173.520
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2013 Nr. 421 ausgegeben am 23. Dezember 2013
Treuhändergesetz (TrHG)
vom 8. November 2013
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:1
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand und Zweck
1) Dieses Gesetz regelt die Zulassung, die Berufsausübung sowie die Beaufsichtigung von Treuhändern und Treuhandgesellschaften.
2) Es bezweckt insbesondere den Schutz der Kunden, die Sicherung des Vertrauens in den liechtensteinischen Finanzplatz sowie die Förderung des Zugangs zu internationalen Märkten und der Wettbewerbsfähigkeit.
3) Es dient zudem der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (EWR-Rechtssammlung: Anh. VII - 1.01).
Art. 2
Geltungsbereich
Diesem Gesetz unterstehen natürliche und juristische Personen, die als Treuhänder oder Treuhandgesellschaft geschäftsmässig folgende Tätigkeiten ausüben:
a) Gründung von Verbandspersonen, Gesellschaften und Treuhänderschaften für Dritte, im eigenen Namen und für fremde Rechnung sowie damit verbundene Interventionen bei Gerichten und Verwaltungsbehörden;
b) Übernahme von Verwaltungsmandaten nach Art. 180a des Personen- und Gesellschaftsrechts sowie Übernahme von Treuhänderschaften;
c) Finanzberatung und Wirtschaftsberatung;
d) Steuerberatung;
e) Buchführung und prüferische Durchsicht (Review), soweit dies nicht den Wirtschaftsprüfern und Revisionsgesellschaften vorbehalten ist.
Art. 3
Begriffsbestimmungen und Bezeichnungen
1) Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
a) "geschäftsmässig": das Ausüben einer Tätigkeit, die selbständig, regelmässig und gegen Entgelt erfolgt oder deren gewinnstrebende Absicht aus der Häufigkeit der Tätigkeit oder aus anderen Gründen zu folgern ist;
b) "Bewilligung zur umfassenden Tätigkeit": eine Bewilligung, die zur geschäftsmässigen Ausübung sämtlicher Tätigkeiten nach Art. 2 berechtigt;
c) "Bewilligung zur eingeschränkten Tätigkeit": eine Bewilligung, die zur geschäftsmässigen Ausübung von Tätigkeiten nach Art. 2 Bst. a und b berechtigt;
d) "qualifizierte Beteiligung": das direkte Halten oder das Halten im Rahmen eines Kontrollverhältnisses von mindestens 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte an einer Treuhandgesellschaft;
e) "Geschäftssitz": der Ort im Inland, an dem eine natürliche Person die nach diesem Gesetz bewilligte Tätigkeit tatsächlich ausübt.
2) Unter den in diesem Gesetz verwendeten Personen-, Berufs- und Funktionsbezeichnungen sind Angehörige des weiblichen und männlichen Geschlechts zu verstehen.
II. Bewilligungen
A. Bewilligungspflicht und -voraussetzungen
1. Treuhänder
Art. 4
Bewilligungspflicht
Treuhänder bedürfen vor Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit einer Bewilligung der Finanzmarktaufsicht (FMA).
Art. 5
Bewilligungsvoraussetzungen
1) Die Bewilligung zur umfassenden Tätigkeit wird erteilt, wenn der Antragsteller:
a) handlungsfähig ist;
b) vertrauenswürdig im Sinne von Art. 6 ist;
c) den Ausbildungsnachweis nach Art. 7 erbringt;
d) das liechtensteinische Landesbürgerrecht oder das Staatsbürgerrecht eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA-Vertragsstaat) oder der Schweiz besitzt oder aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellt ist;2
e) eine praktische Betätigung nach Art. 8 nachweist;
f) die Treuhänderprüfung nach Art. 9 mit Erfolg abgelegt hat;
g) eine Haftpflichtversicherung oder eine andere finanzielle Sicherheit nach Art. 11 nachweist; und
h) über einen Geschäftssitz nach Art. 12 verfügt.
2) Die Bewilligung zur eingeschränkten Tätigkeit wird erteilt, wenn der Antragsteller:
a) die Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsliste) nach Art. 3 Abs. 2 Bst. a bis e des Rechtsanwaltsgesetzes erfüllt;
b) die Voraussetzungen nach Abs. 1 Bst. a, b, d, e, g und h erfüllt; und
c) die Zusatzprüfung nach Art. 10 mit Erfolg abgelegt hat.
3) Die Unterlagen nach Anhang VII der Richtlinie 2005/36/EG sind den Nachweisen nach Abs. 1 gleichwertig.
Art. 6
Vertrauenswürdigkeit
1) Das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit nach Art. 5 Abs. 1 Bst. b wird nicht erfüllt, wenn eine rechtskräftige Verurteilung des Antragstellers zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen wegen eines Vergehens oder Verbrechens vorliegt, das im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit steht.
2) Die FMA kann in Abwägung aller Umstände das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit als nicht gegeben beurteilen, wenn:
a) in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung eine fruchtlose Pfändung des Antragstellers erfolgt ist;
b) in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung eine rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Konkurseröffnung wegen fehlenden kostendeckenden Vermögens über den Antragsteller vorliegt;
c) in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung über den Antragsteller rechtskräftig der Konkurs eröffnet worden ist;
d) gegen den Antragsteller ein rechtskräftiger aufsichtsrechtlicher Entscheid wegen eines wiederholten oder schweren Verstosses gegen finanzmarktaufsichtsrechtliche Erlasse ergangen ist;
e) gegen den Antragsteller ein rechtskräftiger disziplinarischer Entscheid ergangen ist;
f) gegen den Antragsteller im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit ein Strafverfahren eröffnet worden ist, in dessen Rahmen eine rechtskräftige Anklageschrift vorliegt;
g) gegen den Antragsteller eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines Vergehens oder Verbrechens vorliegt.
3) Abs. 1 und 2 gelten auch für ausländische Entscheide und Verfahren. Ausländische Strafentscheide und -verfahren dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn die zu Grunde liegende Handlung zum Begehungszeitpunkt auch nach liechtensteinischem Recht gerichtlich strafbar ist.
Art. 7 3
Ausbildungsnachweis
Als Ausbildungsnachweis im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Bst. c gelten:
a) der Nachweis über den erfolgreichen Abschluss der rechtswissenschaftlichen oder wirtschaftswissenschaftlichen Studien an einer Universität oder Hochschule;
b) der Nachweis über den erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung:
1. die eine Mindestdauer von vier Semestern aufweist;
2. deren Mindestpunkteanzahl 60 ECTS-Punkte beträgt;
3. die Lehrinhalte in Sachgebieten vermittelt, die nach Art. 9 Abs. 3 Gegenstand der Treuhänderprüfung sind; diese Lehrinhalte müssen mindestens zwei Drittel der Ausbildung umfassen; und
4. bei der Kenntnisse in den Lehrinhalten nach Ziff. 3 durch erfolgreiche Ablegung einer standardisierten Prüfung nachzuweisen sind.
Art. 8
Praktische Betätigung
1) Die zur Ausübung des Treuhänderberufs erforderliche praktische Betätigung hat in einer diesen Beruf abdeckenden Tätigkeit bei einem Treuhänder oder einer Treuhandgesellschaft, einem Wirtschaftsprüfer oder einer Revisionsgesellschaft, bei einem Rechtsanwalt oder bei einer Verwaltungsbehörde des Landes zu bestehen. Für Personen, welche die Rechtsanwaltsprüfung bestanden haben, wird die praktische Betätigung nach dem Rechtsanwaltsgesetz angerechnet.
2) Die praktische Betätigung muss in Zusammenhang mit den in Art. 2 genannten Tätigkeiten stehen, wobei die einzelnen Tätigkeitsbereiche anzuführen sind. Dies ist vom Arbeitgeber ausdrücklich schriftlich zu bestätigen.
3) Die praktische Betätigung hat drei Jahre in Vollzeit zu dauern, wobei mindestens ein Jahr bei einem zur Treuhändertätigkeit zugelassenen Arbeitgeber im Inland zu verbringen ist. Bei einer Teilzeitbeschäftigung erhöht sich die Dauer entsprechend.
Art. 9
Treuhänderprüfung
1) Ein Antragsteller wird von der FMA zur Treuhänderprüfung zugelassen, wenn er die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Bst. a bis e erfüllt.
2) Die Treuhänderprüfung ist vor der Prüfungskommission für Treuhänder abzulegen.
