung von Daten für die Eisenbahnstatistik
1) Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben der Eisenbahnbehörde zur Beurteilung der Struktur und Entwicklung des Eisenbahnverkehrs folgende Daten zur Verfügung zu stellen:
a) jeweils bis zum 31. März eines Jahres: die Verkehrsstatistik und Pünktlichkeitsstatistik des vorangegangenen Fahrplanjahres;
b) jeweils bis zum 30. November eines Jahres: eine Übersicht über die im folgenden Jahr geplanten Neubaumassnahmen, Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten an der bestehenden Eisenbahninfrastruktur und Abtragungen sowie die Trassenkapazität (Bildfahrplan).
2) Die Regierung kann die Art der zu übermittelnden Daten mit Verordnung näher regeln.
IX. Verhalten innerhalb der Eisenbahninfrastruktur und in Schienenfahrzeugen
Art. 38
Betreten der Eisenbahninfrastruktur
1) Das Betreten der Eisenbahninfrastruktur ist, mit Ausnahme der hiefür bestimmten Stellen, nur mit einer vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet.
2) Organe der Behörden dürfen Eisenbahninfrastruktur ohne Erlaubniskarte nur betreten, wenn und solange dies zur Ausübung ihrer Dienstobliegenheiten erforderlich ist. Die Eisenbahnbehörde kann, soweit dies im öffentlichen Interesse notwendig ist, weitere Ausnahmen festsetzen.
3) Die zum Betreten der Eisenbahninfrastruktur berechtigten Personen haben nach Möglichkeit vor dem Betreten an anderen als den dafür bestimmten Stellen (Abs. 1) das Eisenbahninfrastrukturunternehmen hierüber zu informieren. Organe der Behörden nach Abs. 2 haben sich dabei durch eine Dienstlegitimation oder Bescheinigung ihrer Dienststelle auszuweisen.
4) Werden Personen, die zum Betreten der Eisenbahninfrastruktur berechtigt sind, durch Unfall beim Betrieb der Eisenbahn getötet oder verletzt oder erleiden sie einen Sachschaden, so entstehen gegenüber dem Eisenbahnunternehmen nur dann Schadenersatz- oder Rückgriffsansprüche, wenn sich der Unfall aus einer unerlaubten, vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Handlung oder Unterlassung des Eisenbahnunternehmens oder eines Bediensteten ergibt. Bedienstete eines Eisenbahnunternehmens haften - unbeschadet der Rückgriffsansprüche des Eisenbahnunternehmens - für den von ihnen verursachten Schaden nur dann, wenn sie ihn vorsätzlich herbeigeführt haben.
5) Die Bestimmungen dieses Artikels sind auf die im Verkehrsraum einer öffentlichen Strasse liegenden Teile der Eisenbahninfrastruktur nicht anzuwenden.
Art. 39
Verhalten im Bereich der Eisenbahn
1) Innerhalb der Anlagen der Eisenbahninfrastruktur ist ein den Eisenbahnbetrieb störendes Verhalten verboten. Insbesondere ist verboten, die Eisenbahninfrastruktur oder Schienenfahrzeuge zu beschädigen oder zu verunreinigen, Gegenstände auf die Fahrbahn zu legen, sonstige Fahrthindernisse anzubringen, Weichen umzustellen, Fahrleitungsschalter zu betätigen oder Signale zu geben.
2) Die Bahnbenützer haben sich bei Benützung der Eisenbahninfrastruktur und der Schienenfahrzeuge so zu verhalten, wie es die Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebes sowie die Rücksicht auf andere gebieten.
3) Die Bahnbenützer dürfen nur an den dazu bestimmten Stellen und nur an der dazu bestimmten Seite der Schienenfahrzeuge ein- und aussteigen.
4) Solange sich ein Schienenfahrzeug in Bewegung befindet, ist das Öffnen der Aussentüren des Fahrzeuges, das Betreten der Trittbretter und das Verweilen auf ungesicherten offenen Plattformen sowie das Ein- und Aussteigen verboten.
5) Es ist verboten, Gegenstände aus dem Schienenfahrzeug zu werfen.
