0.152.191.551
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2011 Nr. 485 ausgegeben am 28. Oktober 2011
Abkommen
zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und dem Commonwealth der Bahamas über die Befreiung von der Visumpflicht für Kurzaufenthalte
Abgeschlossen in Brüssel am 9. September 2011
Inkrafttreten: 1. November 2011 1
Das Fürstentum Liechtenstein, nachstehend "Liechtenstein" genannt,
und
das Commonwealth der Bahamas, nachstehend "die Bahamas" genannt,
nachstehend "die Vertragsparteien" genannt;
im Bestreben, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien weiter auszubauen, und im Wunsch, Reisen ihrer Bürger durch Sicherstellung von Visumfreiheit für Einreise und Kurzaufenthalt zu erleichtern;
eingedenk der Tatsache, dass Personen, deren Reise dem Zweck dient, während ihres Kurzaufenthalts einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht unter dieses Abkommen fallen und somit für diese Personengruppe die einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts von Liechtenstein sowie des nationalen Rechts der Bahamas hinsichtlich der Visumpflicht oder -freiheit und des Zugangs zur Beschäftigung weiterhin Anwendung finden;
unter Berücksichtigung Protokolls zur Assoziierung Liechtensteins mit dem Schengen-Besitzstand vom 28. Februar 2008;
sind wie folgt übereingekommen:
Art. 1
Zweck
Dieses Abkommen sieht für die Bürger Liechtensteins und die Bürger der Bahamas die Befreiung von der Visumpflicht vor, wenn sie innerhalb eines Sechs-Monats-Zeitraums für höchstens drei Monate in das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei reisen.
Art. 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Abkommens gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a) "Bürger Liechtensteins": eine Person, die die Staatsangehörigkeit Liechtensteins besitzt;
b) "Bürger der Bahamas": eine Person, die die Staatsangehörigkeit der Bahamas besitzt;
c) "Schengen-Raum": der Raum ohne Binnengrenzen, der die Hoheitsgebiete der Länder umfasst, die den Schengen-Besitzstand in vollem Umfang anwenden.
Art. 3
Geltungsbereich
1) Bürger Liechtensteins, die einen von Liechtenstein ausgestellten gültigen gewöhnlichen oder amtlichen Pass, Diplomaten- oder Dienstpass besitzen, dürfen ohne Visum in das Hoheitsgebiet der Bahamas einreisen und sich dort für die in Art. 4 Abs. 1 festgelegte Dauer aufhalten.
Bürger der Bahamas, die einen von den Bahamas ausgestellten gültigen gewöhnlichen oder amtlichen Pass, Diplomaten- oder Dienstpass besitzen, dürfen ohne Visum in das Hoheitsgebiet Liechtensteins einreisen und sich dort für die in Art. 4 Abs. 2 festgelegte Dauer aufhalten.
2) Abs. 1 findet nicht Anwendung auf Personen, deren Reise dem Zweck dient, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Für diese Personengruppe kann Liechtenstein für die Bürger der Bahamas entsprechend seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften über Visumpflicht oder -freiheit beschliessen.
Für diese Personengruppe können die Bahamas für die Bürger Liechtensteins entsprechend ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften über Visumpflicht oder -freiheit beschliessen.
3) Die mit diesem Abkommen eingeführte Befreiung von der Visumpflicht findet unbeschadet der Rechtsvorschriften der Vertragsparteien über die Bedingungen für Einreise und Kurzaufenthalt Anwendung. Liechtenstein und die Bahamas behalten sich das Recht vor, die Einreise in ihr jeweiliges Hoheitsgebiet und den Kurzaufenthalt in diesem Gebiet zu verweigern, wenn eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erfüllt sind.
4) Die Befreiung von der Visumpflicht findet unabhängig von dem für das Überschreiten der Grenzen der Vertragsparteien verwendeten Verkehrsmittel Anwendung.
5) Fragen, die nicht in den Geltungsbereich dieses Abkommens fallen, werden durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften Liechtensteins und die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Bahamas geregelt.
Art. 4
Aufenthaltsdauer
1) Die Bürger Liechtensteins dürfen sich innerhalb eines Sechs-Monats-Zeitraums nach dem Zeitpunkt der ersten Einreise höchstens drei Monate im Hoheitsgebiet der Bahamas aufhalten.
2) Die Bürger der Bahamas dürfen sich im Hoheitsgebiet Liechtensteins innerhalb eines Sechs-Monats-Zeitraums höchstens drei Monate nach dem Zeitpunkt der ersten Einreise in das Hoheitsgebiet des Landes aufhalten; oder, mit der vollständigen Schengen-Mitgliedschaft Liechtensteins höchstens drei Monate nach dem Zeitpunkt der ersten Einreise in den Schengen-Raum.
3) Der Zeitraum von höchstens drei Monaten innerhalb eines Sechs-Monats-Zeitraums gemäss Abs. 1 und 2 bezeichnet entweder ein ununterbrochener Aufenthalt oder mehrere aufeinander folgende Besuche, deren Dauer innerhalb eines Sechs-Monats-Zeitraums insgesamt drei Monate nicht übersteigt.
4) Dieses Abkommen lässt die Möglichkeit für Liechtenstein und die Bahamas unberührt, die Aufenthaltsdauer im Einklang mit den Bestimmungen ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu verlängern.
Art. 5
Rückübernahme
Jede Vertragspartei übernimmt ohne formale Voraussetzungen seine jeweiligen Staatsangehörigen, welche die Voraussetzungen für die Einreise, den Aufenthalt, oder den Wohnsitz im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei nicht mehr erfüllen. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsparteien bei Bedarf die erforderlichen Aufnahmedokumente zur Verfügung.