3) Die Treuhänderprüfung umfasst:
a) je eine schriftliche Arbeit in Buchführung und Revisionstätigkeit, Personen- und Gesellschaftsrecht, Handelsregisterrecht, Berufsrecht, Aufsicht durch die FMA, Sorgfaltspflichtrecht, Gewerberecht, Steuerrecht, Vertragsrecht, Erbrecht, Finanzberatung; und
b) eine mündliche Prüfung in diesen sowie weiteren, für die Ausübung des Treuhänderberufs wichtigen Sachgebieten.
4) Für Antragsteller, welche die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 2 Bst. a erfüllen, umfasst die Treuhänderprüfung:
a) je eine schriftliche Arbeit in Buchführung und Revisionstätigkeit, Steuerrecht, Finanzberatung; und
b) eine mündliche Prüfung in diesen sowie weiteren, für die Ausübung des Treuhänderberufs wichtigen Sachgebieten.
5) Die Treuhänderprüfung kann, wenn sie nicht bestanden wird, frühestens nach Ablauf eines Jahres wiederholt werden. Wird auch die zweite Prüfung nicht bestanden, so kann eine letzte Wiederholung frühestens nach Ablauf von drei Jahren nach der ersten Prüfung stattfinden.
6) Die Regierung regelt das Nähere mit Verordnung.
Art. 10
Zusatzprüfung
1) Ein Antragsteller wird von der FMA zur Zusatzprüfung zugelassen, wenn er die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Bst. a bis e und Abs. 2 Bst. a erfüllt.4
2) Die Zusatzprüfung umfasst eine mündliche Prüfung über die Grundzüge des Personen- und Gesellschaftsrechts, des Handelsregisterrechts, des Berufsrechts, der Aufsicht durch die FMA, des Sorgfaltspflichtrechts, des Gewerberechts, der Buchführung und Revisionstätigkeit, des Steuerrechts sowie der Finanzberatung.
3) Im Übrigen findet auf die Durchführung der Zusatzprüfung Art. 9 Abs. 2 und 5 sinngemäss Anwendung.
4) Die Regierung regelt das Nähere mit Verordnung.
Art. 11
Haftpflichtversicherung und andere finanzielle Sicherheiten
1) Die Haftpflichtversicherung nach Art. 5 Abs. 1 Bst. g muss:
a) die Haftpflicht für Schäden aus der Verletzung der berufsmässigen Pflichten in Zusammenhang mit Tätigkeiten nach Art. 2 Bst. a, c, d und e abdecken;
b) eine Versicherungssumme in Höhe von mindestens 1 Million Franken für jeden Schadenfall und 2 Millionen Franken für alle Schadenfälle eines Jahres vorsehen;
c) eine Nachhaftung für mindestens drei Jahre vorsehen, wobei im Falle eines blossen Versicherungswechsels die Übernahme des Vorrisikos ausreichend ist;
d) einen Selbstbehalt von höchstens 10 % der Versicherungssumme pro Schadenfall vorsehen. Die FMA kann in begründeten Fällen auf Antrag Abweichungen hiervon zulassen; und
e) das Versicherungsunternehmen vertraglich verpflichten, der FMA das Aussetzen oder Aufhören des Versicherungsschutzes unverzüglich anzuzeigen.
2) Von der Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist befreit, wer:
a) als versicherte Person durch eine andere, den Anforderungen von Abs. 1 genügende Haftpflichtversicherung gedeckt ist, die von einer anderen Person abgeschlossen wurde;
b) eine anderweitige gleichwertige Sicherheit leistet. Abs. 1 Bst. c findet sinngemäss Anwendung. Die FMA entscheidet im Einzelfall, ob eine gleichwertige Sicherheit vorliegt.
Art. 12
Geschäftssitz
Der Geschäftssitz nach Art. 5 Abs. 1 Bst. h muss die räumlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Ausübung des Treuhänderberufs erfüllen.
2. Treuhandgesellschaften
Art. 13
Bewilligungspflicht
Treuhandgesellschaften bedürfen vor Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit einer Bewilligung der FMA.
Art. 14
Bewilligungsvoraussetzungen
1) Die Bewilligung zur umfassenden Tätigkeit wird auf Antrag erteilt, wenn:
a) in der Leitung der Gesellschaft eine Person tatsächlich tätig ist, welche die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Bst. a bis f erfüllt;
b) die Gesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer Kollektivgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft, einer Anstalt oder eines Treuunternehmens mit Persönlichkeit besteht;
c) der Sitz und die Hauptverwaltung der Gesellschaft sich im Inland befinden;
d) Aktionäre, Gesellschafter oder Inhaber, die eine qualifizierte Beteiligung an der Gesellschaft halten, den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung einer Treuhandgesellschaft zu stellenden Ansprüchen genügen;
e) die Mitglieder der Verwaltung und weitere Mitglieder der Geschäftsleitung vertrauenswürdig (Art. 6) sind; und
f) eine Haftpflichtversicherung oder eine andere finanzielle Sicherheit nach Art. 11 nachgewiesen wird.
2) Die Bewilligung zur eingeschränkten Tätigkeit wird auf Antrag erteilt, wenn:
a) in der Leitung der Gesellschaft eine Person tatsächlich tätig ist, welche:
1. die Voraussetzungen für die Eintragung in die Rechtsanwaltsliste nach Art. 3 Abs. 2 Bst. a bis e des Rechtsanwaltsgesetzes erfüllt;
2. die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Bst. a, b, d und e erfüllt; und
3. die Zusatzprüfung nach Art. 10 mit Erfolg abgelegt hat; und
b) die Voraussetzungen nach Abs. 1 Bst. b bis f erfüllt sind.
B. Bewilligungsverfahren
Art. 15
Bewilligungsantrag
1) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung als Treuhänder oder Treuhandgesellschaft ist bei der FMA einzureichen.
2) Dem Antrag sind die zum Nachweis der Voraussetzungen nach Art. 5 und 14 erforderlichen Unterlagen einschliesslich eines Lebenslaufs im Original beizufügen; die FMA kann anstelle von Originaldokumenten Kopien zulassen sowie bei fremdsprachigen Unterlagen eine beglaubigte Übersetzung verlangen. Die Unterlagen zum Nachweis der Vertrauenswürdigkeit dürfen bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate sein.
3) Die FMA übermittelt dem Antragsteller binnen drei Arbeitstagen nach Eingang des vollständigen Antrags eine Eingangsbestätigung.
4) Über den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung wird innert sechs Wochen nach Eingang des vollständigen Antrags entschieden. In ausserordentlichen Fällen kann die FMA diese Frist angemessen verlängern.
5) Die Regierung regelt das Nähere mit Verordnung.
Art. 16
Erteilung und Umfang der Bewilligung
1) Die Bewilligung wird erteilt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden. Sie kann unter Auflagen oder Bedingungen erteilt werden.
2) Die Bewilligung wird entweder als Bewilligung zur umfassenden Tätigkeit oder als Bewilligung zur eingeschränkten Tätigkeit erteilt.
3) Die Bewilligung ist höchstpersönlich und nicht auf Dritte übertragbar.
Art. 17
Bescheinigung für die Eintragung im Handelsregister
Die FMA stellt für Treuhandgesellschaften zuhanden des Amtes für Justiz eine Bescheinigung aus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und der Treuhandgesellschaft nach der Eintragung in das Handelsregister die Bewilligung erteilt wird. Ohne diese Bescheinigung darf die Gesellschaft im Handelsregister nicht eingetragen werden.
Art. 18
Verzeichnis der Treuhänder und Treuhandgesellschaften
1) Die FMA hat die zugelassenen Treuhänder und Treuhandgesellschaften in ein öffentlich zugängliches Verzeichnis aufzunehmen, das mittels Abrufverfahren auf der Homepage der FMA eingesehen werden kann.
2) Das Verzeichnis hat zu enthalten:
a) bei Treuhändern: den Namen und Vornamen, den Titel sowie den Geschäftssitz;
b) bei Treuhandgesellschaften: die Firma, die Rechtsform, den Sitz sowie den Namen und Vornamen der tatsächlich leitenden Person.
3) Das Verzeichnis ist von der FMA regelmässig zu aktualisieren.