X. Nachbarrechtliche Bestimmungen
Art. 40
Bauverbotsbereich
1) Bei Eisenbahninfrastruktur ist die Errichtung bahnfremder Anlagen jeder Art in einer Entfernung bis zu zwölf Metern von der Mitte des äussersten Gleises, bei Bahnhöfen innerhalb der Bahnhofgrenze und bis zu zwölf Metern von dieser, verboten (Bauverbotsbereich).
2) Die Eisenbahnbehörde kann hievon nach Anhörung des Eisenbahninfrastrukturunternehmens Ausnahmen bewilligen, soweit dies mit den öffentlichen Verkehrsinteressen zu vereinbaren ist. In der Bewilligung ist eine Frist festzusetzen, innerhalb der das Bauvorhaben auszuführen ist.
Art. 41
Gefährdungsbereich
1) In der Umgebung der Eisenbahninfrastruktur (Gefährdungsbereich) ist die Errichtung von Anlagen oder die Vornahme sonstiger Handlungen verboten, durch die der Bestand der Eisenbahninfrastruktur oder die regelmässige und sichere Betriebsführung, insbesondere die freie Sicht auf Signale oder auf schienengleiche Eisenbahnübergänge, gefährdet wird.
2) Bei Hochspannungsleitungen beträgt, unbeschadet der Bestimmung des Abs. 3, der Gefährdungsbereich, wenn sie Freileitungen sind, in der Regel je 25 Meter, wenn sie verkabelt sind, in der Regel je fünf Meter beiderseits der Leitungsachse.
3) Wenn im Gefährdungsbereich Steinbrüche, Stauwerke oder andere Anlagen errichtet oder Stoffe, die explosiv oder brennbar sind, gelagert oder verarbeitet werden sollen, durch die der Eisenbahnbetrieb gefährdet werden kann, ist vor der Bauausführung oder der Lagerung oder Verarbeitung die Bewilligung der Eisenbahnbehörde einzuholen; diese ist zu erteilen, wenn Vorkehrungen getroffen sind, die eine Gefährdung des Eisenbahnbetriebes ausschliessen. Die Bewilligungspflicht entfällt, wenn es über die Errichtung des Steinbruches, des Stauwerkes oder einer anderen Anlage oder über die Lagerung oder Verarbeitung der Stoffe zwischen dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen und dem Errichter, Lagerer oder Verarbeiter zu einer Einigung über zu treffende Vorkehrungen gekommen ist, die eine Gefährdung des Eisenbahnbetriebes ausschliessen.
4) Die innerhalb des Gefährdungsbereiches durch Naturereignisse (wie Lawinen, Erdrutsch, natürlicher Pflanzenwuchs) eingetretenen Gefährdungen der Eisenbahninfrastruktur (Abs. 1) sind vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen auf eigene Kosten zu beseitigen. Wenn der Verfügungsberechtigte hiezu seine Zustimmung verweigert, so hat ihm die Eisenbahnbehörde auf Antrag des Eisenbahninfrastrukturunternehmens die Duldung der Beseitigung aufzutragen. Vorbehalten bleiben andere gesetzliche Verpflichtungen.
Art. 42
Massnahmen gegen verbotswidriges Verhalten
Die Eisenbahnbehörde ordnet auf Antrag des Eisenbahninfrastrukturunternehmens die Beseitigung eines durch verbotswidriges Verhalten (Art. 40 und 41) herbeigeführten Zustandes an.
XI. Eisenbahnübergänge (Kreuzungen)
Art. 43
Kreuzungen
1) Die Regierung legt mit Verordnung fest, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach den anerkannten Regeln der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiter belassen werden dürfen.
2) Neue Kreuzungen sowie die Änderung oder Verlegung bestehender Kreuzungen zwischen Eisenbahnen und öffentlichen oder privaten Strassen und Wegen bedürfen der Bewilligung der Eisenbahnbehörde.
3) Neue Kreuzungen oder die Neuanlage von bestehenden Kreuzungen mit öffentlichen Strassen sind in der Regel als Über- oder Unterführung herzustellen.
4) Im Fall der Aufhebung bestehender schienengleicher Eisenbahnübergänge sind die Kosten für die damit verbundenen baulichen Massnahmen grundsätzlich vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen und vom Strasseneigentümer jeweils zu gleichen Teilen zu tragen.
