0.152.390.11
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2017 Nr. 53 ausgegeben am 16. Februar 2017
Vereinbarung
zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Europäischen Union zur Festlegung der Modalitäten seiner Beteiligung am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen
Abgeschlossen in Brüssel am 3. März 2014
Zustimmung des Landtags: 6. November 20151
Inkrafttreten: 1. Januar 2016
Das Fürstentum Liechtenstein, nachfolgend "Liechtenstein" genannt,
einerseits und
die Europäische Union, nachstehend "EU" genannt,
andererseits -
gestützt auf Art. 49 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen2, nachstehend "Verordnung" genannt,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1. Die Verordnung sieht vor, dass das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, nachstehend "Unterstützungsbüro" genannt, um seinen Auftrag erfüllen zu können, der Beteiligung von Ländern offen gegenüber stehen sollte, die mit der EU Abkommen geschlossen haben, auf deren Grundlage sie das EU-Recht in dem unter die Verordnung fallenden Bereich übernommen haben und anwenden, was insbesondere Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz, nachstehend "assoziierte Länder" genannt, betrifft.
2. Liechtenstein hat mit der EU Abkommen geschlossen, auf deren Grundlage es das EU-Recht in dem unter die Verordnung fallenden Bereich übernommen hat und anwendet; insbesondere ist Liechtenstein dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags3 beigetreten -
haben Folgendes vereinbart:
Art. 1
Umfang der Beteiligung
Liechtenstein beteiligt sich zu den in dieser Vereinbarung festgelegten Bedingungen in vollem Umfang an der Arbeit des Unterstützungsbüros und hat Anspruch auf die in der Verordnung genannten Unterstützungsmassnahmen des Unterstützungsbüros.
Art. 2
Verwaltungsrat
Liechtenstein ist im Verwaltungsrat des Unterstützungsbüros als Beobachter ohne Stimmrecht vertreten.
Art. 3
Finanzieller Beitrag
1) Liechtenstein leistet einen Jahresbeitrag zu den Einnahmen des Unterstützungsbüros, der sich gemäss der Formel in Anhang I nach dem Anteil seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) am gesamten BIP aller beteiligten Staaten berechnet.
2) Der finanzielle Beitrag gemäss Abs. 1 fällt ab dem Tag nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung an. Der erste finanzielle Beitrag wird entsprechend der nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung in dem betreffenden Jahr noch verbleibenden Zeitspanne anteilmässig gekürzt.
Art. 4
Datenschutz
1) Bei der Anwendung dieser Vereinbarung erfolgt die Datenverarbeitung durch Liechtenstein gemäss der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.4
2) Für die Zwecke dieser Vereinbarung findet auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch das Unterstützungsbüro die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr5 Anwendung.
3) Liechtenstein beachtet die in der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats festgelegten Vorschriften über die Vertraulichkeit der im Besitz des Unterstützungsbüros befindlichen Dokumente.
Art. 5
Rechtsstellung
Das Unterstützungsbüro besitzt Rechtspersönlichkeit nach liechtensteinischem Recht und verfügt in Liechtenstein über die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach liechtensteinischem Recht zuerkannt wird. Es kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben und veräussern und ist vor Gericht parteifähig.
Art. 6
Haftung
Die Haftung des Unterstützungsbüros bestimmt sich nach Art. 45 Abs. 1, 3 und 5 der Verordnung.
Art. 7
Gerichtshof der Europäischen Union
Liechtenstein erkennt die Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union für das Unterstützungsbüro nach Massgabe des Art. 45 Abs. 2 und 4 der Verordnung an.
Art. 8