III. Rechte und Pflichten
Art. 19
Berufs-, Geschäfts- und Firmabezeichnung
1) Treuhänder haben die Berufsbezeichnung "Treuhänder" oder eine andere von der FMA genehmigte Berufs- oder Geschäftsbezeichnung zu führen. Treuhänder mit einer Bewilligung zur eingeschränkten Tätigkeit haben zudem im Geschäftsverkehr in geeigneter Weise darauf hinzuweisen.
2) Treuhandgesellschaften haben eine Firma zu wählen, die weder irreführend ist noch gegen finanzmarktaufsichtsrechtliche Erlasse verstösst; sie haben im Geschäftsverkehr in geeigneter Weise auf die Treuhandtätigkeit hinzuweisen. Die Firma sowie deren Änderung bedürfen der Genehmigung durch die FMA.
Art. 20
Pflicht zur Einhaltung der Standesregeln
1) Treuhänder und Treuhandgesellschaften haben ihre Tätigkeit nach Massgabe der Standesregeln sorgfältig, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden auszuüben sowie durch ihr Verhalten das Ansehen des Berufsstandes zu wahren.
2) Die Standesregeln haben Bestimmungen zu enthalten über:
a) das Ansehen des Standes;
b) die Lauterkeit;
c) die Werbung;
d) die Honorare;
e) die Aus- und Weiterbildung;
f) die Datensicherheit;
g) das Risikomanagement;
h) die Vorkehrungen bei Interessenkonflikten.
Art. 21
Geheimhaltungspflicht
1) Treuhänder und Treuhandgesellschaften sind zur Geheimhaltung über die ihnen anvertrauten Angelegenheiten und die ihnen sonst in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse ihrer Kunden gelegen ist, verpflichtet. Vorbehalten bleiben die gesetzlichen Vorschriften über die Zeugnis- oder Auskunftspflicht gegenüber den Strafgerichten, der Stabsstelle FIU und den Aufsichtsorganen.5
2) Das Recht der Treuhänder und Treuhandgesellschaften auf Geheimhaltung darf durch gerichtliche oder sonstige behördliche Massnahmen, insbesondere durch Vernehmung von Hilfskräften des Treuhänders oder der Treuhandgesellschaft oder dadurch, dass die Herausgabe von Schriftstücken, Bild-, Ton- oder Datenträgern (Dokumenten) aufgetragen wird oder diese beschlagnahmt werden, nicht umgangen werden; besondere Regelungen zur Abgrenzung dieses Verbots bleiben unberührt.
Art. 22
Melde-, Genehmigungs- und Auskunftspflichten
1) Treuhänder und Treuhandgesellschaften haben der FMA jede Änderung der Bewilligungsvoraussetzungen, insbesondere Änderungen, die für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit nach Art. 6 erforderlich sind, unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
2) Einer vorgängigen Genehmigung durch die FMA bedürfen:
a) der Wechsel der tatsächlich leitenden Person, eines Mitglieds der Verwaltung oder eines weiteren Mitglieds der Geschäftsleitung einer Treuhandgesellschaft;
b) die Änderung einer qualifizierten Beteiligung einer Treuhandgesellschaft;
c) die Änderung der Firma einer Treuhandgesellschaft;
d) die Änderung der Haftpflichtversicherung oder einer anderen finanziellen Sicherheit.
3) Der FMA sind auf Verlangen alle Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen sowie alle Auskünfte zu erteilen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.
IV. Beendigung der Bewilligung
Art. 23
Widerruf
1) Die Bewilligung wird von der FMA widerrufen, wenn:
a) der Bewilligungsinhaber sie durch falsche Angaben erschlichen oder auf sonstige rechtswidrige Weise erhalten hat; oder
b) bei der Bewilligungserteilung wesentliche Umstände nicht bekannt waren.
2) Die FMA hat vor dem Widerruf einer Bewilligung die Treuhandkammer anzuhören.
3) Der Widerruf einer Bewilligung wird auf Kosten des Bewilligungsinhabers im Amtsblatt veröffentlicht.
Art. 24
Erlöschen
1) Die Bewilligung erlischt, wenn:
a) der Bewilligungsinhaber stirbt oder handlungsunfähig wird oder im Handelsregister gelöscht wird;
b) die Geschäftstätigkeit nicht innert Jahresfrist ab Bewilligungserteilung aufgenommen wird;
c) die Geschäftstätigkeit während mindestens eines Jahres nicht mehr ausgeübt wird; oder
d) schriftlich auf die Bewilligung verzichtet wird.
2) In begründeten Fällen kann die FMA auf Antrag die Fristen nach Abs. 1 Bst. b und c angemessen verlängern.
3) Das Erlöschen einer Bewilligung wird auf Kosten des Bewilligungsinhabers im Amtsblatt veröffentlicht.
Art. 25
Entzug
1) Die Bewilligung kann von der FMA entzogen werden, wenn:
a) die Voraussetzungen für die Erteilung nicht mehr erfüllt sind oder mit der Bewilligung in Zusammenhang stehende Auflagen oder Bedingungen nicht eingehalten werden;
b) gesetzliche Pflichten oder behördliche Anordnungen in schwerwiegender Weise verletzt werden, insbesondere der Aufforderung der FMA zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands nicht Folge geleistet wird.
2) Die FMA hat vor dem Entzug einer Bewilligung die Treuhandkammer anzuhören.
3) Der Entzug einer Bewilligung wird auf Kosten des Bewilligungsinhabers im Amtsblatt veröffentlicht.
Art. 26
Zwangsauflösung
1) Eine Gesellschaft, die ohne Bewilligung eine Tätigkeit nach Art. 2 ausübt, wird auf Antrag der FMA durch das Amt für Justiz aufgelöst, wenn es der Zweck dieses Gesetzes erfordert.
2) Die FMA trifft die für die Durchführung der Liquidation und die Abwicklung der laufenden Geschäfte erforderlichen Massnahmen und erteilt dem Liquidator die notwendigen Weisungen.
3) Die FMA ist für die Auswahl des zu bestellenden Liquidators verantwortlich. Die Bestellung und Abberufung des Liquidators erfolgt durch das Amt für Justiz.
4) Die Regelungen über die Liquidation nach Art. 130 ff. des Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR), insbesondere über die Kostentragung nach Art. 133 Abs. 6 PGR, finden im Übrigen sinngemäss Anwendung.
5) Die FMA hat vor der Zwangsauflösung die Treuhandkammer anzuhören.
6) Die Auflösung einer nicht bewilligten Gesellschaft wird auf Kosten der verantwortlichen Personen beziehungsweise auf Kosten der Masse im Amtsblatt veröffentlicht.
Art. 27
Abwicklung von Mandaten
1) Ist im Falle der Beendigung einer Bewilligung eine ordentliche Abwicklung von Mandaten nicht gewährleistet, hat die Standeskommission die Abwicklung von Mandaten des Bewilligungsinhabers zu koordinieren.
2) Die Standeskommission verfügt zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Abs. 1 gegenüber den Gerichten, der FMA sowie den Auftraggebern über umfassende Auskunfts- und Einsichtsrechte; sie ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.
3) Die FMA informiert die Standeskommission unverzüglich über die Beendigung einer Bewilligung.
V. Verhältnis zum Europäischen Wirtschaftsraum und zu Drittstaaten
A. Inlandstätigkeit ausländischer Treuhänder
1. Niederlassung
Art. 28
Grundsatz
1) Personen, die das Staatsbürgerrecht eines anderen EWRA-Vertragsstaates besitzen oder aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellt sind und die nach den Vorschriften ihres Herkunftsstaates zur geschäftsmässigen Ausübung der Tätigkeiten nach Art. 2 zugelassen sind, können sich zur Ausübung dieser Tätigkeiten im Inland niederlassen.
2) Die in Abs. 1 bezeichneten Personen unterstehen neben den im Herkunftsstaat geltenden Standesregeln hinsichtlich aller Tätigkeiten, die sie im Inland ausüben, den gleichen Berufs- und Standesregeln wie die inländischen Treuhänder.
Art. 29
Bewilligungsvoraussetzungen
1) Die Niederlassung im Sinne von Art. 28 bedarf einer Bewilligung der FMA.