5) Die Kosten für die Errichtung neuer oder die Änderung bestehender Eisenbahnübergänge tragen:
a) das Eisenbahninfrastrukturunternehmen, wenn die Errichtung oder Änderung durch den Bau neuer oder die Erweiterung bestehender Eisenbahninfrastruktur bedingt ist;
b) der Strasseneigentümer, wenn die Errichtung oder Änderung durch den Bau neuer oder die Erweiterung bestehender Strassen bedingt ist.
XII. Eisenbahnhaftpflicht
Art. 44
Grundsatz
1) Wird durch den Betrieb der Eisenbahn ein Mensch getötet oder verletzt oder Sachschaden verursacht, so haftet das Eisenbahnunternehmen für den Schaden.
2) Für Verlust oder Beschädigung von Handgepäck, das sich unter der Obhut eines Reisenden befand, gelten ausschliesslich die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes.
3) Das Eisenbahnunternehmen wird von der Haftpflicht befreit, wenn es beweist, dass der Schaden durch höhere Gewalt oder grobes Verschulden des Geschädigten oder eines Dritten verursacht wurde, ohne dass es selbst oder Personen, für die es verantwortlich ist, ein Verschulden trifft.
4) Ist das schädigende Eisenbahnunternehmen nicht bestimmbar, so haften alle beteiligten Eisenbahnunternehmen dem Geschädigten solidarisch.
5) Vereinbarungen zum Ausschluss oder zur Beschränkung der Haftpflicht nach diesem Gesetz sind nichtig.
6) Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Haftpflicht nach dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch anwendbar.
7) Art. 38 Abs. 4 bleibt unberührt.
XIII. Organisation und Durchführung
A. Zuständigkeit
1. Eisenbahnbehörde
Art. 45
Aufgaben
1) Der Regierung als Eisenbahnbehörde obliegt der Vollzug dieses Gesetzes, soweit damit nicht ausdrücklich andere Behörden betraut sind.
2) Der Eisenbahnbehörde obliegt insbesondere:
a) die Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen an Eisenbahninfrastrukturunternehmen;
b) die Entgegennahme von Bauanzeigen;
c) die Erteilung von Bewilligungen an Eisenbahnverkehrsunternehmen;
d) die Zulassung von Schienenfahrzeugen;
e) die Führung des Schienenfahrzeugregisters und des Eisenbahninfrastrukturregisters.
Art. 46
Eisenbahnsicherheit
1) Die Eisenbahnbehörde ist für alle Belange der Eisenbahnsicherheit zuständig. Sie kann von Amts wegen überprüfen, ob Eisenbahnunternehmen die geltenden Sicherheitsanforderungen erfüllen, und Verfügungen zur Beseitigung von Mängeln im Sicherheitssystem erlassen.
2) Die Eisenbahnbehörde kann zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendige Überprüfungen und Untersuchungen jederzeit durchführen und in alle sachdienlichen Dokumente einsehen. Die Eisenbahnunternehmen haben der Eisenbahnbehörde alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Zugang zu ihren Einrichtungen und Fahrzeugen zu gewähren.
3) Die Eisenbahnbehörde tauscht mit den zuständigen Behörden im Ausland Informationen über ihre Tätigkeit und Erfahrungen aus.
Art. 47
Jahresbericht
1) Die Eisenbahnbehörde hat jedes Jahr einen Bericht über ihre Tätigkeit im Vorjahr zu erstellen und diesen jeweils bis längstens 30. September an die Europäische Eisenbahnagentur zu übermitteln.
2) Dieser Bericht hat Angaben zu enthalten über:
a) eine Zusammenstellung der gemeinsamen Sicherheitsindikatoren nach Anhang I der Richtlinie 2004/49/EG;
b) die wichtigsten Änderungen von Gesetzen und Verordnungen im Bereich der Eisenbahnsicherheit;
c) Entwicklungen im Bereich der Sicherheitsbescheinigung und der Sicherheitsbewilligung;
d) Ergebnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Kontrolle von Eisenbahnunternehmen.
3) Die Unfalluntersuchungsstelle hat der Eisenbahnbehörde die erforderlichen Daten für die Zusammenstellung der gemeinsamen Sicherheitsindikatoren zur Verfügung zu stellen.