Personal des Unterstützungsbüros
1) Im Einklang mit Art. 38 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 1 der Verordnung gelten für Staatsangehörige Liechtensteins, die vom Unterstützungsbüro als Bedienstete eingestellt werden, das Statut der Beamten und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union, die von den Organen der EU einvernehmlich erlassenen Regelungen für die Anwendung dieses Statuts und dieser Beschäftigungsbedingungen sowie die vom Unterstützungsbüro gemäss Art. 38 Abs. 2 der Verordnung erlassenen Durchführungsbestimmungen.
2) Abweichend von Art. 12 Abs. 2 Bst. a und Art. 82 Abs. 3 Bst. a der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union können Staatsangehörige Liechtensteins, die im Besitz ihrer vollen staatsbürgerlichen Rechte sind, nach den vom Unterstützungsbüro erlassenen Vorschriften für die Auswahl und Einstellung von Personal vom Exekutivdirektor des Unterstützungsbüros auf Vertragsbasis eingestellt werden.
3) Art. 38 Abs. 4 der Verordnung gilt entsprechend für Staatsangehörige Liechtensteins.
4) Staatsangehörige Liechtensteins können jedoch nicht zum Exekutivdirektor des Unterstützungsbüros ernannt werden.
Art. 9
Vorrechte und Befreiungen
Liechtenstein wendet auf das Unterstützungsbüro und dessen Personal das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union6 sowie die auf der Grundlage dieses Protokolls erlassenen Vorschriften für Personalangelegenheiten des Unterstützungsbüros an.
Art. 10
Betrugsbekämpfung
Die sich auf Art. 44 der Verordnung beziehenden Bestimmungen für die von der EU in Liechtenstein durchgeführte Finanzkontrolle betreffend die Teilnehmer an Aktivitäten des Unterstützungsbüros sind in Anhang II enthalten.
Art. 11
Ausschuss
1) Ein Ausschuss aus Vertretern der Europäischen Kommission und Liechtensteins überwacht die ordnungsgemässe Durchführung dieser Vereinbarung und gewährleistet diesbezüglich einen kontinuierlichen Meinungs- und Informationsaustausch. Aus praktischen Gründen tagt der Ausschuss gemeinsam mit den entsprechenden Ausschüssen, die mit anderen gemäss Art. 49 Abs. 1 der Verordnung beteiligten assoziierten Ländern eingesetzt wurden. Er tritt auf Antrag Liechtensteins oder der Europäischen Kommission zusammen. Der Verwaltungsrat des Unterstützungsbüros wird über die Arbeit des Ausschusses unterrichtet.
2) Informationen über geplante EU-Rechtsvorschriften, die die Verordnung entweder unmittelbar berühren oder ändern oder sich voraussichtlich auf den in Art. 3 dieser Vereinbarung vorgesehenen finanziellen Beitrag auswirken, werden übermittelt und es wird ein Meinungsaustausch im Ausschuss darüber geführt.
Art. 12
Anhänge
Die Anhänge dieser Vereinbarung sind Bestandteil dieser Vereinbarung.
Art. 13
Inkrafttreten
1) Die Vertragsparteien genehmigen diese Vereinbarung nach ihren jeweiligen internen Verfahren. Sie notifizieren einander den Abschluss dieser Verfahren.
2) Diese Vereinbarung tritt am ersten Tag des ersten Monats nach dem Tag der letzten Notifizierung gemäss Abs. 1 in Kraft.
Art. 14
Beendigung und Gültigkeit
1) Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
2) Jede Vertragspartei kann nach Konsultationen im Ausschuss diese Vereinbarung durch Notifizierung an die andere Vertragspartei kündigen. Diese Vereinbarung tritt sechs Monate nach dem Tag dieser Notifizierung ausser Kraft.
3) Diese Vereinbarung wird beendet, sofern das Protokoll zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags7 beendet wird.
4) Diese Vereinbarung ist in zwei Urschriften in deutscher, bulgarischer, dänischer, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.
Geschehen zu Brüssel am dritten März zweitausendvierzehn.
Für das
Fürstentum Liechtenstein
Für die
Europäische Union
gez. Thomas Zwiefelhofer
gez. Nikolaos Dendias
 