2) Der Antragsteller hat folgende Nachweise zu erbringen über:
a) die Befugnis nach Art. 28 Abs. 1;
b) die Erfüllung der Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Bst. a und b;
c) eine Berufsqualifikation, die mit der Berufsqualifikation eines liechtensteinischen Treuhänders vergleichbar ist;
d) eine zweijährige hauptberufliche und selbständige Ausübung des Treuhänderberufs im Herkunftsstaat innerhalb der letzten zehn Jahre, sofern der Treuhänderberuf beziehungsweise die betreffende Ausbildung in diesem Staat nicht reglementiert ist;
e) die erfolgreiche Ablegung der Eignungsprüfung nach Art. 30;
f) das Bestehen einer Haftpflichtversicherung oder einer anderen finanziellen Sicherheit im Sinne von Art. 11;
g) den Geschäftssitz nach Art. 12.
3) Die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen erfolgt nach Massgabe der Bestimmungen des Gesetzes über die Anerkennung von Berufsqualifikationen.
Art. 30
Eignungsprüfung
1) Die Eignungsprüfung ist eine ausschliesslich die beruflichen Kenntnisse des Antragstellers betreffende staatliche Prüfung, mit der seine Fähigkeit, den Treuhänderberuf im Inland auszuüben, beurteilt werden soll.
2) Die Eignungsprüfung muss dem Umstand Rechnung tragen, dass der Antragsteller im Herkunftsstaat über eine berufliche Qualifikation zur Ausübung des Treuhänderberufs verfügt.
3) Über die Zulassung zur Eignungsprüfung entscheidet die FMA. Die Zulassung zur Eignungsprüfung wird versagt, wenn der Antragsteller die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt oder die notwendigen Unterlagen und Erklärungen nicht vorlegt oder abgibt.
4) Prüfungsfächer sind die Pflichtfächer Personen- und Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Berufsrecht der Treuhänder, Aufsicht durch die FMA, Sorgfaltspflichtrecht und zwei Wahlfächer. Der Antragsteller hat je ein Wahlfach aus den folgenden beiden Wahlfachgruppen zu wählen, wobei eines der beiden gewählten Wahlfächer für die schriftliche Prüfung und eines für die mündliche Prüfung zu bestimmen ist:
a) Vertragsrecht oder Erbrecht;
b) Buchführung und Revisionstätigkeit oder Finanzberatung.
5) Im Übrigen findet auf die Durchführung der Eignungsprüfung Art. 9 Abs. 2 und 5 sinngemäss Anwendung.
6) Die Regierung regelt das Nähere mit Verordnung.
2. Freier Dienstleistungsverkehr
Art. 31
Grundsatz
1) Personen, die das Staatsbürgerrecht eines anderen EWRA-Vertragsstaates besitzen oder aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellt sind und die nach den Vorschriften ihres Herkunftsstaates zur geschäftsmässigen Ausübung der Tätigkeiten nach Art. 2 zugelassen sind, können diese Tätigkeiten vorübergehend im Inland ausüben.
2) Die in Abs. 1 bezeichneten Personen unterstehen neben den im Herkunftsstaat geltenden Standesregeln hinsichtlich aller Tätigkeiten, die sie im Inland ausüben, den gleichen Berufs- und Standesregeln wie die inländischen Treuhänder.
Art. 32
Voraussetzungen
1) Vor Aufnahme einer Tätigkeit im Inland haben die in Art. 31 Abs. 1 genannten Personen der FMA schriftlich Meldung zu erstatten. Die FMA bestätigt den Eingang der Meldung schriftlich.
2) Der Meldung sind beizulegen:
a) eine Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass der Dienstleister die betreffende Tätigkeit im Herkunftsstaat rechtmässig ausübt und dass ihm die Ausübung dieser Tätigkeit zum Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung nicht, auch nicht vorübergehend, untersagt ist;
b) ein Berufsqualifikationsnachweis;
c) ein Nachweis über die Staatsangehörigkeit;
d) ein Nachweis über die zweijährige hauptberufliche und selbständige Ausübung des Treuhänderberufs im Herkunftsstaat innerhalb der letzten zehn Jahre, sofern der Treuhänderberuf beziehungsweise die betreffende Ausbildung in diesem Staat nicht reglementiert ist; und
e) ein Nachweis über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung oder einer anderen finanziellen Sicherheit im Sinne von Art. 11.
3) Diese Meldung ist einmal jährlich zu erneuern, wenn der Dienstleister beabsichtigt, während des betreffenden Jahres vorübergehend oder gelegentlich Dienstleistungen im Inland zu erbringen. Sie ist umgehend zu erneuern, wenn sich eine wesentliche Änderung gegenüber der bisher bescheinigten Situation ergibt.
4) Der FMA obliegt es, die Dienstleistungsausübung zu untersagen und gegebenenfalls die Gerichte oder Verwaltungsbehörden darüber zu unterrichten, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 nicht oder nicht mehr erfüllt sind.
Art. 33
Berufsbezeichnung
Wer nach Art. 31 tätig wird, hat hierbei die Berufsbezeichnung, die er im Herkunftsstaat nach dem dort geltenden Recht zu führen berechtigt ist, in der Sprache oder einer der Sprachen des Herkunftsstaates zu verwenden.
B. Auslandstätigkeit inländischer Treuhänder und Treuhandgesellschaften
Art. 34
Meldepflicht
Beabsichtigen Treuhänder oder Treuhandgesellschaften mit Sitz im Inland eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung im Ausland zu errichten, so teilen sie dies der FMA mit. Der FMA sind auf Verlangen die für die Beaufsichtigung erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
VI. Disziplinarrecht
A. Allgemeines
Art. 35
Disziplinarvergehen
Wer als Treuhänder oder tatsächlich leitende Person einer Treuhandgesellschaft schuldhaft die Standesregeln verletzt, begeht ein Disziplinarvergehen.
Art. 36
Verjährung
1) Durch Verjährung wird die Verfolgung einer von einem Disziplinarverfahren betroffenen Person wegen eines Disziplinarvergehens ausgeschlossen, wenn:
a) innerhalb eines Jahres ab Kenntnisnahme der Untersuchungsperson von dem einem Disziplinarvergehen zugrunde liegenden Sachverhalt kein Disziplinarverfahren eröffnet worden ist; oder
b) innerhalb von fünf Jahren nach der Beendigung des einem Disziplinarvergehen zugrunde liegenden Sachverhalts keine Disziplinarentscheidung der Standeskommission ergangen ist.
2) Ist vor Ablauf der Frist nach Abs. 1 wegen desselben Sachverhalts ein strafgerichtliches oder aufsichtsbehördliches Verfahren anhängig oder werden deswegen strafrechtliche Voruntersuchungen geführt, so ist die Frist für die Dauer eines solchen Verfahrens gehemmt.
3) Bildet ein Disziplinarvergehen zugleich eine gerichtlich strafbare Handlung und ist die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die in Abs. 1 Bst. b angeführte Frist, so tritt an deren Stelle die strafrechtliche Verjährungsfrist.
4) Begeht die betroffene Person innerhalb der Verjährungsfrist erneut ein gleichartiges Disziplinarvergehen, so tritt die Verjährung nach Abs. 1 nicht ein, bevor auch für dieses Disziplinarvergehen die Verjährungsfrist abgelaufen ist.
Art. 37
Disziplinarstrafen
1) Disziplinarstrafen sind:
a) der schriftliche Verweis;
b) Geldbussen bis zum Betrag von 50 000 Franken;
c) die Untersagung der Ausübung der Geschäftstätigkeit bis zur Dauer eines Jahres;
d) die Untersagung der Berufsausübung auf Dauer.
2) Die Disziplinarstrafen nach Abs. 1 Bst. c und d können unter Bestimmung einer Probezeit von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren ganz oder teilweise bedingt nachgesehen werden, soweit anzunehmen ist, dass ihre Androhung genügen werde, um die betroffene Person von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten.
3) Neben der Disziplinarstrafe nach Abs. 1 Bst. c und d kann auch eine Geldbusse verhängt werden.
4) Bei Verhängung einer Disziplinarstrafe ist insbesondere auf die Schwere des Verschuldens und auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen Bedacht zu nehmen.
Art. 38
Einstweilige Massnahmen
1) Die Standeskommission kann gegen eine von einem Disziplinarverfahren betroffene Person einstweilige Massnahmen anordnen, wenn:
a) sie wegen eines Verbrechens oder Vergehens vom Gericht rechtskräftig verurteilt wurde oder die Staatsanwaltschaft gegen sie wegen eines Verbrechens rechtskräftig Anklage erhoben hat; und
b) die einstweilige Massnahme mit Rücksicht auf die Art und das Gewicht des zur Last gelegten Disziplinarvergehens wegen zu besorgender schwerer Nachteile, insbesondere für Kunden der betroffenen Person oder das Ansehen des Berufsstandes, erforderlich ist.
