946.224.4
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2014 Nr. 293 ausgegeben am 20. November 2014
Verordnung
vom 18. November 2014
über Massnahmen gegenüber Jemen
Aufgrund von Art. 2 und 14a des Gesetzes vom 10. Dezember 2008 über die Durchsetzung internationaler Sanktionen (ISG), LGBl. 2009 Nr. 41, in der Fassung des Gesetzes vom 9. Juni 2017, LGBl. 2017 Nr. 203, und in Ausführung der Resolutionen 2140 (2014) vom 26. Februar 2014, 2216 (2015) vom 14. April 2015 und 2511 (2020) vom 25. Februar 2020 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen1 verordnet die Regierung:2
I. Zwangsmassnahmen
Art. 1 3
Verbot der Lieferung von Rüstungsgütern und verwandtem Material
1) Der Verkauf, die Lieferung, die Ausfuhr und die Durchfuhr von Rüstungsgütern jeder Art, einschliesslich Waffen und Munition, Militärfahrzeugen und -ausrüstung, paramilitärischer Ausrüstung sowie Zubehör und Ersatzteilen dafür, an folgende Personen, Gruppen und Organisationen ist verboten:
a) im Anhang aufgeführte natürliche und juristische Personen, Gruppen und Organisationen;
b) natürliche und juristische Personen, Gruppen und Organisationen, die im Namen oder auf Anweisung von Personen, Gruppen und Organisationen nach Bst. a handeln.
2) Die Erbringung von Dienstleistungen aller Art, einschliesslich Finanzdienstleistungen, Vermittlungsdiensten und technischer Beratung, sowie die Gewährung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit dem Verkauf, der Lieferung, der Ausfuhr, der Durchfuhr, der Herstellung und der Verwendung von Rüstungsgütern jeder Art sowie die Gewährung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten, einschliesslich der Bereitstellung bewaffneter Söldner, zugunsten von natürlichen und juristische Personen, Gruppen und Organisationen nach Abs. 1 sind verboten.
3) Vorbehalten bleiben die Bestimmungen der in Liechtenstein anwendbaren schweizerischen Kriegsmaterial-, Güterkontroll- und Embargogesetzgebung.
Art. 1a 4
Sperrung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen
1) Gesperrt sind Gelder und wirtschaftliche Ressourcen im Eigentum oder unter direkter oder indirekter Kontrolle:
a) der im Anhang aufgeführten natürlichen Personen, Unternehmen und Organisationen;
b) der natürlichen Personen, Unternehmen und Organisationen, die im Namen oder auf Anweisung der natürlichen Personen, Unternehmen und Organisationen nach Bst. a handeln;
c) der Unternehmen und Organisationen, die sich im Eigentum oder unter Kontrolle der natürlichen Personen, Unternehmen und Organisationen nach Bst. a oder b befinden.
2) Es ist verboten, den von der Sperrung betroffenen natürlichen Personen, Unternehmen und Organisationen Gelder zu überweisen oder Gelder und wirtschaftliche Ressourcen sonst wie direkt oder indirekt zur Verfügung zu stellen.
3) Die Regierung kann Zahlungen aus gesperrten Konten, Übertragungen gesperrter Vermögenswerte sowie die Freigabe gesperrter wirtschaftlicher Ressourcen ausnahmsweise bewilligen zur:
a) Vermeidung von Härtefällen;
b) Erfüllung bestehender Verträge;
c) Erfüllung von Forderungen, die Gegenstand einer bestehenden Entscheidung eines Gerichts, einer Verwaltungsstelle oder eines Schiedsgerichts sind;
d) Bezahlung angemessener Honorare und Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit der Erbringung juristischer Dienstleistungen;
e) Bezahlung von Gebühren oder Dienstleistungskosten für die routinemässige Verwahrung oder Verwaltung gesperrter Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen; oder
f) Wahrung liechtensteinischer Interessen.
4) Sie bewilligt Ausnahmen nach Abs. 3 gemäss den massgeblichen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen.
5) Gesuche um Ausnahmebewilligungen sind bei der Stabsstelle FIU einzureichen.
Art. 1b 5
Ausnahmen zu humanitären Zwecken
1) Die Regierung oder im Rahmen seiner Zuständigkeit das SECO kann in Übereinstimmung mit den Beschlüssen des zuständigen Ausschusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Ausnahmen von den Verboten nach Art. 1 und 1a bewilligen:
a) zur Erleichterung der Arbeit der Vereinten Nationen und anderer humanitärer Organisationen im Jemen; oder
b) zu jedem anderen Zweck, der mit den Zielen der Resolutionen 2140 (2014) und 2216 (2015) vereinbar ist.
2) Gesuche um Ausnahmebewilligungen sind bei der Stabsstelle FIU einzureichen.
Art. 2
Begriffsbestimmungen
In dieser Verordnung bedeuten:
a) Gelder: finanzielle Vermögenswerte, einschliesslich Bargeld, Schecks, Geldforderungen, Wechsel, Geldanweisungen oder andere Zahlungsmittel, Guthaben, Schulden und Schuldverpflichtungen, Wertpapiere und Schuldtitel, Wertpapierzertifikate, Obligationen, Schuldscheine, Optionsscheine, Pfandbriefe, Derivate; Zinserträge, Dividenden oder andere Einkünfte oder Wertzuwächse aus Vermögenswerten; Kredite, Rechte auf Verrechnung, Bürgschaften, Vertragserfüllungsgarantien oder andere finanzielle Zusagen; Akkreditive, Konnossemente, Sicherungsübereignungen, Dokumente zur Verbriefung von Anteilen an Fondsvermögen oder anderen Finanzressourcen und jedes andere Finanzierungsinstrument für Exporte;
b) Sperrung von Geldern: die Verhinderung jeder Handlung, welche die Verwaltung oder die Nutzung der Gelder ermöglicht, mit Ausnahme von normalen Verwaltungshandlungen von Banken und Wertpapierfirmen;
c) wirtschaftliche Ressourcen: Vermögenswerte jeder Art, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind, insbesondere Immobilien und Luxusgüter, mit Ausnahme von Geldern nach Bst. a;
d) Sperrung wirtschaftlicher Ressourcen: die Verhinderung ihrer Verwendung zum Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen, einschliesslich des Verkaufs, des Vermietens oder des Verpfändens solcher Ressourcen.
Art. 3
Ein- und Durchreiseverbot
1) Die Einreise nach Liechtenstein und die Durchreise durch Liechtenstein sind den im Anhang aufgeführten natürlichen Personen verboten.
2) Die Regierung kann Ausnahmen gewähren:6
a) wenn die Ein- oder Durchreise zur Durchführung eines Gerichtsverfahrens erforderlich ist; oder
b) in Übereinstimmung mit § 16 der Resolution 2140 (2014) und § 3 der Resolution 2511 (2020) sowie den entsprechenden Beschlüssen des zuständigen Komitees des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.
3) Gesuche um Ausnahmebewilligungen sind beim Ausländer- und Passamt einzureichen.7
II. Vollzug und Strafbestimmungen
Art. 4
Kontrolle und Vollzug
1) Die Stabsstelle FIU überwacht den Vollzug der Zwangsmassnahmen nach Art. 1 bis 1b. Sie prüft insbesondere die Gesuche um Ausnahmebewilligungen und leitet sie - erforderlichenfalls nach Konsultation weiterer betroffener Stellen - mit ihrer Empfehlung an die Regierung weiter.8
2) Das Ausländer- und Passamt überwacht den Vollzug des Ein- und Durchreiseverbots nach Art. 3. Es prüft insbesondere die Gesuche um Ausnahmebewilligungen und leitet sie - erforderlichenfalls nach Konsultation weiterer betroffener Stellen - mit seiner Empfehlung an die Regierung weiter.
3) Die zuständigen liechtensteinischen Behörden ergreifen die für die Sperrung wirtschaftlicher Ressourcen notwendigen Massnahmen, zum Beispiel die Anmerkung einer Verfügungssperre im Grundbuch oder die Pfändung oder Versiegelung von Luxusgütern.
4) Die Zuständigkeit der schweizerischen Behörden bleibt vorbehalten.9
Art. 5
Meldepflichten
1) Personen und Institutionen, die Gelder halten oder verwalten oder von wirtschaftlichen Ressourcen wissen, von denen anzunehmen ist, dass sie unter die Sperrung nach Art. 1a Abs. 1 fallen, müssen dies der Stabsstelle FIU unverzüglich melden.10
2) Die Meldungen müssen die Namen der Begünstigten sowie Gegenstand und Wert der gesperrten Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen enthalten.
Art. 6
Strafbestimmungen
1) Wer gegen Art. 1, 1a oder 3 verstösst, wird nach Art. 10 ISG bestraft.11
2) Wer gegen Art. 5 verstösst, wird nach Art. 11 ISG bestraft.
III. Schlussbestimmungen12
Art. 6a 13
Automatische Übernahme von Listen der natürlichen und juristischen Personen, Gruppen und Organisationen, die Gegenstand von Massnahmen sind
Die Listen, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder der zuständige Ausschuss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen betreffend natürliche und juristische Personen, Gruppen und Organisationen erlassen oder aktualisiert hat (Anhang), werden automatisch übernommen.
Art. 7
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Kundmachung in Kraft.