gez. Cecilia Malmström
Anhang I
Formel für die Berechnung des Beitrags
1. Der finanzielle Beitrag Liechtensteins zu den Einnahmen des Unterstützungsbüros gemäss Art. 33 Abs. 3 Bst. d der Verordnung wird wie folgt berechnet:
Die aktuellsten endgültigen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Liechtensteins, die am 31. März jedes Jahres vorliegen, werden durch die Summe der für dasselbe Jahr vorliegenden BIP-Zahlen aller Staaten, die sich am Unterstützungsbüro beteiligen, dividiert. Der so erhaltene prozentuale Anteil wird auf den Teil der bewilligten Einnahmen des Unterstützungsbüros gemäss Art. 33 Abs. 3 Bst. a der Verordnung in dem betreffenden Jahr angewandt und so der finanzielle Beitrag Liechtensteins ermittelt.
2. Der finanzielle Beitrag wird in Euro gezahlt.
3. Liechtenstein zahlt seinen finanziellen Beitrag spätestens 45 Tage nach Erhalt der Belastungsanzeige. Bei Zahlungsverzug werden Liechtenstein ab dem Fälligkeitstag Verzugszinsen für den ausstehenden Betrag berechnet. Als Zinssatz wird der von der Europäischen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte und am ersten Tag des Fälligkeitsmonats geltende, im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlichte Zinssatz zuzüglich 3,5 Prozentpunkten angewandt.
4. Der finanzielle Beitrag Liechtensteins wird im Einklang mit diesem Anhang angepasst, wenn der finanzielle Beitrag der EU aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union, auf den Art. 33 Abs. 3 Bst. a der Verordnung Bezug nimmt, gemäss den Art. 26, 27 oder 41 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates8 erhöht wird. In einem solchen Fall ist die Differenz binnen 45 Tagen nach Erhalt der Belastungsanzeige zu zahlen.
5. Wenn Mittel für Zahlungen, die das Unterstützungsbüro gemäss Art. 33 Abs. 3 Bst. a der Verordnung für das Jahr n von der EU erhalten hat, nicht bis zum 31. Dezember des Jahres n ausgegeben werden oder der Haushalt des Unterstützungsbüros für das Jahr n gemäss den Art. 26, 27 oder 41 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 gekürzt wurde, wird der Teil dieser nicht ausgegebenen oder gekürzten Mittel für Zahlungen, der dem Anteil des Beitrags Liechtensteins entspricht, auf den Haushalt des Unterstützungsbüros für das Jahr n+1 übertragen. Der Beitrag Liechtensteins zum Haushalt des Unterstützungsbüros für das Jahr n+1 reduziert sich entsprechend.
Anhang II
Finanzkontrolle betreffend Teilnehmer aus Liechtenstein an Aktivitäten des Unterstützungsbüros
Art. 1
Direkte Kommunikation
Das Unterstützungsbüro und die Europäische Kommission stehen in direkter Verbindung zu allen in Liechtenstein ansässigen Personen und Einrichtungen, die an Aktivitäten des Unterstützungsbüros als Auftragnehmer, Teilnehmer an einem Programm des Unterstützungsbüros, Empfänger von Mitteln des Unterstützungsbüros oder von EU-Mitteln oder als Unterauftragnehmer teilnehmen. Diese Personen können der Europäischen Kommission und dem Unterstützungsbüro direkt alle relevanten Informationen und Unterlagen übermitteln, die sie gemäss den in der Vereinbarung genannten Instrumenten und den in Anwendung dieser Instrumente geschlossenen Verträgen und Abkommen oder gefassten Beschlüssen vorzulegen haben.
Art. 2
Prüfungen
1) Im Einklang mit der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates9, mit der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2343/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 betreffend die Rahmenfinanzregelung für Einrichtungen gemäss Art. 185 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften10 sowie mit den übrigen Rechtsinstrumenten, auf die diese Vereinbarung Bezug nimmt, können die mit den in Liechtenstein ansässigen Begünstigten geschlossenen Verträge oder Abkommen sowie die mit ihnen gemeinsam gefassten Beschlüsse vorsehen, dass Bedienstete des Unterstützungsbüros und der Europäischen Kommission oder andere von ihnen beauftragte Personen jederzeit wissenschaftliche, finanzielle, technische oder sonstige Prüfungen bei den Begünstigten und ihren Unterauftragnehmern durchführen können.
2) Bedienstete des Unterstützungsbüros und der Europäischen Kommission und andere von ihnen beauftragte Personen erhalten in angemessenem Umfang Zugang zu Einrichtungen, Arbeiten und Unterlagen und zu allen Informationen - auch in elektronischer Form -, die zur Durchführung solcher Prüfungen erforderlich sind. Dieses Zugangsrecht wird in den Verträgen oder Abkommen zur Anwendung der in dieser Vereinbarung genannten Instrumente ausdrücklich erwähnt.
3) Der Europäische Rechnungshof hat dieselben Rechte wie die Europäische Kommission.
4) Die Prüfungen können bis fünf Jahre nach Ablauf dieser Vereinbarung oder nach Massgabe der jeweiligen Verträge, Abkommen oder Beschlüsse stattfinden.
5) Der nationale Rechnungshof Liechtensteins wird von den im Hoheitsgebiet Liechtensteins durchgeführten Prüfungen zuvor unterrichtet. Diese Unterrichtung ist keine rechtliche Voraussetzung für die Durchführung dieser Prüfungen.
Art. 3
Kontrollen vor Ort
1) Im Rahmen dieser Vereinbarung ist die Europäische Kommission (OLAF) berechtigt, im Hoheitsgebiet Liechtensteins Kontrollen und Überprüfungen vor Ort nach Massgabe der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmässigkeiten11 durchzuführen.