2. Unfalluntersuchungsstelle
Art. 48
Organisation und Aufgaben
1) Dem Amt für Volkswirtschaft als Unfalluntersuchungsstelle obliegt die Untersuchung von Unfällen und Störungen. Die Untersuchungsstelle kann mit Genehmigung der Regierung die Durchführung der Untersuchungen auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung an eine geeignete ausländische Stelle übertragen.2
2) Die Unfalluntersuchungsstelle ist organisatorisch, rechtlich und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnunternehmen, benannten Stellen im Sinne der Richtlinie 2008/57/EG sowie allen Parteien, deren Interessen mit ihren Aufgaben kollidieren könnten, unabhängig. Sie ist ferner von der Eisenbahn- als Sicherheitsbehörde und der Regulierungsbehörde funktionell unabhängig. Die Unfalluntersuchungsstelle erhält die für die Erledigung ihrer Aufgaben erforderlichen persönlichen, finanziellen und sachlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt.
3) Die Unfalluntersuchungsstelle untersucht Unfälle und Störungen, die unter leicht veränderten Umständen zu Unfällen hätten führen können, wenn sie sich auf dem Gebiet des Fürstentums Liechtenstein ereignen. Es liegt im Ermessen der Unfalluntersuchungsstelle, ob sie bei solchen Unfällen oder Störungen nach Massgabe der Kriterien der Richtlinie 2004/49/EG Untersuchungen aufnimmt.
4) Die Untersuchung hat die Ursachen des Unfalls oder der Störung zu erforschen, um im Interesse der Eisenbahnsicherheit erneute Unfälle oder Störungen zu vermeiden. Verschuldens- und Haftungsfragen sind nicht Gegenstand der Untersuchung.
5) Die Unfalluntersuchungsstelle tauscht mit den zuständigen Untersuchungsstellen im Ausland Informationen über ihre Tätigkeit und Erfahrungen aus.
Art. 49
Befugnisse
1) Soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendig ist, hat die Unfalluntersuchungsstelle folgende Befugnisse:
a) Zugang zum Ort des Unfalls oder der Störung einschliesslich der Fahrzeuge und Eisenbahninfrastruktur;
b) sofortige Spurenaufnahme und dokumentierte Entnahme von Trümmern und Bestandteilen zu Untersuchungs- und Auswertungszwecken;
c) Zugang zu Aufzeichnungsgeräten auf Fahrzeugen;
d) Zugang zu den Zugbeeinflussungsanlagen, Stellwerken und Kommunikationseinrichtungen;
e) Zugang zu den Ergebnissen von Untersuchungen der Opfer (Tote, Verletzte) und den Ergebnissen von Untersuchungen der am Unfall oder an der Störung beteiligten Eisenbahnbediensteten;
f) Befragung der beteiligten Eisenbahnbediensteten und der Zeugen;
g) Zugang zu allen sachdienlichen Informationen und Aufzeichnungen der Eisenbahnunternehmen, Hersteller und Behörden.
2) Die Unfalluntersuchungsstelle hat bei der Ausübung ihrer Befugnisse darauf zu achten, dass die gerichtlichen Untersuchungen nicht behindert oder erschwert werden.
Art. 50
Untersuchungsverfahren
1) Die Unfalluntersuchungsstelle hat die Untersuchung am Unfallort ehestmöglich zu beginnen und darauf hinzuwirken, dass die Eisenbahninfrastruktur so bald wie möglich instand gesetzt und der Eisenbahnverkehr wieder aufgenommen werden kann.
2) Der Umfang der Untersuchungen hat sich nach der Art und den Folgen des Unfalls oder der Störung sowie den zu erwartenden Erkenntnissen für die Verbesserung der Sicherheit zu richten. Den vom untersuchten Vorfall Betroffenen ist auf Verlangen jederzeit Auskunft über die Untersuchungen zu erteilen.
3) Entscheidet sich die Unfalluntersuchungsstelle zur Durchführung von Untersuchungen, so teilt sie dies binnen einer Woche der Europäischen Eisenbahnagentur unter Angabe von Datum, Uhrzeit und Ort des Ereignisses sowie dessen Folgen hinsichtlich Personen- und Sachschäden mit.
4) Die Unfalluntersuchungsstelle hat alle vorgenommenen Untersuchungsschritte zu dokumentieren.