2) Vor Beschlussfassung über eine einstweilige Massnahme muss der betroffenen Person Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
3) Einstweilige Massnahmen sind:
a) die Überwachung der Geschäftstätigkeit durch die Standeskommission;
b) das vorläufige Verbot der Beschäftigung von Angestellten;
c) die vorläufige Untersagung der Ausübung der Geschäftstätigkeit.
4) Einstweilige Massnahmen sind aufzuheben, zu ändern oder durch eine andere zu ersetzen, wenn sich ergibt, dass die Voraussetzungen für die Anordnung nicht oder nicht mehr vorliegen oder sich die Umstände wesentlich geändert haben.
5) Einstweilige Massnahmen treten mit der rechtskräftigen Beendigung des Disziplinarverfahrens ausser Kraft.
Art. 39
Rechte der betroffenen Person
1) Der von einem Disziplinarverfahren betroffenen Person stehen volle Parteirechte, insbesondere das Recht auf Akteneinsicht und das Fragerecht, zu.
2) Sie kann zur Wahrung ihrer Rechte einen Rechtsanwalt beiziehen.
3) Sie hat vorbehaltlich Art. 49 keinen Anspruch auf Ersatz der Parteikosten.
Art. 40
Ausschluss und Ablehnung von Mitgliedern der Standeskommission sowie der Untersuchungsperson
1) Die Mitglieder der Standeskommission und die Untersuchungsperson sind von der Teilnahme an einem Disziplinarverfahren ausgeschlossen, wenn sie:
a) in der Sache ein persönliches Interesse haben;
b) mit der vom Disziplinarverfahren betroffenen Person oder dem Anzeiger verheiratet sind oder waren, in eingetragener Partnerschaft leben oder gelebt haben, eine faktische Lebensgemeinschaft führen oder geführt haben oder bis zum 4. Grad verwandt oder verschwägert sind. Wahl-, Stief- und Pflegschaftsverhältnisse sind dem natürlichen Kindesverhältnis gleichgestellt; oder
c) Vertreter, Bevollmächtigte oder Angestellte der betroffenen Person oder des Anzeigers sind.
2) Die Mitglieder der Standeskommission und die Untersuchungsperson können selbst den Ausschluss verlangen oder von der betroffenen Person oder vom Anzeiger abgelehnt werden, wenn:
a) zur betroffenen Person oder zum Anzeiger eine enge Freundschaft, eine persönliche Feindschaft oder ein besonderes Pflicht- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht; oder
b) sie aus anderen Gründen in der Sache befangen sein könnten.
3) Über das Vorliegen von Ausschliessungs- oder Ablehnungsgründen entscheidet:
a) beim Vorsitzenden der Standeskommission: der Präsident des Obergerichts;
b) bei einem anderen Kommissionsmitglied oder der Untersuchungsperson: der Vorsitzende der Standeskommission.
4) Gegen Entscheidungen nach Abs. 3 ist kein Rechtsmittel zulässig.
Art. 41
Unterbrechung des Verfahrens
Wird wegen eines dem angelasteten Disziplinarvergehen zugrunde liegenden Sachverhalts ein strafgerichtliches oder aufsichtsbehördliches Verfahren geführt, so unterbricht die Standeskommission das Disziplinarverfahren bis zu deren rechtskräftigen Erledigung. Die Anordnung einstweiliger Massnahmen bleibt hiervon unberührt.
Art. 42
Einstellung des Verfahrens
Die Standeskommission kann das Disziplinarverfahren in jedem Verfahrensstadium einstellen, wenn:
a) keine Gründe für die Weiterverfolgung vorliegen;
b) das Verschulden der betroffenen Person geringfügig ist und ihr Verhalten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat; oder
c) wegen des dem angelasteten Disziplinarvergehen zugrunde liegenden Sachverhalts bereits eine Sanktion durch ein Gericht oder eine Aufsichtsbehörde verhängt worden ist.
B. Disziplinarverfahren
Art. 43
Durchführung von Untersuchungen
1) Die Untersuchungsperson führt von sich aus oder auf Anzeige hin Untersuchungen wegen Verdachts eines Disziplinarvergehens durch.
2) Sie kann eine Untersuchung über ein Disziplinarvergehen ohne weiteres Verfahren nach Prüfung mit kurzer Aufzeichnung der sie dazu bestimmenden Erwägungen aus einem Grund nach Art. 42 Bst. a oder b einstellen.
3) Stellt die Untersuchungsperson die Untersuchung ein, so hat sie die betroffene Person, sofern sie bereits vernommen worden ist, hiervon zu verständigen.
4) Gegen die Entscheidung über die Einstellung der Untersuchung ist kein Rechtsmittel zulässig.
Art. 44
Einleitung des Disziplinarverfahrens
1) Die Untersuchungsperson erstattet der Standeskommission Bericht über die Erkenntnisse ihrer Untersuchungen und stellt Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens.
2) Die Standeskommission hat unverzüglich ohne mündliche Verhandlung darüber zu entscheiden, ob ein Disziplinarverfahren einzuleiten oder aus einem Grund nach Art. 42 einzustellen ist. Die Einleitungsentscheidung hat auch die Bestellung einer Instruktionsperson zu enthalten. Gegen Einleitungs- oder Einstellungsentscheidungen ist kein Rechtsmittel zulässig.
3) Die Instruktionsperson führt im Rahmen des Disziplinarverfahrens weitere Ermittlungen durch.
Art. 45
Verweisung zur mündlichen Verhandlung oder Einstellung des Disziplinarverfahrens
1) Nach Abschluss der Ermittlungen hat die Instruktionsperson der Standeskommission einen Bericht über das Ergebnis der Ermittlungen und einen Antrag auf Verweisung zur mündlichen Verhandlung oder auf Einstellung des Disziplinarverfahrens vorzulegen.
2) Die Standeskommission hat ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, ob die Sache zur mündlichen Verhandlung zu verweisen oder ob das Disziplinarverfahren aus einem Grund nach Art. 42 einzustellen ist. Die Einstellungsentscheidung ist der Untersuchungsperson und der betroffenen Person zuzustellen.
3) In der Verweisungsentscheidung müssen die Anschuldigungspunkte bestimmt angeführt sein und die Verfügungen bezeichnet werden, die zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu treffen sind.
4) Gegen Verweisungs- und Einstellungsentscheidungen ist kein Rechtsmittel zulässig.
Art. 46
Mündliche Verhandlung
1) Ort und Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sind vom Vorsitzenden der Standeskommission zu bestimmen. Zur mündlichen Verhandlung sind die betroffene Person und gegebenenfalls ihr Rechtsvertreter unter Hinweis auf die Verweisungsentscheidung und Bekanntgabe der Mitglieder der Standeskommission mindestens zwei Wochen vorher zu laden.
2) Die Verhandlung ist nicht öffentlich.
3) Beratungen und Abstimmungen sind geheim.
Art. 47
Disziplinarentscheidung
1) Mit der Disziplinarentscheidung der Standeskommission ist die betroffene Person freizusprechen oder für schuldig zu erklären. Wird eine Disziplinarstrafe verhängt, so hat sich die Entscheidung zugleich über die Strafe auszusprechen.
2) Im Fall eines Schuldspruches kann auch von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit der betroffenen Person angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen werde, sie von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten.
3) Die Disziplinarentscheidung ist zusammen mit den Entscheidungsgründen nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu verkünden und innerhalb von vier Wochen der betroffenen Person und der Untersuchungsperson zuzustellen.
4) Die Standeskommission teilt ihre Entscheidung der FMA und der Treuhandkammer schriftlich mit. Die Treuhandkammer ist zur Geheimhaltung verpflichtet.
Art. 48
Vollzug der Entscheidung
1) Rechtskräftige Entscheidungen der Standeskommission sind Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung.
2) Wird eine tatsächlich leitende Person einer Treuhandgesellschaft bestraft, so haftet die betreffende Treuhandgesellschaft solidarisch für Geldstrafen und Verfahrenskosten.
Art. 49
Kostentragung durch Dritte
Wer gegen einen Treuhänder oder eine tatsächlich leitende Person einer Treuhandgesellschaft mutwillig Anzeige wegen eines Disziplinarvergehens erstattet, kann von der Standeskommission verpflichtet werden, die Kosten des Disziplinarverfahrens ganz oder teilweise zu übernehmen.