Fürstliche Regierung:

gez. Adrian Hasler

Fürstlicher Regierungschef
Anhang14
(Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 1a Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 6a)
Natürliche und juristische Personen, Gruppen und Organisationen, gegen die sich die Finanzsanktionen, das Ein- und Durchreiseverbot und das Verbot der Lieferung von Rüstungsgütern richten
Anmerkung
Dieser Anhang entspricht der Liste der vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen oder der vom zuständigen Ausschuss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bezeichneten natürlichen und juristischen Personen, Gruppen und Organisationen.15

1   Der Text dieser Resolutionen ist in englischer Sprache unter https://www.un.org/securitycouncil/content/resolutions-0 abrufbar.

2   Ingress abgeändert durch LGBl. 2020 Nr. 199.

3   Art. 1 abgeändert durch LGBl. 2015 Nr. 159.

4   Art. 1a eingefügt durch LGBl. 2015 Nr. 159.

5   Art. 1b eingefügt durch LGBl. 2020 Nr. 199.

6   Art. 3 Abs. 2 abgeändert durch LGBl. 2020 Nr. 199.

7   Art. 3 Abs. 3 eingefügt durch LGBl. 2020 Nr. 199.

8   Art. 4 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2020 Nr. 199.

9   Art. 4 Abs. 4 eingefügt durch LGBl. 2015 Nr. 159.

10   Art. 5 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2015 Nr. 159.

11   Art. 6 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2015 Nr. 159.

12   Überschrift vor Art. 6a eingefügt durch LGBl. 2017 Nr. 260.

13   Art. 6a eingefügt durch LGBl. 2017 Nr. 260.

14   Anhang abgeändert durch LGBl. 2017 Nr. 260.

15   Die Liste ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar: https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions/2140/materials (sollte richtigerweise lauten: https://scsanctions.un.org/en/?keywords=yemen)