Art. 51
Berichte und Sicherheitsempfehlungen
1) Die Unfalluntersuchungsstelle hat jede aufgenommene Untersuchung schnellstmöglich, jedoch innerhalb von zwölf Monaten, mit einem Untersuchungsbericht abzuschliessen; dieser ist nach Massgabe von Anhang V der Richtlinie 2004/49/EG zu gliedern.
2) Vor Abschluss des Untersuchungsberichts ist den vom Vorfall Betroffenen die Gelegenheit zur Stellungnahme binnen angemessener Frist einzuräumen.
3) Der Untersuchungsbericht kann Sicherheitsempfehlungen an die Eisenbahnbehörde oder eine andere Behörde enthalten. Bei solchen Empfehlungen handelt es sich um Vorschläge auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse zur Verhinderung weiterer Unfälle oder Störungen. Sie begründen keine Vermutung der Haftung oder des Verschuldens.
4) Der Untersuchungsbericht ist der Europäischen Eisenbahnagentur, der Eisenbahnbehörde und den am Vorfall Beteiligten zuzustellen.
5) Die Unfalluntersuchungsstelle veröffentlicht bis längstens 30. September eines jeden Jahres einen Bericht über die im Vorjahr durchgeführten Untersuchungen, die ausgesprochenen Sicherheitsempfehlungen und die im Anschluss an frühere Sicherheitsempfehlungen getroffenen Massnahmen. Dieser Bericht ist an die Europäische Eisenbahnagentur zu übermitteln.
3. Regulierungsbehörde
Art. 52
Organisation und Aufgaben
1) Die Regierung bestimmt oder errichtet mit Verordnung eine Amtsstelle oder Kommission als Regulierungsbehörde. Dieser sind die für die Erledigung ihrer Aufgaben erforderlichen persönlichen, finanziellen und sachlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
2) Die Regulierungsbehörde ist bei der Erfüllung ihrer regulatorischen Aufgaben an keine Weisungen gebunden und von den Antragsberechtigten nach Art. 23 Abs. 2 funktionell unabhängig.
3) Die Regulierungsbehörde hat den Wettbewerb auf dem Schienenverkehrsmarkt sowie die Einhaltung der Bestimmungen über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu überwachen. Ihr obliegen insbesondere:
a) die Entscheidung über die Bewilligung von Rahmenverträgen (Art. 24);
b) die Behandlung von Beschwerden (Art. 26).
4) Die Regulierungsbehörde tauscht mit den zuständigen Regulierungsbehörden im Ausland Informationen über ihre Tätigkeit und Entscheidungen aus.
Art. 53
Befugnisse
1) Die Regulierungsbehörde kann in Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Beseitigung festgestellter und zur Verhinderung künftiger Verstösse alle erforderlichen Massnahmen treffen.
2) Die Regulierungsbehörde kann jederzeit von sich aus bei Eisenbahnunternehmen Auskünfte einholen und Einsicht in Unterlagen nehmen. Die angeforderten Auskünfte sind unverzüglich zu erteilen und die Einsichtnahme ist zu ermöglichen.
3) Bei Beschwerden wegen der Verweigerung der Zuweisung von Fahrplantrassen oder wegen der Bedingungen eines Angebotes an Fahrplantrassen kann die Regulierungsbehörde eine Änderung dieser Entscheidung vorschreiben. Verhindert ein Eisenbahnunternehmen trotz Zuweisung einer Fahrplantrasse die Ausübung des Zugangsrechts oder die Zurverfügungstellung sonstiger Leistungen, so hat die Regulierungsbehörde die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um die Inanspruchnahme zu ermöglichen.
4) Die Regulierungsbehörde trifft ihre Entscheidungen binnen zwei Monaten ab Einlangen aller erforderlichen Informationen.
B. Register und Datenbearbeitung
Art. 54
Führung des Schienenfahrzeug- und des Eisenbahninfrastrukturregisters
1) Die Eisenbahnbehörde führt:
a) ein Schienenfahrzeugregister, das sämtliche in Liechtenstein zugelassenen Schienenfahrzeuge enthält;
b) ein Eisenbahninfrastrukturregister, das die Hauptmerkmale der Eisenbahninfrastruktur sowie Angaben darüber, ob sie mit den anzuwendenden Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) übereinstimmen, enthält.