Art. 50
Ergänzende Verfahrensbestimmungen
Sofern dieses Gesetz nichts anders bestimmt und die Anwendung der Bestimmungen der Strafprozessordnung mit den Grundsätzen und Eigenheiten des Disziplinarverfahrens vereinbar ist, finden die Bestimmungen der Strafprozessordnung auf das Disziplinarverfahren sinngemäss Anwendung.
VII. Organisation und Durchführung
A. Allgemeines
Art. 51
Organe
Mit der Durchführung dieses Gesetzes werden betraut:
a) die FMA;
b) die Treuhandkammer;
c) die Disziplinarorgane;
d) die Prüfungskommission für Treuhänder.
Art. 52
Datenbearbeitung
1) Die mit der Durchführung dieses Gesetzes betrauten Organe dürfen alle Daten, einschliesslich Persönlichkeitsprofile und besonders schützenswerte Personendaten über administrative oder strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen der diesem Gesetz unterstehenden Personen, bearbeiten, welche notwendig sind, um den Aufgaben nach diesem Gesetz nachzukommen.
2) Sie treffen alle technischen und organisatorischen Massnahmen, welche notwendig sind, um die gesammelten Daten vor Missbrauch zu schützen.
Art. 53
Amtsgeheimnis
1) Die mit der Durchführung dieses Gesetzes betrauten Organe sowie allfällig durch diese beigezogene weitere Personen unterliegen hinsichtlich der vertraulichen Informationen, die ihnen bei ihrer dienstlichen Tätigkeit bekannt werden, zeitlich unbeschränkt dem Amtsgeheimnis.
2) Die dem Amtsgeheimnis unterliegenden Informationen dürfen nicht weitergegeben werden. Vorbehalten bleiben strafrechtliche Bestimmungen sowie besondere gesetzliche Vorschriften.
B. FMA
1. Aufgaben und Befugnisse
Art. 54
Aufgaben
1) Der FMA obliegt die Aufsicht über die Treuhänder und Treuhandgesellschaften. Ihr obliegen insbesondere:
a) die Erteilung, der Widerruf und der Entzug von Bewilligungen;
b) die Überprüfung der Einhaltung der Bewilligungsvoraussetzungen und die Durchführung entsprechender Kontrollen;
c) die Zulassung zur Treuhänder-, Zusatz- und Eignungsprüfung;
d) die Führung eines Verzeichnisses der zugelassenen Treuhänder und Treuhandgesellschaften;
e) die Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Behörden;
f) die Ahndung von Übertretungen nach Art. 81.
2) Die FMA kann zum Zweck der Sicherstellung und Erfüllung ihrer Aufgaben Dritte beiziehen. Die beauftragten Dritten sind gegenüber der FMA von der Geheimhaltungspflicht entbunden.
Art. 55
Befugnisse
1) Die FMA kann zur Erfüllung ihrer Aufsichts- und Kontrollpflichten die erforderlichen Massnahmen ergreifen.
2) Sie kann insbesondere:
a) von Treuhändern und Treuhandgesellschaften sowie deren Angestellten alle für den Vollzug dieses Gesetzes erforderlichen Auskünfte und Unterlagen verlangen;
b) die Einstellung einer Praxis, die gegen dieses Gesetz oder dazu erlassene Verordnungen verstösst, verlangen;
c) ein befristetes Verbot der Ausübung der Tätigkeit als Treuhänder oder Treuhandgesellschaft verhängen.
3) Erhält die FMA von Verletzungen dieses Gesetzes oder von sonstigen Missständen Kenntnis, so ergreift sie die zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes und zur Beseitigung der Missstände notwendigen Massnahmen.
4) Die FMA ist befugt, bei Verdacht eines Verstosses gegen Bestimmungen dieses Gesetzes, bei Vorliegen von Anhaltspunkten zu einem solchen Verstoss oder zum Schutz von Kunden, Prüfungen in den Geschäftsräumen von Treuhändern und Treuhandgesellschaften durchzuführen oder durchführen zu lassen (Vor-Ort-Kontrolle). Die dabei entstehenden Kosten hat der Treuhänder oder die Treuhandgesellschaft zu tragen, falls eine Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen festgestellt wird; in allen anderen Fällen sind die Kosten durch das Land zu tragen.
5) Besteht Grund zur Annahme, dass ohne Bewilligung eine diesem Gesetz unterstehende Tätigkeit ausgeübt wird, kann die FMA von den betreffenden Personen sowie Dritten Auskünfte und Unterlagen verlangen, wie wenn es sich um unterstellte Personen handelte.
6) Die FMA kann in geeigneter Weise die Öffentlichkeit informieren, dass eine namentlich genannte Person oder eine Gesellschaft nicht berechtigt ist, eine Tätigkeit nach diesem Gesetz auszuüben.
Art. 56
Aufsichtsabgaben und Gebühren
Die Aufsichtsabgaben und Gebühren richten sich nach der Finanzmarktaufsichtsgesetzgebung.
2. Zusammenarbeit mit inländischen Behörden und der Treuhandkammer
Art. 57
Grundsatz
Die FMA arbeitet im Rahmen ihrer Aufsicht mit inländischen Behörden und der Treuhandkammer zusammen, soweit es für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
Art. 58
Zusammenarbeit der Gerichte und Staatsanwaltschaft mit der FMA
1) Die Gerichte übermitteln der FMA unaufgefordert alle Entscheide disziplinar-, konkurs- oder strafrechtlicher Natur, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz benötigt.
2) Die Staatsanwaltschaft informiert die FMA über die Einleitung und die Einstellung von Strafverfahren und übermittelt Informationen zu diesen Verfahren.
3) Die FMA übermittelt der Staatsanwaltschaft und dem Gericht von Amts wegen oder auf Anfrage Informationen, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.
Art. 59
Information des Amtes für Justiz
Die FMA informiert das Amt für Justiz über die Erteilung, den Widerruf, das Erlöschen und den Entzug der Bewilligung sowie über das befristete Verbot der Ausübung der Tätigkeit als Treuhänder oder Treuhandgesellschaft.
3. Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden
Art. 60
Grundsatz
1) Die FMA leistet einer zuständigen ausländischen Behörde Amtshilfe oder kann ihrerseits eine zuständige ausländische Behörde um Amtshilfe ersuchen, soweit dies zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich ist.
2) Gegenstand der Amtshilfe sind alle Informationen und Unterlagen, die für die Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeit über Treuhänder und Treuhandgesellschaften sowie Personen, die über eine entsprechende Bewilligung verfügen müssten, erforderlich sind.
3) Die FMA kann im Rahmen ihrer Aufsicht den zuständigen ausländischen Behörden Informationen übermitteln, wenn:
a) die verlangten Informationen nachweislich für die Aufsichtstätigkeit der ersuchenden ausländischen Behörde erforderlich sind;
b) die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Landesinteressen nicht verletzt werden;
c) die Empfänger beziehungsweise die beschäftigten und beauftragten Personen der zuständigen ausländischen Behörde einer gleichwertigen Verschwiegenheitspflicht unterstehen;
d) gewährleistet ist, dass die mitgeteilten Informationen nur für finanzmarktaufsichtsrechtliche Belange verwendet werden;
e) die Informationen nur für jene Zwecke weitergeleitet werden, denen die FMA vorgängig schriftlich zugestimmt hat; und
f) bei Informationen, die aus dem Ausland stammen, eine ausdrückliche Zustimmung jener Behörde vorliegt, die diese Informationen übermittelt hat, und gewährleistet ist, dass diese nur für jene Zwecke weitergegeben werden, denen diese Behörde ausdrücklich zugestimmt hat.
4) Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes.
Art. 61
Amtshilfe ohne förmliches Verfahren
1) Informationen im Sinne der Art. 5, 6, 14, 19, 23 bis 25 und 47 Abs. 4 dürfen unter den Voraussetzungen nach Art. 60 Abs. 3 ohne förmliches Verfahren übermittelt werden.
2) Die Informationen nach Abs. 1 dürfen auch dann ohne förmliches Verfahren übermittelt werden, wenn das entsprechende Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist; die FMA weist die ersuchende ausländische Behörde ausdrücklich auf diesen Umstand hin.
3) Die FMA informiert den Betroffenen unverzüglich über die Übermittlung der Informationen nach Abs. 1 oder 2.
