0.152.391.021
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2013 Nr. 200 ausgegeben am 24. Mai 2013
Vereinbarung
zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und dem Bundesministerium für Inneres der Republik Österreich1 über die praktischen Modalitäten zur erleichterten Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Feststellung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist2
Abgeschlossen in Wien am 24. April 2013
Inkrafttreten: 24. Mai 2013
In Anbetracht des Protokolls (ABl. L53/5 vom 18. Juni 2011) zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Antrages, welches die Anwendung und Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, (nachstehend "Dublin-Verordnung") vorsieht.
In Anbetracht von Art. 23 der Dublin-Verordnung
haben die Vertragsparteien Folgendes vereinbart:
Art. 1
1) Die vorliegende Vereinbarung regelt die praktischen Modalitäten zur erleichterten Anwendung der Dublin-Verordnung.
2) Diese Vereinbarung muss im Einklang mit der Dublin-Verordnung und der Verordnung der Kommission (EG) 1560/2003 vom 2. September 2003 (nachstehend "Durchführungsverordnung" genannt) angewendet werden.
3) Die Vertragsparteien verwenden die in der Dublin-Verordnung und der Durchführungsverordnung angeführten Begriffe in der dort festgelegten Bedeutung.
Art. 2
1) Folgende Behörden (nachfolgend "zuständige Behörden" genannt) sind für die Anwendung dieser Vereinbarung zuständig:
a) Im Ministerium für Inneres
Ausländer- und Passamt
Städtle 38
FL-9490 Vaduz
b) Im Bundesministerium für Inneres
Bundesasylamt
Landstrasser Hauptstrasse 171
A-1030 Wien
2) Die Vertragsparteien tauschen anlässlich der Unterzeichnung dieser Vereinbarung die Kontaktinformationen jener Stellen aus, welche innerhalb der zuständigen Behörden mit der Anwendung dieser Vereinbarung betraut sind. Die zuständigen Behörden informieren einander zudem unverzüglich in schriftlicher Form über allfällige diesbezügliche Änderungen.
Art. 3
1) Die zuständigen Behörden beantworten Ersuchen um Auf- und Wiederaufnahme sowie Informationsgesuchen nach Art. 21 der Dublin-Verordnung in der kürzest möglichen Zeit. Die Beantwortung erfolgt in der Regel bei Ersuchen um Aufnahme innerhalb von 10 Tagen und bei Ersuchen um Wiederaufnahme innerhalb von 1 Woche, bei Informationsersuchen nach Art. 21 der Dublin-Verordnung innerhalb von 4 Wochen.
2) Die Möglichkeit, in den Fällen nach Art. 17 Abs. 2 der Dublin-Verordnung eine dringliche Antwort binnen Wochenfrist anzufordern, bleibt hiervon unberührt.
3) Das Vorliegen einer Zuständigkeitsfiktion gemäss Art. 18 Abs. 7 oder Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin-Verordnung bleibt hiervon unberührt.
Art. 4
1) Überstellungen von Drittstaatsangehörigen im Rahmen des Verfahrens nach der Dublin-Verordnung und der Durchführungsverordnung werden auf dem Luftweg über jene internationalen Flughäfen, zwischen denen direkte Flugverbindungen bestehen oder auf dem Landweg abgewickelt. Überstellungen auf dem Landweg ist insbesondere der Vorzug zu geben, wenn dies für die Organisation des Vollzugs - beispielsweise aufgrund der örtlichen Gegebenheiten - zweckmässig erscheint. Die Übergabe/Übernahmemodalitäten werden durch die zuständigen Behörden im Einzelfall vereinbart, wobei auf die Bedürfnisse beider Seiten Rücksicht zu nehmen ist.
2) Eine Überstellung auf dem Landweg erfolgt an der (ehemaligen) Grenzübergangsstelle in 6800 Feldkirch, Tisis-Schaanwald.
3) Die Überstellung kann im Einzelfall im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den zuständigen Behörden auch an einem anderen Grenzübergang erfolgen. Die Übergabe darf grundsätzlich nur an solchen Orten durchgeführt werden, an denen entsprechende Einrichtungen für eine sichere Übergabe-/Übernahme bestehen.