2) Die Register sind öffentlich zugänglich und können elektronisch geführt werden.
3) Die Eisenbahnbehörde kann Dritte mit der Führung der Register beauftragen.
4) Die Regierung regelt das Nähere über die Register mit Verordnung.
Art. 55
Datenbearbeitung
Die Vollzugsbehörden können alle Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerte Personendaten, insbesondere über administrative und strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen, und Persönlichkeitsprofile, bearbeiten, die sie benötigen, um die ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben zu erfüllen.
C. Rechtsschutz
Art. 56
Rechtsmittel
1) Gegen Entscheidungen und Verfügungen der Regulierungsbehörde kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde an die Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten erhoben werden.
2) Gegen Entscheidungen und Verfügungen der Regierung oder der Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Art. 57
Verfahren
Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege.
D. Gebühren
Art. 58
Gebühren
1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz, insbesondere für die Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen, werden Gebühren erhoben.
2) Die Regierung regelt die Höhe der Gebühren mit Verordnung.
XIV. Strafbestimmungen
Art. 59
Widerhandlungen gegen Konzessions-, Bewilligungs- und Anzeigepflichten
1) Vom Landgericht wird wegen Übertretung mit Busse bis zu 100 000 Franken, im Nichteinbringlichkeitsfall mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft, wer vorsätzlich:
a) Eisenbahninfrastruktur ohne oder entgegen der nach Art. 4 erforderlichen Konzession errichtet oder betreibt oder errichten oder betreiben lässt;
b) ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne die nach Art. 9 erforderliche Baubewilligung oder in Missachtung von Bedingungen oder Auflagen ausführt oder ausführen lässt;
c) ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne die nach Art. 11 erforderliche Betriebsbewilligung oder in Missachtung von Bedingungen oder Auflagen in Betrieb nimmt oder in Betrieb nehmen lässt;
d) Eisenbahninfrastruktur ohne die erforderliche Sicherheitsbewilligung nach Art. 13 betreibt oder betreiben lässt;
e) Eisenbahnverkehrsleistungen ohne die erforderliche Verkehrsbewilligung nach Art. 15 oder die erforderliche Sicherheitsbescheinigung nach Art. 17 erbringt oder erbringen lässt;
f) Schienenfahrzeuge ohne die erforderliche Zulassung nach Art. 19 in Betrieb nimmt oder nehmen lässt.
2) Vom Landgericht wird wegen Übertretung mit Busse bis zu 20 000 Franken, im Nichteinbringlichkeitsfall mit Freiheitsstrafe bis zu einem Monat bestraft, wer vorsätzlich die Anzeigepflicht nach Art. 9 Abs. 3 nicht oder nicht fristgerecht erfüllt.
3) Bei fahrlässiger Begehung wird die Strafobergrenze auf die Hälfte herabgesetzt.
4) Die Verfolgungsverjährung beträgt drei Jahre.
5) Die Strafe enthebt nicht von der Verpflichtung, den durch dieses Gesetz und die besonderen Verfügungen auferlegten Bedingungen und Auflagen nachzukommen.
6) Vorbehalten bleibt die Strafbarkeit aufgrund anderer strafrechtlicher Normen.
Art. 60
Verwaltungsübertretungen
1) Von der Eisenbahnbehörde wird, soweit nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, wegen Übertretung mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft, wer:
a) als Eisenbahnunternehmen der Pflicht zur Vorlage des Sicherheitsberichts (Art. 32) nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt;
b) als Eisenbahnunternehmen entgegen Art. 34 der Eisenbahnbehörde die Einsichtnahme in Dienst- und Beförderungsvorschriften verweigert;
c) als Eisenbahnunternehmen gegen die Meldepflicht bei Unfällen und Störungen (Art. 35) verstösst;
d) als Eisenbahninfrastrukturunternehmen entgegen Art. 37 der Eisenbahnbehörde Daten nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt;
e) den Bestimmungen der Art. 39 bis 41 zuwiderhandelt;
f) als Eisenbahnunternehmen entgegen Art. 46 der Eisenbahnbehörde Auskünfte nicht erteilt oder Zugang zu Einrichtungen und Fahrzeugen nicht gewährt;
g) die Unfalluntersuchungsstelle bei der Ausübung ihrer Befugnisse (Art. 49) behindert;
h) Ausführungsvorschriften, deren Übertretung für strafbar erklärt wird, verletzt oder einer unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels erlassenen Verfügung zuwiderhandelt.