C. Liechtensteinische Treuhandkammer
Art. 62
Zusammensetzung und Rechtsform
1) Die Liechtensteinische Treuhandkammer (Treuhandkammer) wird durch die zugelassenen Treuhänder und Treuhandgesellschaften gebildet.
2) Die Treuhandkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie untersteht zur Wahrung der Rechtmässigkeit der Oberaufsicht der Regierung.
Art. 63
Aufgaben
1) Der Treuhandkammer obliegen die Wahrung des Ansehens und der Rechte sowie die Überwachung der Pflichten des Treuhänderstandes.
2) Die Treuhandkammer besorgt ihre Geschäfte, soweit sie nicht ausdrücklich der Plenarversammlung zugewiesen sind, durch den Vorstand.
Art. 64
Plenarversammlung
1) Der Plenarversammlung sind folgende Angelegenheiten zugewiesen:
a) die Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder des Vorstandes;
b) die Wahl einer Revisionsstelle;
c) die Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder der Standeskommission sowie der Untersuchungsperson;
d) der Erlass der Geschäftsordnung;
e) die Festsetzung der Jahresbeiträge der Kammermitglieder zur Bestreitung der Verwaltungskosten;
f) die Genehmigung des Voranschlags, der Einnahmen und Ausgaben;
g) die Genehmigung der Jahresrechnung;
h) der Erlass der Standesregeln;
i) der Erlass weiterer Richtlinien.
2) Die Plenarversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens ein Viertel der Kammermitglieder anwesend ist. Sie fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit.
3) Die Geschäftsordnung der Treuhandkammer bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung durch die Regierung.
Art. 65
Vorstand
1) Der Vorstand der Treuhandkammer besteht aus mindestens fünf Mitgliedern.
2) Der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Vorstandes werden aus der Mitte der Kammermitglieder mit absoluter Stimmenmehrheit der Anwesenden gewählt. Die Amtsdauer beträgt drei Jahre. Wiederwahl ist zulässig.
3) Zum Wirkungskreis des Vorstandes gehören:
a) der Verkehr mit Behörden, insbesondere der FMA, und Dritten;
b) die Vorschreibung und Einbringung der Jahresbeiträge der Kammermitglieder;
c) die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Kammermitgliedern;
d) die Vorbereitung der Geschäfte und die Einberufung der Plenarversammlung;
e) die Ausführung der Beschlüsse der Plenarversammlung;
f) die Erstattung von Gesetzesvorschlägen und Gutachten über Gesetzesentwürfe;
g) die Namhaftmachung eines Mitglieds der Prüfungskommission für Treuhänder;
h) die Organisation von Aus- und Fortbildungsveranstaltungen oder die Zusammenarbeit mit anderen Trägern solcher Veranstaltungen;
i) die Zusammenarbeit mit ausländischen Treuhänderorganisationen.
Art. 66
Mitgliederbeitrag und Beitragsvorschreibung
1) Treuhänder und Treuhandgesellschaften bezahlen jährlich einen festen Mitgliederbeitrag.
2) Der Mitgliederbeitrag für Treuhandgesellschaften besteht aus:
a) einem jährlichen festen Beitrag; und
b) einem jährlichen variablen Beitrag nach der Anzahl der Mitarbeiter.
3) Die rechtskräftige Beitragsvorschreibung ist ein Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung.
Art. 67
Veröffentlichungen der Treuhandkammer
Die Geschäftsordnung der Treuhandkammer sowie ihre Standesregeln sind auf deren Homepage zu veröffentlichen.
D. Disziplinarorgane
Art. 68
Disziplinarorgane
Organe im Disziplinarverfahren sind:
a) die Standeskommission;
b) die Untersuchungsperson.
Art. 69
Bestellung der Standeskommission und der Untersuchungsperson
1) Die Plenarversammlung der Treuhandkammer bestellt für eine Dauer von zwei Jahren:6
a) eine Standeskommission aus dem Kreis ihrer Mitglieder;
b) eine Untersuchungsperson, die die Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Bst. a bis d erfüllt.
2) Die Standeskommission setzt sich aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern sowie drei Ersatzmitgliedern zusammen.
3) Kann die Standeskommission aufgrund von Ausschliessungs- oder Ablehnungsgründen (Art. 40) ihre Tätigkeit nicht ausüben, bestimmt der Vorstand der Treuhandkammer aus dem in Abs. 1 Bst. a genannten Personenkreis für einen konkreten Fall weitere Ersatzmitglieder. Dies gilt sinngemäss für die ersatzweise Bestellung der Untersuchungsperson.7
4) Die Mitglieder der Treuhandkammer sind verpflichtet, ihre Wahl in die Standeskommission sowie als Untersuchungsperson anzunehmen.8
Art. 70
Beschlussfassung der Standeskommission
Die Standeskommission entscheidet mit Stimmenmehrheit in der Besetzung ihres Vorsitzenden, eines Beisitzers und der Instruktionsperson.
Art. 71
Aufgaben der Standeskommission
1) Die Standeskommission entscheidet in Disziplinarverfahren. Ihr obliegen die Verhängung von Disziplinarstrafen und die Anordnung von einstweiligen Massnahmen.
2) Für einzelne Disziplinarverfahren bestimmt die Standeskommission aus ihrem Kreis eine Instruktionsperson, der die Verfahrensleitung obliegt.
3) Die Standeskommission ist bei der Erfüllung ihrer Aufgaben weisungsunabhängig.
Art. 72
Aufgaben der Untersuchungsperson
1) Die Untersuchungsperson ist zuständig für die Entgegennahme von Anzeigen.
2) Sie übt die Funktion eines Anklägers bei der Standeskommission aus.
Art. 73
Zusammenarbeit mit den Gerichten und Verwaltungsbehörden
1) Die Standeskommission arbeitet mit den Gerichten und Verwaltungsbehörden zusammen, soweit es für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
2) Die Gerichte und Verwaltungsbehörden informieren die Standeskommission über die Einleitung eines strafgerichtlichen oder aufsichtsbehördlichen Verfahrens; eine solche Information kann aufgeschoben werden, wenn die Bekanntgabe der Einleitung des Verfahrens die Untersuchung erschweren könnte.
3) Ist wegen des einem Disziplinarvergehen zugrunde liegenden Sachverhalts ein gerichtliches Strafverfahren oder ein Verfahren vor der FMA anhängig oder ist ein solches Verfahren abgeschlossen, so steht der Standeskommission das Recht zu, in die betreffenden Verfahrensakten Einsicht zu nehmen.
E. Prüfungskommission für Treuhänder
Art. 74
Bestellung und Aufgaben
1) Die Prüfungskommission für Treuhänder ist von der Regierung auf jeweils vier Jahre zu bestellen. Sie besteht aus fünf Mitgliedern und ebenso vielen Ersatzmitgliedern. Ihr haben ein Landrichter, ein Treuhänder, ein Wirtschaftsprüfer, ein Steuerexperte und ein Vermögensverwalter anzugehören. Die Regierung bestimmt den Vorsitzenden.
2) Die Mitglieder der Prüfungskommission sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig.
3) Der Prüfungskommission obliegt die Durchführung der Treuhänderprüfung, der Zusatzprüfung und der Eignungsprüfung.
4) Die Regierung regelt das Nähere mit Verordnung.
VIII. Rechtsmittel und aussergerichtliche Streitbeilegung
A. Rechtsmittel
Art. 75
Beschwerde gegen Entscheidungen der FMA
1) Gegen Entscheidungen und Verfügungen der FMA kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde bei der FMA-Beschwerdekommission erhoben werden.
2) Gegen Entscheidungen und Verfügungen der FMA-Beschwerdekommission kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Art. 76
Beschwerde gegen Entscheidungen der Standeskommission
1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, kann gegen eine Entscheidung der Standeskommission von der betroffenen Person oder der Untersuchungsperson binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde an das Obergericht erhoben werden.
2) Beschwerden gegen Entscheidungen nach Abs. 1 haben aufschiebende Wirkung, sofern die Standeskommission aufgrund des öffentlichen Interesses nichts anderes bestimmt.
Art. 77
Beschwerde gegen Entscheidungen des Vorstandes der Treuhandkammer
1) Gegen Entscheidungen und Verfügungen des Vorstandes der Treuhandkammer kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde bei der Regierung erhoben werden.