2) Die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort werden von der Europäischen Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem nationalen Rechnungshof Liechtensteins oder mit den anderen zuständigen, vom nationalen Rechnungshof Liechtensteins bestimmten liechtensteinischen Behörden vorbereitet und durchgeführt, die rechtzeitig über den Gegenstand, den Zweck und die Rechtsgrundlage der Kontrollen und Überprüfungen unterrichtet werden, so dass sie die notwendige Unterstützung leisten können. Zu diesem Zweck können die Bediensteten der zuständigen liechtensteinischen Behörden an den Kontrollen und Überprüfungen vor Ort teilnehmen.
3) Auf Wunsch der betreffenden liechtensteinischen Behörden werden die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort gemeinsam von ihnen und der Europäischen Kommission durchgeführt.
4) Widersetzen sich die Programmteilnehmer Kontrollen oder Überprüfungen vor Ort, so leisten die liechtensteinischen Behörden im Einklang mit den nationalen Vorschriften den Prüfern der Europäischen Kommission die Unterstützung, die diese benötigen, um ihrer Verpflichtung zur Durchführung von Kontrollen oder Überprüfungen vor Ort nachkommen zu können.
5) Die Europäische Kommission teilt dem nationalen Rechnungshof Liechtensteins so bald wie möglich alle Fakten und jeden Verdacht im Zusammenhang mit einer Unregelmässigkeit mit, von der sie bei Kontrollen oder Überprüfungen vor Ort Kenntnis erhalten hat. Die Kommission hat die genannte Behörde in jedem Fall über das Ergebnis dieser Kontrollen und Überprüfungen zu unterrichten.
Art. 4
Information und Konsultation
1) Um eine ordnungsgemässe Durchführung dieses Anhangs zu gewährleisten, tauschen die zuständigen Behörden Liechtensteins und der EU regelmässig Informationen aus und führen auf Verlangen einer der Vertragsparteien Konsultationen durch.
2) Erhalten die zuständigen liechtensteinischen Behörden Kenntnis von Fakten oder Verdachtsmomenten in Bezug auf Unregelmässigkeiten im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Durchführung der Verträge und Abkommen, die in Anwendung der in dieser Vereinbarung genannten Instrumente geschlossen wurden, so teilen sie dies dem Unterstützungsbüro und der Europäischen Kommission unverzüglich mit.
Art. 5
Vertraulichkeit
Die aufgrund dieses Anhangs übermittelten oder erhaltenen Informationen unterliegen unabhängig von ihrer Form dem Amtsgeheimnis und geniessen den Schutz, der vergleichbaren Informationen nach liechtensteinischem Recht und nach den entsprechenden Vorschriften für die EU-Organe zukommt. Diese Informationen dürfen nur an Personen weitergegeben werden, die in den EU-Organen, den Mitgliedstaaten oder Liechtenstein aufgrund ihrer amtlichen Eigenschaft davon Kenntnis erhalten müssen, und zu keinem anderen Zweck als zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der finanziellen Interessen der Vertragsparteien verwendet werden.
Art. 6
Verwaltungsrechtliche Massnahmen und Sanktionen
Unbeschadet der Anwendung des liechtensteinischen Strafrechts können das Unterstützungsbüro oder die Europäische Kommission gemäss der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates12, gemäss der delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union13 und gemäss der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften14 zu verwaltungsrechtlichen Massnahmen und Sanktionen greifen.
Art. 7
Einforderung und Vollstreckung
Die Entscheidungen, die das Unterstützungsbüro oder die Europäische Kommission innerhalb des Geltungsbereichs dieser Vereinbarung treffen und die anderen Rechtspersonen als Staaten eine Zahlung auferlegen, sind in Liechtenstein vollstreckbar. Der Vollstreckungstitel wird nach einer Prüfung, die sich lediglich auf die Echtheit des Titels erstrecken darf, von der Behörde ausgestellt, die die liechtensteinische Regierung zu diesem Zweck bestimmt und dem Unterstützungsbüro oder der Europäischen Kommission benennt. Die Vollstreckung erfolgt nach den Vorschriften des liechtensteinischen Verfahrensrechts. Die Rechtmässigkeit der Vollstreckungsentscheidung unterliegt der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union.
Die Urteile, die der Gerichtshof der Europäischen Union aufgrund einer Schiedsklausel fällt, sind unter den gleichen Bedingungen vollstreckbare Titel.

1   Bericht und Antrag der Regierung Nr. 99/2015

2   ABl. EU L 132 vom 29.5.2010, S. 11.

3   ABl. EU L 160 vom 18.6.2011, S. 39.

4   ABl. EG L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

5   ABl. EG L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

6   ABl. EU C 83 vom 30.3.2010, S. 266.

7   ABl. EU L 160 vom 18.6.2011, S. 39.

8   ABl. EU L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

9   ABl. EU L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

10   ABl. EG L 357 vom 31.12.2002, S. 72. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 652/2008 der Kommission (ABl. EU L 181 vom 10.7.2008, S. 23).

11   ABl. EG L 292 vom 15.11.1996, S. 2.

12   ABl. EU L 298 vom 26.10.2012, S. 1.

13   ABl. EU L 362 vom 31.12.2012, S. 1.

14   ABl. EG L 312 vom 23.12.1995, S. 1.