Art. 6
Information der Bürger über die Aufhebung der Visumpflicht für Kurzaufenthalte
In Anerkennung der Bedeutung der Transparenz für die Bürger Liechtensteins und der Bahamas, vereinbaren die Vertragsparteien, die uneingeschränkte Verbreitung von Informationen über Inhalt und Folgen dieses Abkommens sowie über damit zusammenhängende Fragen wie die Einreisebedingungen sicherzustellen.
Art. 7
Gemischter Ausschuss für die Verwaltung des Abkommens
1) Die Vertragsparteien setzen einen Gemischten Sachverständigenausschuss (nachstehend "Ausschuss" genannt) ein, der sich aus Vertretern Liechtensteins und der Bahamas zusammensetzt.
2) Der Ausschuss hat, unter anderem, folgende Aufgaben:
a) Überwachung der Durchführung dieses Abkommens;
b) Unterbreitung von Vorschlägen zur Änderung oder Ergänzung dieses Abkommens;
c) Beilegung von Streitigkeiten betreffend die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens.
3) Der Ausschuss wird bei Bedarf auf Antrag einer Vertragspartei einberufen.
4) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
Art. 8
Schlussbestimmungen
1) Dieses Abkommen wird von den Vertragsparteien nach den innerstaatlichen Verfahren ratifiziert oder genehmigt und tritt am ersten Tag des ersten Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem die Vertragsparteien einander den Abschluss der hierfür erforderlichen Verfahren notifiziert haben. Es wird ab dem Tag seiner Unterzeichnung vorläufig angewandt.
2) Dieses Abkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen, kann aber gemäss Abs. 6 gekündigt werden.
3) Dieses Abkommen kann von den Vertragsparteien durch eine schriftliche Vereinbarung geändert werden. Änderungen treten in Kraft, sobald die Vertragsparteien einander mitgeteilt haben, dass ihre für die Änderung des Abkommens erforderlichen innerstaatlichen Verfahren abgeschlossen sind.
4) Im Falle einer Änderung des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Commonwealth der Bahamas über die Befreiung von der Visumspflicht für Kurzaufenthalte vom 28. Mai 2009 gemäss dessen Art. 8 wird als Folge dieses Abkommen gemäss Abs. 3 entsprechend geändert, wenn eine solche Änderung aufgrund der liechtensteinischen Schengenassoziierung erforderlich ist.
5) Jede Vertragspartei kann das Abkommen insbesondere aus Gründen der öffentlichen Ordnung, zum Schutz der nationalen Sicherheit oder der Volksgesundheit, wegen illegaler Einwanderung oder der Wiedereinführung der Visumpflicht durch eine Vertragspartei ganz oder teilweise aussetzen. Die Entscheidung über die Aussetzung wird der anderen Vertragspartei spätestens zwei Monate vor ihrem Inkrafttreten mitgeteilt. Die Vertragspartei, die die Anwendung des Abkommens ausgesetzt hat, unterrichtet unverzüglich die andere Vertragspartei, sobald die für die Aussetzung ausschlaggebenden Gründe nicht mehr bestehen.
6) Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen durch schriftliche Notifizierung an die andere Vertragspartei kündigen. Das Abkommen tritt 90 Tage nach dem Tag dieser Notifizierung ausser Kraft.
7) Die Bahamas können dieses Abkommen nur aussetzen oder kündigen, wenn gleichzeitig das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Commonwealth der Bahamas über die Befreiung von der Visumspflicht für Kurzaufenthalte vom 28. Mai 2009 ausgesetzt oder gekündigt wird.
8) Liechtenstein kann dieses Abkommen nur aussetzen oder kündigen, wenn dies in Einklang mit seinen Verpflichtungen im Rahmen seiner Schengenassoziierung ist.
Geschehen zu Brüssel, am 9. September 2011, in doppelter Urschrift in englischer und deutscher Sprache.
Für das
Fürstentum Liechtenstein:
Für das
Commonwealth der Bahamas:
gez. Kurt Jäger
gez. Paul H. Farquharson
Gemeinsame Erklärung zur Auslegung von Art. 3 Abs. 2 dieses Abkommens betreffend die Personengruppe, deren Reisezweck darin besteht, einer
Erwerbstätigkeit nachzugehen
In dem Bestreben, eine gemeinsame Auslegung zu gewährleisten, vereinbaren die Vertragsparteien, dass für die Zwecke dieses Abkommens die Personengruppe, die einer Erwerbstätigkeit nachgeht, Personen umfasst, deren Einreise dem Zweck dient, im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei als Arbeitnehmer oder Dienstleistungserbringer einer Berufstätigkeit/Erwerbstätigkeit nachzugehen.
In diese Personengruppe fallen nicht:
- Geschäftsleute, d. h. Personen, die zum Zweck geschäftlicher Beratungen reisen (ohne im Land der anderen Vertragspartei beschäftigt zu sein),
- Sportler und Künstler, die auf Ad-hoc-Basis einer Tätigkeit nachgehen,
- Journalisten, die von den Medien ihres Wohnsitzlands entsandt werden, und
- innerbetriebliche Auszubildende.
Der Gemischte Ausschuss überwacht die Umsetzung dieser Erklärung gemäss seiner Verantwortung nach Art. 7 dieses Abkommens; er kann Änderungen vorschlagen, wenn er dies aufgrund der Erfahrungen der Vertragsparteien für erforderlich hält.

1   Vorläufig angewendet seit 9. September 2011.