2) Gegen Entscheidungen der Regierung kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Art. 78
Beschwerde gegen Entscheidungen der Prüfungskommission
1) Gegen Entscheidungen der Prüfungskommission für Treuhänder kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde bei der Regierung erhoben werden.
2) Gegen Entscheidungen der Regierung kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
3) Die Überprüfungsbefugnis der Regierung und des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt sich auf Rechts- und Sachfragen. Das Ermessen wird ausschliesslich rechtlich überprüft.
B. Aussergerichtliche Streitbeilegung
Art. 79
Aussergerichtliche Schlichtungsstelle
1) Zur Beilegung von Streitfällen zwischen Kunden und Treuhändern oder Treuhandgesellschaften bestimmt die Regierung mit Verordnung eine Schlichtungsstelle.
2) Die Schlichtungsstelle hat zur Aufgabe, im Streitfall zwischen den Parteien auf geeignete Weise zu vermitteln und auf diese Weise eine Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen.
3) Kann keine Einigung zwischen den Parteien erzielt werden, so sind sie auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen.
4) Die Regierung regelt das Nähere, insbesondere die organisatorische Ausgestaltung, die Zusammensetzung und das Verfahren, mit Verordnung.
IX. Strafbestimmungen
Art. 80
Vergehen
1) Wer unbefugt eine Tätigkeit nach Art. 2 geschäftsmässig ausübt, wird vom Landgericht wegen Vergehens mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bestraft.
2) Wer ohne Bewilligung die Berufsbezeichnung "Treuhänder" oder eine gleichbedeutende Berufs- oder Geschäftsbezeichnung oder eine von der FMA nicht genehmigte Berufs- oder Geschäftsbezeichnung oder Firma führt, wird vom Landgericht wegen Vergehens mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.
3) Bei fahrlässiger Begehung werden die Strafobergrenzen auf die Hälfte herabgesetzt.
4) Die Strafe enthebt nicht von der Verpflichtung, den durch dieses Gesetz und die besonderen Verfügungen auferlegten Bedingungen und Auflagen nachzukommen.
Art. 81
Übertretungen
1) Von der FMA wird wegen Übertretung mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft, wer:
a) gegenüber der FMA oder einem beauftragten Dritten im Rahmen der Aufsicht die gesetzlichen Auskunfts- und Meldepflichten verletzt, falsche Angaben macht, wesentliche Tatsachen verschweigt oder Informationen und Unterlagen nicht herausgibt;
b) rechtskräftigen Verfügungen, Anordnungen oder Massnahmen der FMA nicht nachkommt;
c) einer Aufforderung zur Zusammenarbeit in einem Ermittlungs- oder Amtshilfeverfahren der FMA nicht nachkommt;
d) die mit einer Bewilligung verbundenen Auflagen oder Bedingungen verletzt.
2) Die Strafe enthebt nicht von der Verpflichtung, den durch dieses Gesetz und die besonderen Verfügungen auferlegten Bedingungen und Auflagen nachzukommen.
Art. 82
Verjährung
Die Verfolgungsverjährung beträgt drei Jahre.
Art. 83
Verantwortlichkeit
Werden Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen, jedoch unter solidarischer Mithaftung der juristischen Person oder der Gesellschaft für Geldstrafen und Bussen.
X. Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 84
Durchführungsverordnungen
Die Regierung erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Verordnungen.
Art. 85
Aufhebung bisherigen Rechts
Es werden aufgehoben:
a) Gesetz vom 9. Dezember 1992 über die Treuhänder (Treuhändergesetz; TrHG), LGBl. 1993 Nr. 42;
b) Gesetz vom 14. September 1994 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 1994 Nr. 66;
c) Gesetz vom 16. Dezember 1994 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 1995 Nr. 24;
d) Gesetz vom 23. März 1995 über die Abänderung des Gesetzes vom 9. Dezember 1992 über die Treuhänder, LGBl. 1995 Nr. 107;
e) Gesetz vom 31. Oktober 1995 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 1995 Nr. 230;
f) Kundmachung vom 10. Juni 1997 der Aufhebung von Bestimmungen des Gesetzes vom 9. Dezember 1992 über die Treuhänder durch die Entscheidung des Fürstlich Liechtensteinischen Staatsgerichtshofes vom 24. April 1997 (StGH 1996/35), LGBl. 1997 Nr. 121;
g) Gesetz vom 21. Oktober 1999 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 1999 Nr. 241;
h) Gesetz vom 22. November 2002 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 2003 Nr. 22;
i) Gesetz vom 18. Juni 2004 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 2004 Nr. 185;
k) Gesetz vom 25. November 2005 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 2005 Nr. 282;
l) Gesetz vom 26. April 2007 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 2007 Nr. 156;
m) Gesetz vom 23. Mai 2007 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Treuhänder, LGBl. 2007 Nr. 178;
n) Gesetz vom 29. Mai 2008 über die Abänderung des Treuhändergesetzes, LGBl. 2008 Nr. 193;
o) Gesetz vom 20. Oktober 2010 über die Abänderung des Treuhändergesetzes, LGBl. 2010 Nr. 391.
Art. 86
Bewilligungen und Berechtigungen nach bisherigem Recht
1) Alle aufgrund des bisherigen Rechts erteilten Bewilligungen und vorgesehenen Berechtigungen bleiben vorbehaltlich Abs. 2 aufrecht.
2) Personen, die über eine Bewilligung nach bisherigem Recht verfügen, ihre Geschäftstätigkeit jedoch im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes nicht ausüben, haben innerhalb einer Frist von drei Jahren den Nachweis über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung oder einer anderen finanziellen Sicherheit im Sinne von Art. 11 zu erbringen. Wird die Frist nicht eingehalten, erlischt die Bewilligung.
3) Personen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Funktion eines Geschäftsführers einer Treuhandgesellschaft ausüben, sind weiterhin befugt, als tatsächlich leitende Person einer Treuhandgesellschaft tätig zu sein.
4) Bestehende Haftpflichtversicherungen sind innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes an die Bestimmung des Art. 11 anzupassen. Wird die Frist nicht eingehalten, erlischt die Bewilligung. In begründeten Fällen kann die FMA auf Antrag die Frist angemessen verlängern.
Art. 87
Meldepflichten
1) Qualifizierte Beteiligungen müssen binnen eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes der FMA unter Angabe der Höhe der Beteiligung und des Halters der Beteiligung schriftlich gemeldet werden.
2) Geschäftstätigkeiten, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Rahmen einer ausländischen Repräsentanz, Niederlassung und Tochtergesellschaft nach Art. 34 ausgeübt werden, sind binnen eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes der FMA schriftlich zu melden.
3) Die Melde- und Auskunftspflicht nach Art. 22 gilt auch für im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängige strafgerichtliche und aufsichtsbehördliche Verfahren.
Art. 88
Disziplinarverfahren nach bisherigem Recht
Auf Disziplinarverfahren, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eröffnet worden sind oder bis zum 1. Januar 2015 eröffnet werden, findet das bisherige Recht Anwendung.
Art. 89
Inkrafttreten
1) Dieses Gesetz tritt unter Vorbehalt von Abs. 2 und des ungenutzten Ablaufs der Referendumsfrist am 1. Januar 2014 in Kraft, andernfalls am Tag nach der Kundmachung.
2) Art. 35 bis 50 und 68 bis 73 sowie 76 treten am 1. Januar 2015 in Kraft.

In Stellvertretung des Landesfürsten:

gez. Alois

Erbprinz

gez. Adrian Hasler

Fürstlicher Regierungschef
Übergangsbestimmungen
173.520 Treuhändergesetz (TrHG)
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2018 Nr. 212 ausgegeben am 2. November 2018
Gesetz
vom 6. September 2018
über die Abänderung des Treuhändergesetzes
...
II.
Übergangsbestimmung
Nach bisherigem Recht erteilte Bewilligungen und vorgesehene Berechtigungen bleiben aufrecht.
...

1   Bericht und Antrag sowie Stellungnahme der Regierung Nr. 42/2013 und 83/2013

2   Art. 5 Abs. 1 Bst. d abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 146.

3   Art. 7 abgeändert durch LGBl. 2018 Nr. 212.

4   Art. 10 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 278.

5   Art. 21 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 43.

6   Art. 69 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 278.

7   Art. 69 Abs. 3 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 278.

8   Art. 69 Abs. 4 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 278.