Art. 5
1) Überstellungen auf dem Landweg sind grundsätzlich von Montag bis Freitag, jeweils um 14:00 Uhr, durchzuführen. Allfällige Abweichungen können im Einzelfall durch die zuständigen Behörden vereinbart werden, wobei auf die Bedürfnisse beider Seiten Rücksicht zu nehmen ist.
2) Anerkennt die ersuchte Behörde ihre Zuständigkeit, einigen sich die zuständigen Behörden der Vertragsparteien unverzüglich auf mögliche Überstellungstermine und Überstellungsorte.
3) Die für die Überstellung zuständigen Organe teilen das konkrete Datum, die Uhrzeit und den Ort der Überstellung mindestens 3 Arbeitstage vor dem geplanten Datum mit.
4) Die Überstellung wird durch die nach innerstaatlichem Recht zuständigen Organe durchgeführt.
5) Falls die Bedingungen für die Überstellung gemäss Abs. 1, 2 und 3 nicht eingehalten werden, können die zuständigen Behörden der ersuchten Vertragspartei die Übernahme ablehnen. In diesen Fällen wird im gegenseitigen Einvernehmen ein Ersatztermin für die Überstellung bestimmt.
6) Beim Vorliegen einer Zuständigkeitsfiktion nach Art. 18 Abs. 7 oder Art. 20 Abs. 1 lit. c der Dublin-Verordnung gelten ebenfalls die Abs. 1 bis 5 dieses Artikels.
Art. 6
Die zuständigen Behörden kommunizieren gemäss Art. 15 der Durchführungsverordnung über das DubliNet System. Bei technischen Schwierigkeiten können andere Kommunikationssysteme, vorrangig Telefax, eingesetzt werden, welche eine schnelle Bearbeitung von Ersuchen sicherstellen. Die Vertragsparteien stellen sicher, dass sämtliche Daten gegen unbefugten Zugriff, missbräuchliche Änderungen und widerrechtliche Bekanntgabe wirksam geschützt sind. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die Behebung der technischen Schwierigkeiten unverzüglich zu veranlassen und einander in schriftlicher Form über die Funktionsstörung des DubliNet Systems zu unterrichten.
Art. 7
Zur Klärung der praktischen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Vereinbarung sowie der Dublin-Verordnung und der Durchführungsverordnung kann jede Vertragspartei, handelnd durch die zuständigen Behörden, ein Treffen zwischen den zuständigen Experten einberufen. Zeit und Ort dieser Treffen werden im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den zuständigen Behörden bestimmt.
Art. 8
1) Diese Vereinbarung tritt 30 Tage nach ihrer Unterzeichnung in Kraft.
2) Vereinbarte Änderungen dieser Vereinbarung treten in Kraft, sobald sich die Parteien gegenseitig den Abschluss des jeweiligen internen Genehmigungsverfahrens notifiziert haben.
3) Bei Modifizierung der Dublin-Verordnung sowie der Durchführungsverordnung werden die Vertragsparteien diese Vereinbarung entsprechend ändern und gemäss Abs. 2 in Kraft setzen.
4) Diese Vereinbarung ist unbefristet und kann von jeder der beiden Vertragsparteien in schriftlicher Form, zu jeder Zeit gekündigt werden. In diesem Fall tritt diese Vereinbarung am ersten Tag des dritten Monats nach Erhalt der Kündigungsnote ausser Kraft.
5) Diese Vereinbarung tritt ausser Kraft, falls das Protokoll (ABl. L53/5 vom 18. Juni 2011) zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags gemäss Art. 11 Abs. 1 gekündigt oder gemäss Art. 11 Abs. 3 beendet wird.
6) Die zuständigen Behörden unterrichten gemäss Art. 23 Abs. 2 der Dublin-Verordnung nach der Unterzeichnung und vor Inkrafttreten der vorliegenden Vereinbarung gemeinsam die Europäische Kommission.
Gezeichnet zu Wien am 24. April 2013
Für die
Regierung des Fürstentums

Liechtenstein:
Für das
Bundesministerium für Inneres der Republik Österreich:
gez. Hans Peter Walch
gez. SC Dr. Mathias Vogl

1   nachstehend "Vertragsparteien" genannt

2   nachstehend "Vereinbarung" genannt