2) Von der Eisenbahnbehörde wird, soweit nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, wegen Übertretung mit Busse bis zu 10 000 Franken bestraft, wer entgegen Art. 38 unbefugt die Eisenbahninfrastruktur betritt.
3) Von der Regulierungsbehörde wird, soweit nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, wegen Übertretung mit Busse bis zu 50 000 Franken bestraft, wer als Eisenbahninfrastrukturunternehmen entgegen Art. 20 Zugangsberechtigten nicht unter diskriminierungsfreien und transparenten Bedingungen durch die Zuweisung von Fahrplantrassen Zugang zur Eisenbahninfrastruktur gewährt.
4) Von der Regulierungsbehörde wird, soweit nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, wegen Übertretung mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft, wer:
a) als Betreiber von Schulungseinrichtungen entgegen Art. 27 den Zugang zu diesen Einrichtungen nicht oder nicht zu angemessenen Bedingungen gewährt;
b) als Eisenbahnunternehmen entgegen Art. 53 Auskünfte nicht erteilt oder Einsicht in Unterlagen nicht gewährt.
Art. 61
Verantwortlichkeit
Werden Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder einer Einzelfirma begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen, jedoch unter solidarischer Mithaftung der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma für die Bussen und Kosten.
XV. Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 62
Durchführungsverordnungen; Delegation von Aufgaben
1) Die Regierung erlässt die für die Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Verordnungen, insbesondere über:
a) anzeigepflichtige bauliche Massnahmen (Art. 9 Abs. 2 Bst. a);
b) die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baubewilligung (Art. 10 Abs. 9);
c) die Erteilung, die Erneuerung und den Entzug der Sicherheitsbewilligung (Art. 14 Abs. 6);
d) die Erteilung, die Erneuerung und den Entzug der Verkehrsbewilligung (Art. 16 Abs. 5);
e) die Erteilung, die Erneuerung und den Entzug der Sicherheitsbescheinigung (Art. 18 Abs. 8);
f) die Zulassung von Schienenfahrzeugen (Art. 19 Abs. 3);
g) die Zuweisung von Fahrplantrassen (Art. 23 Abs. 5);
h) die Ermittlung und Erhebung von Entgelten (Art. 25 Abs. 4);
i) die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern (Art. 28);
k) die Sicherstellung der Interoperabilität des liechtensteinischen Eisenbahnsystems (Art. 29);
l) die Sicherung von schienengleichen Eisenbahnübergängen (Art. 43 Abs. 1);
m) die Bezeichnung der Regulierungsbehörde (Art. 52 Abs. 1);
n) die Führung des Schienenfahrzeugregisters und des Eisenbahninfrastrukturregisters (Art. 54 Abs. 4);
o) die Höhe der Gebühren (Art. 58 Abs. 2).
2) Die Regierung kann mit Verordnung die ihr nach Art. 45 Abs. 2 dieses Gesetzes zustehenden Aufgaben mit Ausnahme der Erteilung von Konzessionen zum Bau und Betrieb der Eisenbahninfrastruktur unter Vorbehalt des Rechtszuges an die Kollegialregierung an Amtsstellen übertragen.
Art. 63
Aufhebung bisherigen Rechts
Es werden aufgehoben:
a) Gesetz vom 29. November 1967 über das Eisenbahnwesen, LGBl. 1968 Nr. 3;
b) § 48 der Schlussabteilung des Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR) vom 20. Januar 1926, LGBl. 1926 Nr. 4.
Art. 64
Übergangsbestimmungen
1) Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängige Konzessions- und Bewilligungsverfahren findet das neue Recht Anwendung.
2) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Konzessionen und Bewilligungen bleiben bis zu ihrem Ablauf aufrecht.
Art. 65
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2012 in Kraft.

In Stellvertretung des Landesfürsten:

gez. Alois

Erbprinz

gez. Dr. Klaus Tschütscher

Fürstlicher Regierungschef

1   Bericht und Antrag sowie Stellungnahme der Regierung Nr. 120/2010 und 9/2011

2   Art. 48 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2011 Nr. 551.